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Jahrhundert von Spiess 59—60 Eine neue Urkunde über Biebrioh-Mosbach von E. Seh aus . . . . . 60—62 Einiges über die Hofhaltung Georg des Aelteren von Nassau-Katzenelnbogen von C. Knetsch 76—85 Der grosse Brand der Stadt Herborn i. J. 1626 von M. v. Domarus . . . 85—86 nebst Berichtigung 144 Eine Sammlung von Hachenburger Archivalien von E. Sc haus 86—88 Das graue Haus zu A^'iokel a. Rh. von K. Plath 88—101 Ein Ofen der La T^ne-Zeit von R. Bodewig 114—118 Zur Wallburgforsohung in Nassau von H. Behlen 118-129 Einiges über die Eroberung von Mainz durch Adolf von Nassau von C. Knetsch 129 — 132 Chronik : Altertums- und Geschichtsverein zu Herbem, Bericht von J. H. Ho ff mann 30—32 Verein für Geschichte und Altertumskunde zu Höchst a. M. von E. Suohier 132—136 Die Neukatalogisierung der nassauischen Abteilung der Landesbibliothek zu Wies- baden von G. Zedier 62—67 Bücheranzeigen : Behlen, Der Pflug und das Pflügen bei den Römern (von B. Heil) .... 101 — 104 Luthmer, Die Bau- und. Kunstdenkmäler des östl. Taunus (von M. Heyne) 136—138 Nassauische Geschichtsliteratur des Jahres 1904, zusammengestellt von G. Z e d 1 e r 138 — 1 44 2 E. Ritterling in grösserem UmfaDge gerechtfertigt und wünschenswert erscheinen. Diese Grabungen sind mit Mitteln des Wiesbadener Landesmuseums unter Wolff's und des Verfasser gemeinsamer Leitung vom 1. September bis 7. Oktober 1902 wieder begonnen und im Jahre 1903 vom 11. September bis Anfang Dezember von dem Verfasser weiter fortgesetzt worden.^) Bei dem grossen Umfang des Lagers und dem viel höheren Zeit- und Kostonaufwand, welchen die Untersuchung der- artiger frühzeitiger, nur aus Holz und Lehm errichteter Anlagen im Verhältnis zu den späteren Steinbauten erfahrungsgemäss erfordert, waren wir Ton Anfang an darüber nicht in Zweifel, dass die Aufgabe, ein einigermassen vollständiges Bild des ganzen Lagers zu gewinnen, erst nach eine Reihe von Jahren hindurch planmässig fortgeführten Grabungen zu lösen sei, zumal die Rücksicht auf die landwirtschnftliche Bestellung der in Frage kommenden Felder den Arbeiten ohnehin eine oft sehr hinderliche, aber notwendige Beschränkung auf- erlegte. Die in den bisherigen zweijährigen Grabungen gewonnenen Ergeb- nisse weisen daher noch nach allen Seiten Lücken auf und lassen Fragen offen, deren Ausfüllung und Beantwortung von den späteren Untersachungen zu erhoffen ist. Die Lage, Zahl und Konstruktion der Tore, die Reste der Wallpallisadierung, die verschiedenen an und vor dem Graben vorauszusetzen- den Annäherungshindemisse, die Zahl und Richtung der das Lager durch- schneidenden Strassen, die Verteilung und Einrichtung der verschiedenen Bau- lichkeiten auf die einzelnen Quartiere, insbesondere die Lage und Beschaffen- heit des in keinem römischen Lager fehlenden grossen Mittelbaues, des soge- nannten praetorium: das alles sind Fragen, welche bisher teils noch gar nicht berührt, teils kaum in Angriff genommen sind. Wenn trotzdem schon jetzt eine Übersicht über die noch so unvollständigen Ergebnisse der bisherigen Grabungen gegeben wird, so sind dafür besonders zwei Gründe bestimmend gewesen. Zunächst scheint das gewonnene Material aus- reichend, um die von mehreren Forschern aufgestellte Behauptung, welche von der Sache ferner Stehenden vielfach bereits als erwiesene Tatsache angesehen wird, dass in dem lloflieimer Lager eine Befestigung augusteischer Zeit'), sogar das viclgesuchte von Drusus angelegte „praesidium in monte Tauno' gefunden sei*), auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen und damit eine der wichtigsten in Be- *) ^Vie schon im Jahro 1894 untersiützto auch jetzt wieder Herr Richard Zorn in dankenswerter Weise inisoro Arbeiten. Auch die Ortsbürger von Hofheim bewiesen fast aus- nahmslos Kntge^^enkommen, indem sie die Grabungen auf den betreffenden abgeernteten Ackern bereitwilligst gcstattetoln. ^) So O. Dahm: Bonner Jahrb. 101, S. 134 Anm. (vergl. ArohSol. Anieiger 1900, S. 101 ff.); derselbe: Die Feldzägo des Germanicus (Ergänxungsheft XI der Westdeutschen Zeitschrift) 1902, S. 13 Anm. ; Kd. Anthes: Protokolle der Goneralyersimmlung des Gesamt- vereins der Altertumsvereine zu Dresden 1900, S. 71 f.; vergl. auch Strack: Bonner Jahr- bücher 108/9, S. 25 Anm. 3. *) Ks sclieint mir ein methodischer Fehler, eine römische Befestigung, selbst wenn sie nacli den ausscliliosslich entscheidenden Einzel funden berechtigten Anspruch auf Entstehung in augusteischer Zeit erheben darf, ohne weiteres mit der einzigen oder einer der wenigen in der dürftigen schriftlichen Überlieferung zufällig erwähnten Anlagen ans der Zeit der grossen Kriege zu identifizieren. Es ist ein grundstitzlichor Irrtum, vorauszusetsen, dass die römischen 4 E. Ritterling südlich von Kriftel. Auf diesem Rücken liegen fast genau südlich von Hof- heim, von dem Bahnhof in der Luftlinie kaum einen halben Kilometer ent- fernt, die römischen Befestigungen. Der Höhenzug erhebt sich etwa 25— 30 Meter über die Sohle des Schwarzbachtales, kaum 18 — 20 m über die Geleise der Bahnlinie; doch mag der Höhenunterschied ehemals ein etwas bedeutenderer gewesen sein, da Abschwemmungen von oben her nachweislich stattgefunden haben; ebenso wird der auch jetzt noch stellenweise vorhandene steile Abhang nach dem Tale zu durch Verschleifung und Bodenkultur im Laufe der Zeiten an Steilheit etwas eingebüsst haben. Trotz der geringen Erhebung gewährt die Höhe einen weiten Ausblick nach Osten, Südosten, Süden und Südwesten, wo bei klarer Luft sogar die Berge des Odenwaldes erkennbar werden; im Norden und Nordwesten schiebt sich der „Kapellenberg^ vor den Ausgang des Lorsbacher Tales, den Einblick in dessen weiteren gewundenen Verlauf ver- sperrend.'^) Das römische Lager, auf dem nordöstlichen Teile des Höhenrückens gelegen, erreicht die oberste 480er Kurve, welche vom Gebirge her nasenartig vorspringt, noch knapp mit seiner südwestlichen, hier auf 130 m Länge fast geradlinig verlaufenden Seite, so dass der innere Lagerraum ein Gefalle von Südwesten nach Nordosten aufweist; wie viel dasselbe beträgt, wird erst ein genaues Nivellement, welches baldigst aufgenommen werden soll, lehren. Den gewachsenen Boden bildet überall, wie schon erwähnt, ein sehr fest geschichteter grober Kies von meist rötlicher oder gelbroter Farbe; stellenweise ist ihm noch ein fester heller Lehm aufgelagert. In beiden Bodenarten ist die Unterscheidung der von Menschenhand bewegten und der unberührt gebliebenen Schichten wohl im allgemeinen nicht allzu schwierig, wird aber namentlich in den schräg eingeschnittenen Gräben durch Nachrutschen geschlossener Kies- schichten, die den Eindruck gewachsenen Bodens machen, während sich noch unter ihnen Kulturreste finden, nicht selten bedeutend erschwert. Die römische Kulturschicht liegt zum Teil, namentlich da, wo die den Kies deckende Lehmschicht bereits zur Römerzeit verschwunden war, ziemlich nahe unter der Ackerkrume, so dass verbrannte Lehmbrocken, Gefassscherben und Eisenreste durch den Pflug vielfach an die Oberfläche gebracht werden, so besonders im höher gelegenen südwestlichen Teil des Lagers. Im allgemeinen beträgt die Tiefenlage der römischen Schicht unter der heutigen Oberfläche weniger als einen Meter, abgesehen natürlich von den in den gewachsenen Boden eingeschnitten gewesenen Gräben, Gruben und Löchern. Der Verlauf des Grabens wurde, wie üblich, nur durch eine Reihe 1 — V/t m breiter Querschnitte festgestellt. Bei Untersuchung der Innenbauten wurde der obere Boden auf der ganzen Fläche abgedeckt, so dass nichts wesentliches an Löchern oder Gräbchen der Beobachtung entgangen sein wird. ^) Aus diesem Grunde ist die nach den Funden dem Erdlager gleichzeitige kleine Wachtstation auf dem Kapellenberg angelegt worden, von deren Turm aus der untere Teil des Lorsbach er Tales bequem übersehen werden konnte (Wolff ORL., Hofheim S. 18). Dass eine zusammenhängende Kette solcher Wachtposten bereits in dieser frühen Zeit an der Grenze bestanden habe, folgt daraus nicht. Das frQhröraische Lager bei Ilofheim i. T. 5 Auf Tafel P) ist der Qrundriss des ganzen Lagers, wie er sieb naeb den Grabungen des Jabres 1902 berausgestellt bat, nebst den bisber festgestellten Lagerstrassen und Innenbauten im ungefähren Massstabe 1 : 1000 wiedergegeben. XJmfassungsgraben. Der Verlauf des Umfassungsgrabens ist in seinem westlichen und sudlicben Teile ein etwas anderer, als er in der Publikation der ReichB-Limes-Kommission, zum Teil nur nach Vermutungen an- genommen war; die damals als Grabenscbnitte angesehenen mit Kulturresten erfüllten Vertiefungen im gewachsenen Boden haben sich durch die Nachunter- suchung als zu Wohnbauten gehörige Gruben und Keller herausgestellt. Der Graben Torläuft von dem 1894 gemachten und jetzt durch VIQ und X be- stätigten Schnitt IK in einem weiten flachen, etwas unregelmässig gekrümmten Bogen bis I und XXVII, um von da, wo er die höchste Stelle des Plateaus erreicht, auf eine Länge von etwa 130 Meter (bis XXI) in fast schnurgerader Richtung und in ziemlich gleicher Höhe auf die Ecke der Zorn 'sehen Obst- baumschule zu laufen, wo er, wie Schnitt XX lehrt, in einem Bogen in eine mehr nördliche Richtung übergeht ; die innerhalb der Baumschule eingetragene punktierte Linie beruht, da hier eine Untersuchung auch jetzt unmöglich war, ganz auf den 1894 gemachten Beobachtungen über den mutmasslichen weiteren Verlauf des Grabens (OßL. S. 16). Von den 1902 gemachten Schnitten I bis VIII, X, XII, XX, XXII bis XXVII wurden mehrere ganz, die anderen nur teilweise ausgehoben; einige der gewonnenen Grabenprofile sind umstehend in Fig. 2 abgebildet. Die Breite des Grabens beträgt, übereinstimmend mit den Angaben im Limeswerk, am gewachsenen Boden gemessen etwa 3,60 m (= 12 pedes), war also, bei Anrechnung des zur Bömerzeit aufliegenden Humus wohl auf 4 m angelegt. Die Tiefe von 2 m unter jetzigem Terrain wird dagegen wohl für die römische Zeit auf etwa 1,75 m = 6 pedes zu reduzieren sein. Er ist überall in den sehr harten Eies eingeschnitten und meist mit sehr steilen Böschungen, von denen die innere bisweilen eine Knickung aufweist, und mit einer ganz spitzen Sohle angelegt. Unter der 50 — 80 cm hohen Humusdecke fand sich bei allen Durchschnitten im Graben eine stark mit Kohlen, Scherben, Bronze- und Eisenresten durchsetzte Schuttschicht, welche sichtlich erst nach Zerstörung des Walles, von dessen Pallisadenwand die massenhaften Beste verkohlten und verfaulten Holzes zum grossen Teil herrühren werden, eingeschwemmt oder eingefüllt worden ist; den unteren Teil der Böschungen und die Spitze füllte regelmässig sehr schwarzer schlammiger ein- geschlammter Boden, ebenfalls mit vielen Einschlüssen von Holzkohle und Gefassresten. Eine eigentümliche Erscheinung wurde in Schnitt II, der in ') Zogrunde gelegt ist eine Kopie des botreffenden Teiles der Eatasterkarte, welche annihomd — wie verschiedene Messungen ergaben, jedenfalls nicht genau — in dem Mass- Bub 1 : 1000 gezeichnet ist Die Stellen, an welchen der Verlauf des Grabens 1894 und 1902 durch Querschnitte festgestellt ist, sind schwarz bezeichnet und mit römischen Ziffern durch- Bomerieri, welche bei den Schnitten Von 1894 in eine Kreislinie eingeschrieben sind. Der zweite 1903 entdeekte, bisber nur auf eine kurze Strecke verfolgte Graben ist auf der Tafel wt a b e d beseiohnet Das frttbrömische Lager bei Hofheim i. T. 25 9.— 20. (942-949, 951-954) Dieselbe Münze in 12 zum Teil ziemlich gut erhaltenen, zum Teil verschliflPenen Exemplaren. Gef. in E u. D 1002. m 21. (950) Dieselbe Münze, ziemlich frisches Gepräge. Gef. Keller F J29/9. 02. 22. (975) Dieselbe Münze, schlecht erhalten, durch einen Hackenschlag ver- bogen. Gef. Grube D September 02. 23. (1030) Dieselbe Münze, sehr schlecht erhalten. Gef Grube A 19/9. OS. 24.-27. (1031 — 1034) Dieselbe Münze, in 4 meist schlecht erhaltenen Exemplaren. Gef. Grube C 1903. 28. (1038) Dieselbe Münze, schlecht. Gef. westlich Grube C 10/11. 03. 29.— 31. (1035 — 1037) Dieselbe Münze, in 3 Exemplaren, das letzte gut er- halten. Gef. Gebäude H Okt.-Nov. 03. 32. (955) Mittelerz, von frischem Gepräge: DI WS AVGVSTVS PATER, Kopf n. 1. Bs. sitzende weibliche Figur mit Szepter n. r. zwischen S— *C. Cohen P p. 96 Nr. 244. Gef. Gebäudeteil E 12/9. 02. b) Agrippa:«») 33.(934) Mittelerz, M • AQRIPPA • L • F • COS • III, Kopf m. Corona rostr. n. 1. ^. Neptun mit Delphin und Dreizack n. 1. zwischen S— C. Cohen I^ p. 175 Nr. 3. Gef ebenda 23/8. 02. 34 (935) Dasselbe Mittelerz, etwas rohes Gepräge, auf dem Revers vor dem Kopfe des Neptun der Stempel {j|j^y|. Gef. Keller F 27/9. 02. 35. (936) Dasselbe, sehr schön und frisch erhalten. Gef Gebäudeteil E 17/9. 02. 36. (937) Dasselbe, gut erhalten mit dem auf dem Kopfe stehenden Stempel iTIÄVl. Gef Gebäudeteil E 19/9. 02. 37. (1039) Dasselbe, ziemlich gut erhalten mit dem Nachstempel ItIAvI- Gef. Grube Ä 21/9. 03. 38. 39. (1041. 1042) Dasselbe, in zwei gut erhaltenen Exemplaren ohne Nachstempel. Gef Grube C 8/10. u. 10/10. 03. 40. (1043) Dasselbe, gut erhalten, auf dem Revers der Nachstempel ItiAV Gef Gebäude H 20/10. 03. ^) Den Kaohweia, dass diese Münzen des Agrippa erst in der Zeit des Tiberius ausge- geben sind, siehe unten S. 34 f. Das frtthrömische Lager bei Hofheim i. T. 29 82. (1057) Mittelerz, etwas zerfressen: Kopf n. n Tl CAESAR AVGVST F IMPER . . . Qtf. Grube l 2/11. 03. b) Vsmaosua, Köpfe des Augustus u. Agrippa. Bs. Palmbaum, darunter Krokodil. Cohen I* p. 179 Nr. 7—10. >X (1058) Halbiertes Mittelerz, frische Prägung (Gew. 6,33 g). Kopf n. 1. oben MAP \ Gef. Grübe A 16/9. 03. 84. (1059) Halbiertes Mittelerz, ebenfalls noch frisch (Qew. 6,7 g). Kopf n. r. Gef. ebenda 17/9. 03. c) Vienna. 8w'). (1101) Halbiertes Grosserz, sehr abgeschliffen, doch erkennbar Kopf n. 1. darüber \M\ Rs. Schiffsvorderteil, wie de la Tour, Atlas des monnaies gaul. pl. Vn Nr. 2943 = Cohen V p. 22 Nr. 7. Gef. Gebäudeteä zwischen E u. C 21/11. 03. ni. HaUHei^te Münzen, nicht näher bestimmbar: 86. (931) Halbiertes Grosserz, ganz verschliffen. Gef. Gebäudeteil E—B 24/9. 02. 87.-89. (1060. 1061.) 3 halbierte Grosserze, ganz verschliffen. Gef Grube A Sept. 03. 90. (1063) Halbiertes Grosserz. Av. Kopf n. 1. (P) Gef ebenda Sept. 03. 91. (1102) Halbiertes Grosserz (Gew. 7,6 g), Gepräge ganz abgeschliffen. Gef. Gebäudeteil zwischen E u. C 7/11. 03. 92. (1113a, 1113b, 1117) drei halbierte Grosserze (Gew. 7,9, 8,1, 9,5 g), ganz verschliffen. Gef ebenda 24/11. 03. 93. (1062) Halbiertes Mittelerz (Gew. 3,9 g). Av. durchgeschlagener Kaiser- kopf n. r. Rs. kleiner Frauenkopf (?) n. r. Alles übrige unkenntlich. Gef. Chrube A Sept. 03. 94. (1103) Halbiertes Mittelerz (Gew. 3,8 g), sehr verschliffen; auf dem Revers noch erkennbar: Vorderteil eines nach rechts springenden Tieres, darunter Beste von Buchstaben ^^'^ Gef Grube l 7/11. 03. 95. (1060) Halbiertes Mittelerz (Gew. 4,2 g). Gef Grube A Sept. 03. 96. (1066) Halbiertes Grosserz, ganz verschliffen. Gef. Fundamentgrube südlich des Kellers F 5/11. 03. 97. (1065) Halbiertes Grosserz. Gef Gebäude H 31/10. 03. 98. (1064) Halbiertes Mittelerz (Gew. 2,75 g). Gef. ebenda. Das frahrömische Lager bei Hofheim i. T. 31 119. (983) Dünnes Kleinerz (Gew. 2,04 g). Gef. Oebäudeteü E-B ^UH). 02. 120. (1079) Kleines Mittelerz (Gew. 5,4 g). Qef. Grube A ^Gji). OH, 121. (1080) Kleines Mittelerz (Gew. 4,30 g). Gef. Gebäude H 27110. 08. 122. (1083) Kleines Mittelerz (Gew. 5,3 g). Gef. ebenda 21/10, OS. \2X (1082) Sehr kleines und dünnes Stück. Gef. ebenda 24/10. 03. c) des Typus der Agrippa-Münzen. lis. Neptun. 124. (1040) Kleines Mittelerz, im Kopf des Averses uud Neptundarstellung rohes und verwildertes Gepräge; auf dem Revers Nachstempel ItIÄvI. Gef. Grube A 18/1). 03. 125. (1103) Dasselbe, ebenfalls roh, namentlich in der Neptundarstellung, mit gleichem Nachstempel. Gef. Gebäudeteil zwischen E u. C 14/11. 03. Vielleicht ist auch die oben unter Nr. 34 (935) aufgeführte Agrippa-Münze eine barbarische Nachprägung. d) des Typus der Claudius-Manzen. Es. kämpfende Pallas. (Cohen 84.) r2r». (971) Vollwichtiges Mittelerz (Gew. 8,92 g): Kopf n. 1., darüber in grossen Buchstaben . . CAESAR AVGV .... Es. rohe Pallasdarstellung. Gef. Keller F südlich des Gebäudes 27 /i). 02. 127. (972) Dünnes längliches Mittelerz (Gew. 3,28 g), mit ganz verwilderten Darstellungen. Gef. ebenda 27/9. 02. 12H. (1086) Sehr dünnes Mittelerz (Gew. 3,56 g), von frischem Gepräge: Kopf n. 1., darüber wCAEai ... Bs. Pallas. Gef. Grube A 21/0. 03. 129. (1087) Dünnes Mittelerz, sehr roh (Gew. 4,38 g). Gef. Grube C 30/10. 03. 130. (1088) Dünnes Mittelerz, sehr roh (Gew. 3,92 g). Gef. Gebäude H 28/10. 03. 131. (1089) Kleinerz (Gew. 3,95 g): Kopf n. 1., darüber v^ALSARAI . . . Gef. Grube A 21/9. 03. l'^2. (1110) Sehr dünnes kleines Mittelerz, ausserordentlich roh: Kopf n. 1. Rs. stehende Figur zwischen SC (könnte vielleicht auch Nachprägung der Agrippa-Münzen sein). Gef. Gebäudeteil eicischeii E n. C 20/11. 03. Das frührömische Lager bei Iloflieim i. T. 33 14:'). (1093) Oanz dünnes blechartiges Stück (Qew. 1,80 g), Kopf n. r. Alles übrige unkenntlich. Gef. Gnibe A 2110. 03. 14ti. (110<>) Oanz formloses Stück (Gew. 4,1 g). Rs, vielleicht Altar von Lyon. Gef. Gebdudeteil zwischen E u. C 141 11. OS. 147. ail2) Kleinerz (Gew. 4,2 g). Gef. ebenda, Grube l. 7/11. OS. 148. (lllü) Sehr beschädigtes dünnes Mittelerz (Gew. 2,6 g), wohl ROM ET AVQ- Typus. Gef. ebenda. Übersichtlich verteilen sich diese 148 Münzen auf die Zeit: Der Republik 2 Des Augustus: staatliche Prägungen . . 5' gallische Städte ... 10 23 21 Tiberius: divus Augustus . . 25 Agrippa 10 Germanicus 3 Caligula Claudius - Nero . Vcspasian Dazu noch aDkenntlichc halbierte Grosserze jf halbierte oder gedrittelte Mittelcrze . . . 59 3 i 10 17 () 7 G 44 ") Auch TOD den Tier unkenntlichen Oanzstücken (139— t42j durften die drei ersten gitxlieh TenebliffeneB auB «agoBteischer Zeit stammen, bei Kr. 142 ist die Unbestimmbarkeit ■irbt durch Abnntsnng, sondern absichtliche gewaltsame Zerstörung herrorgerufen. Awalco, Bd. XXXIV. 3 [ Das frühröraische Lager bei Hofheim i. T. 37 dem sich jetzt tatsächlich eine derartige Seh miede werkstätte gefunden hat, in welcher auch Spuren früher stattgefundener Durchgrabung beobachtet werden koanten, darf auch, wenigstens für einen Teil jener früheren'Fuude, mit hoher Wahrscheinlichkeit dieselbe Fundstelle in Anspruch genommen werden. Dasselbe wird dann auch für den grösseren Teil der in ORL. Hofheim S. 21 aufgezählten Mfiozen der yorflayischen Zeit gelten. Denn so sehr das Auftreten einer grösseren Zahl dieser frühzeitigen Münzen in einem erst unter Domitian er- ricfateten Steinkastell nach den anderswo in gleichzeitigen Anlagen gemachten Beobachtungen befremdet, so vortrefFiich stimmen dieselben sowohl in den ver- tretenen Typen wie in der Art ihrer Erhaltung bis ins Einzelne hinein mit den jetxt im Erdlager erhobenen oben beschriebenen Münzen überein. Unter den Ilaberschen Münzen befinden sich ebenfalls eine Anzahl barbarischer Nach- prsgungen, deren Beschreibung nach meiner Bestimmung von der auf Quilling nrückgehenden im Limes werk vielfach abweichend, hier folgen mag. Es änd folgende: Nachahmung des Typus der Lyoner Münzen mit ROM ET AVG. 1. Dünnes und kleines Mittelerz (Qew. 34*^ g): Kopf n. r. 2. Dünnes Mittelerz (Gew. 4,10 g): Kopf n. r. 3. Kleinerz, etwas dicker (Gew. 3,60 g): Kopf n. r. 4. Unförmiges Mittelerz (Gew. 7,8 g): Kopf n. r. Tl CAESAR AVGVSTI AT VII. Rs. Altar mit Unterschrift; alles in sehr roher Ausführung; von Quilling falsch bestimmt. Nachahmung des Typus: divus Augustus. Rs. PROVIDENT. 5. Kleines Mittelerz (Gew. 5 g), von Quilling falsch bestimmt. 6. Unförmiges Mittelerz (Gew. 6,7 g). 7. Sehr schlecht geprägtes Mittelerz (Gew. 7,4 g), zweifelhaft ob barbarisch. 8. Dünnes sehr rohes Mittelerz (Gew. 3,60 g), von Quilling fälschlich als Titus bestimmt. 9. Schlechtes kleines Mittelerz, welches vielleicht auch zum ROM ET AVG-Typus gehören kann. Nachahmung der Claudius-Münzen. Rs. S— C Pallas. 10. Dünnes Mittelorz (Gew. 3,75 g). 11. Ganz dünnes Kleinerz, von sehr schlechter Prägung (Gew. 2,75 g). Hybride. 12. Dünnes Mittelerz (Gew. 3,10 g), mit verhältnismässig feiner und scharfer Prägung: Kopf n. r. Tl GAE ERAT VII (also Typus der ROM ET AVG- Münzen). Rs. in der Mitte S G, Um- schrift . . . RMANIGV PON . . . (entlehnt der Münze des Caligula Coh. I* p. 224 Nr. 1). Endlich 13. u. 14. Zwei ganz unkenntliche dünne Stücke von 3,58 bezw. 2,50 g Gewicht. Aber auch ohne Hinzunahme dieser 14 aus den UabeTschen Grabungen HiBBModen Stucke ist die hohe Zahl der oben aufgezählten barbarischen Nach- .tttr zriiLT.iiL^iait i^ l»tL HL.ChiTHL : T 4: :iir*Ji; r-^y-zriTif"«!— ti*jc r-i_T.r> I'^Lr-i." ia*ir ririJ.»^ Uli LiT KdICQL EL "MryiMTr V. '«U- -—■••••* ■• ^ 1 •• •!■ "^UL rH5k'i»ff -jriifiit*- 5bDiil EL'! ^ö. T*C ofr Saörtjt feüJcL :4 . I^ti^BIi iKBT recrLiir. ym -' =2. ^ikir. Nuiie. i-eisi- -:_1''. lor. r- >ar laÖH -"^«tflul- m- i:!**»^- l-ri:':»^. iiier uf äen. ri«»':iffii '?ii'jiK 1>. Irr. ia#&*, r-w»t - ^ Das frübrömiscbe Lager bei Hofheim i. T. * 45 YL Haupttypus, Scharnierfibeln mit gestrecktem, breitem und der Länge Dach geripptem Bügel. (S. Abb. 12.) Die Form und Yerzierungsweise des Bügels erinnert sehr an Spätlat^ne- fibeln (ygL z. B. Dechelette: Le Hradischt de Stradonic pl. I Fig. 10). Es scheiiit hier also vielleicht die Vereinigung eines einheimischen Fibelbügels mit dem den Latenefibeln fremden Schamierapparat vorzuliegen. Fibeln dieses Typus sind fast ausnahmslos versilbert oder nach Hettners Ansicht verzinnt. Sie scheinen namentlich in i&v Flavierzeit sehr verbreitet gewesen zu sein (häufig z. B. in Kastell Wiesbaden) und haben sich jedenfalls bis zur Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert gehalten, wie ihr Yorkommen z. B. in Pfünz zeigt (ORL. PfuiMB 3, 18. Taf. XII, 73), vgl. weiter Riese in Heddernh. Mitteil. II S. 33 Taf. n, Fig. 4 u. 5, Hettner: Drei Tempelbezirke Taf. lY, 27, Y. 41 u. 49. Abb. 12 («/s nat Gr.) 57. Inv. 15951, 3 cm lang, der breite gerippte, etwas gewölbte Bügel wird durch einen kleinen Wulst von dem schmalen Fusse mit Fussknopf getrennt, der dreieckige Nadelhalter ist durchlocht. 58. Inv. 15950, 4,8 cm lang, etwas gestrecktere Gesamtform, Nadel ab- gebrochen. 59. Inv. 16790, 4 cm lang, ähnlich, der glatte Fussteil des Bügels ist breit und fast dreieckig, Nadel abgebrochen. 60. Inv. 16791, 5 cm lang, ähnlich, der Fuss von fast gleicher Breite, wie der obere Teil des Bügels; durch einen Hackensohlag verbogen, Nadel fehlt. 61. Inv. 15976 (nicht abgeb.), Bruchstück, nur Scharnier und oberer Teil des breiten Bügels erhalten. ö2. Inv. 16792, zierliches 5,2 cm langes Stück; der mehrfach quergekehlte Bügel hat in seinem oberen Teile zwei flügelartige Ansätze, die in je einem Knopf enden, Nadelhalter dreieckig. Sehr ähnlich ist ein bei Hettner: Drei Tempelbezirke Taf lY, 25 abgebildetes Stück aus Mohn; 50 E. Ritterling andere gleichfalls getriebene Biechstücke (Inv. 17098) sind mit Löchern zum Annähen versehen. 27. (Fig. 25, Iny. 17076) dünnes gegossenes rundes Scheibchen von 18 mm Durchmesser, auf der Oberseite erhaben das Bild eines Delphins, der Rand mit Perlkranz eingefasst 28. (Inv. IGOlf)) dünnes versilbertes Bronzeblech in der Form eines Yogels (Adlers?) mit ausgebreiteten Flügeln, mit Gravierungen versehen, die die Patina aber nur undeutlich erkennen lässt, unten in einen Knopf endigend; war wohl zum Aufnähen auf Leder bestimmt. 29. (Fig. 28 u. 28 a, Inv. 16010) kreisrunde Bronzescheibe, von 45 mm Durch- messer, in der Mitte mit einem Kopf in getriebener Arbeit verziert; er scheint einen jugendlichen Männerkopf darzustellen, hat aber durch Ver- biegen und wilde Patina sehr gelitten; unten ein Stift zum Einlassen in Leder oder Holz. 30. (Fig. 20, Inv. 16023) rechteckige Hülse oder Zwinge von Bronze, auf der Oberseite versilbert und am Rande mit einfassenden Linien verziert; die lichte Weite beträgt 15 x 5 mm. 31. (Fig. 24, luv. 16011) starke gegossene Rosette, wie es scheint aus zwei Hälften zusammengefugt, Durchmesser 5^ s cm, Höhe 3 cm; in der Mitte geht eine Tülle durch den Körper. Das Stück hat offenbar als Zierat vielleicht am Pferdegeschirr gedient und erinnert einigermassen an die meist kleineren und einfacheren Rosetten der Latenezeit. 32. (Fig. 38, Inv. 17069) Kammdeckelzierrat vom Pferdegeschirr; die in zaokenartigen Zierat endigenden Spitzen zum Teil abgebrochen; ein ganz gleiches sehr gut erhaltenes Exemplar im Wiesbadener Museum. 3^1. ,Fig. 32, Inv. 16014) blattförmiger Anhänger aus sehr dünnem Bronze- blech, an den Seiten bogenförmig ausgezackt, 5 cm lang. ;>4. (Fig. 31, Inv. lt>0l.3) stark versilberter Anhänger, in einen Knopf endigend, oben mit Ose. 4 cm lang. 3o. Fig. 1^3, Inv. 17049) herzförmiger Anhänger, 5,3 cm breit, 5 cm hoch, mit einem kleinen Loch in der Mitte. Das sehr gut erhaltene Stück ist nicht ganz srmmecriäch. die Spiral Verzierungen sind nach dem Gusse aus freier H^nd« und iiher etwas eckig und ungleich eingeritzt; die Anhänge- L^ endigi in einen Tierkopf (Hund oder WoH?); ein ganz ähnliches Stück an« Breeenz J^rb. d. Yorarlbei^. Mus. -Vereins 41 S. 25, Taf. I, 13 1 mit Win.üiiii^ikopf zeigt in dem kleinen Loch die Hälfte eines bronzenen Riueich«!::^. wi'zl E^st eines Kettchens. o^ .Ist. 1T»3m>; zixlz iiiL.I:cfcea Scüct, nur fehlen die Spiralvenieningen; die eioe Seh* ':«»**ci.r:p and durch wilde Patina entstellt. 3T F^. ^I*:-- i^T. yyjl'j «^enrimlich gestalteter Anhänger, Torderseite ge- wCCbc R.t}!£si«r> a»;cl ^^go-uen. am oberen Teil beschädigt; es scheint ^■i- K**CT«^ ^.lAn cr'.CftTiarizen Tieres darzustellen^ nnten frohl ein PfcjtrTrfu I>tA vuLZi^ iS^ft Li Amnlett gedient haben. 3>. iRr- 2V- Li^. »>^ üaiitr Flagemng mit Platte für eine Gkseinlage *iff G««fc ^ fon hiAfff feUr. Dvdmwver 1 « cm. Das fruhrömischc Lager bei UafLcim i. T. 65 auch die Stärke der Wanduag. Ein im Querschuitt rundes Ringbruch- stück hat eine Dicke von 11 mm uod uugefahren DurchmeBsor von 4 ein (InT. 16041, 17031, 17032, 17040, 17066, 17084). Für die Beurteilung der aufgedeekten Anlage von Wichtigkeit ist, dass ■icb oameRttich in der Gegend des Baues E und £' (siebe Taf. II) auch zahlreiche verbogene Drähte und Stifte, Teile von Blech tafeln, aus denen Stöcke absichtlich herauageschnitteu waren, halb geschmolzene Bronzeklumpen und Bronzeachlackeu fauden (vergl. oben S. 9), Es ist kein Zweifel, dass es sich hier um Abfälle handelt, wie sie bei der Metallbearbeitung an Ort und Stelle zarückbleiben (luv. 16044, 17042, 17099). C. Eisen. Die Zahl der gefundenen Gegenstände aus diesem Metall ist eine sehr bo- denteode und belauft sich auf etwa 300 Stflck, wobei die zahllosen kleineren und grösseren unkenntlichen Bruchstücke ausser Anrechnung bleiben. Dies findet zum Teil eeiuo Erklärung in der Auffindung einer Werkstätte, in welcher D>tni^emä8s viele Werkzeuge für die dort betriebenen Arbeiten, aber auch fiel heTgestellte oder der Reparatur bedürftige Gegenstände sich finden mussten ; Tielleicht stammen auch die von den Haberscheu Grabungen her im Wies- badener Uuseum befindlichen zahlreichen eisernen Werkzeuge uud Geräte von fieser Fnndstelle (s. oben 3. 36). Der Erhaltungszustand des Eisens ist im all- gemetneD ein guter, was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass ein be- jenteoder Teil, namentlich der Werkzeuge, aber auch der als Abfälle vor- lefoDdenen Bruchstücke aus Stahl besteht, wie eine von sachverständiger Seite angestellte Untersuchung ergeben hat. Wegen der grossen Zahl der Gegenstände ist in Beschreibung und noch mehr in Abbildung eine Beschränkung, die aber möglichst alles wesentliche hervorheben und berücksichtigen soll, geboten. Eine Auswahl ist auf den Tafeb IT und Y sowie den beiden Textclichös 19 und 21 abgebildet nach Photo- griphien, welche die Gegenstände so, wie sie auf sechs Pappkartons aufgezogen anfbenafart werden, wiedergeben; ausserdem sind zur Veranschaulich ung be- merkenswerter Einzelheiten einige Zeichnungen dem Texte eingefugt. I. Waffen (vergl. auch oben bei Bronze 8. 47 f. No. 1—7). 1. Beste von Pila sind mehrfach zu Tage gekommen; so eine pyramidale scharfkautige Spitze von 36 mm Länge von 15 mm breiter Grundfläche mit kleinem Rest der stark beschädigten Klinge (luv. 16947), abgeb. Taf. IV Nr. 9; Zwinge in Form einer abgestumpften Pyramide (17010), 40 mm long (Abb. 20], welche den Holzschaft der Waffe, da wo die Klinge in diesen eingelassen war, umschloss. Sie hat genau die Form, wie die in Haltern gefundenen Zwingen, die sie nur an Höbe ein wenig übertrifft, während die lichte Weite mit unten etwa 10, oben 13 mm jenen entspricht; da- gegen fehlen an den vier oberen Ecken die kleinen Lappen, wie sie wenigstens an einem der Halterner Exemplare beobachtet sind (vergl. Haltern S, 123). Auch eine Anzahl vierkantiger, oben und unten ge- I Ualtem H. Das frühröniischc Lager bei Ilofheim i. T. 59 11. (abgeb. in Textfig. 23 links oben, Inv. 16959) kleines Messereben mit rundem verziertem Eisengriff aus einem Stück, Spitze der Klinge fehlt, jetzige Länge noch 127^ cm. 12. (Inv. 16112) hippenartig gebogenes Messer mit eiserner Angel, von jetzt noch 11 cm Länge. Das Stück hat grosse Ähnlichkeit mit den ^Beilmessem^, wie sie soeben Lindenschmit in den Altert, uns. heidn. Vorzeit V Heft 2, Taf. X, No. 173, 174 abgebildet und beschrieben hat; in der breiten Griffangel können sich sehr wohl mehrere Nietlöcher befinden, welche nur unter der starken Rostschicht nicht erkennbar sind. 13. Als Hesser für Bearbeitung von Lcder sind wohl anzusprechen die kleinen mit fast dreieckiger Klinge, wie sie Taf. Y, Fig. 65 und Gliche 21 und Text- fignr 23 zeigen, im ganzen sind es drei Exemplare (Inv. 16108, 16171, 16962), bei letzterem fehlt die eiserne Griffangel. 14 Hackmesser sind Inv. 16925 (abgeb. Taf. lY Fig. 4), ein langes, dünnes, mit breitem Rücken (Inv. 16997), sowie ein Bruchstück (16170), das ausser Resten der breiten Klinge noch an der Spitze das runde, zum Aufhängen dienende Loch aufweist; ein sehr schön erhaltenes Hackmesser TOD 21^1% cm Länge mit 9 cm breiter Klinge und Tülle für einen Holz- stiel (16865), ist unterhalb des Lagers in späteren römischen Kultur- Bchichten gefunden worden (Geschenk des Herrn Zorn). Erwähnung verdient endlich noch 15. (abgeb. Taf. IV Fig. 30, Inv. 16930) eine in der Weise der Latöne- Messer geschweifte Klinge von 10 cm Länge, Angel fehlt. Meissel: 16. (abgeb. Glicht 21, Inv. 16128 bis 16130) schwere massive Keile oder Meiasel, alle mit breitgeschlagenem Kopfe, ähnlich luv. 17(X)3 sowie drei klmnere (16131). Ein kleiner Breitmeissel mit Angel zum Einlassen in einen Holzgriff (16143). 17. Zu der Form der langen dünnen Meissel mit kleinem Kopf, wie sie Taf. IV Fig. 56 u. 57 abgebildet sind, gehören noch die Stücke Inv. 16903—16905, 16981' " \ 17003. 18. (Inv. 16140) eine 6 cm lange Eisentülle, unten in eine breite Schneide endigend, dürfte auch als Meissel aufzufassen sein. 11^ Interessant ist ein flaches Eisen von 12 cm Länge, 2;3 cm Breite und 2 cm Dicke, welches einen durch Hammerschläge etwas umgekrempten Kopf zeigt, am unteren Ende aber eine sägeartige Zahnung aufweist (Inv. 16985); es dürfte wohl ein sogenannter Zahn meissel sein (abgeb. Textfigur 23 rechts unten). 20. Häufig fanden sich, namentlich in der Werkstätte, runde Locheisen von «ehr verschiedener Grösse (Inv. 16135—38, 16142, vergl. Gliche 21); ähnlichen Zwecken dürften auch die Spitzmeisscl wie 16891, 16952^"^ und andere gedient haben. jfl. Hier sind auch wohl die langen spitzen Werkzeuge von rundem, bisweilen auch vierkantigem Querschnitt anzureihen, von denen schon bei den Haberschen Grabungen Exemplare gefunden sind (ORL. Hofheim, Taf. YIII, Das frührömische Lager bei Hof heim i. T. 6i 24. (lov. 16893, abgeb. Taf. IV Fig. 47 und besser Textfigur 23), Stück eines Sageblattes mit wohlerhaltener scharfer Zähnung, 27 mm breit, auf eine Länge von 12\/« cm erhalten. 25. (Abgeb. Taf. IV Fig. 45, luv. 16901), 30 cm lange zweiseitige Spachtel; kleineres Exemplar ebenda Fig. 54, Inv. 16902. 26. Stöcke von Sensenklingen von 19 \/« und 127^ cm Länge sind Inv. 16139, 16146, abgeb. Gliche 21. 27. Vortrefflich erhalten ist die grosse Sichel oder Baummesser (luv. 16932), welche Taf. IV 30 und besser in Textfig. 23 abgebildet ist. Die Lange von der Spitze bis zum Ende der Griffangel beträgt 33 cm, die Länge des Griffes nur 7 cm, die beiden zusammengebogenen Lappen unter- halb des Griffes dienten zur grösseren Festigung des Holzstieles. Dieses Werkzeug ist von den Romern sehr viel und in mannigfacher Weise verwendet worden (vgL Haltern S. 125, Taf. XXV, 14 u. 15). 28. Ein wohlerhaltenes kleines Beil ist Taf. IV Fig. 43 (Inv. 16921) ab- gebildet, es hat 8Vs ein Länge und eine 4 cm breite Schneide. Stücke von grösseren Beilklingen kamen noch mehrfach zu Tage (16972, 17001). 29. Als Beil ist vielleicht auch anzusprechen ein 7\/2 cm langes Werkzeug aas Eisen, dessen Form ganz der den in der Latenezeit üblichen eisernen Lappenkelten gleicht (abgeb. Gliche 21, Inv. 16141). 30. «abgeb. Tat IV Fig. 37, Inv. 16913) starke Hacke mit Tülle, ein gleiches fragmentiertes Exemplar, abgeb. ebenda Fig. 50 (Inv. 16914). 31. Der in der Mitte von Textfig. 23 abgebildete Hammer (Inv. 16127) ist nicht im Erdlager, sondern bereits früher in der Nähe des einen zum Steinkastell gehörigen Bades gefunden. Ob die Taf. IV Fig. 63, 64, 65 abgebildeten Stücke (Inv. 16894—95, 16922, 16973) als hammerartige Werkzeuge oder als Beschlagstficke anzusehen sind, mag dahingestellt bleiben; die ganz erhaltenen Exemplare haben 12^ 2 und 14 cm Länge und zeigen, wie das in Textfigur 23 nochmals abgebildete Stück 16894 lehrt, eine leichte Krümmung nach unten. 32. Ein dicker, flacher, kreisrunder Kopf von 6^2 cm Durchmesser mit einem 2^'t cm starken Dornansatz (Inv. 16168) hat ganz die Gestalt eines mächtigen Nagels; könnte er vielleicht als kleiner Ambos für Arbeiten in Bronze gedient haben? Ein ähnliches verstümmeltes Stuck ist Inv. 16956 (vgl. Taf. V Fig. 7). >>>. iTaf. V Fig. 56, besser Textfig. 23, Inv. 16151) könnte ein Schrauben- schlüssel sein, die schmale Angel wird in einen Holzgriff eingelassen ge- wesen sein. 34. Fragmente eiserner Waagen sind Inv. 16^76, 17(X)5. 3>. Häufig sind Reste von Eimerbeschlägen, sowohl solchen ähnlich Haltern Taf. XXVI, 5, und Jacobi Saalburg S. 172, als auch von Henkellaschen, 2. B. abgeb. Taf. V Fig. 57, 61 (Inv. 16976); endlich auch eiserne Henkel von rundem Querschnitt ^nv. 16161, 16162, 16975, 17004, vgl. Taf. V Fig. 55, 60) und oben zu dem Bronzeeimer S 52 Nr. 50. k Das frührömische Lager bei Hof heim i. T. 63 40. (abgeb. Gliche 19 und besser nebeobei Textfig. 24, Inv. 17006) sehr wohl erhaltener sog. , Kappzaum* von 15 cm Spannweite von Ose zu Ose gemessen. In der Mitte ist er kantig gedreht und 9 cm stark. Er zeigt eine andere Einrichtung als der in Haltern gefundene bronzebelegte Kappzaum (s. Haltern Taf. XX VH, 2 und S. 128, 19); doch hat sich in Hofheim auch ein Bruchstück gefunden, welches vielleicht zu einem ähnlichen Zaum, aus 7 mm dickem Rundeisen geschmiedet, gehört, vgl. auch das in Textiigur 24 links abgebildete Bruchstück eines solchen Zaumes (Inv. 16174). 41. (abgeb. Gliche 19 unter dem Kappzaum, Inv. 17022) kleines Fragment eines Hufeisens^ von 25 mm grösster Breite, dürfte den Fundumständen nach romischen Ursprungs sein« 42. (abgeb. Taf. IV Fig. 52 und Textabb. 24, Inv. 16916) grosse, 6 cm lange und 3 cm breite Schnalle mit kurzem dickem Dorn, wird wohl auch am Pferdegeschirr angebracht gewesen sein. A:^ Einige Kettenglieder sind Taf. V Fig. 38, 39, 40, 41 abgebildet, sie sind meist in Form einer 8 gebogen; nur das letzte (Inv. 16148^) hat in der Mitte einen dicken scharfkantigen Knoten und gehört vielleicht zu einem Pferdegebiss. Andere Kettenglieder sind Inv. 16148\ 16877, 16968, 17029. 44. Einfache runde Ringe, die zum Teil wohl auch an Ketten oder an Leder- zeug befestigt waren, sind sehr viele gefunden, z. B. Inv. 16165, 16169, 16967^- ^ 16968«--», 16982, 16999, 17036. 45. (abgeb. Taf. V Fig. 14, Inv. 16164) schwerer Ring von 52 cm Höhe, 8\'» cm Durchmesser und bis zu 6 mm dicker Wandung, gehört wohl zum Beschlag einer Wagenachse; ein dünnerer von IV /i cm Durch- messer und 27 cm Höhe hat Ähnlichkeit mit den Wasserleitungsbüchsen für Holzröhren; dürfte wegen seiner geringen Höhe aber doch einem anderen Zwecke gedient haben. 4ri. (abgeb. Taf. IV Fig. 48, Inv. 16911) das unten abgebrochene, noch 17Vs cm lange Stück aus rundem, fast 2 cm starkem Eisen, ist ent- weder eine sog. „Lohne" am Wagenrad, oder ein Bolzen zur Verbindung von Vorderachse und Längsachse des Wagens. IV. Verschiedene Beschläge, Kloben, Haken, Nägel u. s. u\ 47. (abgeb. Taf. V Fig. 24 und besser nach Zeichnung Textfig. 25, Inv. 16145) viereckiges Beschlagblech, an den vier Seiten bogenförmig ausgeschnitten und gezahnt, drei der spitzen Ecken abgebrochen; in der Mitte ist an einer Öse ein Ring befestigt, der 3 cm lange Dorn endet in einer Ose; vielleicht von dem Deckel oder Verschluss eines Kastens. 48. (abgeb. Taf. IV Fig. 62, Inv. 16915) rechteckiges Beschlagblech von 14Vt X 9 cm Seitenlänge, vielleicht von einer Tür; die den Längskanten entlang laufenden Nagellöcher scheinen dafür freilich etwas klein. 49. (abgeb. Textfig. 25, Inv. 16174^) eigentümlich gebildetes Beschlag aus halb- rundem Eisen, in der Form ähnlich einem „lakonischen" Schlüssel; am i Das frOhrömische Lager bei Ilofheim i. T. 67 mof ivei je 2^. s cm breiten Holzleisten befestigt ; auf der ganzen mittleren Fliehe zeigt das Blei keinerlei Reste der Holzfasern, wie an den Bändern. Bn gmnz ihnliches Bleibescbläg mit denselben zwei Reihen Eisennieten bmt rieh bei meiner Untersuchung eines Baues vor dem Erdkastell Heidekringen bei Wiesbaden (vgl. Limesblatt 30, 1898 Sp. 811 f.) ge- fanden: über seine einstige Bestimmung Hessen sich auch hier Anhalts- punkte nicht gewinnen. E. Ton. Den an Masse weit überwiegenden Teil aller Funde bilden auch in Hof- keim, wie ftera bei derartigen Untersuchungen, die Reste von Tonwaren. Ihre Menge ist in der Tat eine ganz aussergewöhnlich grosse und übertrifft noch die ebenfalk sehr reichhaltigen Funde der Haltemer Ausgrabungen; einzelne SceDen, wie die grosseren Gruben, lieferten allein viele Zentner an Gefass- Kherben. Wenn bei der Natur des Fundortes von vornherein zu erwarten nnversehrte Gefasse überhaupt nicht zu Tage kommen würden, so ea doch, dank grosser auf das Sammeln verwendeten Sorgfalt und Aus- dner beim Aneinanderpassen der kleinen, oft über weite Flächen zerstreuten Beste, eine stattliche Anzahl von Tongefassen, gegen 50 Stück, wieder herzustellen. Die aif Tal YI in ' 4 bezw. ^ e natürl. Grösse zusammengestellten Haupttypen der BBi Hafbeimer Lager vertretenen Gefassformen konnten daher samtlich nach an Ort nnd Stde gefundenen Vorbildern gezeichnet werden, stellenweise unter ZohiUenahiDe eines besser oder vollständiger erhaltenen Exemplares von anderem Fsadorte. Bei der Auswahl dieser Typen sind selbstverständlich nur die in aUreidien Besten angetroffenen, für die Keramik der betreffenden Zeit also kesonders diarakteristischen Formen berücksichtigt worden, während einzelne, nr leiten oder je einmal vorliegende Gefassformen an den entsprechenden SceDen im Text beschrieben und abgebildet sind. Aus praktischen Gründen ■Mrten anch die grossen zweihenkligen Krüge, Dolien und Fässer in Text- •kbOduigen wiedergegeben werden. I. Sigillata. Die Sig;illata ist durchgehends in südgallischen Fabriken hergestellt und zeigt tteta die em nach Angustus' Tode (vgl. Haltern S. 145 f.) in der Provinz vervoll- kemmnece TeAnik in tieferer Farbe des Tones an Bruch- und Oberfläche, sowie in den stärkeres Glänze derGlasur: die arretinische Ware, sowohl die wirklich in biEen efxeugte, als auch die zu augusteischer Zeit in provinzialen Fabriken oder Fifialen genaa nach italischer Technik hergestellte, fehlt vollständig. Unter im Tausenden von Sigillatabruchstücken, die nach den Gefassböden zu urteilen, aehrcrcB lumdert Gefissen angehören, ist ein einziges Bruchstück einer Tasse, im m FonB, Farbe und Glasur genau der ^arretinischeu^ Sigillata entspricht, Aber selbst das Vorkommen eines oder des anderen Stückes Ware wurde an der Tatsache nichts ändern, dass zu der Zeit, Hoflieimer Lager in Benutzung stand, der Import aus Italien 5* Das frtthrömische Lager bei Hofheim i, T. 71 Die Namen der Fabriken, aus welchen die in Hof beim gefundene Sigillata- ware heryorging, zeigt die folgende Stempelliste, in welche nnr die lesbaren und sicher zu ergänzenden etwa 80 Stempel, welche tnf Taf. YIII im Bilde wiedergegeben sind, Aufnahme gefunden haben, während eine grosse Zahl zu stark verstümmelter unberücksichtigt geblieben ist.'^) 1. 16060,1 of(ficina) Aquitani Splitter V. Boden eines reliefgeschmückten Beckens (Drag. 29j 2. 16825,1 of(ficina) Aquitan(i) Boden eines gleichen Beckens .3. 16825,1 of(ficina) Aquitan(i) Tellerboden m. Viertel- rundstab 4 16060,3 of(ficina) Aquit(ani) halb erhaltener Teller (Drag. 18) 5. 168^,3 Aquitan(i) dünner Tellerboden- splitter eJ 16825,« . . . A]quitan(i) 11 n 7.16060,1 Aquitan(i) Tellerboden 8. 16825,5 [Aqui]tan(i) Bodensplitterchen 9. 16060^4 Aquit(ani) kleinerTässchenboden (Drag. 24) 10. 16060,5 Aqui[taniJ Bodensplitter 11. 16060,6 [Aqujitani halb erhaltener Teller mit Viertelrundstab 12. 16060,7 o(fficina) Ardac(i) Tässchenboden 1 (Drag. 24) 13. 16825,6 of(ficina) Bassi Tässchenbodensplitter 14. 16825,41 Bas[s]i kleiner Tässchenboden 15. 16060,8 of(ficina) Bass[i] Tellerbodensplitter 16. 16060,9 Bass[i] Bruchstück e. Becken- bodens (Drag. 29) 17. 16825,7 Basfsi] Tässchenboden (Drag. 24) 18. 16825,8 Bas[si] Tellerbodensplitter 19. 16825,» of(ficina) Ba[ssi] Bruchstückeines Täss- (ebenso z. B. Anual.29, chonboden8(Drag.27) 1 Taf. VTII, 20) C. XIII 10010, 157. Die sehr zahlreichen Erzeugnisse dieser süd- gallischen Fabrik fin- den sich nur in frühen Eulturschichten;reohts- rheinisch ausser in Hof- heim nur noch in Wies- baden (Annal. 29 S. 145, Kr. 3-7). Ihre Blüte fftlU anscheinend in die spfttere Zeit des Tibe- rius, die des Galigula und Claudius , und scheint schon unter Nero im Rückgang begriften gewesen zu sein. C. XIII 10010, 167, vgl. Annal. 27, 8.46 und 29, S. 145, 8, 9. Für diese Fabrik gilt im wesent- lichen das oben Ge- sagte. C. XIII 10010, 276. Die Fabrik ist den bisher genannten gleichaltrig, scheint aber etwas länger Bestand gehabt zu haben, da sie sich noch inKulturschichten flavischer Zeit vertreten findet, z. B. in Rott- weil, Friedberg, Iled- demheim, Saalburg (vgl. Annal. 29 S. 146). **) Die erste Kolumne gibt die laufende Kummer, welche mit der Abbildung auf Taf. yni übereinstimmt, die zweite die Inventamummer jedes Stückes, die dritte die Lesung bezw. Erginzung des Stempels, die vierte die Gefässform, die letzte etwaige Beinerkungen über xtitliehes and örtliches Vorkommen desselben Stempels. Das frtthrömischc Lager bei Hofhcim i. T. 73 40. 41. 42. 43. 44. 4:). 46. 47 48j 49 16060,13 16060,14 16825,4» 16825,43 16060,15 [F]irmo(derStempel ist zweimal eingepresst) Firmo of(ficina) Fr ... . oder Fa... Ilu . . . . Jucundufs] 50. 51. 16825,28 16066 16060,16 16060,18 16067 16060,19 16065 52. 16825,26 53. 16060,30 of(ficiDa) Labi(oüi8) Lauratus of Leg . . . Maccari of(ficiDa) Masc . . o((ficiDa) Ma(o)su(eti) of(ficiDa) Mem(ori8) Mo. . . 54. 16825,38 5*>.! 16060,31! Monio of(ficina) ModestP^) of(ficina) Moin(moDi8) Bodensplitter Tassenboden Tässchenstück (Drag. 27) Tässchenbodensplitter Tassenboden (Drag. 27) halb erhaltene Tasse (Drag. 27) kleines ganz erhalt. Tässchen (Drag. 27) Tässchenboden flacher Tellerboden ganz erhalt. Tässchen (Drag. 27) Tassenboden grosse Tasse (Drag.27) Tässchenstück Boden eines relicfverz. Beckens (Drag. 29) Tellerbodensplitter Tellerbodensplitter C. XIII 10010, 900. Ygl. C. Xni 10010, 1023 lllos und 1024 lllus. C. XUI 10010, 1061; falls hier nicht mehrere Fabrikanten dieses Na- mens zusammengefasst sind,hatJaoundu8 noch bis zum Ende des 1. Jahrhunderts gearbei- tet (vertreten z. B. auf der Saalburg, Hed- dernheim, Miltenberg und öfter). C. XIII 10010, 1104. C. XIII 10010, 1122. fehlt in C. XIII. C. Xm 10010, 1196. C. Xm 10010, 1291, ist wohl sicher derselbe Fabrikant wie 1297 Masclus und 1299 Masculus. ebenso C. XIII 10010, 1259 m ' aus Yechten. C. XIII 10010, 1339, vgl. 1340. C. XIII lOOlO, 1368, ist wohl mit dem folgen- den Fabrikanten iden- tisch. C. xm 10010, 1369. C. XIII lOOlO, 1374. sehr selten yorkommon- der Stempel C. XIII 10010, 1375. **) Wahrscheinlich ist auch Nr. 58 of(ficiDa) Mo[. . . .] zu Mo[de8ti] zu ergänzen, vgl. auch den Stempel auf der Aussenseito eines relief verzierten KumpenstQckes COM = Mod(esti) oben S. 69 Abb. 28. 74 E. RitterÜDg 66. 16826« [H]0DtlUlU8 kleiner Tellerboden- beide Stempel, wie ea BOhflint, so* denelben Splitter Metriie. In C. XHI 67. 16826,10 [Ulonbnni Täsacbenstfick deateoB 2 «enohiede- nenZeiteu aogehSrige Eftbrikanten zuaun- msngeworfen. 68. 16826.11 «f Mo[de.liPJ Boden eines reliefverz. Beokena siehe oben AnmerkoDgag 69. 16060,.! ol(ficina) MÜrräni Täsachenbodensplitter C. XIII 10010, 139*. 60. 16060,.. of(fioiDa)Nigri Tässcheoboden »Ue (Drag. 27) der 61. 16060,,. o(t«cin«) [M]gn • ■ (OEL. 62. 16060,.. Mflciina) %ri Tellerbodensplitter Hoflielm S. 32 Nr. 3) weioht ab; Tetgl. C. XIII 10010, H28. 68. 16826,., P«e!ie(ni) verbranntes Tässchen- bodenstück ebento C. XIU lOOIO, U95 f, MU Reinu. 64. 16826,,, of(ficiDB) Pi . . kleiner TäsBchenboden C. Xm lOOlO, 1531 keiiat nur 1 Exemplar •U8 Ftenkreiob. 66 16060,.. Pol.i.l(i| Tellerbodensplitter wieCXlII 10010,1551, d'. 66. 16826,., oHfiüina) Primi ^ 67. 16826,.! oftfioina) PriQi[i] » get. in dem Sahnitt d 68. 16060,,! Rogati ofi;ficiDa) Tässchenbodeo 16 U. 1645. 69. 16826,,.. [or(ticiDa)) ButiDJ Tässchonboden (Drag. 27) in 0, 1659 gleich- lU- 70. 16060,,, of(ficina) Eu . . . Tellerbodensplitter ni] od.Rn[8Üci]ni ergännD. 71. 16060,» Secundi Tassenboden 72. 16826,.. [SJeouffli C. XIII 10010, 1764 8iDd melirtre gloiob- 73. 16060,,, wohl sicher auch S[e]- cundi(nichtJucuiidi) Tassen boden ■amraenge werfen. 74. 16060,,. Soaici Tgl. C. xm 10010, 1776. 76. 16826,.., wohl sicher Silv[ani] ganz flach-Tellerbodon 76. 16060,,, wohl Teti halb erhalt. Tässchen (Taf. VI Typus b) beide lobeineD aui einer Hetrize. Der Fabrikant Tielleieht 77. 16060,,. n - halb erhalt. Tässchen (Typus 5) derselbe wie C. XIII 10010, 1004. 78 16826,» Vapiusonis] Tellerbodensplitter C. Xin lOOIO, 1973. 79 17826,,, wohl sicher [Vaplusu ^ vgl. CXIIIIOOIO, 1974. 80 16826,« Yitali(a) Tellerbodenstüok C.Xm 10010,2062 lind Fabriken n tr«nnen, Ton denen eine jeden- fidli Mhr bttli, eine udm «ntinS. Jakf- Das frOlirumiscIic Lager bei üofhcim i. T. 85 mit Sicherheit zu eotacheideu; Brand und Arlieit aprechon chor für römischen Ursprung. IV. Ein- und »weihenkliye Kt'üge. Die Scherben von Henkelkrügon übertrefFen an MasBo weitaus jode einzelne der übrigen Gefässarten, selbst einschlieselich der Eocfagcschirre und der belgischen Ware. Die Zahl der im Laufe der Zeit im Lager verwendeten und zerbrochenen Krüge muse, selbst wenn ipan die bedeutende Grösse vieler von ihnen in Be- traeht zieht, in der Tat eine ausserordentlich hohe gewesen sein. So fanden lieh z. B. in der Grube D nahe der AVerkstätte die Reste von mehr als zwei Dutsend meist grossen Krügen, wie sich an den Hälsen und Böden nachzählen Hess; und zwar sind sie hier nicht nachträglich zuBammeDgeachwemmt, oder als Scherben ab fall zusammengeworfen worden, sondern einzelne standen offenbar noch an ihrer nreprüDglichen Stelle, wenn auch vollständig zerdrückt und mit den Scherben anderer Krüge vermischt (vergl. oben S. 10). Der Ton der Krüge ist ein sehr verschiedener, aber fast ateta gut geschlemnat und fein, zum Teil ausserordentlich weich und zart; er hat bald gelbliche, rötliche, rote, bald grünliche, bläuliche und fast schwarz- ^ne Farbe; verbal tnismässig selten ist, wie euch in Haltern, der gelblich- weisae oder rein weisse Tod vertreten. Auch die Farbe der Oberfläche ist eine sehr wechselnde, aber eine eigentliche Übermalung mit Farbe ist doch nur in seltenen Fällen deutlich erkennbar: so haben namentlich Krüge 1D0 bräimlicb rotem und rötlichem Ton nicht selten einen Oberzug von weisser Farbe erhalten, der aber meist abgerieben und nur in Resten noch erkennbar ist. Scherben eines Ge^ses aus derartigem Ton, die freilich mögltcherweiae auch zu einer Urne gehören können, da der entsprechende Hals fehlt, zeigen ausser dieser dicken weissen Bemalung auf diese aufgesetzt fischgrätenartige Master in rotbrauner Farbe, das einzige Beispiel von farbigen auf- gemalten Verzierungen, welches im Hofheimcr Lager bei unseren Gra- bDDgeo zu Tage gekommen ist. Was die Formen der Krüge betrifft, so sind diese in ihren Haupttypen Taf. VI Fig. 24, 25, 26 u. 27 veranschaulicht, eine Anzahl Exemplare auch aaf Taf. X 16 — 24 nach photographischen Aufuahmen abgebildet. 1. Unter den einhenkligen Kritgen, welche nicht aclten eine bedeutende Grdese, bia über 40 cm, erreichen, faerracht der schlanke Typus (Fig. 24} vor. VoD diesen seien nur erwähnt: Inv.16300, 41"^ cm hoher Krug aus gelblichem Tun, Höhe des Halses 11"» cm, grösste Bauchweif e 28 cm Cfaf- X, 21); 16301: 42 cm hoch, ebenfalls aus gelblichcmTon (Taf.X, 24), 1 f»302:*etwBS kleinerer, 3fi '/»cm hoher Krag aus rötlichgelbem Ton, dessen gröasto Bauchweite 24'/« cm, Höhe des Halses 10 cm beträgt; lti.'>Ü3: gelblicher Ton, 34 cm hoch, Hals 10 cm hoch, grösste Bauchweite 24''s cm; 10655: aus rötlichem Ton, weiss äberfärbt, Höhe 33 cm, Bauchweite 24 cm; ferner 16710, 16711: aus rötlich< gelben Tod, nicht ganz erhalten. Daneben begegnen etwas bauchigere Formen, dieio mancherlei Abstufungen zu der Form, welche Textabbildung 30 unterNr. 16H13 se^, führoD. Sie sind meist kleiner und wie auch das abgebildete Stück häutig L 90 E. Ritterling hingewicBeo ist, in zahlreicheo, von dem Absatzgebiete nicht allzuweit entfenit gelegeDen kleinerea Werkstätten. Von den gewöhnlichen, nach dem Brande eingeritzten Inechriften auf Krügen haben sich zahlreiche Reste gefunden; es scheint fast, als ob die Mehrzahl, namentlich der einhenkligen und grossen Krüge, solche Einritzungea, welche wohl meist den I^amen des Besitzers bezeichnen, getragen hat. In den meisten Fällen sind sie auf der Schulter des Kruges, seltener auf dem Ilalse oder dem unteren Teile des Bauches angebracht. Da auf Aufzählung und bildliche Wiedergabe der Sgraffiti, von welchen nur einzelne Buchstaben oder Teile von solchen erbalten sind, verzichtet werden kann, seien im Folgenden nur die wenigen vollständig erhaltenen oder doch verständliche Beste des Namens bietenden Inschriften erwähnt, welche in beistehender Abbildung 45 in halber natürlicher Grösse gezeichnet sind. Abb. 46 {'h oftt. Or.) 1. (Inv. ](>658,i) Amandi auf der Schulterscherbe eines grossen Kruges aus helhrötlichem Ton. 1)08 früh rC mische Lager bei Uofhcim i. T. 91 2. (Idt. 16830,i) Am..., vielleicht derselbe Marne wie 1., auf der Schulter- scberbe eines raubwandigen Kruges. 'A. (luv. 16830,s) in zwei Zeilen Ami . . . Laavi . . . auf Schulterscherbe eines Kruges aus weichem hellrötlicbem Ton. 4 (Idt. 16658,«) Fa . , ., Schulterscherbe auBE>en weiss, innen gr&ubrann. 5. (Idt. 16658,3) Julia auf dem unteren Teile des Bauches eines grossen Kroges. 6. (Idt. 16658,1) Julia, auf der kleinen Scherbe eines dünnwandigen weiss fiberförbten Kruges aus rotem Ton. 7. (Idt. 16299) Ju..., vielleicht auch zu Ju[Ua] zu ergänzen, steht auf der Schulter des hohen zweihenkligen Kruges (abgcb. Abb. 54, s. oben S. 87); 8. (Idt. 16658,i5) M steht auf der Schulterscherbe, über dem Henkelansatz eines grossen Kruges. 9. (inv. 16830,1t) Pn{mi) in grossen dünnen Buchstaben auf dem Halse eines weisstonigen grossen Kruges. 10. (Idt. 16658,s) [P]rim(x), sicher so zu ergänzen, und wohl auch dieselbe Person wie 9. bezeichnend, da die Inschrift ebenso in der sonst selten begegnenden Weise wie jene um den HaU eines weisstonigen Kruges berumläuft. 11. (Idt. 16658,19) ,..re... auf dicker Bauchscherbe. l'J. floT. 16707) Sri... auf der Schulter eines nicht Tollständig zu ergänzenden Kruges ans weichem röllichem Ton. l?t. (luT. 166ö8,s) Tit[i...] auf dicker Scherbe eines raubwandigen Kruges. 14. (Inv. 166ö8,i) ...isettiu.. auf der Schulteracherbe eines weisstonigen Kruges. 15. (luv. 16658^) . . . vari oder rfari, in dünnen feinen Buchstaben auf dem HaUbmchstück eines Kruges aus feinem rötlichem Ton. r. GUUtwandiffe, meist gehenkelte Urnen und ste^artiffe Sefialen. 1. In der Beschaffenheit des feinen rötlichen oder gelblichen Tones, sowie m «ler Technik stehen den Ilenkelkrügen sehr nahe eine gewisse Art von Urnen, deren Typus nach einem kleineren Exemplar Taf. VI Fig. 30 (Inv. 16808) gegeben ist. Mit Becht hat daher Dragendorff Westf. Mitt. m 8. 84 f. angenommen, dass Krüge und diese Urnen in denselben Töpfereien hergestellt worden seien. Die Grösse dieser Urnen ist eine sehr verschiedene; allen gemeinsam ist aber, dass der weiteBauch sich nach oben zu stark einzieht, die obereÖffnung wird mit einem bisweilen ziemlich breiten und tief untorschnittenen, horizontal liegenden Rand von fast rechteckigem Querschnitt abgeschlossen; einige Randstücke solcher GefSsse von etwas abweichender Bildung sind Abb. 49, 5, 7 u. 8 wiedergegeben. Der Fuss hat, wie die zweihenkligen Krüge, nur eine fein abgedrehte Stand- platte oline Ring. Diese Urnen, welche inschriftlich als »rcei bezeugt sind C. J. L. Xni, 3 p. 86 Nr. 10008,u), sind bis auf einen oder zwei die Schulter nod den oberen Teil des Bauches umziehende breite Reifen unverziert. Ganz tUBoabnu weise kommt bei derartigen Gefassen ein Schmuck in Gestalt eines in einzelDfln Teilen, Mund, Nase, Augen u. s. w, aufgeklebten menschlichen in dem nebenbei (Abb. 46) abgebildeten, in Hofheim übrigens Das frflhrö mische Lager bei lioflieim i. T. 93 Oeumtfonn äboUcbeD groeaen TonfiiBBcr (siehe unten S. 99) ganz vereinzelt ■och bis in das Ende des I. JshrhundertB, jedenfalls bis in flavieche Zeit, er- hallen za haben, sind aber schon in Hof heim sehr selten und kaum durch 5 — a Tenchiedenen Gelassen angehörende Randstüoke vertreten. 3. Ebenfalls im Ton von den Krügen und Urnen nicht zu unterscheiden ■nd niedrige gehenkelte Schalen, deren spitz zulaufender Boden in Terhältnis- mässig kleinem Umfange — meist nur 5— ö cm Durchmesser — siebartig dnrchl6ohert ist. Als Typus dieser Qefässart ist, da sich aus den Hofheimer Scberben ein Exemplar nicht zusammensetzen Hess, ein in Weisenau 1844 ge- fandenes Stück des Wiesbadener Museums aus feinem gelbweisaem Ton lloT. 5320) nebenbei (Abb. 4ti) abgebildet, Dieselbe Gestaltung des Randes wie bei diesem Exemplar findet sich auch unter den Hofheimer Scberben ver- treten (vgl. das abgebildete, zu fast einem Drittel erhaltene Stück aus feinem weichem roten Ton: Abb. 49 Nr. 1); weit häufiger aber zeigen diese Schalen einen oben ganz glatt verlaufenden Rand, der fast senkrecht auf der stark Abb. 49 eil nat lir). eingezogenen Geßsswand aufsetzt und seinerseits etwas nach aussen ge- wSlbt ist (vgl. die abgeb. Beispiele Abb. 49, 2, 3 und 4). Nach den ge- fundenen Randstücken, die, wie erwähnt, allein durch ihre Gestaltung die Zu- eehörigkeit zu diesen Sieben erkennea lassen, ist dieses Gefiiss gar nicht so wlten vertreten; sicher lassen sich mehr als ein Dutzend verschiedener Exemplare BDterscbeiden. Ganz gleiche Stücke sind übrigens auch in der Wiesbadener vorflavischen Eulturschicht zutage gekommen (ein Bruchstück abgeb. Nass. AnnaL 29, Tat YII I), deren Geaamtform damals aber nicht erkannt werden konnte. Wim Mauhwandige KochWpfe, TTtmen, Schüsseln und Tetler. 1, Der fllr die Zeit des Hofheimer Lagers charakteristische Kochtopf uigt, soweit nicht Gefasse belgischer Technik in Betracht kommen, den auf Tat. TI ¥ig. 29 gezeichneten Typus, Die äusaerst zahlreich in Bruchstücken Das frührömischc Lager bei Hoflicim i. T. 101 7. (Inv. 17127) Bruchstück, nach links springendes Tier (PfordV), auf dem Beste einer menschlichen Gestalt undeutlich erkennbar sind. 8. (Idt. 16079) etwa zu '/a erhaltenes Lärapchen aus woiasHchem tiefrot- gelb Qberßrbtem Ton, Länge etwa 11 cm; auf dem Deckel in sehr hohem Bclief erotiaobe Barateliung. 9. (Id». 16080) Deckelatück, ebenfalls tiefrofgelb überfarbt, mit derselben Darstellung; scheint aus der gleichen Form wie 8 zu stammen. 10. (In?. 16081) Deckelstiick aus weissem Ton, rotgelb übcrfärbt, mit Dar- stellung eines nach rechts kämpfenden Gladiators, dessen Oberkörper nackt ist. 11. (Inv. 17136) Deckclstflck, grünlichgelb, mit Muschelschmuck. 12. Bandstück, aus weissem Ton, mit reicher Verzierung. 13. (luT. 16082) Deckelstück, weisstonig, rofgclb überRirbt; zu erkennen eiu nach links gewendetes Viergespann. 14. (luT, 17125) Deckelstück, hellgelb Übcrrarbt, fein modellierter bekränzter Jünglings- oder Madchenkopf nach links. 15. (Idt. 17124) Deckelsfück eines Lämpchens aus weissem Ton; Relief: eine nach rechts gewendete, auf einem Sessel sitzende weibliche Figur, welche mit der Hand des einen aufgestützten Armes das Kinn hält. 16076 Abb. 57 (nat. Gr.). Ggentliche Stempel scheinen auf Lämpchen dieses Typus noch nicht oder doch nur äusserst seilen in den Rheiulanden Torzukommen. Um so intereasanter ist es, dass auf zwei der Hofheinicr Stücke sich Buchstaben befinden, die aber nicht mit einem Stempel aufgepresst, sondern in die noch weiche ungebrannte Form kursiv eingeritzt sind, auf dem Fabrikat selbst also eriwbeo erscheinen. Es sind folgende: a) W)0 auf dem äusseren Boden der grossen Lampe Nr. 3 (Inv. 1607(>). hj auf dem Bauchstück eines grau üherfarbten Lämpchens steht der Buch- stabe P umgekehrt. Wahrscheinlich identisch ist auf einer zu Köln gefundenen Lampe mit Relicfdarstcllung eines Ebers und Hundes der Buchstabe P, welcher nach C,J, L. XIII lOOOI, 2;S7: ,in forma stilo scriptum erat," also wie bei dem Ilofheimer in die Form eingeritzt war. Möglicherweise gehören hierher auch drei Stück zu Karthago und Ilippo in Nordafrika gefundene Lämpchen mit Reliefdarstcllungcn, Das frubrömiüchc Lager bei Hofheini i. T. 103 (nur noch 9 cm boch), wiegt 350 Gramm Ob dicBC Gewichte bei irgend welchen gewerblicheo Betriebeo oder als Turgewichte verwendet worden sind, nug hier dahingestellt bleiben. c) (s. Abb. 69) Massive IS'/i cm lange kegelförmige Spitze Tom Boden einer Amphore (17112); nach Zertrüm- merung desGefSsBCB ist die Bruchfläche sauber abgeglättet and nahe derSpitze ein rundes Loch durchgebohrt: in dieser Gestalt mag das StGok entweder als Gewicht ähnlich den unter b) erwähnten, oder auch aU Reiber oder Stössel zur Zerkleinerung irgend welcher Substanzen gedient haben. d) Aus feinem gelblichem Ton geformter, 7 cm langer PbsUns mit Scrotum (17118), von vorn der Länge nach durchbohrt, oben abgebrochen; ob er als Amulett getragen iUl2 ist, oder zu einem phänischen Figürchen gehörte, kann Abb. 59 (■/« nnt. Or.]. zweifelhaft sein; vielleicht bildete er den Teil einer Tonlampe. F. Glas. Bruchstücke feiner Gksgefasse in den verschiedensten Farben, ausnahms- los wie CS scheint zu Trinkbechern und -schalen gehörig, fanden sich ziemlich häufig; dagegen sind eigentliche Millefiorigläser verbältnismässig selten und haben stets die Form der weiten gerippten Sohalen, die auch in blaugrünem Glase so häufig sind. 1. Grösseres Bruchstück einer solchen Schale aus dickem Glase von wein- roter Farbe mit weissen Adern durchzogen (luv. 16179, 17l47,i), das Bruchstück einer zweiten zeigt als Grundfarbe bernsteingelb (17146,»), ein drittes sehr kleines Splitterchen tiefsmaragdgrun mit weissgelber Ädenmg (17147). 2. Zahlreiche Scherben eines dünnwandigen Bechers aus gelblichgrünem Glase, in der Form ähnlich den italt8ehenSigillatatasBen(l[altemTaf. 37, 3), dessen scharf abgesetzter senkrecht stehender Rand mit hellblauem opaken Glase eingefasst und fast ganz erhalten ist (16186,»), 3. Randstück eines Bechers aus dickem, dunkelblauem Glase, ö'/t cm lang (16181). 4. Hehrere Bruchstücke eines sehr dünnwandigen Becherchens aus tiefblauem Glase, der Rand weiss eingefasst (16183). ö. Scherben eines Bechers , in dessen blassgrünes Glas paralloUaufeude Milchglasfäden ein-, sowie ein breiterer violetter Streifen aufgeschmolzen sind (Inv. 16184). 6. Ein ganz kleines Splitterchen aus weissem Milchglase ist tiefblau über- fangen; eine Art, wie sie m. W. in Haltern bis jetzt noch fehlt, dagegen nicht selten und in prachtvollen Stücken in der augusteischen Schicht bei Neuss, sowie in Windisch (Museum Urugg i. d. Schweiz) vertreten ist 104 K. Ritterliug 6a. Sehr dÜnnc Scherbe eines Büchcrcbens aus i'otviolcttoni wcisBgeflecktem Glasü mit schmalen Rippen (16185). 7. Uehrere Bruchstücke sehr duanen rotviolDtten Olases. S. Bruchstück einer gerippten Schale aus blauem Glase, welches in den Kippen dunklere und tiefere Farbe zeigt. 9. Bauchiges Becherstück aus blauem Olase mit aufgeschmolzenen Milchglas- tropfen (17147). 10. Mehrere Bruchstücke blasigen smaragdgrünen Glases. 11. Ein Stück tiefgclbbrannen Glases. 12. BandBtück eines Bechers aus dickem, fast schwarzem Glase. Noch häufiger sind natürlich die Brucbstflcke des hellen, bald nahezu farblosen, bald hellgrünen oder blaugrünen Glases, besonders von 13. gerippten bauchigen Schalen (16186). 14. (s. Abbildung 60) Zum grösaten Teil erhaltener dünnwandiger Becher von fast zylindrischer Form, der mit ein- geschlifTenen Reifen verzierte Rand ist nur wenig nach innen gebogen(17142), Höhe 7,2 cm, oberer Durchmesser 9 cm. 15. Stücke ganz ähnlicher, ebenfalls mit eingeschlifFenen Linien verzierter Becher von noch steilerer Wandung. 16. Grosser Boden eines blaugrünen Glas- gefässes mit schmalem hohem Stand- Abb. 60 C'i Dftt. Or.). ring, 7'/» cm DurchmesBer. 17. Unterer kugelförmig abschliessender Teil eines kleinen Fläachchcns, wohl für Öl bestimmt {17143'). 18. Weiter geschweifter Hals einer Glasflasche von schön blaugrüner Farbe, 7 cm hoch (Inv. 17139), 4,2 cm unteren, 3 cm oberen lichten Dlirch- messer^ im Inneren noch Reste einer harzigen Masse (17139). 19. Bruchstücke von ähnlichen Flaschenhälsen (17144). 20. Pein gerippte Henkel von Flaschen und Kannen (1714.5). 21. Mehrere ganz erhaltene und zerbrochene gerippte Perlen aus hollblauem Ton- und Glasfritt (1618H u. 17123). 22. Mehrere der bekannten Knöpfe oder Spielstcinc bestanden aus Glas von weisser oder schwarzer Farbe (17122). 23. Viele Glasbruchstücke, die halb oder vollständig in Fetier geschmolzen waren, licsscn ihre ehemalige Gestalt nicht mehr erkennen. Gegenüber dem häufigen Auftreten von Gefüssresteu aus Glas verdient OS bemerkt zu werden, dasa sicher zu Fonstorscheiben gehörige Stücke sich nicht gefunden haben. 171M 110 C tlitterling: t)as frührömischc Lager bei Hofheim i. T. 25: S. 57,6; 27-30: S. 58,9 u. 8. 59,15; 31, 33, 34 u. 36: S. 62,37; 32: S. 58,9; 35: S. 61,27; 37: 8. 61,30; 38: 8. 65,55; 39: 8.62,36; 42: 8.64,54; 43: 8.61,28; 44: 8. 60,22; 45: 8. 61,25; 46: 8. 64,55; 47: 8.61,24; 48: 8.63,46; 50: S. 61,30; 51: S. 62,39; 52: S. 63,42; 53: S. 65,56; 54: S. 61,25; 55 u. 58: S. 60,21; 56 u. 57: S. 59,17; 61: S. 60,23; 62: S. 63,48; 63-65: S. 61,31; 66—70: S. 65,57; 71: 8. 64,55. Taf. V. Eisen: Fig. 1, 3u-4: 8. 64,53; 7: S. 61,32; 8, 9 u. 11: S. 64,52; 12: S. 65,57; 13: S. 60,21; 14: 8. 63,45; 15: 8. 64,52; 16: S. 64,54; 17 u. 18: 8. 65,55; 20, 22 u. 28: S. 64,55; 23: S. 05,57; 24: S. 63,47; 29 u. 30: 8. 57,6; 31 u. 33: S. 57,7; 32, 34 u. 35: 8. 57,6; 36 u. 37: 8. 57,5; 38-41: 8. 63,43; 42: S. 56,3; 48: S. 62,39; 45—52 u. 54: S. 57,8; 55: 8. 61,35; 56: 8. 61,33; 57: S. 61,35; 58: S. 62,37; 60u.61: 8. 61,35; 62; 8. 47; 64: S. 65,56; 65: S. 59, 13; 66u.67: 8.57,8. Taf. VL Typen der Tongefässe: 1—10: Sigillata S. 68—69; 11—14: Belgische Ware S. 76 f. und 80; 15-17: Becher 8. 82—84; 18-22: Belgische Ware S. 79—82: 23: Rotgefirnisste Teller 8.77; 24—26: Einhenklige Krage S. 85 f; 27: Zweihenklige Erflge S. 86; 28: Henkeltopf 8. 94,2; 29: Kochtopf 8. 93, 1; 30: Henkelume S. 91, 1; 31 u. 32: Rauhe Schfissel und Teller S. 95,4 u. 5; 33: Reibsobalen 8. 95 f. Taf. Vn. Bruch.stUcke verzierter Sigillatagefässe : 1—17: von Schalen Typus 9; 18—28: Typus 10 8. 69; 29: 8. 70. Taf. Vm. Oben: 1—84: Stempel auf Sigillata S. 71—75; unten: 1—18: Sgraffiti auf Sigillata S. 75 u. 76. Taf. IX. Oben: Fig. 1 u. 2: S. 81; 3: 8. 82; 4 u. 6: 8. 78; 5, 7 u. 9: S. 81; 10: 8. 82; 11: 8. 81; 12: 8. 82; unten: 1—5, 9, 18 u. 19: S. 82,1; 6: S. 83; 7u. 7au.b: 8. 83,3a; 10, 11, 16 u. 17: S. 82,1; 13 u. 14: 8. 83; 20-23: 8. 83,2; 24 u. 25: 8. 83,1; 26: 8. 83,3b; 27—30: 8. 83,1; 32—34: 8. 84, h. Taf. X. 1—15: Lampen S. 100/101; 16—24: Krüge S. 85 f. Fayence- und Porzellanfabriken des 18. Jahrh. in hessen-nassauischem Gebiete. Von Prof. Dr. W. Stieda (Leipzig). I. Zur Einführung. Die Verfertigung von feinen Tonwaren und Steinzeug weist in der Provinz Hesäen-Nassau im Jahre 1895 (einschlicaslich der Terralith- und Siderolith waren) 40 Betriebe mit (>15 Personen, die Payencefabrikation und -Veredlung 14 Betriebe mit 656 Arbeitern, die Porzellanfabrikation 9 Betriebe mit 22 Personen auf. Nur vrenige preussiscbe Provinzen oder Keichsgebietsteile haben eine ähnlich entwickelte keramische Industrie oder eine den hessischen Stand derselben über- treffende. Dahin gehören in erster Beziehung die Provinzen Brandenburg und Rheinlande, bezüglich der Fayencefabrikation ausser den beiden genannten noch die Provinzen Hannover und Sachsen, sowie das Königreich Sachsen, hin- siefatlicb der Porzellanfabrikation die Provinzen Schlesien und Sachsen, Rhein- lande^ das Königreich Sachsen, Bayern rechts des Rheins, die thüringischen Staaten (Sachsen-Meiningen, -Altenburg, -Weimar, -Koburg-Gotha, die beiden Schwarzburg) und Elsass-Lothringen. Das heutige Grossherzogtum Hessen spielt aof allen drei genannten keramischen Gebieten keine wesentliche Rolle. Dabei ist die Verfertigung feiner Tonwaren, nach der Arbeiterzahl gemessen, nur zur Hälfte Grossbetrieb, d. h. in Betrieben von mehr als 50 Arbeitern konzentriert, and in der Payencefabrikation kommt nur ein einziger Betrieb mit mehr als 50 Personen vor. Wo eine Industrie eine derartige Entfaltung erfahren hat, müssen die Grundlagen für sie in besonderer Weise gegeben sein. In der Tat bietet das Land den wichtigsten Rohstoff, die Tonerde, in grosser Menge. Ein Teil von Xadäau« die unter dem Namen des Westerwaldes bekannte Hochfläche zwischen [^hninündung und der Niederung des Lahnbeckens, ist seit alter Zeit die Heimat il<*r Steinzeugwaren und hat den Namen des „Kannenbäcker-Ländchens''. Eben difste Tunindustrio hat in Ernst Zais und Paul Richter sowohl in ihrer ^escbicbtlichen Entwickelung als in ihrem gegenwärtigen Zustande eine treffliche Fayence- und Porzellanfabriken des 18. Jahrb. in bess.-nass. Gebiete. 113 Im übrigen ist bemerkenswert, dass an den Orten oder in den Städten, wo einst Fayencefabriken bestanden, heute sich keine finden oder die vor* handenen mit den älteren in keinem Zusammenhange stehen. Die Kunst- topf ereien und Ofenfabriken in Frankfurt a. M., dio Tonwarenfabrik zu Fulda, die keramischen Anstalten in Wiesbaden, die Rheinischen Chamotte- und Dinas- werke in Ottweiler ' ^) ; sie haben mit den Fabriken an denselben Orten im 18. Jahrhundert keinen Zusammenhang. In Eirchhcim, Weilburg und Dirmstein sind überhaupt zur Zeit keine keramischen Etablissements. Nur die Steingutfabrik von Wilhelm Dienst in Flörsheim a.M. führt sich auf die ursprüngliche Manufaktur daselbst im 18. Jahrh. zurück, deren Schicksale weiter unten erzählt werden. Auf die sonstigen in der Provinz Hessen-Nassau befindlichen bemerkens- werten keramischen Etablissements soll nachstehend nicht weiter eingegangen werden. Sie gehören in ihrer Begründung den ersten Jahrzehnten des 19. Jahr- hunderts an, sind zum Teil viel später entstanden. Wie wünschenswert es auch sein möchte, sich in deren Geschichte zu vertiefen, die um so lehrreicher sein könnte, als die unterdessen vorgeschrittene Technik und Wirtschaft sie von vornherein auf einem ganz anderen Fusse erscheinen lässt, so greift doch deien Berücksichtigung über den von uns für diese Studie gezogenen Bahmen hinaus. Nur auf zwei derselben sei mit einigen Worten verwiesen. In Damm unweit Aschafienburg richtete sich seit Beginn des 19. Jahr- hunderts mit den Modellresten der eingegangenen Porzellanfabrik Höchst a. M. eine neue Fabrik ein. Sie wurde begründet von D a h 1 und verarbeitet nur Steingut.^*) Ihre Figuren weisen als Marke das Mainzer Bad neben dem Buch- staben D auf. Eine Reihe schwarz bedruckter Steingutteller in meinem Besitz haben teils die eingedrückte Trockenmarke „Damm", teils den Buchstaben D auf einem Wappenschilde. Dio Bilder auf den Tellern geben zum Teil heimische Landschaften wieder: Johannisberg, die Brömserburg in Rüdesheim, Koblenz, Elifelt etc., zum Teil Darstellungen aus der Geschichte oder dem Privatleben. Vm das Jahr 1833 war Herr Dr. E. Müller Besitzer der Fabrik.'^) Durch einen herumziehenden Händler, Peter Heuchmer, Hess er damals einen Teil srze]lan war Modesache und kleine wie grosse Landesherren fühlten sich durch i>n Vorschlag, Besitzer eines vielleicht allmählich ansehnlichen Etablissements zu werden, das ihnen den kostbaren Artikel wohlfeil lieferte, angenehm berührt. So meldete sich denn auch im Jahre 1742 der Konditor und Handelsmann JobAon Wallrab, gebürtig aus Worms, zur Zeit in Darmstadt, beim Fürsten K^ri August von Nassau- Weilburg *^) mit dem Antrage, in Kirchheim^''') eine *^ H. Stegmann, a. a. 0. S. 163 nach einer Mitteilung C. y. Drach. •«) Bd. 12, 8. 436. *•; 1719—1753. F. W. Th. Soh 1 ieph ake-Menzel, Geschichte von Nassau, Hd. 7, SM lir.(lB89). ^ Efl üt doch wohl Kirchheim-Hulandon (in der bayerischen Pfalz) gemeint, damals ein derNassaa-Weilburgischon llorrschaft, in dem seit alten Zeiten Bergwerksbetrieb bestand. Fayence- nod PorzcUanfabriken des 18. Jahrb. in hess.-nass. Gebiete. 125 vielleicht ein halbes Dutzend Porzellanfabriken in Tätigkeit gewesen sein. Dagegen war die Fayencefabrikation verbreiteter und die Verwechselung von Fayence mit Porzellan ein häufiger Irrtum. Vielleicht lässt auch die Unter-, handlung mit einem aus Kouen, wo bekanntlich die Fayencefabrikation blühte*'^'), geburtigen Künstler darauf schliessen, dass es sich um einen Betrieb für Fayence handelte. ''*) Am 29. Dezember 1763 erschien vor der Kammer der aus Ronen stammende Dominik Pelleve, allerdings als „Fabriquant de porcelaine'* bezeichnet und verpflichtete sich eifrig und rechtschaffen die auf Kosten des Fürsten von Saar- brücken zu errichtende „Fabrique des porcelaines" zu verwalten. Mindestens 10 Jahre versprach er in Diensten des Fürsten zu bleiben und wenn er nach .\blauf dieser Zeit gehen wollte, ein Jahr vorher zu kündigen. Mit aller Offenheit und ohne das geringste Notwendige verheimlichen zu wollen, stellte Pelleve in Aussicht, Seine Hochfürstliche Durchlaucht (Altesse Serenissime) mit dem Geheimnis der Bereitung der Masse und der Fabrikation bekannt zu machen, sowie von allem, was er in Zukunft erfinde und entdecken würde, in Kenntnis zu setzen. Pelleve wurde also der technische Leiter der neuen Anstalt. Er sollte die Kontrolle und Inspektion aller Arbeiter haben. Um den Absatz brauchte er nicht zu sorgen, denn dafür wurden ein Kassierer und ein Magazinverwalter angestellt. Pelleve genoss freie Wohnung und ein angemessenes Gehalt, das nach Massgabe seiner Jjeistungen erhöht werden sollte: „convenablement a mcsure qu*il s'efforcera de faire des progr^s dans la science et ä conduire cet etablisse- ment toujours ä une plus grande perfection". Als Aufseher und Verwalter, wir würden modern sagen, als kaufmännischer Direktor, wurde Georg Heinrich Jeremias Wagner, ehemaliger Kammerkanzlist, aus Kauweiler im Saarwerdischen angestellt. Wie es scheint, traf der Fürst diese Wahl selbst und empfahl dann der Kammer eine Instruktion für ihn auszuarbeiten.'^') Er bewilligte 200 Fl., freie Wohnung und Kost. Wagner sollte die Bücher führen, das Magazin mit den fertigen Waren unter seine Obhut nehmen und auch die Arbeiter beaufsichtigen. Einen fast väterlichen Eindruck macht es, wenn in dem eigenhändigen fürstlichen Sehreiben an die Kammer dem Wagner angeraten wird, seinen Wein nur gewässert zu trinken und nicht zu viel mit dem Kammerdiener der Fürstin^^) zu verkehren, der ein Trunkenbold sei. Wagner trat seine Posten am 9. Januar 1 764 an und gelobte die ihm erteilte Instruktion in allen Punkten getreulichst halten zu wollen. Doch blieb er nicht lange in dieser Stellung, sondern vertauschte dieselbe mit der eines Intendanten oder Sekretärs bei dem Erbprinzen, der, damals in Frank- ^*) Vergl. Pottier, Histoire de la faienoe de Rouen. Rouen 1869. **) Für das Nachfolgende sind Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Coblenz benutzt; Akte betreff, die Porzellan- Fabrik zu Ottweiler 1763—1789, B. 349. **) Anlagen 1. **) Sophie, geborene Gräfin Yon Erbach, vermählt am 28. Febr. 1742. 132 W. Stieda Jedoch ächmidt beabsichtigte gar nicht selbst das Unternehmen zu leiten oder liess sich dazu bereden, das erworbene Werk wieder abzutreten. Jeden- falls sehen wir an seiner Stelle den Oberhofmeister von Trebra am 8. August 1789 den Pachtkontrakt unterzeichnen. Diesem erlioss Ilochfürstliche Durch- laucht „zu bezeigung ilöchstdero besonderer Zuneigung'' den jährlichen Kanon gnädigst, vorpflichtete ihn jedoch die Steinkohlen auf der Kohlwalder Grube zu laufenden Preisen zu entnehmen. Die Pacht begann am 1. August 1789 und sollte 9 Jahre dauern, bis 31. Juli 1798. Er bekam alles unter den gleichen Bedingungen, wie sie schon für Schmidt formuliert worden waren^®) und es wurde ihm freigestellt, nicht nur Porzellan und Fayence, sondern auch geringeres Geschirr, wenn er es in seinem Interesse finden würde, zu fabrizieren. Am 21. Septbr. 1789 wurden dem Herrn von Trebra und seiner Kompagnie die Fabrikgebäude nach dem am 31. Oktober 1787 aufgenommenen Inventario übergeben. Wie lange nun Herr von Trebra den Pächter spielte, ergeben die Akten nicht. Und es lässt sich leider ebensowenig ermitteln, was die Fabrik für ge- wöhnlich herstellte und wie sie ihre Erzeugnisse markierte. Nur das ist sicher, dass sie im Jahre 1792 noch bestand. Der Freiherr von Knigge, der in seinem unstäten Leben in diesem Jahre auch nach Saarbrücken kam, besuchte den Fürsten Ludwig in Dudweiler, wohin der ßegent einmal im Jahre zu gehen pflegte. Knigge beschreibt eine ländliche Mahlzeit, au der er teilnehmen durfte*^^): »Auf inländischem Porzelain wird gespeist. Es ist nämlich in Ott- weiler eine Fabrik angelegt, in welcher eine Art weisses Stein-Porcelaine ver- fertigt wii:d, das mit dem englischen sowohl was die Güte als den wohlfeilen Preis, die Dauer, Feuerfestigkeit und die Schönheit der Formen betriflft, wett- eifern kann. Der Fürst lässt die Speisen in den Casserolen von dieser Masse, in welcher sie gekocht sind, auftragen." Demnach würden die Fabrikate Lob verdient haben. Nur aus dem Um- stand, dass der Fürst sie lediglich auf dem Lande zu gebrauchen für geeignet hält, könnte geschlossen werden, dass sie nicht sehr kostbar gewesen sind. Vermutlich wurden in erster Linie Haushalts- und Gebrauchsgegenstände an- gefertigt. In einer Abhandlung, in der der llegierungsrat Friedr. Rolle im Jahre 1793 die Verdienste der Fürsten von Nassau-Saarbrücken würdigt, die indes erst im Jahre 1899 gedruckt worden ist^"), kommt der Verfasser auch auf die Porzellanfabrik zu Ottweiler zu sprechen. Er erzählt, dass die in der Umgegend gefundene, besonders gute Erde den Gedanken zu ihrer Errichtung eingeflÖHst hätte. Man habe j^^ber doch fremde Porzellanerde als Beisatz ge- braucht. Geschulte Porzellannialer hätten zur Vorfügung gestanden. Im übrigen wäre das Institut anfänglich äusserst kostspielig zu unterhalten und ^wegen allzugeriugen Debits^ wenig einträglich gewesen. Der Fürst Ludwig habe die «») Anlagen 3. ^^) Knigge, Briefe auf einer Heise durch Lothringen und Niedersachsen 1793» auch Mitteilungen des Uistorischcn Voreins f. die Soargcgcnd, lieft 7, S. 246 und i borg a. a. O., S. 322. ''^) Mitteilungen dos Ilistor. Vereins für die Saargegend, Bd. 6 (1899). Fayence- und Porzcllanfabriken des 18. Jahrh. in hessrnass. Gebiete. 133 Anlage viele Jahre hindurch unterstützt und sie schliesslich in eine einträglichere Steingutfabrik umwandeln lassen. Über diese Periode des Unternehmens hat sich aktenmassig nichts ergeben. Da aber Rolle sich dieser Wendung offenbar aus eigener Anschauung erinnerte, wird es mit seiner Behauptung seine Kichtig- koit haben. Uns ist zur Klarstellung der Verhältnisse mehr, als was vorstehend erzahlt ist, zu bieten leider nicht möglich gewesen. Anlagen. 1, Eigenhändiges Schreiben des Fürsten von Nassau- Saarbrücken^ inbeireff der Anstellung eines Aufsehers und Verwalters bei der Porzellanmanufaktiir in Ottweiler. 1764^ Janr. 5, Saarbrücken, Kgl, Stadtarchiv Coblenz^ Akten hetr, die ForzeUanfahrik in Ottweiler, S. 3. Arics la bonte, Monsieur, de faire dresser un decret pour Wagner dans lequel OD lay assure 200 florins d'appointements, la table et le legis franc i\ Ottweiler. II fandra en m^me tems luy ordonner de veiller au travail des ouvriers de la manofacture du sieur Belve üi tenir des decomptes exactes sur toutes les depenses et qu'il doit tacher de les moderer le plus qu'il sera possible. II sera necessaire aassi de Tavertir que tous les marches ne doivent 6tre ny signes ny ccrits que par loy et aye ä arranger le magasin dans lequel on puisse serrer tous les ouvrages finis de la manufacture jusqu'it ce que Ton aye fait les prix pour la vente. II luy sera recommandee aussi de tenir une tres bonnc conduite et de mettre de Teau dans son vin puisquMl ne peut supporter cette liqueur sans qu'elle seit bcaucoup hamecte d'eau et le valet de chambre de ma femme a le bonheur de le supporter beancoup. C'est pour cela qu'il faudra que le sieur Wagner ne le frcquente pas beiuconp, ätant tous les soirs yvre. A Saarbrücken 5 Janv. 1764. Le Prince de Nassau-Saarbrücken. 2, Instruktion für den Aufseher und Verwalter in der Porzellanfabrik in Ottweiler. 1764, Jan. 5. Akten wie vorstehend, S, 4 ffg. 1. Das er treu hold, gehorsam und gewärtig seyn, unsern frommen und nutzen nach seiner besten wissen und gewissen befördern, Schaden und Nachtbeil hingegen warnen und abwenden, vor allen dingen aber sowohl der Gottesfurcht und eines ehr- baren und besonders nüchternen Lebenswandels als auch durchgehends einer anstän- digen Aufführung gegen jedermann sich befleissigen, mithin alle verführerische böse Gesellschaften sorgfeltig meyden und sich niemalen desfalls etwas zu Schulden kommen lassen solle. 2. Hiernächst hat er über die dem Fabrikanten Pelleve bei vorgedachter Por- celain Manufactur zuzuordnende Arbcitslcute mit selbigem genaue Aufsicht zu fahren, damit sie früh und späth ihre Schuldigkeit und vorgelegte Arbeit gehörig und fleissig verrichten. 3. Von denen künfftig verfertigten Parcelainwaarcn ein Magasin aufzurichten, dessen verschiedene Sorten nach ihrer Qualität und NVerth darinnen zu rangiren und zu separiren, das Magasin jederzeit wohl verschlossen zu halten und niemanden ohne ihn allein hineingehen zu lassen, damit bey allenfallsig an dieser verbrechlichen Waare entstehenden Schaden man wissen möge, von wem solcher geschehen. 4. Wan der Preis des Porcelains fest gesetzet und ihm vorgeschrieben seyn wird soll er, Wagner, auch dessen Verkauf zu besorgen haben und aller künfftig dabey nod mit denen Arbeitsleuten nöthige Accorde jedoch nach vorgäugigem von uns ein- geholten Befehl errichten dressiren und unterschreiben, ausser ihm aber niemand dergleichen thnn. Fayence* nDd Por/ellaDfabrikeD des 18. Jahrh. in hcss.-nass Gebiete. 137 Leider abor haben sich darüber gar keine Nachrichten nuffindcn laaaon wollen, vie der Betrieb sieb anliess und abtipiclte. Glänzend war der Betrieb keines- falls. Denn als nach Ablauf tod 8 Froijahrcn im November 1773 von neuem im Schosse des Domkapitels über die Verlängerung des Privilegs beraten wurde, TcrUutote die ÄufFassung, dass ein grosses Kapital an das Etabliüscment vur* «andt worden sei, ohne dass einiger oder jedot;h sehr geringer Gewinn gezogen wcirden. Jedenfalls nahm der Kurfürst keinen Anstand, das abgelaufene Privileg am 30. April 1773 auf 12 Jahie neu zu bestätigen und das Domkapitel schloss ■ich am 3. November an. Indes dieses Privileg ist bereits dem „Prior und foDTent allbiesiger unserer Carthaus (d. h. in Mainz)'^ erteilt, so dass mithin Uerr Georg Ludwig Müller aus unbekannter Veranlassung sein Eigentum dem Kloster Qb erlassen haben muss. Don protestantischen Arbeitern wurde unter der geistlit^hen Regio der Fabrik ihr Los nicht erleichtert. Allerdings wurde über Anregung des erz- biiichöflicheD Vikariats im .fahre 1776 ihnen ein „anständiger Orth auff dem dasigen KirchhofF zur bcgrübnus" zugestanden, aber der Besuch dos protestan- tiMhoD Pfarrers bei Erkrankten war nach wie vor nur „in farbiger Kleidung" erlaubt nnd man hielt daran fest, dnss den Protestanten diese Vergünstigung nicht achriftlieh zugesichert werden aolle,") Als Direktor der Fabrik funktionierte, seit die Karthause sich zu ihrer rbemahmc entschlossen hatte, Kaspar Dreate von Hofheim. Ursprünglich ein mit Haus und Hof in seinem Geburtsort angesessener "Wundarzt, hatte er durch die gfiDstigcn Bedingungen, die die Karthause stellte, «ich bewogen gefühlt, in deren Dienste zu treten. „Die Tcuerato sogar die prieaterÜehc Würde selbst zum Unterpfand der Festhaltung einsetzende Zusicherungen", so führte Drcsto in einem späteren Schriftstück au», „die Bedingung eines jährlichen Gehalts von 400 Fl. an barem Geld, freyer Wohnung. Holtz und Licht, sodann von fübricirten Fayence Waaren von dem Gulden ein Kreuzer Zehlgeld, das feyer- lichste Versprechen, dass fals durch meine Verwendungen dihmaieriulicn noch nicht soweit abgeschlossen waren. ^*) Yttrhandlangen de* Donkopiicls vom 3. Juli 1TT6. Fayence- und Porzellanfabriken des 18. Jahrh. in hess.-nass. Gebiete. 141 Wie es scheint, hatte ihm der Qodankc vorgeschwebt, für diesen Fabri- kationszweig eine besondere Anstalt zu begründen. Denn das Domkapitel ver- wies den Bittsteller auf die Universität Mainz, die Besitzerin der Fayencefabrik sei. Da nun „Steingutwaaren und feuerhaltige Ofen auch eine Eingehörde einer Fayencefabrik sind", konnte ihm kein neues Privileg auf die neue Branche verliehen werden. Warum Herr Weingaertner sich nicht daraufhin an die Universität wandte und dieser seinen Wunsch vortrug, ist nicht klar. Sie musatc ja an der beabsichtigten Erweiterung das grössto Intereaso haben. Viel- leicht hatte er die Absicht, die Pacht der Flörsheimer Fabrik aufzugeben, sobald ihm die neue Anstalt konzessioniert worden war, oder er fürchtete sich vor einer Steigerung der Pachtsumme und wollte sich auf alle Fälle auf eigene Füsse gestellt wissen. Daher i^iederholte Weingaertner am 30. Juni 1790 seine Bitte. Diesesmal bat er um ein Privileg schlechthin „fayence, englische Erde, Ofen und alle sonstige Gattung Erde und Steinengeschirr" in Flörsheim oder an einem anderen dumkapitulischen Orte fabrizieren zu dürfen. Er erklärte, ein Grundstück kaufen zu wollen, um die Gebäude errichten zu können, und erbat für sie die Steuer- und Zollfreiheiten sowohl von den Rohstoffen als den Erzeugnissen, Dem Domstifte und den Domkapitularen stellte er dabei in Aussicht, die Waren 3 — 4% unter dem Preise ablassen zu wollen. Das Domkapitel genehmigte dieses Gesuch und beschloss dem Wein- gaertner das Privileg in derselben Weise ausfertigen zu lassen, wie einst dem G. L. Müller. Nur der Zollfreiheit sollte keine Erwähnung geschehen. Derent- wegen sollte der Antragsteller sich an das Generalkapitel wenden. In dieser Form gelangte dann das Privileg zur Ausfertigung, später jedoch zeigten sich noch Schwierigkeiten, an die man zuerst nicht gedacht hatte. Das Domkapitel erinnerte sich, dass es bereits das dem Müller erteilte Privilegium Electorale gnädig im Jahre 1765 bestätigt habe. Damals aber hatte es sich um ein Monopol gehandelt und Weingaertner fürchtete jetzt, dass der Kurfürst auf den Vertrieb seiner Fayence im Gebiete des Erzstifts ein Verbot schlagen könnte. Das Domkapitel meinte zwar, dass diese Bestätigung „für sich" nicht verbindlich sei und es in seinen Ortschaften die Begründung neuer Fabriken zulassen dürfe. Gleichwohl war man doch so vorsichtig, auf Weingaertner's Antrag den Wort- laut des Privilegs dahin umzugestalten, „dass ihm gestattet seyn solle, Ofen und alle sonstige Gattungen Erden- und Steinernes Geschirr inwieweit alles dies in die eigendlichen Artikel einer Fayence-Fabrik nicht einschlage, zu fabrizieren". Demnach wurde ihm am 20. Oktober 1790 ein neues Privileg zugestellt, das indes die Berechtigung des Domkapitels, derartige Privilegien zu erteilen, betonte.®^) Ob nun Weingaertner in der Tat eine neue Fabrik gründete, hat sich nicht ermitteln lassen. Jedenfalls blieb er nach Ablauf der 10 jährigen Pacht- periode einstweilen gegen etwas gesteigerten Zins noch Pächter, bis am 28. September 1793 der Handelsmann Gebhard und die Gebrüder Reibelt an seine Stelle traten. **) Protokolle des Domkapitels, Jahrgang 1790, S. 430, 509, 802—803, Anlagen 2. Fayence- und Porzellanfabriken des 18. Jahrh. in hess.-nass. Gebiete. 145 besondere hatte die bischöflich Wornisische Fayencefabrik zu Dirmstein, die Ton 1778 — 1788 bestand, eine Niederlage in Mainz, deren Absatz nicht un- beträchtlich gewesen sein dürfte. Als diese Fabrik, deren Ruhm ja nur ein j^nz vorübergehender war, wieder aufhörte, nahm die Konkurrenz der Fayence- fabriken zu Darmstadt und Oflfenbach zu. Die Fabrik zu Wiesbaden, über die Weingaertner seinerzeit klagte, war am Ausgange des 18. Jahrhunderts im Erloschen. Unter der Darmstadter Fabrik ist augenscheinlich die zu Kelsterbach zu verstehen, die im Jahre 1758 in Königstetten gegründet, im Jahre 1760 nach Kelsterbach verlegt worden war und nachdem sie während der Jahre 1765 — 1772 in fürstlicher Regie gestanden hatte, später Eigentum einer Aktiengesellschaft geworden war.^*) Ihre Fabrikate waren in der Mitte der 70 er Jahre des 18. Jahr- hunderts sehr gesucht. Doch war sie offenbar auch später noch eine bemerkens- werte Konkurrentin. Über die Payencefabrik zu Offenbach ist nicht viel mehr als ihr Name be- kannt. Brinckman n^') und Br. Bucher wissen ausser ihrer Existenz nichts von ihr zu berichten.®*) Philipp Friedrich Lay, der Brenner in der Fayencefabrik zu Neu-Hanau^ scheint ihr Begründer. Er erhielt im Jahre 1739 von dem Grafen von Birstein ^ein sehr favorables Privilegium zu Offenbach" und begann unmittelbar danach den Bau. Eine Sandgrube zu Büdingen, die im Jahre 1738 an den Hanauer Fabrikanten auf 8 Jahre verpachtet worden war, gab auch nach Oflfenbach ihr Rohmaterial ab. OflFenbacher Fabrikate wurden heimlich in Hanau eingeführt und bereiteten dem dortigen Etablissement Konkurrenz. Um das Jahr 1770 meldet der jüngere van Alphen, der Inhaber des Etablisse- ments zu Hanau: „Das reiche Carthäusser Closter bey Mayntz hat bereits eine gleiche Manufactur zu Flörsheim errichtet und durch diese bereits die Oflfen- bacher Fabrique zum Stillstand gebracht. ^^) Es niag mit einer solchen Stockung zusammenhängen, dass Oerverot, ein Porcellainmater aus Offenbach am 7. Januar 1770 in Cassel seine Dienste anbietet. '^^) Doch macht die Gothaische Handels- zeitung noch im Jahre 1797 die Porcellanfabrik in Offenbach am Mayn nam- haft, freilich ohne Angabe näherer Umstände. Gegen das Jahr 1797 klagten nun die Inhaber der Flörsheimer Fabrik, (lass die (sogen.) Darmstädter und Offenbacher Fabriken ihre Ware in Mainz und im Oberamte Höchst zum Verkaufe herumtragen Hessen, während die ihrigen im Hessen-Darmstädtischen nicht zugelassen seien. Die Kameral- Yorwaltung der Universität Mainz ersuchte dann in der Tat die Landesregierung, dafür Sorge tragen zu wollen, dass das ausländische, „in specie das Darmstädter Fayence gcschirr" nicht mehr nach Mainz hereinkäme, auch nicht im Gebiete des Oberamts Höchst und in den Amtsvogteien Hofheim und Oberursel feil- geboten würde. **> C. T. Draoh in nBayorischo Qewerbozciiung^ 1891. *^) Das Hamburgischo Museum S. 324. *^ Qeach. d. techn. Kflnste 111, S. 491. *S I>enftsehe Tupfer-Zeitung 1892, Nr. 48, S. 720. ^ Kgl. Staatsarchiv Marburg, Nr. 4605. AnnaUn, Bd. XXXIV. 10 Fayence- und Porzollanfabriken des 18. Jabrh. iu hess.-Dass. Gebiete. 149 liebsten Orth^ auscrschcn, ^vciI er dachte, dass man einerseits die Insassen lies Zuchthauses zu den „raucn Arbeiten", als Präparieren der Erde, Stossen des Materials, Bereitung der Glasur etc. heranziehen, andererseits die Waisen- kinder in den Dreh-, Malerei-, Form- und Bildhauertätigkeiten unterweisen lassen könnte. Für Durchlaucht, an den sich die Eingabe wandte, eine Ein- nalime, werde „bei florissantem Betriebe" die neue Fabrik den Volkswohlstand fördern und viele Unvermögende unterstützen. Offenbar ist dieser Kaisin derselbe, der in Poppelsdorf bei Bonn, wo er allerdings „Kaising" genannt wurde, zuerst versucht hatte, eine Forzellanfabrik auf kurfürstliche Kosten in Gang zu bringen und als dies ihm nicht glückte, sich seit 1757 der Fayencefabrikation zuwandte. Da es auch mit dieser, für die er im Jahre 1764 ein „ausschliessliches Privilegium" erhielt, nicht ging, wird er vermutlich den Streifzug nach Wiesbaden gemacht haben, in der IIoiFnung, sieh dort eine bessere Stellung sichern zu können. ^^•^) Der Ilofkammerrat Strupler, zu einem Gutachten aufgefordert, hatte längst zur Anlegung eines derartigen Unternehmens raten wollen, weil der Rohstoff in der Umgegend dazu einlud. Auch für den Absatz der anzufertigenden Ware m Wiesbaden sehr geeignet. Er empfahl daher einen Probeversuch, für den man 60 PI. auszuwerfen sich nicht scheuen solle. Die Gründung von Fayencefabriken lag damals in der Luft. In Kirchheim, wo es vor 30 Jahren zur Errichtung einer solchen nicht gekommen war, bedauerte loan das Fehlen sehr. Die Nassauischen Lande hatten auf diese Weise kein einziges derartiges Etablissement, weder in Weilburg noch in Saarbrücken oder Usingen. Dagegen mochte die ältere Fayencefabrik zu Fulda aus den 50 er Jahren und die neuere daselbst etablierte Porzellanfabrik, die Fabriken zu Kassel, Frankfurt a. M., Hanau, Höchst, Kelsterbach, Bonn, vor allen Dingen aber die kürzlich eingerichtete zu Flörsheim wohl die Lust zu ähnlichen Ver- Hucben rege machen. Gerade aus der Fabrik zu Flörsheim, die damals erst 5 Jahre bestand, w^aren nach Strupler's Erkundigungen für mehr als 1000 Fl. Waren nach Wiesbaden gekommen. Ihre Erzeugnisse, obwohl nur „Auswurf", vorkauften sich glänzend. Vermutlich nahmen die Kurgäste gerne Andenken mit und Ausschuss allein wird die Flörsheimer Fabrik, der es ja darauf ankommen Diusste, Absatz zu gewinnen, gewiss nicht nach Wiesbaden gesandt haben. Kaisin, dem darum zu tun sein mochte, in Wiesbaden dauernd bleiben zu können, hatte doch nicht genug Geduld und verdarb dadurch seine Zukunft. Nachdem er geeignetes Material gefunden hatte und sein Betrieb in Gang ge- kommen war, bat er, noch ehe er Proben seiner Geschicklichkeit hatte vorlegen können, um „Anstellung in Höchst Dero Diensten gegen couvenabl(?n Gehalt". Da dieses Gesuch, wie billig, als „zu frühzeitig" zurückgewiesen war, erneuerte *) Wilh. Stieda, Die Anfön^e der Porzellan fabrikation etc. Der Name Stockmar in Personenregister. Ann»]«!, Bd. XXXIV. 11 Fajcoce- und Porzellanfabriken des 18. Jahrb. in hess.-nass. Gebiete. 169 Gedanken fest. In einer längeren Auseinandersetzung vom 9. Juni 1780 meldet der Herr Direktor, dass die kurfürstliche Fabrik nunmehr vollständig ciogerichtet sei und „unausgesetzt nach allen Gattungen, wie es nur immer verlangt werden wolle, fabrizieren könne". Das Geschirr sei von der besten Qualität und dem Erzeugnis der umliegenden Fabriken in „Güte und Schönheit" vorzuziehen, auch grosse Stücke könne man herstellen und die Preise seien nicht „übersetzt". Doch auch er klagt über den stockenden „Dcbit". Man habe von allen Gattungen den Kaufleuten in Colin, Holland, Hamburg, Ilcilbronn, Ilaagen, Basel Proben auf Verlangen zugesandt. Doch sei der „Würckliche Verkauf" in den Lagern von Frankfurt und Mainz kein starker. Daher greift er den Gedanken der Begründung einer Aktiengesellschaft wieder auf. »Der Debit", so führt er aus, „auf den der glückliche Erfolg einer Manufactur sich stützen soll, ergiebt sich am besten und geschwindesten, wenn bey einer Manu- factur mehrere Interessenten, die insgesamte an einem Wercke und jeder für seinen eygenen Gewinn beeyfert, vorhanden. In solchem Falle wird das herr- schaftliche Interesse am meisten gefördert und die Fabrik in Aufnahme gebracht." Demgemäss soll man alles, was bisher ausgegeben ist, in Geld anschlagen und ausserdem die Unterhaltungskosten von einem Jahre dazufügen. Für diesen Betrag soll man dann 15—18 Aktien ausgeben, deren Höhe er jedoch nicht angibt. Zu berücksichtigen wäre auch, „dass die fürstlich hochlöbliche Hof- kammer in ansehung des dabey herauskommenden beträchtlichen Gewinns immer mit einigen Aktien dabey intcressiret bleibe". Jedoch diesesmal so wenig wie das Vorjahr fand das Projekt Verwirk- lichung. Der Kurfürst, dem die Angelegenheit so übcizeugend vorgetragen war, der jedoch schwerlich daran gedacht haben wird, wegen des voraussichtlich grossen Gewinns mit einigen Aktien beteiligt bleiben zu sollen, war allerdings nicht abgeneigt. Er befahl, der Sache näher zu treten und verlangte^^^) einen Entwurf für ein in den Druck zu gebendes vorläufiges Avertissemcnt. Ob es zu einem solchen gekommen, ergibt sich aus den Akten nicht. Wurde nun aus allen diesen Plänen nichts, so hatte die Fabrikicitung um so mehr Grund, auf Absatz bedacht zu sein. Wenigstens das Gute hatte die Erörterung gehabt, dass man sich darauf besann, wie zweckmässig es sei, Reklame für die Manufaktur zu machen und ihre Erzeugnisse dem Publikum anzupreisen nicht müde zu werden. Zu diesem Zwecke bediente man sich der Kurfürstlich Mainzischen gnädigst privilegierten Anzeigen, in denen während der Jahre 1780 und 1781 wiederholt Inserate zum Ankauf der Dirmsteiner Fayence aufforderten. Da heisst es z. B. am 19. August 1780'^^): „Demnach in der hochfürstl. Wormsischen Amtsstadt Dirmstein unweit Worms seit 2 Jahren eine Fayence-Geschirrfabrik errichtet worden, worin alle Gattungen des feinsten, noch niemals verfertigten ganz leichten Fayence- Geschirres von weissen, pallien und andern Farben, auch alle andere bis- herige Fayence-Arten mit durchaus weisser Scherbe durch- und undurch- *«) Am 20. Juli 1780. o^ 65. Stack. Gef. 3fitteiluDg Yon Herrn Prof. Volke in Mainz. Fajeoce- und Ponellanfabriken des 18. Jahrh. in hess.-nass. Gebiete. 171 Tersicheit wird« dass die Preise aller dieser Waaren gemindert und man nun jede Artikel wohlfeiler als vorige Messe erhalte." Sieher haben diese Versuche, für die Fabrik Propaganda zu machen« ihre Wirkung nicht verfehlt. Schenkt man den Klagen der Konkurrenten Glaubea. so haben namentlich die Flörsheimer und Wiesbadener Fabrik unter diesem Wettbewerbe gelitten. Nach allem, was wir über Dirmstein wissen, dürften ioch ihre Erzeugnisse in künstlerischer Beziehung denen der beiden anderen rDternehmongen überlegen gewesen sein. Dennoch war sie die erste, die ihre Pforte wieder schloas. während Florsheim und Wiesbaden sich sehr viel länger hielten. A M 1 a g e. Dcmkschri/i des Herrn A. F. Spergcr über den Zustand der Faffcncefabrik zu Dirmstein^ Mainz^ den 17, Februar 1779, Kgi. KreitarthU der Pfalz tu Speier, Hocksiifi Worms, Bep. 14, N, 30 i, Loferort 1316 5. 144^151. Gedanken Ober die Dirmsteiner Porcellan Fabriqae. § 1. Bei der am Rheinstrohm gelegenen wohl eiDgerichteten Farstl. Wormbsischen Faroice Mannfactiir zu Dirmstein zeiget sich gegen andere dergleichen ein Unterschied ■it der Weiss- und leichter ausfallenden Mass und bei dem gebrauch dessen geschirr za warnen getriock und speissen. haltet die glasur ebenso wie bei übrigen Mann- Hetären die probe. ^ 2, Der wfirckliche Yorrath ist ein beweiss, dass man auch ans solcher Mass all dasjenige vergnflgen fertigen könne, was in älteren Mannfactnren zn finden. Ob aber in Afisehnng der bunden Mahlerei nnd poossirer von dem Fabricate ein Nntz 90 pcsckwind za hoffen, lasset sich gestalten Umbstanden nach dermahlen bezweiffclcn. Ykut diifans zu machende Berechnung, deren Kosten mit dem Zusatz eines billigen pnifit plrt zvar den ausschluss. stellt aber Keinem einen Käufer darzu. Die Bestimmung QBfcc Tax aof die ausgearbeitete gattung wird in so lang von keiner wOrckuug sein, fedsE dsrdk hinlängliche preconnisation die Känffere beigezogen sind, es verbleibt also bei d€? Bckem geldausgab die eioDahm des geld zum last zurQck. Nach dem Bei- ff«d deres Heidelberger und anderen Pfältzer Manufacturen mit Zwangsmitteln dieser Fabrkjw zu statten zu kommen, ist umb so weniger rathsam als ausser dem andere Bcnd Torikafiden. umb die verarbeitete Dürnsteiner Mass dcmncchst nützlich zn vcr- $ r*. Die Emporbringnng dieser fürstlichen neuen Fayence Mannfactur beruhet dieäe^inx^jic^ haabtsächlich darauf: A) Wie das Publicum auf eine ganz leichte undt würcksamc arth hirvon zu inrcüimifäres nd darmit der abzug dessen fabricatnm zugleich zu bcfürdern scyn möge. B IS einem mittel wodurch die bisherige Vorschuss zu erieichterii und zugleich acf dsut anderv: arth die Kosten für mablcD. i>oussircn und andere arbeitcr nebst des jirtifi: n bestreiten. Ad A § 1. Bei der ohnehin starckeu Wormbser passage zu wasscr und land {«^Miiib'.i dkse preconnisation gantz bequem, wan ein über diese Manufactur zu fer- s avertisscmeut durch die Wornibsische iH>st, gastwihrt, auch zoll- gelegenheith den Frembden zugestellet und zugleich bedeutet wird, TO- sif öci yjTOtWiin Vorrath selbsten beaugenscheinigen könten. Der von directions- vesct aiiflcefltilte zeiget hierauf nicht allein solchen porcellain Vorrath mit erleitemng äs 7KX sc&ders nimbt auch von denen frembden in diesem Zimmer bestellung an, «ifbfs er BK^ seiner Verhältniss das weitere besorget. Eine preconnisation durch fabricatum zu auswärtigen uicderlagen vermehrt die Kosten wegen Fayence- und Porzellanfabriken des 18. Jahrh. in hess.-nass. Gebiete. 173 gattuog zu auszierong derer speisszimracr bei privatis umb Frankfurth, Wormbs, Mainz ondt anderen Orten veranlasset werden. Ad B) § 1. Ehe der gehorsambstc Vorschlag zu einem solchen mittel geöffnet wird, findet man nötig anzuführen, dass zu Höchst auch zuerst durch den spiegel- fictor Goltz eine Fayencemanufactur aufgerichtet worden biss daran durch die theilss Torgefnndene nene Materie auch gebrauch derer Kesselstein darinnen eine abändemng mit einer ächten porcellainfabrique geschah. Der hierauf nach absterben des Goltz erfolgte besondere Vorfall gab den Anlass umb zu auffrcchtcrhaltung dieser berühmten Manafactnr eine eigene Societät gnädigst zu privilegieren, welche unter einem unter sich zu machenden Yorschuss mit gewissen Statuten durch Actien die Höchster Por- cellain fortführe, wobei dermahlen zu wünschen, dass darmit mehr statutenmässig verfahren und nicht durch Verfehlung derer absiebten zu dermahligen beschwemiss der anlass gegeben worden wäre. § 2. Gantz wohl liese sich auch die fürstl. Wormbsische Manufactur einer Sodetät mit landesherrlichem privilegio übertragen jedoch unter folgender bedingnüss: a) dass bei der hierzu bestimbten actienzahl eine ganze nicht über 500 fi. sich be- laoffe b) die helfifte zu quartactien einzurichten, damit sich geistlich und weltlich in Wormbs desto leichter darmit interessieren können, c) nach dem beispiel der Höchster Societit Ton Directionswegen die Statuten abgefasset und landesherrlich confirmirt werden, wobei d) dan zu anfrischung derer Liebhaberen aus landesherrlicher gnade der inventirte Vorrath des verarbeiteten porcellain zum nutzen zu überlassen, besonders wo der Wormbser Staat den Vortheil überkommt, dass wan durch solche Societat die Manufactur erhalten wird, nach und nach die Wormbser Unterthanenssöhne zur mahlerey und poossiren auffgestellt werden konten e) in dem Bischoffhoff zu haltung derer vorgeschriebenen Sessionen unten ein eigenes Zimmer gratis anzuweisen f| und damit desto mehr auf die genaue erfüllung derer Statuten sich verlassen werden mag, so hatte der eigents beamte Hochfürstlicher deputatus sich von Uebemahme einer actien frei zu halten. § 3. Und ob zwar zu vermuthen, dass von ein oder ander von auswärtigen lieUiaber in ansehung des bei denen Höchster Actionairen bekannten Vorgangss etwa ein anstand genohmen werden wollte sich zu Wormbs zu interessiren, so wird aber solche durch die von Directionswegen zu gebende Aufklärung fallen. Dagegen wird die übemehmung derer actien von denen in Wormbs und der Nachbarschaft befindlichen Einwohnern desto mehr zu erwarten seyn, besonderss demnächst ein jeder von dem nutzen und starken Vortheil von directionswegen belehrt werden will. Mainz, den 17. Febr. 1779. A. F. Sperger. 8. Die Steingutfabrik zu Weilburg. In dem Masse, als Wedgwood mit seinen Steingutwaren (cream wäre) seit den 70er Jahren des l^, Jahrh. in Deutschland Eingang fand- entstand die? Neig- ung, »ich auf diesen Fabrikations^zwei^ ebenfalls zu logen. Die Fayence wurde durch das schönere Porzellan und das wohlfeilere Steingut bedrangt, geriet vielleicht aodser Mode. Su war es nur naturlich, dass man den Gedanken erwog, die englischen Konknrrenzartikel in Deutschland herzustellen. Wann diese Stein- gatfabrikation begann, wird man erst nach eindringenderen Studien feststellen kunnen. Kassel seit 1771. Hannöver=rh-Munden. Magdeburg. Kheinsberg. Ludwigtiburg in Württemberg, Pruskau in Schlesien, sie fertigten bei eil» in den letzten Jahrzehnten des 1^^. Jahrhunderts Steingut. Sehr wahrscheinlich wurde dieser Zweig der keramischen Industrie noch an anderen Orten betrieben. Fayence- und Porzellanfabriken des 18. Jahrh. in hess.-nass. Gebiete. 177 Auch in den Händen des letzteren blieb die Anlage nicht lange. Um das Jahr 1813 erscheint der Regier ungsadvokat Wimpf in Weilburg als ihr Besitzer. Er bat, ihm zu erlauben, seine Fayence-Ausschussware, die er im Hinblick auf die Gefährdung des guten Rufs der Fabrik nicht verkaufen wollte, auf Kirehweihen und Märkten ausspielen lassen zu dürfen. Ohne Bedenken gewährte man ihm diese Freiheit. Als er jedoch im nächsten Jahre darum nachsuchte, ihm dabei behilflich zu sein, dass er auch im Mainzischen mit seinen Fabrikaten hausieren lassen dürfe, wurde ihm das abgeschlagen. Man kannte die hessischen Zustände und wusste, dass die Rücksicht auf die Fayence* fabrik in Kelsterbach diesen Wettbewerb nicht zulasse. Die Kelsterbacher Fabrik, so führte man aus, ist eine Erbleihe der Mainzer Invalidenanstalt. Sie geniesst das Privilegium exclusivum des alleinigen Verkaufs ihrer Fabrikate in dem Umkreis der althessischen Lande und sieht jede Konkurrenz als eine Scbraälerung ihres Vertriebsrechtes an. Sie wird ausserdem als eins der wenigen Institute angesehen, die Geld in das Land bringen, ohne welches auszuführen and findet aus allen diesen Gründen bei allen Behörden, die darauf Einfluss haben können, die stärkste Unterstützung. Herrn Wimpf mochte das nicht ganz einleuchten und er wandte sich an den Oberhofmaischall von Perglas mit der Bitte um einen Rat, was er in dieser Angelegenheit etwa tun solle. Jener aber bedeutete ihm, sich nicht an den Grossherzog zu wenden. Sr. Königl. Hoheit liege die Invalidenanstalt sehr am Herzen und er werde daher sicher einen Kelsterbach beeinträchtigenden Antrag ablehnen. Ober die weiteren Schicksale der Fabrik ist nichts in Erfahrung zu bringen gewesen. Anlage. Pntileg für Johannes Keilhauer zur Errichtung einer Steingut/abriJc in WeiU bürg. 1797, Sepibr. 15. Kgl. Staatsarchiv Wiesbaden. Nach einer Abschrift in Weühurger Regiemngs- akten Nr, 172, „den Betrieh der PorceUan - Fabrik in dem nerrschafÜichen Münzgebäude zu Weilburg betr. ITBr-^-ldOG''. Das Schriftstück weist die Bemerkung auf: Decretum. Auf unterthänigste Bittschrift des Bildhauers Johannes Keilhauer zu Weilburg, die Errichtung einer Fabrik von Englischem Stein-Guth betr. sub ps. Eremitage bei Beyreuth den 12. July 1797. In Gefolg Serenissimi höchster Resolution vom 9. des laufenden Monats wird dem Supplicanten die erbethene Erlaubnis zu Errichtung einer Fabrik von sogenanntem EDglischem Steinguth in hiesiger Stadt unter den nachstehenden Bewilligungen und Bedingnissen hierdurch ertheilt. 1 . Soll Ihm auf Lebenszeit ein ausschliesliches Privilegium zur Fabrication des Englischen Steinguths in dem hiesig fürstlichen Land zu statten kommen. 2. Wird die Ausfuhr aus dem Land von solchen Erd- und Stein-Arten, welche t ZBf Steingath-Fabrick erforderlich sind, und nicht jetzt schon als Fabrick-Materialien nyfahren werden, für die Zukunft untersagt. Bd. XXXIV. 12 Die Ringwälle im Quellengebiet der Bieber im Spessart. Von C^ L. Thomas* Mit Tafol XI-XIV und einer Abbildung im Text Die vorliegeDde Arbeit hat sich zur Aufgabe gemacht, die in dem nord- östUchen, nach der Eiuzig hiu abfallenden Teil des Spessarts gelegene, durch Hofrat Steiner schon im Jahre 1834 zum Teil veröffentlichte Gruppe von 4 Bingwällen der einschlägigen Forschung mehr als bisher zugänglich zu machen. Zu diesem Zweck sind vom Januar des Jahres 1901 ab bis zum Februar 1904 dorch sorgfaltige Feststellungen und Vermessungen im Gelände, sowie zeich- oerisebe Darstellungen und ins einzelne gehende Beschreibungen alle äusseren Erscheinungen dieser weitausgedehnten Anlagen ihrem Umfange und ihrer Eigenart nach zum ersten Male in umfassender Weise aufgenommen worden« Dass sich bei diesen auf eigene Kosten vorgenommenen Arbeiten mehrfach wesentliche Abweichungen von den früher bekannt gegebenen Wahrnehmungen ergeben haben, ist in Anbetracht der diesmal verwendeten Hilfsmittel nicht zu Terwandern, aber mit den so gewonnenen zuverlässigen Resultaten ist auch die erste Erfordernis zur weiteren Aufklärung bis zur erschöpfenden Lösung der Fragen nach der Bedeutung; und dem Ursprung dieser mächtigen Wehrbauten durchaus erfüllt. Es empfiehlt sich darum, auf der geschaffeneu sicheren Grund- lage die aufklärende Behandlung dieser Denkmäler mit Hacke und Spaten zur Aufhellung der Besiedelungsgeschichte des Spessarts nunmehr möglichst mit staatlicher Beihilfe aufzunehmen. Die Zweiteilung der sehr weitschichtigen Auf- gabe einer Bingwall - Aufklärung, wie sie hiermit für 4 bewehrte Höhen- siedelungen begonnen vorliegt, ist im Interesse der Bewältigung in allen Fällen dringend zu empfehlen. Mit Rücksicht auf die in den früheren Veröffentlichungen^) enthaltenen offenen Fragen hat auf zweien der dort erwähnten Bergkuppen überhaupt erst *) Vielfach ist diese Gruppe in der Literatur besprochen worden, nachdem Hofrat Steiner, Geschichte und Topographie des Maingcbictes und Spessarts, Darmstadt 1834, An- fang 8. 264, drei davon Toröffentlicht hatte. 8o wird sie angeführt vom Geheim. Staatsrat Knapp, Zar Erforschung des Ursprungs und Zwecks der sogenannten Ringw&lle, Darmstadt IS41, 8. 262 und dann von Dr. Fh. Dieffenbach, Friedberg 1845, Zur Urgeschichte der 12« Die RingwftUc im Qiicllcngcbict der Biebcr im Spcssart. 197 dann aber noch — wie der AugenschelD lehrt — weil die Gesamtheit der Podien mit ihren Hütten nicht, ohne gegeneinander gepresst zu sein, dort hätten unterkommen können. Die Kuppe des Burgberges zeigt zwar die höchste Erhebung unter den vieren der Ringwallgruppe, aber bei keinem der drei anderen Berge liegen auch die Wasserentnahmestelleu so hoch wie auf diesem. Die Ursache dieses für die Besiedelung der Berghöhe günstigen Umstandes ist in dem geologischen Aufbau begründet, der nach Prof. Bückiug^®) die obere Grenze der wasser- undurchlässigen Bröckelschieferschicht in ihrer höchsten Erhebung im nordwest- lichen Spessart zeigt, da wo die Quellen hauptsächlich nach Norden hin aus- treten. Ton Ackerterrassen, die auf einen vorgeschichtlichen Feldbau schliessen lassen könnten, zeigen die oberen Hänge des Burgberges nichts. Erst von der Höhe der Kapelle und des Burgberger Hofes ab, etwas unterhalb der Grenze des Sandstein massivs des Berges, wo den dort beginnenden Schiefertonen sanftere Böschungen entsprechen, die allmählich in breitere Yerflächungen über- gehen, und von wo ab die erzführenden Schichten bis zur Tiefe des Grund- gebirges reichen^^), kommen künstliche Erdstufen vor. Eine davon mit hoher Böschung trägt die Bezeichnung „im Läger^. Ob diese Bezeichnung, wie unter der Bevölkerung angenommen wird, auf ein kriegerisches Ereignis zurück- zuführen sei, ob ihr Ursprung in den von hier abwärts lagernden, bereits durch den „wohl in den frühesten Zeiten aufgeschlossenen Bergbau^'^^) an- getroffenen Erzen gesucht werden müsse oder ob sie in der bis jetzt nicht er- kannten ursprünglichen Bedeutung des Burgberger Hofes begründet sei, soll hier nicht erörtert werden. Die Sage, die schon Steiner a. a. 0. S. 273 erwähnt, die aber kaum noch lebendig ist, berichtet, dass in fernen Zeiten oben, beim Lager, eine Schlacht geschlagen worden und der Feldherr Mauritius siegend gefallen wäre, und dass diesem zur Erinnerung die Moritzkapelle erbaut wäre. Der Ursprung dieser kleinen Kirche ist unbekannt; ihre ältesten Teile weisen auf die Wende des XIU. Jahrhunderts^^), aber bis ins XIX. Jahrhundert mussten auf ihrem kleinen Friedhof die Verstorbenen aus den Dörfern des Tales bis hinunter nach Lanzingen, auch sogar die von Lützel und Breitenborn hier beerdigt werden. Der Burg- berger Hof, mit seinem hochgelegenen Ackergelände, bis vor kurzem in Privat- besitz, war vormals ein herrschaftliches Vorwerk.^*) '^ Der nordwcstlioho Spessart, geologisch aufgenommen von Dr. IL Büoking, Pro- fessor d. Mineralogio a. d. Universität Strassbarg. Berlin 1892, S. 1 — 14 u. 174—77. ") Dr. H. BQcking a. a. O. 8. 137 ff. u. 171. *') Der Spessart Versuch einer Topographie dieser Waldgegend mit besonderer Rück- sicht anf Gebirgs-, Forst-, Erd- u. Volkskunde von Stephan Bohlen, Eönigl. Bayer. Forst- meister and Lehrer a. d. Konfgl. Forstschule zu Asohaffonburg 1828, Bd. II, 8. 182. '*) Dr. Bickel, Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. Bd. I, Kreis Oelnbausen S. 124. ^*) Stephan Behlen a. a. 0. Bd. II, S 182. Korrespondenz des Herzogs Friedrich August zu Nassau mit v. Schaeffer. 209 ZQ gehen. Da indessen der Minister Bacher*) hemerkte, dass Seine Excellenz im Augenblick mit dem Marschall Bessieres heschäftigt sei, auch Herr Bacher mich Morgen selbst zu dem Marschall Augcreau fahren wolle, so ist meine heutige Unter- redang mit demselben unterblieben. Ich hoffe, dass die 2000 Gewehre, welche der Kaiser herzugeben gewillt ist, insofern einen guten Effekt machen, dass sie (He Herrn bestimmen werden, uns Zeit zu lassen, dieselben zu empfangen, auszu- theilen und in brauchbaren Stand zu setzen, wodurch wir Zeit gewinnen würden, um ans organisiren zu können. Dem Vernehmen nach wird das Hauptquartier des Marschall Augereau nach Warzburg verlegt werden, diese Nachricht scheint sich jedoch nicht mit der Auf- stellung der grossen Armee zu vereinigen, da Würzburg keine Stellung für eine Reservearmee ist, wenn die Hauptarmee bei Schweinfurt steht und gegen Sachsen za agiren bestimmt scheint. Von der Stellung der Preussen weiss man hier durch- aus nichts, einige stellen deren Vorposten bei Gelnhausen, andere bei Meiningen und Vacha auf. Heute sind hier 4000 Mann eingerückt, welche morgen der diesen Morgen nach Würzburg marschirten Garde folgen sollen. Ueber meine morgige Unterredung mit dem Marschall Augereau werde ich nicht verfehlen £w. Herzoglichen Durchlaucht sofort unterthänigsten Rapport zu erstatten. C. v. Schaeffer, Oberst und Brigadier. Oberst V, Schaeffer an den Herzog. Frankfurt, 1. October 1806, 12 Uhr mittags. Soeben komme ich von Sr. Excellenz dem Herrn Marschall Augereau, der mir folgendes eröffnete : Abseiten Sr. Majestät des Kaisers Napoleon waren ihm die Beschleunigung der Truppengestellung Eurer Durchlaucht und der übrigen souverainen Mitstände aufgetragen worden, er der Marschall frage mich daher, wie bald das Contingent von Nassau marschiren könne, wie viel gegenwärtig diensttaugliche, waffen- fähige Mannschaft vorhanden sei und ob diese unverzüglich aufbrechen könne. Ich erwiederte ihm hierauf, dass nach den Aeusserungen des Fürsten Primas die officielle Mittheilung der Note, welche die Armirung des Rheinischen Bundes abseiten Sr. Majestaet des Kaisers beträfe, zufolge dessen Verlangens, erst heute als am 1. October, an Ew. Herzogliche Durchlaucht hätte geschelien können, dass Höchst- dieselben indessen, blos auf das Gerücht von dem Marsch der französischen Truppen und ohne dazu aufgefordert zu sein, hätten den Befehl ertheilt, unverzüglich ein Bataillon von 900 Mann zu formiren und auf den Kriegsfuss zu setzen. Vor meiner gestrigen Abreise sei indessen noch die Ordre ertheilt worden, ein weiteres Bataillon mobil zu machen. Gleichzeitig überreichte ich ihm eine Aufstellung, worin die angefähre Population der sämmtlichen zu den 4000 Mann concurrirenden Mitstände, sowie die verschiedenen Contingente sich befanden mit dem Bemerken, dass es Ew. Herzoglichen Durchlaucht zwar möglich sei, rücksichtlich unseres Contingentes die schleunigsten Massregeln zu ergreifen, dass aber, was die übrigen Herrn Fürsten anbelange, die nöthigen Comunikationen erst statthaben müssten, die heute zufolge der bereits oben geäusserten Willensmeinung des Kaisers geschehen könnten, jedoch schon von dem nassauischeu Gesandten Baron v. Schütz eingeleitet und auf Morgen die Zusammenkunft der Gesandten der conföderirten Mitstände angesetzt sei. Ich machte Seine Excellenz bei dieser Gelegenheit auf die verschiedenartigen Contingente aufmerksam mit dem Hinzufügen, dass Euere Durchlaucht, um der ehemaligen, aichtheiligen Reichscontingentsverfassung zu begegnen, nicht abgeneigt wären, die Stellung der Truppen im Ganzen nach billigen Grundsätzen zu unternehmen, wenn I *) Der CrmnxösiBohe Oeschaftsträger bei dem Rheinbond. Aanalea, Bd. XXXIV. 14 Korrespondenz des Herzogs Friedrich August zu Nassau mit v. Schaeffer. 213 Derselbe an denselben. Dienstschreiben. Frankfurt, 3. Octobcr 1806. Euer Hochwohlgeboren remittirc ich anbei die mir zugesandten Papiere, um >olchc thcils ad acta zu nehmen, theils auch nach Einsicht Anträge an Seine Herzogliche Durchlaucht, im Falle es noch nicht geschehen sein sollte, zu machen. Was das Schreiben des Majors von Ilolbach betrifft, so scheint dieser den vor- gcwosencn Rekrutenzug aus einem unrichtigen Gesichtspunkt betrachtet zu haben: e.> wäre also für jetzt, da derselbe nach Wiesbaden kommt, nicht zu antworten, derselbe aber mündlich bei seiner Ankunft zu bedeuten. Da der Lieutenant von Schwarzenau nicht in Nass. Dienste eintreten wird, so ist an den für ihn be- >timuiton Platz ein Officicr v(mi Diczer Reservebataillon, falls sich ein taugliches J^^abjekt findet, einzustellen. Uebrigens benachrichtige ich Euer Hochwohlgeboren, dass, da man hier wegen eines Subsidien Bataillons mit den übrigen souverainen Mitständen einig werden wird, die Massregeln getroffen werden müssen, um den Cadre dazu, sowohl an Officieren als Unteroff icieren und Soldaten zu behalten. Das Leibbat aillon müsste hierzu bestimmt werden und das Bataillon v. Holbach') das soit disant Depot formiren. Jedoch muss daselbe seine brauchbaren Ge- meiuen an das Leibbataillon abgeben und hierauf bei der Vertheilung der Braun- felser und der übrigen Truppen Rücksicht genommen werden. Da Major v. Pöllnitz bestimmt ist, vorerst das Commando des marschirten Bataillons bis zur Formirung des Leibbataillons auf Kriegsfuss zu übernehmen, so muss für die demnächstige Be- setzung der übrigen Stabofficierstellen gesorgt werden. Ich scheide als qua Brigadier aas dem Stand der Stabs-Off iciere aus und wenn sich daher der Braunfelsische Major Knis oder Hauptmann von Schenk nicht um diese Stelle melden, so muss Felix als Commandeur beim 2. Bataillon') gesetzt werden, in welcher Eigenschaft, falls keine älteren Stabsoff iciere übernommen werden, auch allenfalls Hauptmann V. Stcuben bei dem Leibbataillon placirt werden könnte. Rücksichtlich v. Choisys und v. Nauendorfs bitte ich bei Seiner Herzoglichen Durchlaucht anzufragen, wie es mit diesen, da der eine keinen Feind gesehen hat und der andere nur fransch parlirt, gehalten werden solle. Von Pflicht- und Gewissenswegen bin ich in den jetzigen Zeitläuften gegen die Anstellung der beiden, obgleich sie zum Todtschiessen nicht besser wie die übrigen sind. L-ebrigens bin ich dem ungeachtet der Meinung, dass beide vorerst in ihrer jetzigen ^Eigenschaft beim Depot angestellt werden, damit man sieht, was an ihnen ist und keinen Kauf im Sack macht. Ich binde es E. H. übrigens auf die Seele, alles was nur möglich ist, zu thun, damit die Kleidung, Armirung, Uniformirung und Ausbildung der zum Ersatz nothwendigen Mannschaft ununterbrochen fortschreitet, alle beim Depot und dem Bataillon Kruse angestellt werdenden Officiere und Unteroff iciere müssen Tag und Nacht dressiren, exerciren etc., wenn nur Gott uns Mondschein oder kamscliadalische Nächte schenkte. Ich bitte Ew. Hochwohlgeboren, da Sie nun dieses Geschäft betreiben, auch den Hofkammer- rath P. wie einen Philister anspornen wollen, die Requisiten zu beschaffen, indem wenn der Subsidien-A^ertrag zu Staude kommt, von dem Augenblick des Abschlusses die übrigen conf^ederirten Mitstände frei. Seine Durchlaucht der Herzog aber allein verantwortlich werden, wenn die Truppcngestellung alsdann nicht statthaben kann. Mit Seiner Excellenz dem Herrn Präsidenten von Marschall bitte ich zugleich wegen eines neuen Rekrutenzuges zu sprechen, indem drei Bataillone allein 2544 Mann ausmachen und wir ausserdem wahrscheinlich noch bis 400 Mann für die übrigen Fürsten unter dem Namen einer Jägerdivision stellen müssen. An den Ge- wehren in Ehrenbreitstein muss fortgesetzt gearbeitet werden, um bei etwaigem Verlust von Todten und Gefangenen die verlorenen Waffen ersetzen zu können. *) Das vierte. ') T. Knue. Korrespondenz des Herzogs Friedrich August zu Nassau mit v. Schaeffer. 217 Schliesslich bitte ich Ew. Hochwohlgeboren die Auszeichnung der Officiere mit Epaolets zu erwirken, denn nur danach bemisst der gemeine Franzose den Charakter der Vorgesetzten, dieselben könnten in Mainz gefertigt werden. Soeben kommt die Nachricht von dem Frieden mit Preussen und alsdann soll CS Ober Russland hergehen. Von den Sachsen ist der Beitritt zu der grossen rheinischen Alliance die gewisse Folge ihrer jetzigen Dienstleistungen — sie müssen nimlich Kriegsgefangene transportircn. Von den beiden Darmstäder Bataillons, die ans in der Ordre bataillc zur Seite standen, sind nach Aussage ihres Commandeurs mehrere hundert desertirt, das Bataillon kann von Glück sagen, dass ein anderer Geist es beseelt; um diese Energie beizubehalten, dürfte die Arquebusirung der beiden Meineidigen ein dienliches Mittel sein. Damit die Verstärkung des Bataillons sich beschleunige und um unseren guten Willen den diesseitigen Behörden zu be- zeigen, wäre rathsam, dem 'Hauptmann v. Iloeder aufzugeben, täglich zehn Stunden zu marschiren und nicht 5—6 Stunden wie bisher, da uns sonst die Aussicht wieder an den Feind zu kommen geraubt wird. Fr. W. Med er, Maj. Oberstbrigadier v, Schaeffer an den Herzogt) Hanau, 11. November 1806. Ew. Herzoglichen Durchlaucht melde ich hierdurch gehorsamst, dass die Bataillone gestern Abend 9 Uhr in Dornigheim eingetroffen sind, woselbst wir simmtlich Obernachtet haben, indem kurz vor diesem Ort von dem Platzkommandanten von Hanau die Nachricht einging, dass in Hanau 3000 Mann lägen, daher E. D. Truppen daselbst nicht unterkommen könnten. Das einige 90 Häusscr umfassende Domigheim ist daher sehr stark belegt gewesen, 30 — 40 Mann in den Häusern, jedoch hat die Mannschaft das Nöthige bekommen. FOr den ersten Marsch bin ich mit der Mannschaft ziemlich zufrieden, einige wenige Unordnungen, die aber auf der Stelle nachdrücklich bestraft worden sind, abgerechnet hat sich alles gut betragen, die Leute haben guten AVillen, nur fehlt es durchaus noch an Erfahrung, wozu wir ja hinlängliche Gelegenheit haben werden. Heute ist die Brigade um 1 1 Uhr aufgebrochen und folgendermassen dislocirt : Stab und Leibbataillon in Hanau, 2. Bataillon in Rodenbach, Jägerdivision in Bruch- koebel. Die Quartiere sind gut, mit Ausnahme von Hanau, da die französischen Commissare ihre Hände in allem haben und weder Führer noch Pferde ohne deren (renehmigung zu bekommen sind. Während des gestrigen und heutigen Marschs sind 3 Mann vermisst, welche entweder bei Nacht entwichen oder sich verloren haben. In den Anlagen überreiche ich Ew. Herzoglichen Durchlaucht die Verzeichnisse der den Bataillonen noch fehlenden Montirungsstücke und werden Höchstdieselben da- raus entnehmen, in welcher Verfassung die Trui)pen marschirt sind. Vorzüglich ist der Mangel an Gatjehosen") empfindlich, da das Tuch die armen Menschen wund scheuert und steht zu befürchten, dass, wenn wir erst täglich marschiren, viele Leute marode werden dürften, es fehlen zur Zeit noch 885 Stück; die '^) Das 1. (Leib-) Bataillon und das 2. Bataillon (?. Kruse) waren nach yollendeter Mobilmachung am 10. November nach Hanau in Marsch gesetzt worden, von wo sie am 18. November nach Magdeburg marschierten und sich dort mit dem 3. Bataillon wieder ver- eiDigten. Mit den beiden Bataillonen waren noch zwei Kompagnien Jäger zur Komplettierung des mit 4 Kompagnien in das Feld gerückten 3. Bataillons ausmarschiert. Magdeburg wurde am 5. Deiember erreicht, wo das 3. Bataillon am IL Dezember einrückte. Dasselbe war in- zwischen in Berlin, Küstrin und Posen gewesen. **) Unterhosen. Korrespondenz des Herzogs Friedrich August zu Nassau mit v. Schaeffer. 221 Major V. Jossa, zweiter Stahs-Offider heim 3. Bataillon (Meder)^ an Oberst V, Schaeffer, Cüstrin, 12. November 1806. Hochwoiilgeborener Herr, insonders hochgeehrtester Herr Oberst ! Seit Naumburg, wo ich das letzte mal Ew. Hochwohlgeboren zu schreiben die Ehre hatte und von welchem Ort unser Bataillon am 1. November abmarschirte, war es mir aus Mangel an Zeit und Gelegenheit nicht vergönnt, Ilochdenselben nähere Nachricht von mir zu geben, denn wir setzten ohne den mindesten Aufenthalt unseren Marsch bis hierher fort. Ich übergelie alles dasjenige, was die Märsche und Verrichtungen des Bataillons seitdem waren, da Herr Major Meder in seinem Schreiben dieses bereits meldet und kann ich nur meine grosse Freude darüber ausdrücken, dass man uns darchgöngig mit sehr vieler Distinktion behandelt und dass S. M. der Kaiser Napoleon, als wir in Berlin an ihm vorbeidefilirten, den Herrn Major Meder und mich zurück rufen Hess und mit uns sehr herablassend in Gegenwart der ganzen Generalität und einer unzähligen Menschenmenge längere Zeit sich unterhielt. Ich hatte das Vergnügen, den Fürsten Berthier ebenfalls dort zu sehen, der mich ver- sicherte, dass es ihn sehr freue, so gute Rapporte über uns zu erhalten. Herr Major Meder und ich hatten auch Gelegenheit dem General Eudelet, der uns beim 7. Corps kommandirte an Tag zu legen, dass wir lieber mit ihm gegen den Feind geben mögten, als beim Park zu bleiben, der General erwiederte, dass er dies ebenfalls wünsche. Indessen aber unsere Protekteurs bemüht sind, uns wieder vorzubringen, geht der Krieg zu Ende, denn wirklich soll der preussische König bei dem französischen Kaiser in Berlin sein, Magdeburg aber mit dem Corps des Herzogs von Sachsen- Weimar sich in den Händen der Franzosen befinden. Da aber nach meiner Meinung vielleicht in Polen eine Veränderung vor sich geht, so ist es leicht möglich, dass wir unsere Route bis Posen und Warschau fortsetzen und ich bin daher so frei, Ew. Hochwohlgeboren eine Bitte vorzutragen. Ich bin nämlich mit Herrn Major Meder überein gekommen, dass ich monatlich hier beim Bataillon fünfzig Gulden fassen will und den Rest mögte ich meiner Frau zukommen lassen und unterstehe mich hier einen Brief an dieselbe in dieser Angelegenheit beizulegen. Wir sind hier untröstlich, noch keine Zeile Ew. Hochwohlgeboren erhalten zu haben, auch Choisy, der, wie wir hören, mit 400 Mann unterwegs sein soll, kommt nicht. Dass ich nicht so glücklich war, Herrn Oberstlieutenant v. Bismark auf seiner Reise nach Berlin und zurück zu sehen, bedaure ich sehr und habe die Ehre, mit treuer Ergebenheit zu verharren V. Jossa. Derselbe an denselben. (Auszug.) Cüstrin, 13. November 1806. Ich bin so frei, Ew. Hochwohlgeboren in diesem kleinen Briefchen, das ich durch die Armeepost an den Postsekretair Bornschlaeger laufen lasse, gehorsamst zu benachrichtigen, dass unter heutigem Datum Briefe von Major Meder und mir an Hochdieselben abgehen. Auf der Armeepost können übrigens Ew. Hochwohl- geboren durch General Lorge oder Meunier regelmässig an das Bataillon Briefe gelangen lassen unter der Adresse: „Au 3. Bataillon Nassau attach^ au Grand parc mobile d'artillerie sous les Ordres du colonel Bouchü — Grande Arm6e". Wir liegen seit fünf Tagen ruhig, das kommt uns ungewohnt vor und wünschen wir alle wieder in Bewegung zu kommen. Das Wetter ist äusserst günstig, selbst die Elemente scheinen dem grossen Napoleon gehorchen zu müssen. Wir hatten seit Korrespondenz des Herzogs Friedrich August zu Nassau mit v. Schaeffer. 225 Derselbe an denselben. Cüstrin, 15. November 1806. Da Herr Major v. Jossa einen Fourierschützen aus Mannheim an sich ge- nommen hat und für denselben den Bezug von Brod und Löhnung wünscht, habe ich diesen Barschen bei der 1. Jäger- Compagnie assentiren lassen. Ebenso habe ich den ehemaligen Fourierschützen des Oberlieutenants v. Breidbach Grotenfend, welcher von den Preussen dessertiert ist, bei der 4. Compagnie eingestellt. Ew. Hochwohlgeboren wollen dieses Verfahren nicht missbilligen, da ich bestrebt sein muss, das Bataillon nach Möglichkeit komplet zu erhalten. In der Anlage habe ich die Ehre, einen Tagesbefehl vorzulegen, welcher den Rohm der französischen Waffen mit neuen Lorbeeren bekränzt.***) Schliesslich melde ich, dass das Bataillon nicht mehr dem 7. Corps, 2. Division, 1. Brigade untersteht, sondern sich dessen Adresse folgendermassen geändert hat: „Major Commandant le bataillon de Nassau, attach6 au parc gen^ral d'artillerie, en campagne üi la grande armee sous les ordres du colonel Bouchü. " Fr. W. Med er. Oberst v, Schaeffer an den Herzog. Gelnhausen, 18. November 1806. Ew. Herzogliche Durchlaucht werden aus meinem, diesen Morgen per Estafette von Hanau aus abgesandten Bericht zu entnehmen geruht haben, wie ich verflossene Nacht Ordre erhielt, meinen Weitermarsch anzutreten. Demzufolge bin ich um 10 Uhr von Hanau abmarschirt, da jedoch in Gelnhausen starke Einquartierung war, so ist hier nur der Brigadestab und 1 OSicier mit 50 Mann geblieben, um die meiner Begleitung anvertraute Munition zu bewachen. Die übrigen sind folgender- massen dislocirt: Leibbataillon in Auffenau und Neudorf. 2. Bataillon in Wächtersbach und Meerholz, ebendort die Jägerdivision. Die vielen Fuhren, welche seit einigen Tagen zum Transport von Munition erforderlich gewesen, ferner 90 Wagen, welche gestern und heute 300 junge Officiere zur Armee als Ersatz transportiren, haben einen solchen Mangel an Fahrzeugen und Pferden bewirkt, dass es mir sehr schwer geworden ist, die nöthige Anzahl für die Brigade zu erhalten. In diesem Augenblick trifft diese erst hier ein, da die Wege durch Regenwetter und das viele Fuhrwerk sehr verdorben sind. Die letzthin in Wehen gekauften Brigadewagen sind herzlich schlecht, das Holz ist von den Würmern zerfressen und ist heute bereits ein Rad gebrochen, ich werde suchen, in Erfurt preossische Wagen einzutauschen. Morgen früh 7 Uhr marschire ich hier ab und Tersammelt sich die Brigade um ^l%\\ Uhr bei Saalmünster, um von da ab vereinigt ni marschiren. Ich lasse beständig mit Avant- und Arri^regarde marschiren, um Olliciere und Mannschaft an die Marschsicherung zu gewöhnen. V. Schaeffer. Derselbe an denselben, Flieden, 20. November 1806. In Verfolg meines gestrigen Rapportes melde ich Ew. Durchlaucht, dass von Saaimünster aus die Brigade gemeinschaftlieh ihren Marsch nach Schlüchtern fort- **) Betrifft die Kapitulation von Wismar und Lübeck, sowie die Waffenstreckung des BIUei*Mli«i Corps. Bd. XXXIV. 15 Korrespondenz des Herzogs Friedrich August zu Nassau mit v. Schaeffer. 229 liegen öfter mit 20 — 30 Mann in einem Zimmer, können daher nicht schreiben, die Compagnien sind häufig detachirt und da wir ohne Rasttage marschiren, grosse Märsche machen und jeden Abend viele Marode haben, so ist der richtige Stand niemals anzugeben, ich bitte Dich, dieses Sr. Durchlaucht gefälligst vorstellen zu wollen. Seit den letzthin erhaltenen 122 Tschakows habe ich keine weiteren Montirungsstücke bekommen, der Himmel gebe, dass ich Alles Fehlende in Erfurt erhalte, trifft dieses nicht ein, so wende Deinen ganzen Credit an, dass P. zum Teufel gejagt wird, mit Eselsköpfcn muss man in wichtigen Fällen weder Nachsicht Doch Mitleiden haben. Mit dem quasi Kriegskommissar Barth bin ich ausserordentlich zufrieden, der Mann verbindet Kopf mit Thätigkeit und ist sehr brauchbar. Doch die Trommel rührt sich, ich muss daher schliessen, indem ich Dich bitte, mich Sr. H. Durchlaucht zu Gnaden zu empfehlen. Dein Schaeffer. X. S. Major von Stcuben hat den Hautboisten Baumann aufgefangen, der Kerl hat dessertiren wollen, jetzt liegt er geschlossen auf einem Wagen und macht die Reise nach Berlin, wo ich ein Kriegsgericht über ihn niedersetzen werde. Herzog Friedrich August an den Obersten v. Schaeffer, Biebrich, 22. November 1806. Ihre zwei letzten Schreiben aus Gelnhausen und Fliedcn habe ich richtig erhalten und sogleich mich bei dem Marschall Kellermann wegen der zu erhaltenden Gewehre erkundigen lassen. Ich erfuhr, was ich Bismark aufgetragen habe, Ihnen zu berichten, dass Kellermann wohl nicht schriftlich nach Erfurt entscheiden könne, dass jedoch von dem Kaiser die nöthigen Befehle ergangen sein dürften. Sollten sich solche nicht vorfinden, so lassen Sie es sofort hier wissen, damit die nöthige Remedur von hier aus getroffen werden kann. Mit Annahme der Officiere zum 4. Bataillon hat es ziemlichen Fortgang und ich hoffe, sie werden gut ausfallen. Ich treibe so viel als möglich zur schleunigen Completirung und hoffe, dass Bismark über Alles, was hier seit Ihrer Abwesenheit vorgegangen ist und noch verfügt werden wird, Ihnen umstäudliclien Bericht ertheilen wird. üebrigens muss ich Ihnen gestehen, dass Sie, mein liebster Oberst, mir er- staunlich abgehen und Niemand Sic mir ersetzen kann. Friedrich zu N. Oberst v. Schaeffer an den Herzog. Gotha, den 25. November 1806. Ew. Herzoglichen Durchlaucht werden aus meinem Rapport vom 22. dieses entnommen haben, wie die Brigade am 21. November in Michels Rombach und TiDgegend angekommen und den folgenden Tag nach Vacha bestimmt war. Den 23. marschirte die Brigade nach Eisenach, wohin der Stab und die Jägerdivision zn liegen kamen, während das Leibbataillon und das Bataillon v. Kruse nach Ruhla be- qnartirt wurden. Durch einen Boten irre geführt, kamen diese Bataillone erst um 10 Uhr Abends sehr ermüdet in die Quartiere, sodass das Leibbataillon 14 Stunden marschirt war. Am 24. wurde der Marsch nach Gotha angetreten, wo der Stab and das Leibbataillon blieb, das Bataillon Kruse aber nach Remstedt, Warza und Bafleben, die Jägerdivision nach Seebergen marschirten ; heute Morgen 7 Uhr werde ich nach Erfurt aufbrechen. 240 R. Kolb biH hiorhcr mit Gefangenen, ohne abgelöst zu werden, gelangt, was wahrscheinlich (Ion klugen Anstalten dc9 Hauptmanns Choisy zu verdanken ist. Vielleicht kommt er nodi selbst mit einem Transport hierher, geschieht solches, so wird er übel von mir empfangen und in Untersuchung genommen werden; kommt er aber zu Ihnen, NO loHHon Sie ihn mit der strengsten Schärfe verurtheilen, wenn alles, was von ihm gesagt wird, begründet ist. Bismark hat den Befehl, Ihnen sofort alles mitzutheilen, was er erfahren hat. Trachten Sie wo möglich die ersten drei Bataillone zu- sammen zu bringen, das 4 te in Hanau soll ihnen folgen, sobald dies thunlich ist. Loben Hie wohl und vorsichern Sie sich der unveränderlichen Gesinnungen Ihres F. Derselbe an denselben, Biebrich, 10. Dezember 1806. Kaum war mein letztos Schreiben an Sie nach Magdeburg abgegangen, so liess ('hoisy durch lioodcr mündlich melden, dass er in Mainz mit einem Transport Ge- fangener eintreffen werde und nunmehr sich im nassauischen Lande auszuruhen wünsche. Ich habe weder den einen noch den andei^en vor mich gelassen, sondern die Vorfügung getroffen, dass sie mit ihrer Mannschaft nocli heut nach Hanau instradirt werden, wo dorn Oberst licutenant v. Holbach aufgetragen ist, die Gravamina des (lioivsy gründlicl» zu untersuchen, wonach ich vermuthe, dass Choisy nicht mehr tauglich befunden werden kann, so zu dienen, wie es von einem Officier zu erwarten ist und da ich hoffe, dass die sämmtlichen in Hanau befindlichen Mannschaften bald t\i Ihnen stosi?on worden, so überlasse ich es Ihnen, alsdann den Boeder in die Onluung zu bringen. Die fuldaischen Officiere, welche mit dem 4. Bataillon an- kommen, sind sämmtlich rechtschaffene Leute, besonders Titular Major v. Reineck, die Hauptlouto Goodocko und Weyhers und Lieutenant Hegmann. Es ist hoffentlich Jtu erwarten, dass sie den Ruhm der nassauischen Truppen so fort erhalten werden, wie Sie den Grund gelegt haben. Ich verbleibe ewig, wie bekannt Ihr Fr. Oberst r. Schaeffer an den Herzog. Magdeburg, 8. Dezember 1806. F.w. Uor/oglicbon Durchlaucht njelde ich hierdurch, dass ich von dem Itouvornour itonoral F.ble den Befehl des Kaisers erhielt, das stärkste der hiesigen Bataillone nach IVrlin zu diri^iren. Da nun das Bataillon v. Kruse laut Rapport 70:i K(^pfe stark ist, s<> habe ich dieses hierzu beordert und wird dasselbe am 10, aufbnvhon. Da mein Posten meines Dafürhaltens bei demjenigen Bataillon sein muss^ da< den» Feinde am nächsten ist, so habe ich geglaubt, mit dem Batjiilion V. Kruse cobon 7\\ müssen, \\obei ich cleichzeitii: die Absicht iiabe, alles zu than, um in der N;\he 8r. M.'Utstat ru erwirkt::, dass die Brigade wieder vereinigt wird, loh diirf F., I\ xorst ollen, wie h.\hs; naohUuilii: für das Beste des Dienstes, die t^rtluuac und i^okonomio, diese alerii-älico Zer-pliitenLue. sein muss. Geüenmirti« ist aK> d,-^s .K^orbataiilon oder i:i:t::::I:>h ier go-iiente Theil desselben in Posen, l^astrin und Sj\andau, *H» Kokrutt:) u:.:er Bvfrbl des Hauptmanns v. Schenk, 80 weitet» desselben Iv^taiilons ur.ter Mäj -r de Ch isy transjoniren Kriecs^reiangene naoh Maiui und sind ohne Aufsuhi, wihre:..: :^«'« Mann sich hier uater Major \. Stouben bonndo«. Vom l.o ill aU^illv:. i-il-^it::: sich einige xirriig Mann bei deta Major Melier, l,n> Mav.n unter Ua-i^tciiLL v. Rcieder bei CbMsy, 331 anter OUrstlieutenan: v. Pollr.i:; hier :a Mafdelsrc. dieses Ba:aill:c benrde: sich also Korrespondenz des Herzogs Friedrich Aujo^st zu Nassau mit v. Schaeifer. 241 fast in derselben Lage, wie das Jägerbataillon. Das einzige geschlossene 2. Bataillon manschirt nun jetzt nach Berlin. In dieser Lage ist es mir liicht müglich, die Aufsicht über E. D. Truppen so auszuüben, wie solche erforderlich wäre, ich sehe Unordnungen aller Art voraus, ohne abhelfen zu können, wenn dieser bedauerliche Zastand nicht aufhört. Ich halte mich daher verpflichtet, Ew. Durchlaucht unter- tkini^t zu bitten, durch den wahrscheinlich noch im kaiserlichen Hauptquartier anwesenden Herrn Präsidenten v. Gagern dieserhalb Vorstellungen machen zu lassen, da dieses die einzige mögliche Art ist, Höchstdero Truppen wieder zu conzentriren. Vielleicht wäre es noch besser und wirksamer, wenn ein Oßicier im kaiserlichen Hauptquartier stationirt würde, der dort sowohl das Interesse Ew. Durchlaucht als (las der Truppen vertreten könnte. Ich wüsste Niemand, der sich für diesen wichtigen Posten besser schickte, als der Major v. Jossa und so nöthig dieser Major aoch dem 3. Bataillon sein mag, so ist die Anwesenheit eines OSiciers von Kopf Qnd Einsicht im grossen Hauptquartier noch nothwendiger. Ich habe dem Major Meder von hier aus wiederholt geschrieben, dass der Major v. Jossa über Berlin ttud Magdeburg sich nach Biebrich verfügen solle, hoffentlich begegne ich demselben and werde ihm aufgeben, bei Tage und Nacht zu reisen. V. S c h a c f f e r. Derselbe an denselben. Magdeburg, den 9. Dezember 1806. Ew. Herzoglichen Durchlaucht habe ich zu melden, dass ich statt mit dem Bataillon v. Kruse nach Berlin zu marschiren in Magdeburg mit dem Leibbataillon znrflckgeblieben bin. Der Grund dieser Veränderung ist folgender : Der schlechte Zustand des Schuh- zeags im 2. Bataillon machte dieses unmöglich, nach Berlin zu marschiren, wenn ihm nicht eine grössere Anzahl neuer Schuhe zukommen ; ich sah mich daher genöthigt, dem Gouverneur dieses zu melden, welcher eine Inspektion durch einen Kriegs- (ommissar anordnete, nach welcher 400 Paar neue Schuhe aus dem Armeemagazin empfangen wurden. Wie ich bereits aus Erfurt gemeldet habe, war ein Ankauf von neuem Schuhmaterial nicht zu umgehen, wennschon ich auf dem Marsche vielfach die Schuhe der Mannschaft durch die Gemeinden habe sohlen und ausbessern lassen. Da mir die Genehmigung E. H. I). in Betreff des neuen Löhnungsmodus noch nicht zugegangen ist, so habe ich bereits seit dem vorigen Monat den Abzug ein- treten lassen. Für die Officiere tritt derselbe erst mit Beginn dieses Monats ein, da die meisten bereits vor dem Ausmarsch ihre Gagen erhalten hatten. Ich habe die Bataillone angewiesen, in den monatlichen Gebührenlisten das Gutbehalteno (J. h. den Abzug) eines jeden Individuums aufzuführen, damit bei der Rückkehr jedermann ersehen kann, was er noch zu erhalten hat. Bei aller Oekonomie sind indess die täglichen Extraausgaben namentlich für Reparaturen und Fuhrwerk nicht zt vermeiden und werde ich der Herzoglichen Militairdeputation demnächst eine genaue Zusammenstellung aller Ausgaben vorlegen. Trotz allen Haushaltens ist es erforderlich, dass die Brigade mit Geld versehen wird und bitte ich E. II. Durchlaucht befehlen zu wollen, dass mir zur Zeit solches zugeht. Ich würde mich hier, wenn ei nur meine eigene Existenz beträfe, niemals zu bitten herabwürdigen, aber um das Wohl der meiner Fürsorge anvertrauten Soldaten muss ich in den Vorzimmern der französischen Generale erscheinen, ein Verhältniss, das mir, so lange ich diene, fremd geblieben ist. Ich bitte daher wiederholt um gnädigste Verfügung, dass die Trappen mit Geld versehen und mir die Mittel angewiesen werden, um 2000 Paar Schihe ankanfen zu koennen. Ew. Durchlaucht wollen die freimüthige Acusserung Soldaten gnftdig aufnehmen; ich wäre ein Miethling ohne Pflichtgefühl, wenn Bd. XXXIV. 16 Korrespondenz des Herzogs Friedrich August za Nassau mit v. Schaeifer. 243 gesonden Zustande befindet, nur die drei Jahre alten Mäntel sind sehr zerrissen ODd die Schuhe, Socken, Unterhosen selir abgenutzt und beinahe unbrauchbar ; ich werde alles Mögliche thun, um dem Bataillon zu helfen. Major Meder und Jossa rühmen beide ausserordentlich den bei allen Märschen und Fatiguen bezeigten guten Willen der sämmtlichen Mannschaft, sowie ihren Muth in der Schlacht bei Jena, wo die beiden Compagnien des Leibbataillons mit denen der Jaeger gewetteifert lialwn, um zuerst auf den Feind zu treffen. Beide Officiere loben nicht minder die zuvorkommende höfliche Art, sowie die Fürsorge, welche die französischen Generale für das Bataillon gehabt, aller Orten hat dasselbe eine vorzugsweise Aufnalime ge- fundeu, sobald man erfahren, dass es Nassauer wären und in der Schlacht bei Jena mitgelochten hätten. Der Major v. Jossa, den ich zufolge Höchsten Befehls nach Biebrich sende, wird E. H. D. mündlich näheren Rapport erstatten. V. S c h a e f f e r. Derselbe an denselben. Magdeburg, den 14. Dezember 1806. £. H. D. melde ich gehorsamst, dass ich die Organisation des 3. Bataillons zu 6 Compagnien vorgenommen habe und überreiche den Rapport desselben nach dieser Formation anbei. Nach französischen Grundsätzen sollen je zwei Compagnien einen mit eigenen Pferden bestimmten Fourgon haben, um, wenn die Truppen in der Linie dienen, Fleisch, Brod etc. empfangen zu können. In Folge dieser Einrichtung, welche durch- aas erforderlich ist, bedarf die Brigade deren eine bedeutende Zahl, ferner soll die Mannschaft vom Feldwebel abwärts mit Feldkesseln und Feldflaschen versehen sein, TOn ersteren auf je acht Mann ein Stück. Es wären daher zu beschaffen abzüglich der vorhandenen Wagen noch 3 Fourgons, 251 Feldkessel und 2010 Feldflaschen. Diese Requisiten sind um so nothwendiger, als die Märsche der Franzosen, ihre Positionen in unwirthbarem oder ausgesogenem Land, sich auf die in den Fourgons mitzufahrenden Lebensmittel basiren. Nicht nur die bereits marschirten Bataillone, sondern auch das vierte müssen mit diesen Requisiten nach Möglichkeit versehen werden, wenn wir in Polen mit den Franzosen unsere Schuldigkeit thun sollen. Ich werde suchen, die fehlenden Requisiten aus den eroberten preussischen Beständen zn erhalten, sollte mir dieses nicht gelingen, so bitte ich E. H. D. mich autorisiren zn wollen, die abgehenden Kriegsbedürfnisse anzuschaffen, um es jedem Anderen ifleichthun zu können. So viel ich den Geist der Truppen kennen zu lernen Gelegenheit hatte, darf i«*ü kühn behaupten, dass wir mit Ehren oder nie wieder kommen werden, schmerzlich ist es bei diesen Gefühlen für den Soldaten, wenn er sich in seinen schönsten Er- wartangen Holz für das hiesige Klima ausreichen. Doch da der französische Soldat sich ebenfalls damit begnügen muss, so kann man nichts machen. Endlich haben wir Winter bekommen und hoife ich, dass jetzt die Krankheiten nachlassen werden, in diesem Augenblick hat die Brigade 135 Mann im Hospital. Die zügellosen Sitten der liederlichen Stadt haben ausser dem schlechten Wetter manchen unbesonnenen jungen Mann krank gemacht ; ausser einer Legion elender Ge- schöpfe, welche ihr Unwesen in allen Gassen der Stadt treiben, sind noch 2000 Freuden- mftdchcn hier, deren jede monatlich einen Thal er Abgaben zu entrichten hat. Diese Sirenen thun der Garnison grossen Schaden und entziehen dem Dienst eine bedeutende Anzahl von Männern, so dass ich glaube, dass man sich jeden Monat einmal mit dem Feind schlagen könnte, ohne grade viel mehr Leute zu verlieren. Alle Ver- mahnongen und Gegenanstalten sind vergeblich, Strafen aber wären zweckwidrig, daher ich von solchen Kranken nach Genesung nur den versäumten Dienst nachthuen lasse. Heute hat der Gouverneur auf der Parade bekannt gemacht, dass der Prinz von Anhalt, welcher Breslau entsetzen wollte, durch den General Yandamme bei Strelen geschlagen worden sei und ausser vielen Gefangenen 6 Kanonen verloren habe. Die Russen sind ebenfalls am 26. Dezember geschlagen worden und haben viel Geschütz und 6000 Mann Gefangene verloren. Durch ein ebenso schönes als ktthnes Manöver des Grossherzogs von Berg, welcher sich zwischen die Russische Avantgarde und die Hauptarmee geworfen und diese an der Entwicklung ihrer Colonnen gehindert hat, wurde der Sieg errungen und der Feind bis Ostrolog verfolgt. Indessen hat die Witterung den Kaiser veranlasst, seine Armee in die Winterquartiere rOcken zu lassen. Rücksichtlich der Cadetten erlaube ich mir E. H. D. zu be- merken, dass man die würdigsten zu Officieren ernennt und bitte, dass keine Cadetten aus fremden Diensten augestellt werden, um unserem eigenen Nachwuchs nicht zu schaden. Mit dem Lieutenant Hartwig habe ich alle Ursache zufrieden zu sein, ebenso mit dem Hauptmann v. Weyhers und Lieutenant v. Loesch. v. Schaeffer. Der Herzog an Oberst v, Schaeffer. Biebrich, 1. Januar 1807. Liebster ObristI Für den Plan von Magdeburg, welcher mir viele Freude gemacht hat, danke ich ausnehmend; es ist ein mir besonders interessanter Ort, weil ich vor 45 Jahren darinnen elf Monate als Gefangener zugebracht habe. Das Paket mit dem gestopften Rokelaure ist mir zugleich richtig zugegangen und wird ohne Zeitverlust untersucht werden, wen die Schuld einer so unverantwortlichen Mon- tierongsübernahme trifft, wonach zu überlegen ist, wie den Soldaten durch Anschaffung einer besseren Gattung zu helfen ist. Die Untersuchung gegen Choisy geht sehr langsam and, wie mir scheint, ziemlich parteiisch vor sich, ich vermuthe, dass Holbach ihm aus übel angewendetem Mitleid durchhelfcn will und anderen Thciles der Auditor Weil- barg ein junger unerfahrener Recht^gelehrter in militairischen Dingen ist. Es wird jetzt ein neues Verhör vorgenommen und wenn solches abermals nicht gründlich aus- täUt, so wird Choisy suspendirt und Ihnen überlassen, was weiter mit ihm zu thun ist. Die Quantität Ihrer Kranken beklage ich und wünsche, dass mit Veränderung der Witterung sie sich vermindern werde. So viel habe ich Ihnen für jetzt sagen wollen und bin im Uebrigen unveränderlich, wie Ihnen bekannt, Ihr Fr. Korrespondenz des Herzogs Friedrich August zu Nassau mit v. Schaeffer. 253 ist, uns nicht mehr in solche fatale Lage bringen. Ich wünsche Ihnen nun bessere Zeiten in Stettin; bei einem solchen Führer habe ich das vollkommenste Vertrauen, dass sich unsere liCute Ehre und Ruhm erwerben werden, doch ist mein heisser Wunsch, dass Alles bald ausgeführt werden möge und ich Sie bald wieder bei mir sehen kann. Was allenfalls noch nachzutragen ist, werde ich durch Bismark an Sie ergehen lassen, weil mich im Augenblick meine Geh. Rathsession verhindert, Friedrich H. zu Nassau. Derselbe an demselben. Biebrich, 21. Januar 1807. Heute erfahre ich von Bismark, dass Sie am 12. das erste Geld erhalten haben, der Himmel wolle, dass diese Nachricht begründet ist, denn Ihre Lage hat mich bisher in Angst und Sorge gesetzt, aber meine Schuld ist es nicht gewesen, denn bei dem Abmarsch der ersten Truppen habe ich Marschall auf das Dringendste empfohlen, die Truppen nicht in Geldmangel zu lassen. Ich vermuthe, dass das 4. Bataillon nun auch marschirt ist, ^on Holbach bekommt man nicht mehr Nachricht, als von Con- stantinopel; wenn er Ihnen den Choisy bringt, so nehmen Sie denselben nur gleich ad coram, er hat, wie ich von du Prat erfahre, wieder neue dumme Streiche ange- fangen, deren nähere Umstände mir nicht recht bekannt sind; es wird das Beste sein, dass er sobald als möglich in seine vorige Lage versetzt wird, wo er nicht schaden kann. Es ist noch ein anderer da Namens Kergefroi, Lieutenant beim Leib- bataillon, den ich wegen der französischen Correspondenz angenommen hatte, wozu er sich übrigens auch nicht schickt, über welchen Ihnen iti Kürze ein species facti zugeschickt werden wird. Du Prat, welcher Sie kennt, wünscht mit mir die baldige Vereinigung der Brigade. Auf dem Marsche des 4. Bataillons ist es ein wahres Glück, dass sich mehrere tüchtige Officiere bei demselben befinden. Vale F. Derselbe an denselben. Ohne Datum, pr. 26. Januar 1807. Lieber Christ ! Es ist mir ausserordentlich angenehm gewesen durch Ihr Schreiben vom 23. December zu erfahren, dass Sie mit dem Hauptmann v. Weyhers und den mit ihm angekommenen Officieren zufrieden sind. Es wäre mir selbst an- genehm gewesen den erstcren zum Leibbataillou zu bekommen, es war aber für dies- mal nicht thunlich. Ich hoffe, dass Sie nicht weniger mit den Officieren des 4. Bataillons zufrieden sein werden, fürchte aber dass die Ankunft derselben in Berlin sich noch weiter verzögern wird. Den Marschall Berthier habe ich auf das dringendste ersucht, die Concentrirung der Brigade so viel als möglich zu unterstützen und empfehle solches gleichfalls Kellermann, damit Ihre Briefe und Rapporte schneller und sicherer hier eintreffen können. Geld werden Sie hoffentlich durch Lotichius erhalten haben. P. mnss ganz aus dem Kriegskollegium herausgebracht werden, denn er ist der Sache durchaus nicht gewachsen. Vermuthlich werden wir Choisy auch bald los werden. Meine Frau, welche Ihnen viel schönes sagen lässt, wünscht zu erfahren wie Reins und Souden sich betragen, Auguste will, dass ich in jedem meiner Briefe Ihnen etwas von ihr sagen soll und ich verbleibe allezeit Ihr F. Oberst v, Sehaeffer an den Herzog. Berlin, 1. Februar 1807. In der Anlage überreiche ich E. H. D. den Rapport und bemerke hierbei, dass ^ Betreff der Officiersvacanzen eine Irrung statt hat, die ich nicht eher gut zu heben ji lärac g'»Aj'--g TixiL Li Tir :»r: Axrc=r. i,vr t':»£r l^;- «rxlir- liitS- 5.: iiii *s ■Ljinx s.::.r: i:i iL* Är.trsi.Hrzixz:- 1:1 :»rZA:irl:lTir* ^i>* bä ftr 1:' HfiiiL^jLilTT Z^TkLLrvr-i fir ü^ Irrrc rtLixf: iitt*. ♦Ä»t Cb» LKtZi:!! SriÄ Tirrflrr: JLi: I*_'f Z^triii* sr^i: .»fir: iz.:tT S«i CK £ft Tr lEsrn. T.-r "^r-Llsti/L 4. JLixiÄ :f:T. Axiicr^ iticur". iiz. Ltz irLrLüri ^r^sAiiir i»*s:Diiirs ii igsmtOiH. irc l'i ^üc rx MiiHi ia:. rx gi:.".k=f»-:z- =• li.:»* iiii. ifr I-üi>*-t tt- rnj ^- E_ Z-. D5L AsssL*- xzii Zii-xixsriL-üi n •uriLii-a. xiti i,ia ffün. ZAT.L'~:a n Txri* xi'i i-e: ilj* "ic. izz Xj..':cs M^i^tr "Li'i " r;?=äi i.;f *ii irL &: ylTz ictrs^.':»* n Tinujji-ia- ^-li -i Z-xiizr: rr: xiit ixizsiilLrz. xi?i £:i its j-.tix** ttr-Lx n i.tLTsi. iiä ^. Z. Zl -ii..- :Vw- ^ - ."•f.f'-:'^ '^.i r ifi '.-T?w'^ • r* . fi riZ-i-t jiSLi-z Lx r:-rjii»ri". itf ytsLi. ;_xi 1 i "ir-T iz:-«: i= yusi-L .rz''^'i^ Fi^^-jt^ir iix ,».ar :i * ti *. iiii. ':»i4.ii:':»i:: L* i'-rl-*. i-t :-:iirLr? t^ i. ^z.*i-iJ':a.i:4 '.rji L ■"••^— _L i-ri-.-rxi'.»! 1»* -L j**!!!:!! i i':cL3»i?ir •?- i':r,._i ::iL::'rn»t 7 i : x " * i : ". L Korrespondenz des Herzogs Friedrich Augost zu Nassau mit v. Schaeffer. 273 Derselbe an denselben. Biebrich, 3. September 1807. Lieber Obrist ! Schon lange erwartete ich mit Sehnsucht die üebergabe von Stralsund und machte mir wenig Hoffnung, meinen Wunsch sobald erfüllt zu sehen. Als nun vor einigen Tagen die Zeitungen die Neuigkeit der Capitulation brachten, konnte mich dieses doch nicht völlig beruhigen, bis ich gestern Ihr Schreiben erhielt, welches mir um so angenehmer war, als ich ersah, mit wie wenig Verlust unsererseits sich die Sache vollzog. Nach allem Anschein werden wir uns indessen doch nicht solMÜd wiedersehen, als ich es gewünscht hätte, denn es gibt noch manches in Ihrer Gegend auszuführen, jedoch ist mit der Eroberung Stralsunds wieder ein wichtiger Schritt vollendet. Geld wird Ihnen hoffentlich so viel geschickt worden sein, dass Sie keinen Mangel leiden, auch geht ein Ersatztransport unter Führung des rekon- valescenten Hauptmann v. Ziegesar von Hanau an Sie ab. Die 2. reitende Jäger- kompagnic erwartet noch immer den Befehl des Kaisers, auf den sich Berthier be- zogen hatte, um zu Ihnen zu stossen. Sie werden hoffentlich die Medaillen erhalten haben und erwarte ich deren Bestimmung baldigst zu erfahren. Leben Sie wohl! Fr. Derselbe an denselben. Biebrich, 14. September 1807. Lieber Obrist! Ich habe gestern Ihr letztes Schreiben aus Stralsund erhalten, in welchem die Beschreibung der Einnahme der Insel Daenholm enthalten war, welche glücklich ausgeführte Unternehmung mich ausserordentlich erfreut hat, weil durch die Vertreibung des Feindes die Neckereien gegen Stralsund und das Lager aufhören; loch heute habe ich Ihren Brief an Bismark gelesen und ersah mit Missmuth die grosse Zahl von Kranken, welche Ihnen Ihre üble Position verursacht. Ihr braves Jäger- bitaillon ist also noch auf der eroberten Insel und soll vielleicht durch die Eroberung TOD Rügen neue Lorbeern erwerben, mögte es doch bald geschehen und dann die ganze Brigade nebst ihrem Commandeur hierher zurückkehren. Der Fürst von Nassau hat seit 14 Tagen den Auftrag des Kaisers durch mich, Ihnen den Orden der Ehren- legion zuzuschicken und bis jetzt habe ich noch, Gott weiss warum, nichts erhalten. Das Projekt des Generals Clarke wäre vielleicht hinsichtlich der Oekonomie vortheil- halt, würde aber unsere Truppen vermuthlich von hier fern halten, was mir nicht hehagt. Mit dieser Post werden Sie auch das Avancement der Stabs- und Oberofiiciere nach Ihrem Vorschlag erhalten, auch werden Ihnen weitere Medaillen unverzüglich zugehen. Adieu ! F r. Derselbe an de^iselben. Biebrich, 5. October 1807. Liebster Oberst ! Aus der beiliegenden Empfehlung ersehen Sie die Eigenschaften eines jungen Officiers, den ich bei dem Leibbataillon angestellt habe, um denselben ohne Nachtheil und Präjudiz anderer zu placiren, nehme ich den jüngsten Normann n der Cavallerie, an dessen Stelle Ries tritt. Ich bin versichert, dass wir eine nte Acquisition gemacht haben und im Falle, dass wir gegen die Engländer kämpfen sollten, ffluss demselben ein Commando als zum Beispie) ein Transport oder Aehnliches gegeben werden, damit er seine Parole halten kann. Ich überlasse es Ihnen, die Mittel und Wege hierzu zu finden und zweifle nicht, dass es mit der Zeit von Vor- tkeil sein wird, diesen talentvollen Mann engagirt zu haben, welcher überdiess die uderen jungen Officierc in nützlichen Wissenschaften unterrichten kann. Leben Sie wohl zur Zufriedenheit Ihres Freundes Fr. Bd.xxxiy, 18 Korrespondenz des Herzogs Friedrich August zu Nassau mit v. Schaeffer. 277 sein der erfüllten Pflicht zurfickkehren kann, so muss doch bei jedem Einzelnen das ernstliche Bestreben vorhanden sein, sich auch im Frieden durch Applikation und Elfer f&r seinen Stand auszubilden, durch sittliche und anständige Aufführung sich auszuzeichnen und werden wir in Befolgung dieser Grundsätze nicht allein auf die Hochachtung des Publikums rechnen dürfen, sondern auch bei jedem ausbrechenden Kriege mit Ehre und Auszeichnung auftreten können. Dem Manne von Erfahrung wird es nicht entgangen sein, dass bei der un- erfahrenen militairischen Jugend, sowie bei den schlechten Elementen unter den älteren Soldaten die Meinung besteht, als stehe dem aus dem Felde zurückkehrenden Krieger eine gewisse Barschheit oder, um mich deutlicher auszudrücken, ein Bra- marbas-Ton, verbunden mit Prahlen, Saufen, Fluchen und Spielen sehr schoen, und viele stehen in dem Wahn, hierdurch kriegerischen Muth auszudrücken und den Nicht-Soldaten, Bürgern und Bauern eine hohe Idee von sich und ihren Thaten bei- zubringen. Wenn aber eine solche Aufführung nur zur Herabwürdigung des Soldaten- standes führt, da der wirklich brave Soldat Bescheidenheit mit Muth verbindet und durch Höflichkeit und gute Sitten darthut, dass er keinem anderen Stand an Bildung nachsteht, so schmeichle ich mir von der Brigade Nassau, dass Niemand sich eines unwürdigen Benehmens schuldig machen wird, so wie ich der Erwartung lebe, dass alle Vorgesetzten bestrebt sind, eine solche Aufführung zu verhindern und durch ihr eigenes Beispiel vortheilhaft auf ihre Untergebenen einwirken. Im Begriff also, im eigenen Land Quartiere zu beziehen, empfehle ich die tadelloseste Führung in jeg- licher Hinsicht, alle Saufereien, Händel etc. untersage ich aufs Strengste und mache jeden Vorgesetzten verantwortlich, dass diesem Befehl auf das Strikteste nachgekommen wird. Da noch manche Dienstangelegenheiten abgewickelt werden müssen, bevor die Brigade ihre Garnisonen beziehen kann und dieselbe daher noch einige Tage zu- sammen bleiben wird, so verbiete ich jede Beurlaubung in dieser Zeit, es bleibt Alles 80, als ob wir uns noch auf Rügen befänden. Zur endgültigen Erledigung der Geschäfte muss mit Feuer und Fleiss gearbeitet werden, und alle Berichte, Eingaben etc., so weit solche noch rückständig sind, müssen der Brigade zu- und der Dienst also dem Amüsement vorgehen. v. Schaeffer, Oberst-Brigadier. TageshefeJil. 1. Januar 1808. Der heutige Tag gewährt mir das Vergnügen bei der Rückkehr der Brigade in das Vaterland, dem Herrn Obersten von Schaeffer, sowie sämmtlichen Officieren and Mannschaften für die geleisteten Dienste, für ihr ruhmreiches Betragen und musterhafte Disciplin, wodurch sie den Namen Nassau ehrenvoll bekannt gemacht und sich die Achtung der ersten jetzt lebenden Helden erworben haben, für Mich und Mein Haus und im Namen des Staates Meine vollkommenste Zufriedenheit zu bezeugen und Meinen Dank abzustatten. Friedrich August Herzog zu Nassau. Die Erbauung der Kirche zu Beilstcin in den Jahren 1614 bis 1616. 293 Egerßhaußen^^) der Jägermeister beteiligte sich mit 2 Rthlm, während der EöcheDSchreiber Nicolaus Kahl, Johann Michel der Mundkoch, der Koch Jo- bann Stremmel, Hans Habel der Saalknecht, der Hofbäcker Conrad Becker, der Hofschmidt Dietthard Kremer, der gräfliche Kutscher Qerhard Diller, der Gerichtsknecht Andreas Hermann nur wenig beitragen konnten. Andere wieder wie der Zentgrebe Jost Flick, der Schreiber Jost Petri zu Driedorf, Jost Henrich Becker, der Hofbender Hermann Maas*®) wandten grössere Summen auf. Die Kirche war nun erbaut, jetzt schritt man zur Errichtung eines Pfarr- hauses in Beilstein. Beim Abzüge des Grafen nach Dillenburg im Jahre 1620 war es noch nicht vollendet. Der Graf, dem die Beilsteiner schon so manches IQ verdanken hatten'^^), Hess sich erbitten und überwies der Gemeinde im Aus- tausch gegen das unfertige Gebäude eine von den Erben Johann Schweitzers erkaufte, neu hergerichtete Behausung. Lange scheint sie aber der Pfarrer nicht innegehabt zu haben; wahrscheinlich ist schon Gretzmüllers Nachfolger Jastus Arcularius nach Wallendorf zurückgekehrt, und seitdem blieb das Pfarrhaus bis heute in Wallendorf, trotzdem auch in späterer Zeit noch Klagen über den unwürdigen Zustand der Wohnung des Geistlichen laut wurden.*^) Zur Verbesserung aber des Pfarreinkommens stiftete Graf Georg am 24. Februar 1614 ein Kapital von 300 Rädergulden, dessen Zinsen jährlich an den Pfarrer ausgezahlt werden sollten. Und ein biederer Einwohner Wallen- dorfg, Philipp Silius (auch Silges) schenkte 1617 einen Baumgarten „hinter Gotthards Schneiders baue zuo WallendorfF liegendt" zur neuen Kirche, der vom Grafen ebenfalls der Pfarre zum Niessbrauch zugewiesen wurde, "^^j Die alte Pfarrkirche zu Wallendorf diente seitdem nur noch als Begräbnis- kirche*^) und verfiel immer mehr. In den 1650er Jahren musste der damalige ••) Er inrurde am 6. Febr. 1618 in der Kirche zu AVallendorf beigesetzt OVallendorfer Kirohenbuch). ^ Hermann Maas aus iXiederlahnstein trat 1617 VIII 17 von der katholischen Religion zur reformierten Kirche über O^'^allendorfer Kirchenbuch). *^) Daum bemerkt in seinem in Anmerkung 3 erwähnten Tagebuche: „Beilsteiner haben m. gn. hern unterthenig zu dancken vor erbawuDg der kirchen, 2. vor die gegebene fryheit, 3. Tor den brunnen, so ao. 1617 vermittelst ihr. gn. an das ort, do er itzo springt, aus ihr. gn. bnmnen gefuhret worden; von täglicher handtbietung, so den hausarmen geschehen, will ich nichts sagen. ^ **) So durch den Pfarrer Michael Faber aus Dietz, der von 1651 bis 1663 die Wallen- dorfer Pfarrstelle innehatte (B 236). *») B 235, 236. **) Nur ausnahmsweise fanden angesehenere Personen ihre letzte Ruhestätte in der Beilsteiner Kirche. Drei in den Fussboden der Kirche eingelassene (irabplatten sind noch erhalten, der abgetretene Grabstein der am 7. Juli 1668 im Alter von 66 Jahren verstorbenen Fria llargretha des Kellers Paulus Schneider, eine Eisenplatte mit 3 Wappen für den am 29. April 1718 gestorbenen Nassau-Dietzischen Amtmann und Präfekten des hessischen Land- grafen Carl in Hadamar Oeorg Nicolnus Tobias Ho m borg zu Vach und seine Gattin W'il- helmioe Cbaiiotte Henriette geborne Homberg zu Vach, und drittens eine Eisenplatte als Orabnuü fttr die Matter der ebengenannten, die am 22. Febr. 1652 zu Marburg als Tochter 294 C. Kuetscb Pfarrer berichten^'*} ^woran sonderlich das chorgewölb grosse riß und spalten gewonnen, wie ingleichem aussen die maur einfallen scheinet, deren nothwendig zu hülff zu kommen/ Die Kirche hat trotzdem noch über 200 Jahre gestanden, erst vor wenig Jahrzehnten hat man sie abgetragen. Heute ist jede Spur da- von verloren. des I. C. und Procanoellarius etc. der Marburger UniTorsität Erich Graff geborene (jemahlin Margretha des hessischen Rats etc. Otto Friedrich Honiberg zu Yaoh, eines Vatersbruders von G. N. T. Homberg zu Vach. **) B 236. Beiträge zur Geschichte der evai in Königstein i. T. Von A. KorL I. Einleitung. Bereits zweimal brachten die Annalen ausführlichere Beiträge zur Ge- schichte Königsteins und zwar im VII. Bande von Dr. II. Schalk ^Beiträge zur Gcschiclite des Kugelherrnhauses" und im \ VII. Bande von Dr. W i d m a n n .^Kleine Mitteilungen zur Geschichte Königsteins^. Mögen die nachfolgenden kirchlichen Nachrichten zur Ergänzung und Erweiterung vorbezeichneter beiden Arbeiten dienen. Wenngleich auch urkundlich erst 1289 zum erstenmale von einer Kirche in Königstein die Rede ist, so deuten doch verschiedene Anzeichen, allerdings recht unklar, darauf hin, dass hier eine Kapelle schon sehr früh bestand. Der Sage nach soll bereits der Prankenkönig Chlodwig im Jahre 496 eine solche errichtet haben. ^) Nach anderer Lesart hätte man hier im Jahre 745 eine Kapelle aus Eichenholz erbaut, welche von Bonifatius eingeweiht sei. Dass die seit 1225 urkundlich genannte Burg Kuning stein gleich allen anderen Burgen ihre Schlosskapelle und ihren Schlosskapellan hatte, darf als feststehend vorausgesetzt werden. Der erste Geistliche, welcher uns urkundlich namhaft gemacht wird, ist Oodescalcus plebanus de Königstein. Er ist am 22. Dezember 1277 als Zeuge zugegen, da Werner I. von Falkenstein-Münzenberg einen Vergleich zwischen dem Kloster Rettert und den Einwohnern zu Cruftele bekundet.*) Werner war seit 1271 Inhaber der Burg Königstein mit allen ihren Leuten, Gerichten, Kirchsätzen und sonstigen verbrieften Rechten und Gerechtigkeiten. ') Die Sage erzählt, dass dem König Chlodwig, als er sich vor seiner Bekehrung zum Christentum einst bei einer Jagd im Taunusgebirge verirrt, eine Jungfrau geweissagt habe, er werde noch zum Christenglauben sich bekennen und dass Chlodwig später, als dieses ge- schehen, an der Stelle, wo ihm die Weissagung geworden, durch Erbauung eines Hauses und einer Kapelle den Qrund zu der späteren Burg und Stadt Königstein gelegt habe (Ullrich, Landes- und Kirohengesohichte Nassaus, S. 42). *) Sauer, Nassauisches Urkundenbuch 1, 1. S. 557. 296 A. Korf 1289 wird Godescalcus noch einmal genannt.^) Nach ihm wird ein Pfarrer Philipp erwähnt. Am 2. Oktober 1301 bekundet die Stadt Frankfurt, dass Francke von Buches bei St. Antonien und Qudela, dessen Frau, dem" Pfarrer Philipp zu Königstein eine Jahresrente von einer Mark Kölnisch aus ihrem Hause verschrieben haben. ^) Am 29. März 1332 wird uns der Pfarrer Hartmann von Gronau auch als Pfarrer von Königstein angeführt. Am genannten Tage verpfänden Monges von Heckestadt, Bürger zu Königstein, und dessen Ehefrau Catbarina ihm eine Jahresrente von vier Schillingen Kölnisch, drei Heller auf den Pfennig gerechnet. Zu Gronau verpachtet Hart mann in demselben Jahre an Hermann von Wollonstadt den Hof der Kirche dortselbst nach Landsiedelreoht für 120 Achtel Korn, wovon 40 Achtel nach Königstein zu liefern sind, und eine Präsentation von Gänsen und Hühnern.^) Am 18. Juli 1348 gelobt der Pfarrer Rudolph zu Oberneschbaeh dem Herrn Philipp von Falkenstein, binnen Jahresfrist Priester zu werden, oder auf seine Kosten einen Kaplan zu halten, der auf Königstein wohnen und dort vor dem Heiligtum Messe halten soll ; auch soll er selbst, wenn er Priester geworden, in deni zu seiner Pfründe gehörigen Hause in Königstein wohnen. Hiernach findet also die Angabe bei VogeF), nach w^elcher die Pfarrei von Obereschbach und Gronau versehen wurde, ihre Bestätigung. Sie wird im weiteren durch das königstcinische Jurisdictionalbuch im Staatsarchiv zu Wies- baden bekräftigt, in welchem os heisst: „Anno 1422 haben underschiedlicho Personen bezeuget, dass die Pastores zu Ober Espach und Grunaw von alters hero schuldig scind, die Pfarr und Kirche Königstein zu versehen." Der vorgenannte Pfarrer Rudolph wird übrigens 1351 noch als solcher von Eschbach erwähnt. Dagegen nennt uns eine Urkunde vom 29. Dezember 1351 einen Geistlichen Heinrich (in stupa Henriei pastoris in suburbio sita castri Kunogistoyn).') Im Jahre 1428 fand das Pfarrvorhältnis Gronau'« zu Künigstein nochmals Erörterung. Als in diesem Jahre die Pfarrei Gronau dem Stifte Lieh inkorporiert werden sollte, erhoben die Herren zu Eppstein, die Gebrüder Gottfried und Eberhard hiergegen Einspruch, doch einigte man sich dahin, dass das Stift die Pfarrei Gronau behalten, aber dabei, wie herkömmlich, die Pfarre Königstein ver- sehen solle und jährlich einem Pfarrherrn zu Königstein dafür 25 Achtel Korn nach Königstein liefern zu lassen habe.^) Mehr treten die kirchlichen Verhältnisse in den Vordergrund, als Königstein nach dem erfolgten Ableben des Erzbischofs von Trier, Werner von Falkenstein «) Sauer I. 1, S. 644. *) Ebd. I. 3, S. 50. *) Ebd. S. 164. *') Vügol, BesohreibuDg des Herzogtums >'a8sau, 8. 848/49, und Sauor I. 3, S. 247. ') Sauer I. 3, S. 26«. *) Über die später erfolgte Änderung in der Pfarrversehung lagen dem Verfasser ur- kundliühe Xachrichten nicht vor; sie erfolgte aber jedenfalls nicht vor Einführung der Kugel- herren. Beiträge zur Geschiebte der evangel. Gemeinde in Königstein i. T. 303 Christen, leider; aber Qlaube und Liebo^ in wolchon die Macht liege, die wollten nirgends folgen.^®) An Gesinnungsgenossen fehlte es dem Grafen Ludwig in seiner neuen Heimat nicht. Da waren zunächst die Vertreter des Taunusadels, welclio fast sämtlich für die neue Lehre eintraten^ dann die »Söhne des Schultheissen Wilhelm Coric Ton Bonmiersheinu Philipp, Emmerich, G(^org und Johann Keiffenstein, femer der bereits erwähnte Erasmus Alberus, ein Studiengeuosse des jungen Grafen« der Rektor Micyllus von Frankfurt und viele andere, mit welchen Ludwig einen regen Verkehr unterhielt. Keineswegs untersagte ihm aber Graf Eberhard solchen Verkehr, und wenn diese Männer sich oft auf Königstein zu wichtigen Beratungen einfanden, so stellte Eberhard sich ilinen niemals hindernd entgegen. In die Mitregentschaft trat Ludwig ein, nachdem Graf Eberhard 1Ö27 sein Testament aufgerichtet und in demselben bestimmt hatte, dass Graf Ludwig ^alflbalde nach uifrichtung diss letzten Willens, von seinen Grave Eberhards ünderthanen allenthalben Erbhuldung nehme und empfahe^. 8f;it dieser Zeit sehen wir ihn nicht allein in der Landesverwaltung selbständig handelnd, sondern er tritt auch bei politischen Handlungen anstelle des Grafen Eberhard auf.**) Übrigens bedurfte Graf Eberhard dieser tatkräftigen Stutze; denn er war. wie Graf Wilhelm von Xassau-Dillenbur^ an seinen Bruder, den Grafen Heinrieb, am H. September lb21 schrieb. .,dennassen mit S<;hwachheit beladen, das er nunmehr fast onvermoglich^. Eine Angelegenheit, die ihm eine Herzens- sache war. brachte Graf Eberhard in Gemeinschaft mit dem Grafen Wilhelm TOD Nftssao-Dillenburg noch im genannten Jahre zum Abschluss, nämlich die Eheverabredung des Grafen Ludwig mit der jungen Gräfin Walpurga von Wied. Am 25. April lb2f* fand die Vermählung auf Schloss Königstein statt. Am 25. Mai 1535 starb Graf Elierhard. Seine I>;iche wurd^* d^t testameotari sehen Bestimmung gemäss nach Uirzenhain im Vo^H^Utit fiU-rfuhn und im donigen Kloster, der Familien-Begräbnisstätte*. U-ig^-^-tzt. 2. Einfuhrung der Reformation. Die Reformation hane in der Graf^rhaft inzwirch'.-n einen unaufha!r-;irf>'-n Fortgang genommen. Ein '"»rr na«h dem anderen hatte si' h d'-r n'-rjen Ri^htrjn^ zugewandt und die alten Firmen und Gebräuche ab^^-schaffi. Nur in Köni^^tein sdbst war man bis jetzt bffi i^r ka:h' üs-hen Ki.-'he T^-rb]i':V-n. W:hre v/.rfar.den. -o -v^r e- duch iii]iadli:$t eine pi^rtirr. II- Rl-.i>i'.f.*r.^hrrie i:jf der. Ori'er. K^^^rhard. TreS'h" die kirdüielien Terhalmi*-- is i^r oi-iieri^^n W^-i-ff >/«r^:^r.*^ üe*»«. Jj^hti waren e* T€T«chiedes-r Kuj^Vr.^TT'rz.. w*->.he dur'?. ir.r e?r;ri?«f* l>iiihr.*'*i di'- katiwlische Lehre bei einer Aixih! -l^r E:L'«''.r.L*r--:K«iif* ■ari.- 7.1 erf.*;*«=-r ädilieaslicii war ^ 'jrir' L-id-'^l^ reih-*. Crr in r^:if^ müder. Ge- ") 4« W«tt«. Lohen Br>f« 2. .» Beiträge zur Geschichte der evangel. Gemeinde in Königstein i. T. 305 Frieden komme. Mit Bernhard von Algersheim war er dann nach Ulm gereist, aber noch im selbigen Jahre nach Frankfurt zurückgekehrt und hatte dem Rat seine Dienste, wiewohl vergeblich, wieder angeboten. In Königstein fand er gute Aufnahme und wirkte hier bis zum Jahre 1544 als Ilofprediger. In diesem Jahre soll er gestorben sein.^^) In das Eugelhaus war ein weiterer, im evangelischen Sinne wirkender Geistlicher aufgenommen worden, nämlich Kon r ad Stotzenbach aus dem Kogelhause in Butzbach. In dem bei seinem Eintritt ausgestellten Revers vom 8. Januai 1536 bekennt ei, vor der Zeit Johannes (Bingen) sei er gegen Wiedergabe seines zugebrachten Geldes und mit ziemlicher Ausstattung an Kleidung und Geld, sowie anderem Notdürftigen aus dem Kugelhause in König- stein aus- und in das Haus und die Stiftung der St. Marcikirche in Butzbach eingetreten. Weil er aber sich seines Lebens und anderer Gelegenheit allwego und je beschwert, so habe er zuvor den Grafen Eberhard und jetzt den Grafen Ludwig um seine Aufnahme in Königstein heftiglich angesucht, welches ihm jetzt aus Gnaden gnädiglich vergönnt worden sei mit der Bedingung, dass er sich in berührtem seiner Gnaden Kugelhaus zu Königstein seiner Gnaden und den gesetzten Befehlhabern, Geschäften, Verordnungen und Befehlen mit Predigen und anderen Verwaltungssachen der Kin^he gutwillig und gehorsam halten solle und sich auch der Kost, Kleidung und anderer Unterhaltung, wie des Hauses Brüder, Seine Gnaden und Sr. Gnaden Verordnete es schaffen und ansetzen werden, genügen lassen.^'') Konrad Stotzenbach verblieb jedoch nur wenige Jahre in Königstein. Gleichwie er in Butzbach mit dem Vorsteher des Kugelhauses in Zwietracht gelebt hatte, so seheint er mit dem Prokurator des Kugelhauses in Königstein, Johannes Bingen, ebenfalls in Streitigkeiten geraten zu sein. Jedenfalls in den letzten Monaten des Jahres 1538 verliess er Königstein wieder, um das Pfarramt in Ortenberg zu übernehmen. Von dort ist er dann in späteren Jahren wieder nach Butzbach gekommen, woselbst er 1573, am 27. Juli, über achtzig Jahre alt als Pfarrherr gestorben ist. Der erste Stadt pfarrer Königsteins, welcher sich zur evangelischen Lehre bekannte und in diesem Sinne wirkte, war der vorerwähnte Johannes Bingen. Dieser war der neuen kirchlichen Richtung von ganzem Herzen zugetan. Er war der Prokurator des Kugelhauses und Pfarrherr an der Pfarrkirche zu Königstein. *^) Mit grossem Eifer und Ernst suchte er schon frühzeitig für die neue Lehre Anhänger unter den Gcmeindegliedern zu gewinnen, wenngleich er auch von verschiedenen Brüdern des Kugelhauses gar arg in seinem ernsten Vorhaben gehindert wurde. Es war deshalb erklärlich, dass ihm das Bruder- schaftsleben recht verleidet wurde. Übrigens war ja auch der alte Geist, der •*) Nebe IV. 8. 43. **) Anlage 1. **) Am 9. Juni 1534 wird Bingen unter den Zeugen bei einer Testamentsausfertigung ram entenmale als Pfarrherr genannt (Königsteiner Geriobtsbuch). Aanalen, Bd. XXXIV. 20 Beiträge zur Geschichte der cvangel. Gemeinde in Königsteiii i. T. 307 Gewissen zu laden, sei ihm viel zu schwor; denn seine Gewalt sei ein Wort, welches man fast nicht achte, wo nicht Gottes Geist wirke und die Herzen prüfe. Es sei aber Gottes Befehl, wie Paulus im Rom. 13 sage, dass die ÜDgehorsamen und Gottlosen, welche nicht dorn Worte Gottes gehorchten, mit dem Schwerte gezwungen werden sollten, vom Bösen zu lassen. S, G. seien in solchen Sachen durch Gottes Gnade verständiger, als er armer, unverständiger und unnützer Pfarrer, weshalb er gern seine Lehre ihm mitteilen möchte. Erstens habe er von der Messe gelehrt, dass sie kein von uns gebrachtes Opfer noch ein gutes Werk sei, sondern man Gutes und Gut- taten von Christo empfange, weshalb keine Messe gehalten werden solle, es wären denn Kommunikanten da, welche nach Christi Ordnung das Sakrament in beiderlei Gestalt empfingen. Ferner habe er auch gelehrt, dass Messen für Verstorbene, um dadurch ihre Sünden und Pein abzulegen und sie von Pein und Schuld rein zu waschen, nicht durch die Schrift begründet seien, weshalb er sich geweigert habe, für Verstorbene Messen zu lesen ; auch der Schulmeister habe sich geweigert, die Messe zu singen. Infolge seiner Weigerung hätten aber andere aus dem Kugelhause die Messe gehalten. Das verunehre seine Lehre und ihn, und man gebe seinem Vorgehen den Anschein, als wollte er ohne Grund der Schrift eine Neuerung einführen und die Messe abstellen. Er stelle aber diese nicht ab, sondern halte sie nur nicht, wenn keine Kommuni- kanten da wären. Es sei ihm sehr leid, dass er nicht alle Sonntage mit Kommunikanten die werte Messe Christi uufs allerheiligste mit guten Zeremonien, als Kerzenbrennen, Messgewand, lateinischen und deutschen Gesängen, welche der Schrift gemäss wären, halten könne und damit die päpstliche Messe ganz und gar umzustossen. Aber bei solchen unstandhaften Leuten und päpstlichen Pfaffen könne er nichts ausrichten. Das empfinde er wohl zu Osterfest, wenn er, wie es einem Hirten und Pfarrherrn zustehe, zur Beichte sitze und seinen Untertanen lehre, was einem Christen zu hören zustehe. Es seien aber doch nie über dreissig zu ihm gekommen, während es doch an 300 Kommunikanten seien. Sie liessen sich aber durch Blinde leiten und in solchen Sachen raten. So aber ein Blinder den andern leite, fielen alle beide in die Grube. Nun wolle er ja gern ihrem Gewissen raten und sie auf Gottes Wort trösten, könne öic aber nicht zu sich bringen. Solche Dinge in seinem Gewissen zu dulden, sei ihm zu beschwerlich, weshalb er um gnädigen Urlaub und willigen Abzug bitte, um sich anderswo zu versehen, da er mit eifrigem Munde und friedlichem Herzen Gott seinem Herrn dienen möchte. Er wolle jedoch das Jahr bis Laurentii, wie sein Termin sei, ausdienen, damit der Graf sich bedenken möge, auch* er sich nach einer anderen Stätte umsehen könne. Wenn aber der Graf ihn unter seinem Schirm dulden wolle und gestatten, dass er mit einer Person ein eheliches, göttliches Haus halte, so sei er vor allen Untertanen willig, seinen Untertanen das Wort Gottes weiter mitzuteilen.-^) *^) Eine Abschrift dieses Briefes in einem aus dem 17. Jahrb. stammenden Kopialbuohe im Besitz des kathoL P£arrarchivs zu Königstein. — Gedruckt in H. Schalks Beitrag zur Owehiclite des Kugelhermhauscs zu Konigstein. 20* 308 A. Korf Eiu entschiedenes Eingreifen seitens des Grafen Ludwig in das Eirehen- regiment, wie es Bingen von ihm verlangte, hätte ja zur Folge gehabt, dass die geschilderten Misstände und Streitigkeiten um die gottesdienstlichen Formen unverzüglich beseitigt worden wären; allein Ludwig blieb in dieser Beziehung bei seinen bisherigen Grundsätzen bestehen. Die Unruhstifter und Unzufriedenen dürften aber alsbald aus dem Kugelhause entfernt worden sein; denn man er- fährt nichts wieder von ähnlichen Auftritten. Bingen wird von dem Grafen beruhigt worden sein, und er wird ihn aufgefordert haben, auf seinem freilich misslichen Posten auszuharren und die zukünftige Entwickelung der Dinge abzuwarten. Auch seinem letzten Wunsche, sich in einen ehelichen Stand zu begeben, ist willfahrt worden; denn schon im nächsten Jahre sehen wir ihn mit seiner Hausfrau Anna im eigenen Häuschen leben, welches er von Henrich NouhofF, des Grafen gewesenen Trompeters für 62 Gulden gekauft hatte, „auch cyn gertlin, dess obgenanten Henrichs gewest", dazu gehörend.***) Die Zahl der Insassen des Kugelhauses verringerte sich nach den ge- troffenen Massnahmen sehr. Einige waren ausgewandert, andere hatten sich einen neuen Beruf gewählt. An eine Besetzung der frei gewordenen Stellen in der bisherigen Weise war allerdings nicht zu denken. Wenngleich auch Graf Ludwig von einer gewaltsamen Aufhebung des Kugclhauses, wie das vielfach in Deutschland mit den Klöstern und Stiftungen geschah, nichts wissen wollte, so stand in ihm doch schon längst der Entschluss fest, alle derartigen Einrichtungen, als nicht mehr Zweck und Zeit entsprechend, eingehen zu lassen. Die Auflösung der in seiner Grafschaft gelegenen Klöster und Stifter sollte aus sich selbst hervorgehen, keine der zu denselben gehörigen Personen sollte, wenn sie sich der Ordnung gemäss verhielten, wider ihren Willen entfernt, für etwaige altersschwache und kranke Eingesessene aber in bestmöglichster Weise gesorgt werden. Im Königsteiner Kugelhause trat dieser Zustand bald ein. Bingen hatte, wie oben angedeutet, das Kugelhaus verlassen und sein eigenes Hauswesen bezogen. Sein Amt als Prokurator hatte er niedergelegt. Der Kugelhausbruder N i k o 1 a u s P o s t , ein geborener Königsteiner^^), war schon vor Bingen ausgetreten, und so befanden sich im ganzen Kugelhause nur noch zwei alte, gebrechliche Priester. Es war somit ein grosser Mangel an aeelsorgerischen Kräften eingetreten und auf Bingen ruhte eine nicht geringe Arbeitslast. Graf Ludwig veranlasste daher den Nikolaus Post, wieder in das Kugelhaus einzutreten und als Kaplan an der Pfarrkirche zu wirken. Seine Bestallung, nach welcher er als „mitdiener vnser Pfarrkirchen** an- genommen wird, weil „dissei Zyt an der stifftung vnsors kogolhauss alhie In koui«» stein zu versehung vnsers pfarvolcks mangel'*, ist am 11. November 1538 ausgestellt.*'*^) Für seine Dienstleistungen soll er jährlich auf St. Martinstag 30 Gulden bares Geld, 40 Achtel Korn und ein Fuder Wein erhalten. '*) Anlage 5. •') Sein Vater Kilian, ein konigsteiniseher Burger, hatte ursprünglich den Kamen ^Sohneider** geführt (Königeteiner Gerichtsbuch Vol. I, Bl. 69, 1532). **) Anlajre 2. Beiträge zur Geschichte der evangcl. Gemeinde iu Königstein i. T. 309 Au8 gloichcm Grunde wurde ferner zum „initdynor" angonoinnien der «Ersam vDser liber andeehtiger Johannes Gylnhausen.^ Dieser sollte ebenfalls 30 Gulden Gehalt, 40 Achtel Korn zur Ernte und ein Fuder Wein zom Herbst beziehen.^*) Zu Beginn des Jahres 1539 wurde Nikolaus Post neben der von ihm verwalteten Kaplanei noch mit der Prokuratur des Kugelhauses betraut, da Bingen dieses Amt von sich gewiesen hatte und eine andere geeignete Pewönlichkeit hierfür nicht vorhanden war. Als Prokurator soll er im Kugelhause w^ohnen, zwei alte Priester, welche noch in ihm ihre Wohnung haben, verpflegen, die Gebäude in baulichem Zu- stande erhalten und die Einkünfte des Hausos jährlich einsanmieln lassen. Von den Einkünften des Hauses sollen verwendet werden: 80 Gulden für Unterhaltung der beiden alten Priester, 20 Gulden für Beheizung, 50 Gulden für Weingartenarbeiten u. s. w., 40 Gulden, 40 Achtel Korn und ly« Fuder zur Jahresbesoldung des Magisters Valentin Paclus, 30 Gulden, 40 Achtel Korn und achthalb Ohm Wein zur Jahresbesoldung des Pfarrherrn Johann Bingen y 30 Gulden, 40 Achtel Korn und achthalb Ohm Wein zur Jahres- besoldung für Nikolaus Post und 10 Gulden für den Schulmeister. Dieser soll fortan auch noch im Kugelhause beköstigt werden. ^^) Der Pfarrherr Bingen war nun zwar in manchen Beziehungen zufrieden- gestellt; jedoch hatte er auch noch weitere Wünsche, die er dem Grafen Ludwig in einem Schreiben vom 16. Juni 1539 vorbrachte. Seitdem er das Kugelhaus verlassen hatte, war in seiner pfarramtlichen Stollung eine Regelung seiner Einkünfte und seiner Anstellung in schriftlicher, bindender Weise bisher nicht erfolgt, obgleich er dieserhalb schon verschiedentlich nachgesucht hatte. Mit Nikolaus Post war solches erfolgt, und er fühlte sich dadurch gekränkt und zurückgesetzt. Fast wollte es ihm bedünken, als wenn er vor dem Grafen verunglimpft wäre, oder diesem nicht mehr genehm sei, so dass er sich der Meinung hingab, er könne für die Dauer die Pfarrherrnstelle vielleicht nicht mehr behalten. Seine augenblicklichen Einkünfte waren wohl knapp bemessen und durch den Ankauf eines Hauses und durch Vornahme von Umbauten in demselben mochte er in eine keineswegs beneidenswerte Lage geraten sein. Sein nächster Wunsch war daher, dass seine Einkünfte in be- stimmter Weise geregelt würden, weil, wie er schreibt, „ich mich also meynes substantz gelts halb gar entblosset. Und wh) E. g. myr mitt eyner zymlichen Jarbesoldung nicht hilfft, werd ich anderswo Dinst zu suchen verursacht, wie mir dan jn Jarsfrist zwey mall angebotten ist, das ich schrifftlich anzeigen kann.^ Herrn Nikolaus Post ist durch Brief und Siegel seine Jahresbesoldung festgesetzt, und so begehrt er ebenfalls eine Verschreibung und gleiche Be- soldung. Alsdann begehrt er, dass dem Pfarrherrn von der Gemeinde sein Pfarrecht geschehe, es sei ihm selbst, oder Herrn Nikolaus Post, welchen von beiden der Graf endgültig zum Pfarrherrn ernennen werde. Auch müssten noch ") AnUge 3. •«) Anlage 4. Beiträge zur Geschichte der evangel. Gemciude in Königstein i. T. 315 wciäo MäsHigung, wie ich sie in deine m Landesrogiincnt kennen gelernt habe. Ein guter Herrscher ist ein Abbild Gottes, heisst es mit Recht; aber nur wenige boHeissigen sich, diese Zierde zu behaupten. Daher bitte ich Gott, dass er dich leite und bewahre. Meine IIofFnung ist, dass auch das Mühen einer ganz kleinen Zahl von Regenten dazu dienen werde, die Kirche Christi zu schmücken. "^^) Auch später zählt Melanchthon den Grafen Ludwig zu den wenigen weisen Landesherren, die an ihrem Teile mit Mässigung walten und ihre Kirchen mit Erziehung und Unterricht schmücken. Dem Pfarrer Bingen sollte es nicht vergönnt sein, sich lange der Neu- gestaltung der kirchlichen Verhältnisse zu erfreuen. Als 1543 in Königstein ein grosses Sterben herrschte, wurde auch er dahingerafft. '') Eingeschaltet mag hier werden, dass in der zweiten Hälfte des Monats Mai dem gräflichen Ehepaare ein Sohn beschert wurde, welcher aber bald wieder gestorben sein muss; denn wir hören nichts wieder von ihm. Die Hoffnung auf einen Ersatz wurde zwar jahrelang weiter genährt, blieb aber unerfüllt. An Bingens Stelle wurde der bisherige Kaplan Nikolaus Post durch den Grafen Ludwig berufen. Er wurde somit der zweite evangelische Pfarrhorr von Königstein. Von seiner Anteilnahme an dem vorgenommenen Reformationswerke sind wir im Vorhergehenden ja bereits unterrichtet. Über seine persönlichen und familiären Verhältnisse erfahren wir wenig; doch scheint er nicht unvermögend gewesen zu sein. Mit seinem Bruder, namens Johann, einigte er sich 1543 wegen der Hinterlassenschaft seines Vaters^'^), und am 2. Mai desselben Jahres kaufte er von Dietrich von Bentzheim ein Haus „im innern thall'^.^') Die Kaplaneistelle wurde mit einem tüchtigen jungen Manne, welcher eben erst die Universität Wittenberg verlassen hatte, besetzt, nämlich mit dem Magister Johannes Hu melius aus Memmingen. Kein Geringerer, als Melanchthon selbst, hatte ihn hierzu ausersehen. In dieser Zeit, wo nach allen Richtungen hin tüchtige evangelische Geistliche verlangt wurden und ein grosser Mangel an solchen sieh eingestellt hatte, hatte Graf Ludwig sich an seinen einstigen Lehrer mit der Bitte um eine tüchtige Kraft gewandt. Und Melanchthon war diestmi Wunsche mit Freuden nachgekommen. Am 28. Februar 1543 wurde Humelius für Königstein ordiniert. „Feria Quarta post Oculi per dominum D. Pomeranum M. Joannes Humelius von Memmingen. Aus dieser Universität beruffen geiu Kuenigstein zum predigambt, unterm Graffen von Stolberg^, meldet uns das Wittenberger Ordiniertenbuch. ***) **) Corp. reform. 3, 1192. *^) Von Bingens Behausung ist im Königsteiner (ierichtsbuohe Vol. II, Bi. 27/29 noch die Rede, als am 10. Juni 1553 ein königsteinischer Bürger, namens Kuhorn, . seinen letzten Willen kund gab. **^) Königsteiner Geriohtsbuch II, Bl. 13/14. *^) Ebd. Bl. 11. **) Georg Buchwald, Wittenbergor Ordiniertenbuoh Bd. I, S. 31 No. 478. Beiträge zur Geschichte der evangel. Gemeinde in Königstein i. T. 327 Geistlichen kommen sollen, damit die nötigen Anordnungen getroffen worden können. Am 4. Februar begannen nunmehr die schon längst angekündigton Visitationen zu Königstein. Visitatoren waren: Balthasar Geyer, Vikar in geistliehen Dingen, Jodocus Seibach, Dechant von St. Peter, Anton Wiedmeyer, Dechant von St. Maria zu den Greden, der Erfurter Propst Dietrich von Rheden und der Dechant von St. Johann, Gerhard Ising. Es wurden examiniert der Pfarrer Nikolaus Post und der Prädikant Peter von Königstein, alsdann die Pfarrer von Schwanheim, Neuenhain. Münsterliederbach, Born, Marxheim, Hofheim, Weilbach, Obercrlcnbach, Eppstein, Vilbel, Oberhöchstadt, Oberursel*'*), Cronberg, Eschborn. Das Er- gebnis dieser Visitationen ist nun allerdings nicht mehr in den Original- Protokollen erhalten; wohl aber existieren noch aus diesen in späterer Zeit an- gefertigte Auszüge^"*), welche uns notdürftigen Bericht geben. Hiernach ergab sich, ^dass alle beweibt sein, ihrer auch viel nit Ordinirt sondern gar leien sein, haben in ihren Kirchen kein Sacrament oder auch christliche Geremonien und leben Kay. Mayt. Verordnung in keinem Wege gemess". Dieses Ergebnis war für die Visitatoren keineswegs zufriedenstellend und gab ihnen zu weiteren Verhandlungen mit dem Grafen Ludwig und dessen Räten Veranlassung. Graf Ludwig erklärte auf die Vorstellungen der Visitatoren, .er hab allen seinen Geistlichen undersassen Kav. Mavt. declaration mit Vleiss lassen verkündigen und publiciren. haben sich auch erpotten, derselbigen (wo sie dem wortt Gottes nit Zuwider sey, und ihie gewissen nit beschwere) mit allem gehorsam williglich nach Zusetzen, mit welcher anthworth er Graff Ludwig sich auch das mahl hab lassen genügen. In hofFnung, es soll damit Kay. Mayt. declaration genug geschehen sein''. Den Visitatoren genügte aber solche Antwort nicht und sie erwiderten dem Grafen, der Prädikanten Berufung auf das Wort Gottes sei sehr zweifelhaft, da ein jeder von ihnen die Schrift nach seinem Gutdünken auslege: es dürfe die christliche Lehre nicht nach jedes einzelnen Gewissen gesetzt werden, sondern man müsse ein sicheres Mass stellen. Es würden sonst so viele Religionen geschaffen, als Prediger da seien. -Und damit sein gn. nitt meinen dürife. dass in seinem landt Kay. Mayt. declaration genug geschehen, haben die Visitatures Irer gn. ofentlich angezeigt, dass in seiner **) In der unten bezeichneten Visitationsabcchrift steht statt Obernrsel zwar Orten- berg aofegeben; jedoch i^t dieses wohl ein Schreibfehler. Die Oitschmften im Vogelsberg Wttan «€h schon früher einer Visitation unterwerfen müssen, ebenso diejenigen in der Wetter- «a (to s. B. Butzbach im Au^st 1 549 >. **j Künigl. Kreisarchiv zu Würzburg. Mainzer Regier. Akten. 2 Hefte. Das 2. Heft, 44 BL eatkilt die Visitationen KOnig^tein. Wiesbaden, Kloster Ciareuthal und Stift Bleiden- flatt, ist foigeadermassen überschrieben : Verzeichnuss. welcher mass die geistliehe Visitation iUer Stifk, Kirchen. ClGster. Pfarren. Spittaler und anderer geistliehen Heusser im Erzstifft Bsd CriMiB M^intz durch die I*eputirten und Verordneten des hoch würdigsten Fürsten und Hern Sebastian Ton (iottes enade Krtzbi?choTen zue Meintz und f'burfürst etc. Churffiretliche CoanMarien nnd Visiutoren besehen und Terricht im Jhar 4S. 49 und 50 frergl. F. Otto. Yigfifitmen der nars. Kirchen etc. . 334 A. Korf ihm verfasste, sogenannte Wittenberger Beformation der Ordnung zu Grunde gelegt ist. Nachdem Graf Ludwig in der von ihm ausgeschriebenen Synode mit seinen Geistlichen eingehende Rücksprache genommen hatte, gelangte diese Ordnung noch im Jahre 1554 zur Einführung. Bald darauf begannen dann die allgemeinen Kirchenvisitationen. Es war das erstemal, dass solche im ge- samten Umfange in der Grafschaft vorgenommen wuiden. Die Leitung dei Visitationen war dem Oberamtmann Christoph von Ilatstein, einem eifrigen Protestanten, übertragen. Als prüfender Superintendent hat jedenfalls der Pfarrer Eberhard Haberkorn aus Oberursel amtiert. Die Visitationen wurden genau den Vorschriften der mecklenburgischen Kirchenordnung entsprechend vorgenommen. In Königstein fand am 14. September 1554 die Visitation statt. Ein glücklicher Umstand hat uns das Visitations-Protokoll erhalten''), so dass wir in der Lage sind, uns über den Stand der damaligen kirchlichen Verhältnisse ein klares Bild machen zu können. Wir ersehen aus derselben auch, dass nur „eyne eynige person" in Königstein ansässig war, welche noch zur katholischen Kirche gehörte. Die Verstimmung, welche zwischen dem Pfarrherrn Nikolaus Post und dem Hofprediger Martin Stell herrschte und von welcher in der Visitation die Rede ist, dürfte eine zwischen letzterem und dem Sekretär des Grafen, David Post, seit längerer Zeit bestehende Streitigkeit zur Ursache gehabt haben. Nach einem Schreiben David Post's'*) an den Grafen Ludwig hatte nämlich Martin Stell ihm aus nicht bekannten Gründen die Absolution verweigert. Dass der dieserhalb entstandene Streit ein recht heftiger gewesen sein muss, darf man aus dem erregten Inhalt des Briefes schliessen. Ver- mutlich hat Nikolaus Post den Sekretär in Schutz genommen und wurde somit in den Streit hineingezogen. Die streitige Angelegenheit fand wohl dadurch ihren Abschluss, dass David Post als Keller nach Ortenberg und Martin Stoll anfangs August lööo als Pfarrverweser nach Hutzbach kam.^'*) rbrigens hört auch um diese Zeit die Wirksamkeit des Pfarrers Nikolaus Post auf. Leider geben uns die Quellen über sein Scheiden aus dem Amte keinen Aufschluss. Vermutlich starb er, da er ja hochbetagt war, im Laufe des Jahres 1555. An seine Stelle trat der bisherige Hofpredigor zu Stolberg^ Johannes Praetorius, welcher zugleich zum Superintendenten ernannt wurde und unter den übrigen in der Grafschaft den Rang eines „Obristen Superintendentus"^ bekleidete. 1551 hatte er als Abgeordneter der Grafschaft Stolberg das Be- ■*) Anlage 10. '*) Sehr. David Posts an Graf Ludwif^ vom 14. Jan. 1554 im Fürstl. Stolb. Oem. Arch. ^') Dio Befehlshaber Konigsteins am 20. Aug. 1555 ^an den wyrdigen vnd Ernachtbaren Hern Martin Stol Itzund pfarverweser zu Butzbach.** (GroBsh. Archiv in Darmstadt, Akten betr. das Kugelherrn haus in Butzbach.) Beiträge zur Geschiclite der ovaugel. Gemeinde in Königstein i. T. 335 kenntnis, welches die sächsischen Kirchenlehrer zu Wittenberg aufgesetzt, um es dem Konzilium zu Trient zu übergeben, mit unterschrieben.^*) Die endgültige Entscheidung zur Annahme des Johannes Praetorius für den königsteinischen Pfarrdienst traf (Iraf Ludwig persönlich während seiner Anwesenheit in Stolberg 1554/5. Obgleich die Bestallungsurkunde des Praetorius erst vom 29. September 1555 ausgefertigt ist, so deuten doch verschiedene Anzeichen drauf hin, dass er bereits einige Zeit vorher im königsteinischen Kirchendienste tätig war. Nach seiner Bcstallungsurkundo wird Praetorius zunächst als Pfarrherr von Königstein bestellt und soll alsdann als Superintendent aller Pfarreien in der Grafschaft, diese in Gemeinschaft mit dem Pfarier von Oberursel zu ge- bührhchep Zeit visitiren u. s. w. An Besoldung wird ihm gewährt: 102 Gulden an Geld, 84 Achtel Korn, 'IV2 Ohm Wein und Fütterung für drei Kühe.^') Eine grosse Arbeit war es, welche Praetorius bei seinem Amtsantritt auf sich zu nehmen hatte. Neben den vielen Neuerungen in der Organisation des gesamten Kirchenwesens der Grafschaft, welche die neue Kirchonordnung mit sich brachte, war auch eine Neuregelung der kirchlichen Gefälle und deren Verwendung in Aussicht genommen. Häufig war Praetorius von Königstein abwesend, um hier und da in der Grafschaft Anordnungen zu treffen, neue Geisdiche einzusetzen, auch Streitigkeiten in kirchlichen Angelegenheiten zu schlichten. Verschiedentlich wurde er auf seinen Reisen von dem Oberurseler Superintendenten Haberkorn begleitet. Als dem Grafen Ludwig nach dem 1556 erfolgten Ableben seines Schwiegersohnes, des Grafen Michael HI. von Wert- heim, dessen Grafschaft zufiel und Ludwig nunmehr dort häufig für längere Dauer seinen Wohnsitz nahm, sehen wir Praetorius zu verschiedenen Malen auch nach dort die Reise unternehmen. Im Juni 1557 w^ar er mit Haberkorn als theologischer Abgeordneter des Grafen Ludwig auf dem Fürstenkonvent zu Frankfurt am Main anwesend. Praetorius erfreute sich bei seiner Gemeinde sowohl als bei seinen ihm untergeordneten Geistlichen grosser Beliebtheit. Seine Milde und sein friedliches Wesen fanden allgemein warmen Widerhall. Durch sein rücksichtsvolles und den- noch entschiedenes Verhalten wurde manche Misshelligkeit unauffällig beseitigt und etwaige Unzufriedene mit möglichst weitem Entgegenkommen zufriedengestellt. Ebenso genoss Praetorius in ganz besonders reichem Masse das Wohl- wollen und die hohe Anerkennung seines Herrn und seiner Herrin. Aus dem Briefwechsel zwischen Herrn und Diener, der infolge der häufigen Abwesenheit des Grafen ein sehr umfangreicher war und uns in vielen Stücken erhalten ist'*), klingt stets ein herzlicher, freundschaftlicher Ton hervor und lässt klar '*) Johannes Praetorius, Minister vorbi Dei in arce Stolberg m. p. s. — Für die Oraf- •ekaft KönigBtein hatte unterschrieben : Valentinus Sifridi, Minister verbi dei in opide Orten- bei]^, in Comitata Konigsteiniensi, manu propria subscripsi. '*) Anlage 11. **) Eine Tom Verfasser unter dem Titel „Briefwechsel und Urkunden des Grafen Lud- ^ ta Stolbeig-KSnigstein' angelegte Sammlung enthält eine grössere Anzahl von Brief- ftbiolriftan von und an Praetorius. Beiträge zur Geschichte der evangel. Gemeinde in Königstcin i. T. 339 konnten, in seinem reichen Wirken sehr entlastet worden war, so hatte er sich jetzt aber umsomehr mit den allgemeinen kirchlichen Fragen zu beschäftigen. Gar häufig sehen wir ihn in dieser oder jener Angelegenheit mit seinem Herrn und mit theologischen Gelehrton (darunter namentlich auch Hartmann Beyer zu Frankfurt) verhandeln. Die treueste und sicherste Stütze hierin fand er nun bei seinem Herrn selbst. Graf Ludwig, dem es tiefer Ernst war, dem Evangelium treu zu sein, der Forderung der evangelischen Sache in vorteilhafter Weise zu dienen und seinen Untertanen durch einen frommen Wandel voranzulouchten, war in theologischen Angelegenheiten allerdings bis ins Kleinste unterrichtet. Kein Vorfall verging, ohne dass solcher von ihm geprüft worden wäre, kein streitiger Fall, ohne dass die streitigen Punkte nach jeder Richtung hin erwogen wurden. Seine theologischen Kenntnisse fanden in weitesten Kreisen Anerkennung; häufig wurde er um seinen Rat gefragt, häufig aufgefordert, helfend einzugreifen. Er teilte die strengen Anschauungen des Flacius Uliricus, ohne aber des- halb eine mildere religiöse Anschauung geringer zu schätzen oder gar zu be- kämpfen. Hingegen, er war allen gegenseitigen theologischen Bekämpfungen durchaus abhold. So wie er in politischen und anderen Angelegenheiten alles auf friedlichem Wege erledigt zu sehen wünschte, ebenso sah er eine gleiche Regelung ganz besonders gern in religiösen Angelegenheiten vor sich gehen. Seine Gesinnung in dieser Beziehung lernen wir am besten aus einem Briefe kennen, den er am 3. Januar 1560 von Paris aus an Praetorius schrieb. Als er in diesem Jahre als kaiserlicher Gesandter mit dem Kardinal Madruzzi, Bischof von Trient, an den Hof des Königs Franz I. von Frankreich geschi2kt war, um mit Frankreich wegen Herausgabe der dem deutschen Reiche entrissenen Bistümer Metz, Toul und Verdun zu verhandeln, wurde ihm die traurige Gelegenheit geboten, den Hinrichtungen von einigen Bokennern des evangelischen Glaubens zuzusehen. In seinem, in lateinischer Sprache ab- gefassten Briefe schildert er seinem Superintendenten die traurigen Vorgänge and fährt dann fort: „Es ist fürwahr eine bejammernswürdige Sache, auf welche wir Deutsche wohl acht haben sollten, w'enn wir gescheut wären. Denn wenn sie so gegen die ihrigen wüten, wie werden sie mit uns umgehen, wenn sie dürfen. Man hat Gott inständigst anzuflehen, dass er dieses l bei von uns abwende und uns arme Leute von so harter Marter befreie und allem l'bel ein Ende mache, damit wir nach zurückgeschafften Feinden ihm allein dienen. Du wollest unsere Kirchengemeinde fleissig ermahnen, dass sie an fremdem Beispiel lernen Gott inbrünstig anrufen, damit er unsere Kirche still und ruhig erhalte und uns nicht dieses traurige t'bel überfalle. Wollte Gott, dass die- jenigen hier wären, die suchen, unseren Kirchen die Ruhe zu nehmen und den Samen der Uneinigkeit unter solchen auszustreuen. Sie werden es dermal- einst schon empfinden (Gott gebe, dass ich ein falscher Prophet bin), was für Hindernisse sie der Ruhe bereitet haben. Es wäre nicht not, dass wir in unserem eigenen Eingeweide wüteten. Es sind viele genug da, und wir werden gleichsam von denjenigen umschanzt, die mit dem grössten Fleiss nach unserem Verderben und Untergang trachten. Wenn nur unsere Zänkereien und Kirchen- 22* 342 A. Korf 5. Graf Christoph zu Stolberg-Königstein. Nacli Graf Ludwigs Hinscheiden übernahm sein jüngster Bruder, der im Testament des Grafen Eberhard namentlich gedachte Christoph die Landes- regierung und die Besitzungen, allerdings nicht ohne dabei auf verschiedene Hindernisse zu stossen. Zunächst waren es die Schwiegersöhne des Grafen Ludwig, die Grafen zu Löwenstein, Manderscheid und Eberstein, die Besitz- anprüche geltend machten, und die ihnen nach dem Testament des Grafen Ludwig vom Jahre 1566**^) nicht zustanden. Sic sahen freilich bald ihr Un- recht ein und traten von ihren Ansprüchen zurück. Nur das persönliche Eigentum an Mobiliar u. s. w. ging in den eigentümlichen Besitz der Gräfin Walpurga und später an deren Schwiegersöhne über. Ansprüche, die von Kuimainz an die Grafschaft gestellt und ebenfalls als irrig zurückgenommen wurden, verzögerten die Ausfertigung der kaiserlichen Zustimmung über die l'bernahme derKeichslehen und der Regierung der Graf- schaft Königstein. Erst unterm 2. November 1575 wurde ihm solche aus- gefertigt. Kurmainz hatte sich dagegen bereits am 1. März desselben Jahres eine kaiserliche Expectanz zu erwirken verstanden, nach welcher die Beichs- lehon nach dem Ableben des Grafen Christoph dem genannten Kurfürstentum zufallen sollten. Graf Christoph war das 13. Kind des Grafen Botho zu Stolberg und 1524 den 10. Januar, am Sonntage nach der Erscheinung Christi, zu Stolberg geboren. Nach dem Ableben seiner Eltern nahm die Gräfin Juliana ihn zu sich nach Dillenburg und leitete seine weitere Erziehung. Sie vertrat in wirklichem Sinnd die Mutterstelle an ihm, und gar herzlich klingt es uns aus seinen Briefen entgegen, wenn er sie noch in spätem Mannesalter als seine „herzliebe Mutter'' bezeichnet. Schon in seiner Jugend legte er ein stilles, sittsames und frommes Wesen an den Tag und bezeugte stets seine Abneigung gegen das prunk- und ge- räuschvolle Hofleben. Eine besondere Zuneigung zum kirchlichen Leben Hess in ihm den Wunsch erwachen, in das Kloster Ilseuburg als Mönch einzutreten. Diese Absicht kam aber, da die Angehörigen demselben entgegentraten, nicht zur Ausführung. Dagegen verschaffte man ihm eine Chorherrnstelle im Hoch- stift Halberstadt. Als er 1560 zum Abt des Klosters Ilsenburg erwählt weiden sollte, wurde dieses durch seinen Bruder, den Grafen Albrecht Georg, vereitelt. 1572 wurde er aber, als der Abt Henning gestorben war, zum Verweser des Klosters ernannt. 1578 ernannte man ihn zum Domprobst des Hochstifts Ilalberstadt. Er war unverheiratet und stand im 51. Lebensjahre, als er die Regierung der Grafschaft übernahm. * Graf Cliristoph's Kegierungszeit unterscheidet sich von derjenigen des Grafen Ludwig wesentlich dadurch, dass sie weniger reich au Ereignissen und hierdurcii hervorgerufenen Arbeiten war, dass er sich weniger am politischen ^*) Conigsteiuscho Disposition de anno 1566 (30. December) im Fürstl. Löwenstein'sohen Archiv zu Wertheim. Bestrire rar Geseicht« der eTaneel. Gemeind*- in Königftein i. T. 351 » kc«x9 atia skia Trotzdem des drückeDden Gefühls nicht erwehren, da.« man Mck kier €ä>e« Ta^res von dem im An^burger R^ligioDsfrieden featgeaetzten Psakre. da» der Landesherr das Becbr hal«e. die Konfession seiner Untertanen n l«esaä3EaDf£. Gebraach machen werde. Weni^ Vertrauen erweckend waren fie Xf V'kLsex. iSe aas dem kurmainzi«<^hen Ijchsfelde kamen, woselbst knr* ■aisiw^ BeisTe seit Jahren bemüht waren. nacbdrl^<:klichft die eraneeliaebe Let?e m ctE^azjpfeii. Beinssdrend mnäEien a^iob die Xacfcricbten anf die ETasffCOiKipeE wirken, die xon Wünburs he? in d:e Graf«-bÄft drangen, wo der FBr«iQiiti:«f J::':!» Bcbter toh il€sj*elbr:inn «^ei: l.>*5 plasmä»? nüt der ia&*tcszii£ der erar^üf-cbea Lebre Torrä^. War ::: K-^-n'zstein wohl etwa« aade» rt «rwar^re'r Mit Sc»rr* miuete man e* sehen, wie in aller Buhe «eh cia GfCTcr AifrkiTpre, Tim. wem er skb krafiir gen« ßblte, den im Konie- rteäwii?z G'-biese obr-e Sf.b-tx «rebencen Pro-tesiaatiÄmTi« n erdra^-ken: Der Fciipä WTC OST JeKTiea-i-rdeiL Ses a-Vl war»c die Jesiiiten ^ Ma'Tar asd tanen sei: di»er Zeh in der BAiicf&cjts i-e* eTar^e:i§r ben Glaal-ec* eire reiche la ihrer S^iije rs Tf k'-rr, fir a=cb T.n eiser be^Jerre-sdea Anzahl eTi Sdbur itSBL'A* wurfe, w^ir^i: äe asf diese lAcb *!>:: Krifte:: eir. fir &• £iÄ:«5&!^ KzTiie r^ ^wirzie— Wei:^ a-cb ir d*^ zztr^^z. FiZet in i liiii* errei-^bi w::r5e. so wa» der ÄzleziLih in dk^er 5^-^ ^ rrwiaie Giei-b^lrlzkeir in Gla^lie:i.ssi/.-bei b-K d«! eriai^e- StiiLHjrx rL «riirzrer- wrl^re "••e; ibrei. we:T a.i^Mi^^^bk'sesdes P^*a des 5^-b *^ir k:n.:e. >:• rür^b-rr. i'^rib Li Jk^^sisäeb: z^eKeüte ictieü»- r»^>':kT- rrtT L^.b t:i «rrLr»r3 eTkr^rÄb-ei Glas'i-ta ab. So tftja ztt Jfcär» »M izTi'i ii-E: J^st^tai :::' Pr::esai.Ter iL Maiziz der kjcbc- iine KirfLr?: W.lf^-i^^: — w:-ii zi»e-br l:l* i»:lr:-*.'i*T Kiz^^xi, scir^T i_'''bi T—HL'Ti-ri . TTi 1 i»?n !-'••'-* **tI»*c wiir h'Zi'jz. *i Lr'*bjt5i*?r fir & kK:ZfiiLaii以T ii:^?«?*.**^* -rliir^'-M: *•: nihz^ib»?: JLLi^rixrrri. ltjrt>e^ «•r'arei ^RicL ftHt iTtrT.'. •tS^t't* -»-.^irT n »^iLriT^ >eiil»'i ert^i:!?*^ Hl»er X3ii dia »«Bi fcj;e YfjaTfznizzr: B-r'.'iTr. w^lii-c zi^- E±flLriz;r ier E**^:T=A,rj:a. li- wirii«. wtrei- -w-.^irT ru GtItizx rr":rtii-: Be. y^:i!**cxi3;r t:ä -LZ- w: i_^ 2:«t!Prcnzx t^^^:i ifi-: !j*»'--b'T3. K:Ij.v,»r»a. naciai. wÄ! KÖiui CEr*i:l'^i:rZ- iti* zllz. ^^n .ez-rz. iLt.ti-:l*'j2»«L PrjSBCÄr- *> isr TittS'itwtlvL'.i ri. •! * z_ xfr^3- t^ -^ w*xtC Ti'^'^»*?*»»^^»^ i^^-rxjtrjiiii*^ *»*.ir»: xi-i ri -l l iij_:i i:A*»^r:^ *Li. *cwti Reiträge zur Geschiclite der ovangri. Oonioiiido in Köniustrin i. T. 'M*\\ setzen lasseu, bevor er ihn in dieser ket/eriäclKMi Stiidt mit luilirriHclKMi Oebraurhen beerdigen Hesse. Als ihm dann die Uesün«;» in diis Ohr driinfi:«^!, mit denen die lutherische Gemeinde den Verstorbenen zur Krdo beHinitole, rioi' er: «Mag sie dann ihre Synagoge ehrlich zu (irabo bringen/'""') Wirklich hhIKc* auch alsbald die Synagoge, die evangelische Kirclie, zu Grabe gelrag(!n werden. Und hierzu wurde seinerseits der dritte August boHtimmi. In einem ^Ungevehrlichen Begriff, was auH beu<;[(*h des liochwiirdigHten Vosers gnedigsteu Churfürsten unnd Herrn dess Krtzbisrhovciii zu iMiiiiit/ doro- selbeo Beampten und Undert hauen auch Praedicantrn, Cuphm unnd Sc.hulnieiHhirn zu Konigstein, bey vorhabender Keligionsreformation vorzu hallen^'', war feHt- gesetzt, in welcher Weise die wichtige Jlandlung vorgenommen werden Hollh»."") Zunächst sollten die beiden (ieistlichen und der HchulmeiHtcr iim L\AugiiHt Jes Morgens 0 Uhr auf das Schloss gefordert werden und daselbHi weilerer Befehle harren. Die Unterbeamten, die (JeriehtsperHonen und die ^'f'Hiimfn Bürgenchaft sollte durch den Oberamtmann veraniasHt werden, sich um 7 Uhr früh desselben Tages vor dem Ratliause zu versanmieln, um daselliHt rjen Willen de< Kurfürsten zu vernehmen. Die Absonderung der GeiHtlichen erfolgte auH •lern Grunde, weil man irgendwelche Beeinflussung ihrerHeits auf die Bürger inJ Beamten vermeiden wollte. Nach Erledigung dieser Aufgabe sollte der Domdechant und die anderen Küre vom Rat hause nach dem Schlosse zurückkehren und dort die (i eint liehen -nd den Schulmeister gleichfalls mit dem kurfürstlichen Willen bekannt maelien -nd ihnen anzeigen, dass sie sämtlirli ilirer ««either verwalteten und getia^enen Ifinisrerien und Dienste hiermit entlassen seien. «Mit ufferle^rtem beveWh, wo- Tirm Sv alhie zu Kr« ni Latein in Irer Cfl. £rn. Obrijrkeit. p.chutz und n*\i\nii zu w.hnen oder zu ble:b<:-n zedechteri. d/i-. Sv -ich bev vermeiduni.' Irer ^'fl. /. Us^iU'J unnd onnachless:;;»^: ätntff. a'.'.'.-r ^'on'.enti'-rjin. Verp-idd^-run;', Verführ un;^. i'-eimi» oder Verrairz^^r::: 'ifrr T'r.^'.rrK'ir.eri abrri;i -..-.'■ n unnd -.i' li ^ill'-. Jehren- ".mo P:e«l'zenr. ha! ml::?- "-ler •.r'^.-L':!!' h ;:'-n*z!i'h er.?K.i;»<-rj -olt'-n \\*. v/ere iirz ?a.:h. sovil -len S".r...-':'.:r.r::.?:rr '*\^:x^zu \u\u Kerrjj^l.er A\t\^^:*.hU'\i'X^ ;jiiein -.rn::rierr fcerrf: . iä= •:':?- I.»^:--!'. ^:r' leren uuvA .«i'.'Tpie'ijr rtin^l'-n -Aürde, \iZZ*:'lo:- rn:r*r e:Lzui--r.!ri. ::.: :.-".r^:. zi i^i-.e:.. r'f.nd '!.e A .-j'-u^ ,u ^^i*?.'/.iJt';her jfthAT ^az.i zli'ihei^ A::. :.i ^.'.^.z':.^.-- j Zi J'.t^-.u \iA z> if.'N; Ae.i^^n. f.' ff iroät 7rT'.'.»r:''r. B-r! i-i'-::. 1 " ir.". P: i-: :. .-..i.'. "^r '. '.'.:.: ^-s:« ^'. 'i' r. .'.e*fe man r:i-'*rne^:-ec. :*? t:,- V.-.: T- ■ ' ^--- --:.:.: .f«;.-:-,. 1 .;.;;'■•. r.i.v;. ':er gepur üe K.r:i:*ti.r. - i-r-! . ■ - *.:' -*.-;.•»:;■::. Ij :*'.'. ':':4 Kiirffirnton Beiträge zur Geschichte der evangel. Gemeinde in Kunigstein i. T. 355 Tnd Recht zoescbützen vond ins gemein dermasBen zu bezaigen, darob Sie ber cf. gnedigsten gemueth vnnd Affeetion im Werck zuspüren haben sollen.*' Zwar überreichten die Bürger nach der Ansprache eine Bittschrift, in welcher sie baten, bei ihrer bisherigen Lehre verbleiben zu dürfen, oder aber ne wenigstens mit der Annahme der katholischen Lehre nicht zu übereilen, doch «hielten sie keine Antwort. Am 3. August 1603 wurde in Gegenwart des Kurfürsten das erste Hochamt durch einen Domkapitular aus Mainz und die erste katholische Predigt durch den Jesuiten Serarius abgehalten. Ohne jegliche Störung ging die Handlang Tor sich. Jetzt aber wandte sich die ganze Bürgerschaft an den protestantenfreundlichen Amtmann Hans Heinrich von Heusenstamm, damit dieser sich furbittend bei dem Kurfürsten für sie verwende. «Was sich leider gott erbarme," so schreibt sie, „es vnserer verwürckten Hnde Tndt grossen undanckbarkeit halben gestern begebenn vnndt zugetragenn, du von dem hochwürdigisten vnserm gnädigisten Churfürsten vnd Herrn Tuere der Reinen Augspurgi^chen Confession gehabte Pfarherm vnndt Seel- sorger degradirt. vnnd vns hierdurch vnserm brauch berürter Reli^ionis ent- ngen. werden K L. zu dero Ankunift alhier ohne Zweiffeiich vemomen habenn. Wann wir dan zu solchem unversehenen fall in der eill kein andern weg oder mineL als das wir blösslich vnndt vmb Gottes willen darfur vnder- dtenigst gebetten, aber nichtzit verfügen wollen. Yndt denn in erfarung pracht. das £. Ld. alhier, ver hoffentlich durch sonderbare Schickung des Allmachtigen. & der rönen Augspurgischen Confession zugewandt vnd geneigt, angelangt. Ak haben wir nit vmbgehen können, solche vnser eusserst vnd höchste nott Tid inliegenn £. L. schmertzlichenn zu klagen vnndt vndertLenig zu pittenn, dieKlbenn woUenn sich dieser vnserer hofaenn non grossgünsrig vnndt mit- kidenlichenn annehmen. Tnndt hoechstermeltem vnsem ^edigstenn Herrn TMere&twegenn. vnderthenigs; intercessive vorbittenn. Ob wir dies^rr buhen geiiaeui beschwerdenn gnedigist wieder erlassenn vndt bei voriger alhier pfimdenen BelÜgion erhahenn werden mögT^.'nD. Zorn Fall aber je vber alle Zuveräichi wir hierbei nit gelassenn werden kömteiuL das doch einem ieden sein gewissen &ev vnnd unbe-iraDLgt pleiben ■öge. daas xmb hoch* i^ed achte Seine Cfcu.'fürsijicte g-Ladenn wir mitt leib Witt Tnndt mn darzi;sire*?keiin wir vless Kbuldiesi erkeiinen.""'' — Gera Ijese sich der AniTmann hierzu l*er»r:i ^nifrn uni äiess am nä^Lst- fi^^adea Tage, den -L X^^nz. ies K'^lr^zeii eiD in winaea Worten ge- htlteies Binsehreiben mehezi. Ati: die Bine der kTLigsKrilier Bürger ach fcöiAead. fahrte er auS- er habe Lii-hi uinh::: können. s:-:h der König^teiuer. wdche wohl allein h^nen subTeniren kT-Lnen. aizTiii-rhsen und sieb für die»Er Hl verrenden. Der K-rfIrs: k'-nne se.bs; ermessei-. wie hoihbev-hwerüth e* ■Ä, oae aikdere Eeligioi; oiLe TiTherl^en. geLlreiiei. Ui:errichi az^^nirr'Lzrj^zi md T4a der Religio i. ii wrliher ruii erz.'Zrz H::. ä'vnwei'.h-e-r. >,■ a-:h 1:^ Koaigsda. .Tx- 3 er wri.heLBürren ;a LiTe:i.er z-fiLies.derJemilfc . 6« .'--laÄ r^'^^.'-r ': ■^^rTh'.'ikf'. £•» Kii^rieirL* ▼ .ol t Altusc '*/*'i SüirkBir seibtfc aii: -rwirken helfen und sich .illen Ar^-i-rLifäe* ii-i A-;.-:Ur;f*:Ls. wdchfcj ier Kirtärs: nickt seatatten kunne. enthiiten. Er er^irte:, -ii.-« =:*: isth «ieshairi bei itm GüTtesdi^nat und zur AnbTriing der Pre-üi': S*?: 1=5:2 eln- iceün. mii so ihnen zweifelhafte Punkte v.-.rkämen. sich bei ihrem Pfirrherm AafkiänuiÄ an»i U^rerrlchi erbiren. Sie wurden sieh bei der ilreL wahren umoÜKneo. seÜCTLiohenden Rel'gion. darin ihre :iefc-ji Vore!:eri chriiili. h idebc in»i "rersonieiien und von Go:t dem Alin:ioh::je:i m:: .\IIerhaLd GnadeL p-idiiicii resesner worien ?e;en. tjlüz wob', betiiien 'iz,i ihneL keine Oewiscens- bestiaweriea mucken. Weil er. der Kurfür?:. ilso ni-ihrs anderem, il* wü zi ihr-rin Seelonheile iiene. loiemijainien hibe. ^:) erwirte er. düä sie als ^erreuv ULtertaien si-ih ijo foi^smi erzeigen wü^ien. iamiL e* zu ihrer i'.ier SeeleLhril und W.:.h!rÄhrr «sprieaea an-i iie Gn^de uni Wirkung deä heLü^ri. G^:=ee* n:-:h: ais^ei-.fcla^en wötiffl irnlchre. Bezüglich der Zusohrir: de* AmniLiLiä t;:: Az::rhi.:h erwähn: 'ier Karfiirsr. doss. wi* ihn als einer jLriäilijhe" Ohrlskei: in -eineüi Erzsci:: aad deinen TAuJen vemT^e de« Reiiziinsfrieie::? i^r':lhre. *o ^ijae er we'ier Ton dem erwähnten Azirminn. i::h 5.:nä: v.i Jeziiiiez: =::h in i:e*e? Sa.:he ein Zei oder Kns' wa? ze'.e- za iüeei.. Hiefauf erklirren de ^n^e^zien Geri:h:ihe:rei.. -ie ^ji!:en si:h ee- ttiumm« bei dem >Lnis:erio einiceilen izi rie h:?:eL. di=ä min iher sie nioh: zu klagen, habe. 3fin kTnne i'er /.eiihwihl ihnen ni:h: Terieiken. iserz^en sie vsiädnis hinzu- wenn sie -iih ni:h: ii?.:h^li in die S^iihe rijh:en k'^nnten. Danof wurien sie v^m K::^'!Ir=:en en:!iäaen. Eine schwere Ze:: '^rich 'e^: I:er die beiien eTiinjr-:il^:hen Gei-.tiiohen li'!iiiei Soai^enherj: -n; :en Käi'.an Piiiiir Henri'.i herein. ä:elienioÄ ^ -mm mm m mm ieworden. miL-iten sie =:!- :l::h z^'^^lr:'^ ^ein. i-:-; Linie* ver^ie-ien zi a erden. Li «iieaer äorz^^-nT/.len S'immmi' "s^v-iTei ii:h hei-e in einem .'!• hreiben an ttn J>heranirniann. i.e-jen "::::ei:. :!:Len '.eh.ir.iih z- -,ein. da*,-, -.ie r.ioht eher iH Pfiirrhauä verLis ?en i: IjiTe i . il ^ : . = - e a n : er • '* >• eine H r e ! i e i'ef u r» den lad bU ihnen :.-: Rl kT-ii ie /::e: 2ev-. : :n:r Sfez^fiit w^iren. Der InKait ächrifarioke* ii^ ■i.zzij.-e. -^-riiheT -.1 ie.'; i'.eiden Ge:-.r.i:':Kerj si'';h in iw AlfTi^n vordnde:. i-ire h:-r: :n:e':.---'rheni •^ie:e.-:regef>eri werden. '^*^ -■*• .Eiiler "Craü.r** -: i: 1 : '^^ "■?»•:*■ Ti :,:.£■:.•. j*;. --.*'^. 1-:.- H'-rr ^»o':rikrrj;,tfr.*r.r.. i-.. /ft. r. Wien 12.- -r^-.* :.' i-*".*. r r-:-r . . : ^1.*.-.: ^....ar* w. %.'.** .^T'i^rjwri*. /»j/or- N^r.r. 'i^m ins. 11:1 .Ti«? : : li'..". *".' "■ ^ '. I-l-- *. • i,*T,-i .-. .'".r.^r. 'in'"!*: *(:{.k\i\.<'UhT a.w.ff » im meiKiiirai *•. .«^?i- i ■ i' •.-.-■ ■.:>-■. .•»».*. -i.t.»^ 'jArAwif tri-ih*:.,r. 'i.vt^ va iBV roilemis uj^tr i.-=- j "'- » ^ ^' .■■■ :■-,•. j..-. r^r:.."-. •i-:'4..^r. »liflt, üof.i^./ii/^.h a 41 Ulli fgiimii'i.r i^: in iahen ▼ 7 i-* ■ : '■ ' -■'='■■ ^- '-./-»i'" .» ..-»r • ..• ,-.«'■..•' t,/-i#*/i.!.,r.;' ':«- Tat idT" TT^^n : i • '■ ''•'' ' "' ■ ■^- • 1 •'■-" -'^ ..*'..'. ^/-.jrj da^ *ir iiMrßvLec Ti«i»M:'-'- : ■- ^ ■ - ' ' ' ' ^■' ' *•". / ^•/.'. r. — •'!":.- r. '..m «...-r .riA<44^r ||fe- OAish ia.T= i.i: . ■.:•"- '• '" •' ' ' '•'•*?!'/*. ..r. •.:.'. .r. fr.';-, ■^.. iUa^ hnfih dan £. Lii- i- ■ • •■' - ''*' •''^ * •■'.fl*. *.:.-> r^.-/^-^ .r." /li't/'.nt. r#i»«^hwer- Tfir 3i:f . -* ■-.■■• '■ •■• f^. •,..■>. ,'.-,'.1 i.r. ',.' ..'^ 7or ann thiin, Dac i-r. ' -i »". /»k iftd?. f.d. i. './>.. -*■..<'.../* .jft/i af^hArMunt 376 A. Korf in reifer Betrachtuog deroselben kondtbaren Fug und undisputirliohen Bedhteiui' den Ghrafen Heinrich YoUrath su Stolberg snr Übernahme der G(ra£Bcfaaft ESnif- stein berief.^**) Am 12. Januar erhielt der Herzog Bernhard von SaohBen-Weimar, Sohwe- discher General-Major die Yollmacht, in dea Königs Namen den Grafen Yollzath in den Besitz der Grafschaft einzusetzen; doch da er ^wegen anderer hoch obliegender Geschafften und Eriegs-Expeditionen, dieser Königlichen Oommiadon in der Person nicht abwarten können", so wurde der Graf Philipp Beinhard zu Solms, Schwedens Hof- und Gteheimer Rats-Präsident, mit der Yollziehnng dieses Aktes betraut. Am 13. Februar fand zu Oberursel die Huldigung der Bewohner aus den Orten der GhrafiBchaft statt; auch die königsteinischen Bürger waren dort erschienen.^'^) Graf Heinrich YoUrath, der Enkel des aus der Reformationszeit bekaantao Grafen Heinrich, war am 13. Juli 1590 zu Wernigerode geboren und zur Zeit in zweiter Ehe mit Margarete, Tochter des Grafen Albrecht Otto zu Sohns- Laubach yerheiratet. Er hatte bisher seinen Wohnsitz zu Ortenberg gehabt, yerlegte solchen jetzt aber nach Königstein. Graf Heinrich Yollrath bot alles auf, den schwer gedrückten Gemeinden nach bestem Yermögen zu helfen. Wenn es ihm auch nicht möglich war, die vielen Schäden, die der lange Krieg bereits verursacht hatte, völlig zu ter- wischen, so konnte er doch manche Linderung verschaffen, und dass solches geschehen, ist später vielfach in Schreiben der verschiedenen Gemeinden an* erkannt worden. Als der schwedische Kommissar Thylius in Frankfurt die wöchentlichen Kontributionen, zu welchen sich Graf Yollrath mit den anderen wetterauischen Grafen bereit erklärt hatte, mit unerbittlicher Strenge eintrieb, da war u. a. auch Graf Heinrich Yollrath, welcher energisch gegen so]che Massregeln protestierte und dafür stimmte, beim König dieserhalb vorstellig zu werden, allerdings ohne merklichen Erfolg. Yollrath sorgte aber dafür, dass die schwedische Soldateska zu guter Zucht angehalten wurde, dass sie sich nicht erlaubte, höhere Anforderungen an die Einwohner zu stellen, als ihr zu- gebilligt war, ebenso dass die Einwohner in ausreichender Weise gegen alle ungebührlichen Übergriffe in reichlicher Weise geschützt wurden. Durch diesen Besitzwechsel fand auch die evangelische Lehre in König- stein wieder Eingang. Wie sie von den königsteinischen Einwohnern aufgenommen wurde, berichten uns die Akten nicht. So viel ist aber ersichtlich, dass man ihr durchaus nicht ablehnend oder feindselig gegenüber stand. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir annehmen, dass man im allgemeinen diesen Wechsel ruhig sich vollziehen Hess. Kummer und Not, die stets auszustehenden Gefahren um Gut und Leben mögen auch hier, wie anderswo, den religiösen Sinn abgestumpft haben. Von diesem und jenem, der einst gewaltsam von der evangelischen Lehre abgedrängt worden war, mag aber auch die Wiedereinführung des Evan- geliums mit voller Befriedigung begrüsst worden sein. »") Lttnigs Reichsarchiv XXXII, S. 1388. **'') Lünigs Keichsarchiv XXXII, S. 1301 u. 1392. Beiträge zar Geschichte der evangel. Gemeinde in Königstein i. T. 387 vnd Christlichen gemeyn wol Zimbt Vud er vns versprochen vnd zugsagt hat alles Igest, seines reaers Vns hiergegen vbergeben vnd Zugestelt Dargegen so gereden vnd y^f-sprechen wir by guten waren trewen. Ob sichs über knrtz oder lang zutrüge, Das ^1- lüter oder Schwachheit halber solichem Ampt der kirchen In massen obsteet nit ob^^^^ ^^^ versehen kont Oder In benirtem vnserm kogelhauK nit mehr syn, vcie sieb dann yder Zyt vnser, vnser erben oder nachkommen gelegenheit Inn dem zu- tf^^en mocht. Das Ime alfidann tB desselben vnsers kogelhaus renthen, gulten vnd geC^llcD nicht destoweniger syn lebenlang vnd nit lenger. Jerlich vnd ydes Jares, ^sonder, vf sant Martinstag volgen, vnd gereycbt werden sollen xxx gl. an gelt xl aclitel kom vnd ein fuder Wyns alles franckfurter werung vnd maß, Doch sal rat. tempore herjn gegen Ime vnd vf den synen, wie sich gepurtt, gehalten werden vnd er aoch alsdann syn lebelang bürgerlich beschwerde ledig vnd frey syn geuerde vnd ar^elist herin gentzlich v&gescheiden, des zu warem Vrkundt habenn wir vnser secret Insigel heran thun hencken Montags S. Martinstag den xj. Nouembre als man Zelt nach Christi vnsers üben Hern gepurt 1538. Demnach so gercde, gelobe vnd versprech ich niclas obgemelt Bey meinenn gaten eren treuen vnd glauben an eidstatt dem allem also wie von mir obgeschrieben äteet, nichts hindangesetzt oder vSgenommen fry gutwilliglich vnd one alle beschwerde so vil menschen möglich vnd von got verlihen wirdet treulich nachzukomen meins besten verstants vftzurichten vnd dem steet vnd vestiglich Zugeleben, Mich daran andi nichts Iren oder verhindern zulassen sonder alle argelist vnd geuerde. Des zw Trlnndt hab Ich Niclas abgemelt disen revers mit myner eygen handt geschriben, mit vleis erpeten den vesten . . .*) Syn eygen Insigel für mich an disen brif zu- tncken, welches sigling Ich nun also erkenne, doch mir vnd mynen erben ane schaden. Gtben im Jar wie obsteet. Entw. i. E[gl. Kreisarch. zu Würzbarg. Mainzer Reg.-Akten. Lade 641 H. 2406^3- 3. Johannes Gylnhausen von Bingen wird zum HüfsgeistUchen in Königstein bestellt. Um 1538. Wir Ludwig graff zu Stolberg konigstein vnd Wernigerode, Her zu Epstein, Mintzenbergk vndt brawberg Bekennen In dissem vffnen briff für vns vnd vnser eri>en vnndt Nachkommende, Nach dem disser Zit an der Stiftungen vnsers kogelhauss ilhin zu konigstein zu verseben vnsers Pfarrvolcks person mangeln, Vnnd dan der EiBUD vnser liber andecbtiger Johannes Gylnhausen von Bingen, dar vor zu Irnem mitdyner angenommen, vnßer pfarkirchen alhye mit predigen reychung der heäligeD sacrament, singen, leBen vnnd ander christliche amptten In berurts pfarr- kirchenn so zur Ehre gottes Yeder zeit furgenommen vnnd geübt prauchen lassen, Sid) auch sonst EineS rechtschaffen vffricbtigen redlichen wesens vnd wandelt, so vfl von got verlanhen haben erzeygen vnnd beysten sol vnd wil, wie eynem dyner ilei ktrchen vnnd christlicher gemeyn wol zimpt vnd er vnß versprochen vnnd zu- isenet hat, alles laut seines rcuers Vn& bcrgegen vbergeben vnnd zugestelt, Dargegen so ßeredden vnd versprechen wir bey gutem waren threuen vor vnß vnd vnser nach- kommen, das Ihme vss des selbigen vnsers kogelhauss Renthen gulten vnd gefeilen mdit desto weniger sein leben lanck vnd nit lenger Jerlich vnd Jdes Jars besunder m ant Michelstag volgcn vnd gereicht werden sollen dreissig gülden von vnserm procnrator ader andern vnnsern dienern an gelt, vierzig achtel kornß zur ernde vnd Ein fader weynft Zum herbst, alles Frankfurter werung vnd maß, Auch so hat solichs obeniit Tnser hauß ein placken wissen vngeuer 3 7« morgen. Dywil dan her Johan kein wisswachs haben, sich ein rint zu enthalten, so haben wir ihem dy selbigen ndi berin zugestelt, vnd (sol) syn leben lank dem haus nicht den wis zins schuldig •) la Entwurf nicht auPgefüllt. 25* Beiträge zur Geschichte der evangel. Gemeinde iu Königstein i. T. 395 15) Aaff den funff zehenden, sagen sie, es werde mit dem begrebnass ehrlich gehalten, wan es sonst dem pfarrherren angezeigt werde. 16) Anff den sechszehenden sagen sie, sie halten den Schalmeister für fromm and rechtschaffen, Alleyn das der Jangeu viel, und ime mit der lehr überlegen sey, Bitten auch in der Güte, mit ihm zureden, das er nicht zu viel gesellig sey, das ime selbst am meysten schaden bringe an seyner narang and sonsten. Dil alles ist mit dem Schalmeister fleissig vnd ernstlich geredt, Ist das bedencken zam theyl hiebevor angezeiget, Und hatte er gleichfals besserung zugesagt. 17) Anff den siebenzehenden sagen sye, Heyn G. H. erhelt die kirchen- personen, So haben sie auch noch keyn klage gehöret. 18) Auff den achtzehenden sagen sie, seyen zimlich mengel, von vielen Jiren her, sey eyn theils durch Meyster Dietrich Reyffensteyn geschehen, so seyen noch sonst alte mengel bey herre Diedrich Gislern verlaufen, seien urbütig, 80 viel inen mflglich, auff die nechste rechnung antwort darüber zugeben, Wissen aoch nicht, wer die seyn, die den pfarrherm nicht ausrichtung thun, solches werde er wol wissen anzuzeigen, sy seyen freie oder nicht, sey es billich, das eyn arbeyter seinen Lohn entpfange. 19) Auff den neuenzehenden sagen sie, das pfarrhauss sey wol vor etlichen Jaren baufellig gewessen, aber ytzünd bey herre Niclasen in zimliche bawung gebracht. Die Kirch hett keyn eygen Glockenhau£, die schule aber, sey vor wenig Jaren neue gebaot, wissen nicht, was in mangel, da es aber angezeygt würde, werden die Bau- oieyster wol angehalten werden, solches zu machen. Und ist hyebey auch Unser bedenken, Das es notig sey, das die Ordentliche behaosnng, zum gebrauch der pfarren und kirchen diener erhalten werde, Auch für andere brflder und kirchendiener, so die hieher ankommende, damit sie da unter dach kommen mochten, Weyl doch solche behausung endlich zu kirchen ampt ver- ordnet ist. 20) Auff den zwantzigstcn artikel sagen sie, es sey kein Spital hier, so wissen sie wol, das viel armer bürger hie seyen, die des Almosen wol bedürffen. Aber was vor unsers Gnedigen Herrn Schloß usgespendet werde, viele die zeytlich beym weyn ligen, mit gctheylet, Und die armen kriegen am wenigsten. Es seyen auch viel auslendigen, die holten solche spende, zu dem holten viel auslendige Knaben and Meydlein, die sich solches bettlens Schemen, und auch also hohe uicht bedürffen, wie angesehen, das es inen zu vil malen von wegen meines G. H. verbotten ist worden. Sagen aber, das der Kasten arm und wenig darinnen gefalle, mochten wol Icydcn, da etwas darynne überlieffe, oder im Kircbenbaue man geraten kundte, das es den armen mitgetheylet werde. Disse antwort, auff jeden artikel in sonderheyt wolten Schultet und Scheffen oder gerichts personen u£ unterthenigem gehorsam, den Visitatoren nicht verhalten. Und ob sie Wissens betten, woltten siehe sich auch alles gehorsams halten und erzeygen. Solches ist ungeferlich alles, was wjr alhier angehöret und befunden haben. Cnd zweyfelen nicht, dieweyl E. G. Amptman alhier zugegen, auch zu fürderung gottes Wortes and Christlicher Disciplin geboret, gantz geneigt und willig. Sind wir gentz- licher Zuversicht und hofnung, P]s werde unser lieber Gott Vatter durch Jesus Christus onsem Heylap.d seyne genad verleyhen, Das disses gottselig und Christlich fürhaben E. 6. ohne Frucht nicht soll abgehen, sondern viel nutzen schaffen. Da sollen nuhn £. G. auch als eyn Diener gottes Ro. 13 hierinne das thun und fürdern, das Sie sich schuldig erkennen, auch ihren Gn. vom Herrn aufferlegt ist, Nemlich fürderung gottes Worts, Und Disciplin sampt fleissigem auffsehen der kirchen gottes, Darzu woll gotte durch Christus Unsern Herrn seyne gnad verleycn. Amen. Kgl. Staataaroh. zu Wiesbaden. XHI. 1 Gen. X { 26 Bll. Königstein. 396 A. Korf 11, Johannes Praetorius wird durch Oraf Ludwig zum Pfarrer und Super- intendenten von Königstein bestellt. 29. September 1555. Wir Ludwig Grave zu Stolberg Konigsteyn vnud Rutschfort, Herr zu Epstein, Mintzenberg, Agymont vnnd Breuberg bekennen vnnd thnn kunt hiemit vnnd Inn Crafft dies brievs, Das wir den Wttrdigenn unsernn Lieben andechtigen unnd getreuen Johannen Pretorium zu unnsern Pfarher unnd kirchendiener alhie zu Konigstein bestellet uf unnd Angenobmen habenn, Dergestalt, dal er unns unnd unsernn underthanen alhie zu Konigstein das heilig Wortt gotts lauter unnd reihn nach Christlicher apostolischer Lehre predige, dieselbigenn mit den heiligen sacramenten versehenn. Inen mit gutenn Exempeln vorgehenn, Wie er bifther getreulich unnd mit vleift gethann, unnd sich auch darüber mit unnd nebenn unserm Pfarher zu Ursell oder einem andernn, so wir Ime zu Zeiten zuordnen werden, für einen Super Intendenten aller unser Grave- schafft Pfarrnn unnd Kirchenn, Dieselbigenn gepürlicher Zeitt Yisitiren Unnd alle notwendigkeit derselbigen Zubedenckenn unnd Antzurichten gebrauchenn lassenn unnd Inn gemeinn unnd Sonderheit alles das thun soll. Was einem treuen gutten Hirtenn und Seelsorger gebühret. Damit er dan auch solches seines Dienstes und Pfarr Ampts desto vleiftiger, getreulicher unnd bequemer abwarten unnd denselbigenn dienst un- verhinderlich verrichten muge, So wollen wir Ime jehrlichs unnd eines Jden Jahrs besonder, so lang er In solchem Ampt unnd dienst sein unnd pleiben wirt, reichenn unnd geben lassenn Einhundertzwen gülden ann gelt Franckfurter wehrung, Item Achtzig vier Achtel Kornn heyger maaß, darinn ungevehrlich Acht oder zehen achtel weissen sein soUenn, Item Anderthalb Ohm wein&, Item Futterung uf drey kue Unnd sol sein Jahr dienst unnd bestallung an unnd außgehenn uf den tag des heiigen Ertzengels sanct Michaels. Dessen zu Urkundt habenn wir unser Secret Insiegell zu Ennd dis brives wifientlich uftrucken lassen. Geben unnd Geschehen uff Sanct Michaelstag denn 29. Septembris In Jahr als man Zalt nach Christi unsers hermn und Erlösers gepurt funffzehnhundert funfftzig und fünff. Dienerbuoh des Grafen Ludwig. Bl. 50/51. i. Fürstl. Stolb. Gemeinsohaftsarohiv. Das frührömische Lager bei Iloflicim i. T. (Nachtrag.) 405 Tiberlus : a) divus Augustus: 156. (1132) Mittelerz, ziemlieh gut erhalten: CONSENSV SENAT ET EQ ORDIN PQR sitzende Figur n. 1., darin kleiner Stempel |tI A vI Bs. DIVVS AVGVSTVS Kopf des Augustus n. 1. zwischen SC. Cohen I^ p. 76 Nr. 87. 157. (1134) Dieselbe Münze, leidlich erhalten, ohne Nachstempel. 158. (1133) Dieselbe Münze, sehr schlecht; hinter dem Kopfe des Revers ein schwach ausgedrückter Nachstempel, vielleicht ITIBI 159. (1135) Mittelerz, gut erhalten: DIVVS AVGVSTVS PATER Kopf mit Strahlen n. 1. Es. PROVIDENT unter Altar. Cohen I^ p. 94 Nr. 228. \G0. (1136) Dieselbe Münze, ziemlich gut. 161. (1137) . , „ „ 162. (1138) „ „ schlecht, aber sehr dick und schwer. m. (1139) 164. (1204) „ „ sehr zerfressen. 165. (1205) „ ^ schlecht erhalten ; gcf. in dem Fundamentgraben neben dem Steinbau J, 25. Okt. 1904. 166. (1140) Mittelerz, sehr schlecht und zerfressen, ganz dünn: Kopf des divus Augustus n. 1. lis. scheint zwischen S— C ein Fulmen erkennbar, also = Cohen P p. 97 Nr. 249. b) Agrippa: 167. (1141) Mittelerz, gut erhalten : M • AGRIPPA • L • F • COS • III Es. Neptun zwischen S — C, 168. (1142) Dieselbe Münze, ziemlich gut erhalten. 169. (1143) „ „ gut, im Revers der Nachstempcl |tIAV|. 170. 171. (1145, 1146) Dieselbe Münze, ziemlich gut, beide Exemplare mit demselben Nachstempel. 172. (1144) Dieselbe Münze, noch frisches Gepräge, im Kopfe des Averses ein Nachstempel. Callgula: 173. (1147) Mittelerz, gut und frisch erhalten: C CAESAR AVG GERMANI- CVS PON M TR POT, Kopf n. 1. Es, sitzende Vesta zwischen S-C, darüber VESTA. Cohen P p. 240 Nr. 27. 174. (1148) Dieselbe Münze, ziemlich gut. 175. (1149) ,, „ noch sehr frisches Gepräge, im Revers der Nach- stempel [ti • 0 • a|. 176. (1150) Dieselbe Münze, weniger frisch, ohne Nachstempel. 177. (1206) Halbiertes Mittclerz, sehr schlecht erhalten, vom Avers nichts kenntlich. Es. unterer Teil einer n. 1. sitzenden Figur, wie es scheint, der Vesta, davor S und ein undeutlicher durchgeschnittener Nachstempel. Claudios: 178. (1207) Mittelerz, schlecht erhalten: . . . VDIVS CAESAR AVG PM TR P IMP. Kopf n. 1. Es. CE[RES] AVGVSTA, sitzende Ceres n. 1., im Abschnitt SC. Cohen P p. 250 Nr. 1. 408 E. Rittcrliug 217. (1170) Grosses Mittelerz: Kopf des Claudius n. 1. Rs. Neptun zwischen S— C, vom ein Stempeleinschlag ;WV|, wohl = Ti Au... l\ Ganz uiibesti/mnibar bleiben noch: 218. (1217) Plattierter Denar, undeutlicher Kopf n. r., von der Randumschrift nur Beste einiger Buchstaben erkennbar, aber nicht zu lesen. Hs. ganz unkenntlich. 219. (zu Inv. 17833) Dickes Qrosserz, ganz abgeschliffen; scheint republikani- scher oder gallischer Prägung, gefunden in dem Pfostenloch 8 der nord- östlichen Ecke des Kellers K. 220. Mehrere sehr zerstörte Mittelerze. Die oben S. 33 zusammengestellte UbcrsichtstabcUe der Münzen ist nach Einreihung der Funde von 1904 daher durch die folgende zu ersetzen: Republik (Nr. 1, 2, 149, 150) 4 Augustus: staatliche Prägungen (Nr. 3— 7, 139''), 151 - 155) . 1 1 gallische Städte (Nr. 70-85, 186— 195) . . . 26J 37 Tiberius: divus Augustus (Nr. 8—32, 156—166) . . . 36 Agrippa (Nr. 33-42, 167—172) 16 41 Germanicus (Nr. 43 — 45) 3 oo 84 24] 8 3 1 9 8 1 52 78 Caligula (Nr. 46-60, 173—177) • ... 20 Claudius (Nr. 61—66, 138»), 178, 179) 9 Halbierte Münzen, sicher aus der Zeit vor Nero, wahrscheinlich meist augusteisch: ürosserzc (Nr. 86—92, 96, 97, 99, 196—201) . . 18 MlHelerze (Nr. 93—95, 98, 100, 202) .... h\ 2{S Barbarische Nachprägungen aus der Zeit von Tiberius bis Claudius: Typus ROM ET AVG (Nr.lOl— 117, 203—209). PROVIDENT (Nr. 118—123, 210—211) . Agrippa-Neptuu (Nr. 124, 125, 212) . . Claudius-Pallas (Nr. 126, 132, 21:), 214) . versch. hybride (Nr. 133- 137, 215—217) . Nero (Nr. 67, 68, 180, 181) 4 Vespasian (Nr. 69, 182-185) 5 Von allen genau oder annähernd zeitlich bestimmbaren Münzen fallen also 203 in die Zeit vor Nero und 9 in die dos Nero und Vespasian. 9 ') Dieses gilnzlich abgeschliffene Stück ist otfeubar auch eine Münze des Au.*j:ustu8 mit MQnzmeisternamen, der Nachstempel ist identisch mit dem auf Nr. 151. *) Das Stück scheint nacli erneuter Prüfung nicht barbarisch zu sein. 4111 E. KiUcrliiig sich gefunden. Auch die Formen der Oefäase bescliranken aich auf die Tafel VI, 1 — 10 zusammcngGStellfeu Typen; neues ist nicht hinzugekommen. Ganz erhaltene oder wiederhergestellte Stucke sind z. B. mehrere Teller des Typus 2 (17601, 17612), TäBSchen des Typus 4 (17602), so- wie eio reliefgeachmückterKumpen des Ty- pus 9 (17766). Bemerkenswert ist, dass sich auf der Scherbe eines steilwandigen Napfes Typus 10 der Rest eines zwischen den Or- namenten stehenden Stempels, von dem leider nur 2Buchataben erhalten sind, faud{s.Abb.l4). Mit Hilfe des kürzlich erschienenen grundlegenden Werkes von J. Dechclette; „Les vases cüramiques omes de la Qaule romaine'* lässt sich jetzt mit Bestimmtheit behaupten, dass die im Hofheimer Lager be- gegnende Sigillata, wie es scheint, fast aus- Abb. U (nat. Gr.). ^ ° , ■ . ^ . ., ^ , nahmslos, in denfabrikenTonbrauiesenque (D^p. Aveyron, im Qebiet der alten Völkerschaft der Ruteni) erzeugt ist. Dort begegnen auch die italische Formen nachahmenden feinen Kelchgefässe (De- chelette I p. 68), von denen ein Exemplar oben 3. 70 abgebildet und be- sprochen ist; von den Fabrikantennamen kehren mehr als .30 in den Listen der dortigen Töpfer (Dechelette I p. 81 ff.) wieder; die wenigen unter den Funden von Qraufesenque bisher nicht vertretenen Namen der Hofheimer Sigillata fehlen dort wohl nur zufällig. Nur die Töpfer Matugenus und Celcr haben in den Fabriken von Moutans (Deparfement Taru) gearbeitet. Erzeug- nisse der gegen Ende des 1. Jahrhunderts aufblühcndeu Fabrik von Lezoux fehlen in Hofheim vollständig. Für die zeithchc Bcstimmuug des Hofheimer Lagers fällt es auch ius Gewicht, dass reliefgeschmückte Kumpen des Typus Dragend. 37, welche im Innern dos Lagers mit Ausnahme eines einzigen Bruch- stückes (s. oben 9. 70 und Taf. VK, '29) gänzlich fehlen, bereits in dem 70 n. Chr. verschütteten Pompei nicht allzu selten auftreteu (s. Dechelette I p. 100). Die Zahl der Stempel auf Sigillata hat sich auf etwa 130 vermehrt und sind ausser einigen neu hinzugekommenen meist wieder dieselben Fabrikanten- iiameu, wie früher, vertreten. Unter den insgesamt etwa 50 verschiedenen Fabriken stehen die des Aquitanus mit 19 und die des Bnssus mit IG Stempeln allen übrigen weit voran; es folgen daun Felix mit (i, Firmo und Crostio mit je 5, Niger mit 4, Ardacus, Mo . . .), Primus, Sccundus und Vapuao mit je 3 Stempeln. Von dem Rest sind 14') Namen je zweimal, die übrigeu :jr> nur je '') /u vei'Rteheii ist sicher entweder die Fabrik dM Modestus oiler Moniiiio, su dnux omti^rcr mit Firmo und (h'Batio etwa nuf die gleiche Zahl käiue. °) Auch rnüaicnuH Kr, 63 wird hier oin);crechnet, p1, wie Oxi' mit Reclit vormutet, HJHier xu Int. rn]Hii>>ii(i| za ergaiuen lat 1*A? fräLr'-r. Siehe I-a^^r Ri Hoihvin. i. T. «NdibTra:: 41 einmal TotmeB. Eodlich ist noch die Grassfoniier> ave beiw. ayo vale. iR-eK-fae besoBderi in deo Fabriken Ton Graufesenque beliebt gewesen zu sein scheint^ zwdma] vorbafiden. SteMpelliste. : cns ri ^ 7* -i«_^ && 4: 56 91 5J G^. •3 ?4 95 QsZ.> oa TJ ■^ ^^ SESB,3 lOO r«r« ■-■♦ :r5 1» If- ll/Sji ica »09 i:c H^ym*j ni 112 ^'3 t;^ ►^i^ rs 116 ^^' ::e 11a ISO 12J 122 '2-* »2* ,oc 126 125 126 ns 127 -v^ATx onr c^rnjüA 130 131 132 133 Abb. 15. 85. 17614^ of(ficina) Aquitan(i) 86. 17614,1 of(ficiDa) Aquitan(i) 87. 17745,2 of(iicinai AquitaD(i) 86. 17745,3 oftficinai Aquitan i) 89. 17614,2 90. 17745,4 91. 17745,5 92.. 17614,.^ of iicina) Aqufitani] of(ficiiia) Aq[uitaDi] Aquitani AquQtani] Boden eines reliefge- sehmuckten Beckens des Typus 9 feiner halb erhaltener Teller des Typus 2 desgl. Tellerboden desgleichen Typus Tellerbodensplitter ' Tellerbodensplitter ; Tellerbodenstüek j kl. Tellerbodensplitter ; vgl. oben Nr. 1 — 11. ') Die Ansicht Ox^*s bezüglich der Deutung dieser Stempel teilt auch l)i'*choIotte Taiat o^imniiques orn^s de la Onule romnine I, png. 67, Nute 1. Bd. XXXIV. 27 w. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. o(fficioa) Ard(aci) Arda[ci] 17(114^ Ave 17014,:, 1774Ö,« 17(514,« 17614,7 17614,« 17745,7 1774 V 17614,10 I7(il4,ij 17614,11 17(514,1.1 17601 17614,H 1761 4,1 r, 17614,1^ 1774'^ 17614,11 114. 17614,, li:)J 17614,1 Ave Vale ofl^iiciDa) Bassi Bassi Bassi (zweimal über einander eingedrückt) ofl;ftcira) Ba8(8i) oftficina) BaB(si) . . . BJaaei of(ficiDa) BaBsi C(oeli)? fiassio Capito Feli[ci]o , wahrschein- licher als Feli[ci]B Felicis maD(u) Firmo(ni8} ofi(ciDa) Firin(onis) B'onnosufa] Gerraaui fi{guli) Licinus . . .Mofnar{i1 Maaculus {(eck) 116.' 17614,*,, Jof(ficina) Matu(geni) 117. 17614,*, IIS. 176.14,* Tässchenbrucliatfick d. Typus 4 Splitter eines gelblich- roten Tellerbodens halb erhaltenes Täss- chen des TypUB 3 TüBBcheoBtück Typus 4 Töaschenboden Typus 4 TellerbodeuBplitter TäsBchenboden Typus 4 halbes Tässchen Typ. 4 desgl. Tässchenboden Typus '> Tässchenboden Tässchen b öden Typus 3 ganzer wiederherge- stellter Teller Typ. 2 halb erhaltener Teller des Typus 1 Boden eines reliefge- Beckens Tässchenboden Typus 5 Tässchenboden Typus 5 oder 7 vgl. C. XIII looio, 225. Tgl.C.Xin 10010,226 vgl. oben Sr. 13-21. laa Ko C. XIII 0010,278 m'IP Boheint Kus dersalben MAtriie wie oben Kr. 34. vgl. oben Nr. 27— 30. Tgl. oben Nr. 38. vgl. oben Nr. 34—38. 'nohl aus derselben Matrize nie Na. 39. vgl. r. XIII lOOIO, , 807, c-.d.f. [ofl;flcina) Ma]ttige(ni) Mo liinkslilufig) Tellerbodensplitter ivgi. r. Xiii looio, ; »16. ganzer Teller Typus 2. vgl C. XIII lOOio, 9 13, wo diese Stem- pel Variante aber zu fehlen scbeint. Stark ergänztes Relief- "S*- C. XIII lOoio, , , rn ^ 1143; derselbe Fa- beckeil Typus 9 jer Telierbodenslück ["B'^ ■>'"'" X«- ■ feines Tellerboden atflck ^k'- "i""' ^'" ■ Boden eines reliefver- 1 ziert.BGckeiieTyp.9 •g'.^« -Xni i«.io, Tellerboden Typus '2 \ kleines Tüsschensiück vgl- t;- >^Ill lOOio. Typus 4 Typu» ftber fehlt. Das frührömische Lager bei Ilotlicim i T. (Nachtrag.) 419 119. 120. 121. 17614,23 17614,» 17614^5 122. 17614,27 123. 17745,11 124. 125. 126. 127. 128. 17614,26 17614,28 17745,10 17614,29 17745,11. of(ficiDa) Mo[de8tiP] of(ficina) Modesti Mur(r)ani of(ficina) Ni(gri) Paesto f(ocit) of(ficiiia) Pi . . . . . Primi vielleicht Primus f Roppus fec(it) [Va]pu8one 129. 17745,12 VerecuD(di) 130. 17745,11 Virt(u8) 131. 17614,30 Virtu[8 . . . Tellerbodensplitter Boden eines Relief- beckens, Typus 9 Tässchenboden Typus 5 vgl- oben Nr. 59. kleiner Tässchenboden vgl. C XIII lOOio, 1423, ist wohl sicher vielleicht aus dem- selben Stempel wie oben Nr. 53. Typus 3 Tässchonbodenstüok Typus 3 klTässchenbodenTyp. 5 stark angebrannter dicker Tellerboden Tellerbodensplitter Tellerbodensplitter Tässchenboden w i n ziger Tässchc n- bodensplitter kleiner Tellerboden- splitter aus der Fabrik des Niger; vgl. oben Nr. 60—62. vgl. C. XIII 10010, 1487, v?o vrohl überall der dritte Buchstabe ein meist undeutliches E ge- wesen ist. wohl genau wie oben Nr. 64. vgl. obenNr.66 u. 67 vgl. C. XIII 10010, 1651, a, », o'. genau so C. XIII 10010, 1973, h\ rf, m* ; vergl. oben Nr. 78 u. 79. vgl. C. XIII 10010, 2010, wo mehrere Fabrikanten dieses Namens unter- schieden worden mQsscn. die Lesung ist wahr- scheinlicher als Viri(lis) wegen dos folgenden Stempels vgl. 0. XIII 10010, 2059. Nr. 132 u. 133 sind wohl barbarische Nachschnitte anderer Stempel, die schwerlich zu deuten sind. II. Unter den Resten der glattwandigen belgischen Gefässe tritt die rote Ware hinter der grauen und schwarzen an Menge noch mehr zurück, als dies bisher der Fall war. Mehrere Bodenstücke grauer Teller des Typus Taf. VI, 11 zeigen unleserliche Stempel von barbarischem Charakter ; ein 197« cm weites, 4,7 cm hohes Stück dieses Typus (Inv. 17604), welches sich ganz wieder herstellen Hess, ist ungestempelt. Auf der Aussenseite eines feineu Bocherbodens dieser Technik der bogenförmig geschriebene Stempel CINNAMVS = Cinnamus (genau so aus Köln C. XIII 10010, 567 g). Die Formen der Gefasse sind keine anderen als die auf Taf. VI, 11 — 14, 18 — 22 abgebildeten. Öfter waren auch wieder Bruchstücke der grossen, auf der Innenseite dick rot bemalten Platten vertreten (Inv. 17613). 27* Das frübrömischc Lager bei Iloflieiin i. T. (Nachtrag.) 423 1. Ein 10 cm langer, sauber gedrechselter Stilus (17724) von der gleichen Form, wel^e in Eisen so ungemein häufig vertreten ist (s. oben S. 62 und Inv. 17665). 2. Bruchstück eines Hebeschlüssels aus Bein, jetzt noch 5,1 cm lang (17725); von ganz derselben Form wird ein wohlerhaltenes Exemplar aus dem Kastell Wiesbaden im Museum aufbewahrt. i). Mehrere kleine Rollen und durchlochte Scheiben aus Hörn (17727^ 17728), sowie ein ganz flacher, mit mehreren konzentrischen Reifen verzierter, in der Mitte durchlochter Knopf. 4. Mehrere als Griffe von Werkzeugen oder Messern bearbeitete Uornstücke (17730, 17732), sowie eine zylindrische 2 cm hohe Zwinge, ähnlich der S. 105, Abb. 61, 4 abgebildeten; nur ist sie aussen achtseitig bearbeitet (17729). 5. Wieder sehr zahlreiche Stucke von Reh- und Hirschhorn, meist mit Spuren von Verarbeitung. "> AJUuliM da 4 ZIFMi Baufeh nördlich der Strasse Q-V4. n d. Tw. f. Mau. Altart. o. Oawth. Bd. XXXIT. Aimilf d. «/» k < • • / • < iidlrdUtih der Srra^«rN(ül/unf7 (Icr kurtrierischon und wiedischen Fürsten, der Wettbewerb diM' niilit'p«lo^(MUMi unrlu>Ito sich im 30jährigen Krieg. Für das Aufblühen do8 l)o\v: sodann dio Einwanderung erfahrener Meister aus l\j)ortMi und Siogbur^. Audi dass im Jahro löOl die erste Handwerksordnung l\tr dio ..Kulnor in llooru" (llöhr) von Kurtrier erlassen wurde, ist ein Beweis drtl'iu'. l>or wiohticsto Fortschritt jonor Zeit, der für das Kannenbäckerland outschoidoud ^^a^ und ihro Wart^ nisoh beliebt machte, war die Erfindung oder Ftulubrunt; der lUautarbuui: mit Kobalt. Hierfür oignoto sich der hellgraue livuudton dos \\cstcrA\;»ldor Stoiuirutos weit mehr als d;o gelbliche Farbe des Suviuvjrov i:u.? a:c br;*;;r.o l\irVo ilos Kciorci.or riui Frochonor Geschirrs. Es :>'. .il'o: K^'u /\%c.tV\ xl;is> k'.'.oo Kuv.s: nv^:: S:Ci:Vv.7^ .*v.< .uor?: nach Höhr V ■•»» 1V,>< v"*» ■'•' ..••*• *-.\ H i" • \\ .^•■'v^ ""■ * •* iV*" V'"'"-'- ■■* Il'^r deutlich > •■ - >i ■■■■ '-w- ;■•♦ ■ .N 1 1 .■«-<'.«*'■••■ - *,'- 'k. "<-'.• --^ ■'- v»*T?'»*rtpn ■\« ••«.,\ « ...<..■ i>,,t\.>.t>\., .ä...\ lt.. «Nr.. .« .V-.r. •**.?.-...« AV. Jlki?C^ ' V ■ V ' • — * ■ ' ■ .-.."• V -i ■'*•■■•"•.'*•■ ^'«^ n? V, \% ^ . >>■ - 12 L. Beck Erstere sollten nur schlechte Wasserkrüge machen und verhandlen, wobei sie nicht bestehen könnten — hätten doch gegen Zahlung von 6 fl. (statt 2) er- wirkt, dass ihnen bewilligt würde, etliche blau zu machen. Die reichen Hansen wollten dies hindern, trotz ihrer Not und Armut* Hiergegen führen die Erausenbäcker aus, die Erlaubnis der Eragbäcker ausser Krügen und Düpfen auch blaue Ware zu machen, wäre gegen die Ord- nung von einem trierischen Kellner zu Yallendar gegeben worden« In dem Artikel 14 der neuen Ordnung sei gesagt, dass der verordnete Handwerks- meister, samt noch zwei Handwerksverwandten, so jenem jederzeit von den andern beigeordnet werde, in Handwerkssachen nach Notdurft und Gelegenheit der Zeit zu ordnen und zu setzen habe, was dem Handwerk nutz und der Gemeinde nicht schädlich sei, nicht aber auf Veranlassung Bertrams (Knütgen) derzeit Zunftmeister . . . auch nicht ohne kurfürstlichen Consens, wie ob- gemeldter gewesene Kellner Gerlach (Machenheimer) gesetzt werde • . • viel- mehr müsse gleiches Recht für alle gelten.* Unterschrift: Anton von Stein, Haupt- und Amtmann zu Ehrenbreitstein, den 29. Juli 1611 (als Bericht- erstatter). Weitere Beschwerden der Krausenbäcker der Herrschaft Yallendar beziehen sich auf die gegen ihre Hauptordnung erlassene Nebenordnung. Das Ende war, dass infolge dieser Hetzereien Bertram Knütgen sein Ami niederlegte, Höhr verliess und nach Grenzau auswanderte, wo er vom Grafen von Isenburg mit Freude aufgenommen wurde. Am 17. Dez. 1614 gestattete Graf Ernst zu Isenburg und Grenzau „dem Bertram Knötgen von Siegburg, Eulnern, zur Zeit im Dorff Höhrn wohnhafFtig, sich ein Haus im Grensauischen Burgfrieden zu erbauen, sich dasselbst häuslich niederzulassen und das Eulner- Handwerk zu treiben". Hierfür erhielt er den Bauplatz geschenkt, Steuer- freiheit und noch viele andere Vorteile gegen eine Jahresabgabe von 6 Rader- gulden. Was den Handel mit Steinzeug betrifft, so hatte die alte Handwerks- ordnung ausser dem Verkauf am Platz nur Absatz an „Karrer**, d. h. Händler, welche die Ware in Karreu selbst abholten, vorgesehen. In der Ordnung von 1603 wurde dagegen den Eulnern gestattet, selbst Handel zu treiben und sollte solchen, die dies unternehmen wollten, Waren für Geld oder Kredit unweiger- lich verabfolgt werden. Richtige Preise niussten aber eingehalten werden. t^bcr die folgenden Jahrzehnte fehlen nähere Nachrichten, doch zeigt der Erfolg, dass sich das Eulerhaudwerk in Grenzhausen und Höhr kräftig ent- wickelte, so dass es die schweren Stürme des drcissigjährigen Krieges mit seinem namenlosen Elend bestehen und überdauern konnte. Bei Ausbruch des Krici^es, lt>18, zahlte mau in Uühr 0, in Grenzhausen 7 Eulnermeister, unter letzteren drei ilennioken und ein Hermann Kalb, welche beidi* Familien aus Ixaeren stammten. ir>94 war ein Kalb aus Raeren in ValleiiJar einirewandert. Am 4. Dez. 1&21 starb die lleimostrin, im November lij'JS tokne ihr Jacob Kemv. Ihre älteste Tochter Mario, seit 1G17 mit Ileinricli Wortmann vorheiratet, wurde die Stammmuttor einer Fa!nilie, die in der yo\'.M>, heiratete 16 L. Beck Wir Johann Graf zu Sayn und Wittgenstein, Herr zn Homburg, Vallendar und Newmagen etc. Wir Friedrich Graf zu Wiedt, Herr zu Runckel und Isenburg etc. und ich Henricus von Metternich Herr zu Bendorf^^), ChurfQrstlicher Durchlaucht in Bayern Geheimer Rath, Cammerer und Gubemator der Yestung Ehren- breitstein; thun kund und bekennen hiermit öffentlich in diesem Brief, welcher gestalt und be- sagtes Ertz-Stifft Trier, auch Verwalter unserer Respektive Graf und Herrschafften Isenburg, Widtgenstein, Wiedt und Bendorff, angehörige Unterthanen, des Eulner Handwerks-Meister eine von ihne verfaste Zunfft«Ordnung geziemtlich vortragen und dabei aller unterthänigen Gehorsambst bitten lassen, dieselbe von Oberigkeitlichen Ampts wegen, zu confirmieren. Gleich wie sie hernacher weitläuffig beschrieben folgt etc. — Wir sämptlicher der Eulner-Handwerks-Meistern im Ertzstifft Trier, Oraff- schaften Isenburg, Wittgenstein, Wiedt und Herrschaft Bendorff Wohnhaft vor uns und unser Nachkommen thun kund und bekennen öffentlich, nachdem eine geraume Zeit biss anhero durch unsre Vorfahren, und uns, unser Handwerk in denen nechst- gemelten respektive Ertzstifft, Grafschaften und Herrschaft ohne Zunft, in keiner ge- wissen Regul, noch vorgeschriebenen Ordnung exercirt und gebraucht worden, da- durch dann allgemach nacheinander allerhand dem Handwerk schad- und nachtheilige Unordnungen, Missbrauch und andere Ungelegenheiten eingeschlichen und zugewachsen sind. Auch zu solchen nicht bei Zeiten gesteuert und vorgebauet werden solte, in- künftig noch mehr dergleichen und andere das Handwerk wohl gar ruinirt und in Grund setzende Unwesen zuwachsen möchten; Seynd wir obbemelte Handwerks Meistere endlich zu verschiedenen mahlen zusammengekommen und Ober allerhand Handwerk wieder erquickend beförderet und beständig erhaltende Mittel trefflich be- ratschlaget, und endlich einhelliglich geschlossen, auch vestiglich uns vor uns und unsere Nachkommen verbunden, von nun an und fttrters (ohne Nachtheil jedoch deren jedes Orts etwa vor sich gehabt absonderlicher Ordnung) insgemein unverbrüchlich zu halten wie hernach folget: Die nun folgenden 20 Artikel haben folgenden Inhalt: I. Alle bis 5 Meilen um Grenzhausen wohnenden Eulnermeister bilden eine „unzertrennte, öffentliche, unverleumbde Ehr- und redliche Zunfft" und unterwerfen sich dieser Ordnung. II. Sie wählen 7 Meister aus den verschiedenen Ortschaften nach Massgabe der Betheiligten auf 2 Jahre, die diese Ordnung zu halten, zu hand- haben, zu brauchen und die derweilen über das ganze Handwerk die Verwaltung haben, „nebst Haltung richtigen Protokolls über alle Ver- handlungen." III. Nach 2 Jahren werden in einem allgemeinen Ilandwcrkstag aus diesen sieben drei wiedergewählt, die andern 4 scheiden aus und worden 4 neugcwählt. IV. Den Sieben soll ein Achter beigegeben werden, um Alles was die sieben erkennen und befehlen treulich ohne Ansehen der Person zu cxequiren und zu verrichten. V. Keiner ist als ein Lehrling des Handwerks anzunehmen, ausser ein ehe- lich geborener Sohn eines Meisters. VI. Nur einer, der durch Schrift nachweist, dass er seine Lehrjahre ehr- und redlich bestanden darf ein Meister werden. VII. Doch muss ein solcher 24 Jahre alt sein, ehe er sich selbstständitr machen darf. ^*) In folge Boleihung durch Kurbavern. Die Familie Remy und die Industrie am Mittelrhcin. 17 Vni. Eines Meisters Tochter, die ausser dem Handwerk heirathet, verliert ihre Zunftrechtc, gewinnt sie aber wieder, wenn sie wieder in die Zunft heirathet. Wenn ein Meister eine Fremde heirathet, erwirbt diese die Rechte, wie wenn sie eines Meisters Tochter wäre, „was aber eine solche fremde Angekommene der Zunft bei ihrem Eintritt zum Besten geben soll, wird der Sieben Meister Verordnung anheimgestellt." IX. Einer der die Lehre nicht bestanden hat oder sich der Zunftordnung nicht fügt und sich absondert, soll nicht Meister werden. X. Wenn ein Meister Erde (d. h^ Ton) oder Holz bestellt, soll keiner ihn im Kauf hindern, wenn einer Erde gräbt und Holz fällt, soll kein anderer etwas davon wegführen bei Strafe, die zur Hälfte der Obrigkeit, zur Hälfte der Zunft zufällt. XI. Keiner soll bei Strafe „die Massen"^'') über die Gebühr, anders als die Zunft verordnet, machen. XII. Wer die ihm von der Zunft gesetzten Oefen innerhalb der rechten Zeit macht, hat kein Recht diese nachzumachen oder andern zu verkaufen, „er habe denn solche erhebliche Ursachen, welche von dem gesambten Handwerk oder den 7 Zunftmeistern für genugsam erachtet werden." XIII. „Es soll auch ein jedweder, bei unnachsichtlicher Straff schuldig sein, so oft er gebacken hat, solches den Sieben Zunft-Meistern, oder deren etlichen ehe er das Werk ausser dem Offen thut, aufrichtig anzeigen und im geringsten kein Werk verhehlen." XIV. Keiner soll unter dem von der Zunft gesetzten Preiss verkaufen. XV. Keinem Menschen, welcher Lust und Liebe hat mit Kannen zu handien oder sein Gewerbe (neben dem Kannenbacken) zu treiben, soll dies verboten sein. XVI. Doch dürfen diejenigen, welche so handeln nur von ordentlichen Meistern kaufen, nicht aber von solchen, die von der Zunft nicht angenommen oder mit ihr in Unfriede sind. Thun solche es dennoch, so sollen ihre Waaren mit Zuthun der Obrigkeit abgeschätzt und zur Halbscheit der Obrigkeit verfallen und kein Meister ihnen in der Folge ein Stück mehr verkaufen dürfen. XVII. Dem durch Leibesschwachheit heimgesuchten sollen die Genossen helfen, ebenso wenn er stürbe, seiner Wittwe und Kindern und die Hand dazu bieten, dass selbige im Handwerk bleiben und sich ehrlich ernähren können. XVIIf. Da unmöglich alles in der Ordnung vorgesehen werden kann, so sollen in jedem nicht vorgesehenen Fall die 7 Meister darüber erkennen und be- fehlen, denen dann alle Zunftangehörigen ohne Widerrede Folge leisten müssen. XIX. Wer ungehorsam wäre und sich widersetzte, dem soll ausser der angesetzten Strafe, sein Anrecht genommen werden bis die Obrigkeit den Fall ent- schieden hat. XX. Die Hälfte der solchen auferlegten Strafen soll der Obrigkeit und den Beamten, unter deren Botmässigkcit ein solcher Arrestat exequiret werden, zufallen. Unterschrift: „Confirmirt und bestättigt von obig genannten Fürsten. Unsere Respect. Capitul- und Secret Insiegel an diesem Brief thun hangen, der geben ist zu Trier den 25. Juni Anno 1643.* Ex Mandato Illustr. Capituli Trevirensis. L. S. J. Jac. Kneep S. m. p. (der Administrator des Erzstifts Trier) „ Ernst Graff zu Ysenburg j, Johann Graff zu Sayen und Witgenstein ^ Friedrich Graff zu Wiedt y, Heinrich von Metternich (für Bendorf). ") Den Ofeneinsatz (?). Annalen, Bd. XXXV. Die Familie Remy und die Industrie am MittelrheiD. 21 billig, der Absatz gut, denn das westerwälder Steingut hatte wenig Konkurrenz, die Zunft war einig und die Landesherrschaften lebten in Frieden und suchten das Handwerk und den Handel zu fördern. Die Zahl der Eulnermeister nahm im 17. Jahrhundert fortwährend zu, aber in Höhr rascher als in Grenzhausen. In Höhr betrug die Zahl der Eulner 1630: 14, 1683: 41, 1701: 61, in Grenzhausen 1630: 7, 1683: 14, 1701: 19. In technischer Hinsicht ist nur eine Erfindung zu erwähnen, die in den Anfang des 17. Jahrhunderts fällt und vermutlich in Grenzhausen gemacht wurde. Es ist dies die violette Färbung mit Mangan (Braunstein). Sie war Gh-enz- hausen-Höhr eigentümlich und alte violett oder violett und blau gefärbte Kannen werden hochgeschätzt. Nächst Höhr und Grenzhausen entwickelte sich die Eulnerzunft imWiedischen in den Orten Hilgert und Mogendorf. Im Jahre 1668 schlössen die Eulner zu Mogendorf mit dem wiedischen Kellner einen Vertrag über Holzbezug aus herrschaftlichen Waldungen. Auch in Bendorf erblühte das Gewerbe und zählte man dort im Jahre 1683 9 Meister. An diesen drei Orten liessen sich eben- &lls Remy als Eulner nieder. Schon im 17. Jahrhundert wurde die Tonerde im Bendorfer Wald von den Grafen von Sayn an die Eulner der benachbarten Orte verpachtet, wozu sich die Zunftangehörigen für die Pachtzeit zu einer Art von Genossenschaft verbanden. 1672 wurden bereits Brunnenröhren aus Steingut gebrannt. Das Jahresverdienst eines Eulners wird 1692 auf 50 Reichstaler angegeben. Die Pfeifenbäckerei, wofür die Tonlager des Westerwaldes ein sehr gutes Material lieferten, und die später eine grosse Bedeutung erlangte, kam erst Anfang des 18. Jahrhunderts in Aufnahme. Das Tabakrauchen war im dreissig- jährigen Krieg besonders durch die pfalzischen Truppen verbreitet worden. Die Bezeichnung „Pfcifenerde^^ kommt in Siegburg schon 1630 vor und die Ton- pfeifen, die man später „kölnische Pfeifen'^ nannte, erwähnt Chabotteau in seinem oben angeführten Gesuch 1639. Es scheint aber, dass diese Fabrikation während des 17. Jahrhunderts eine Spezialität der kölnischen Eulner geblieben ist. Nach Dornbusch hätten die Siegburger keine Pfeifen gemacht; in Höhr werden nach Zais und Richter Pfeifenbäcker erst 1708, in Grenzhausen erst 1722 genannt. Die Familie Remy war gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Höhr bereits ebenso angesehen wie in Grenzhausen, das beweisen auch die Schöffenverzeich- nisse des Hofgerichts von Grenzhausen. In diesen erscheint 1668/69 Wilhelm Remy von Grenzhausen (geb. 1640, gest. 1714) ein Enkel von dem Stamm- vater Jacob Remy von Ivoy; sodann von 1685 bis 1704 Jacob Remy zu Höhr, dies könnte der „Engerser" oder der Wittgeneteinische Ho&chultheiss sein. Von 1695 treten hinzu „Sirvaas und Jacob Remy*®) von Hoem", die beiden Söhne *^) Der Name Zirwas Remy findet sich 1676 unter einer Beschwerde der Grenzhftuser Bürgerschaft wegen dorn Schweinetrieb in den Wald und der Ackermast; der Name Jacob Remy unter einem Vergleich, dass keiner EichbSume, die er auf eigenen Hecken habe, ausser Landes verkaufen wolle. 28 L. Beck Regierung eine gemeinschaftliclie Kommission ein. An diese richtete sich ein Gesuch vom 22. März 1731 um Erhöhung der Warenpreise, die in keinem Yer- bältnis zu den Selbstkosten mehr stünden, ferner wegen Entnahme der nach Frankfurt zu handelnden Eleinware von den Zunftmeistern, sowie um Entbindung von der Reihen-Bestellung. Dieses Gesuch ist von 6 Remy aus H5hr: Jacob, Anton, Nicolaus, Antonius, Seryatius und Peter und von einem aus Grenzhausen Weymar Remy unterschrieben. Der Gegensatz zwischen trierischer und wiedischer Zunft kam, trotz der gemeinsamen Ordnung von 1643, immer mehr zum Ausdruck. Aus dem Jabre 1733 wird berichtet: Die Trierischen, Isenburgischen und Wittgensteinisohen hielten jährlich einen gemeinsamen Zunfttag und 4 Quartalssitzungen, ebenso die Wiedischen. Die Grenzhäuser bestritten in diesem Jahre verschiedene Punkte der Zunftordnung. Jacob Remy zu Höhr verkündete am 28. Mai 1736 namens gesamter Zunftmeister: „Da viele Eannenbäckersöhne, die sich anderm Handwerk zuge- wendet, sich später wieder als Lehrlinge melden, damit sie das Reisegeld ge- niessen mögen, so wird hiermit für allemal geordnet, dass vors künftig Keiner mehr zur Lehrung angewiesen werden solle, dem nicht die angesetzte Lehrzeit von 5 Jahr zustehe, vor Ende seinem vierundzwanzigsten zurückgelegten Jahr seine Lehre völlig ausgestanden habe, ausserdem soll keiner mehr angenommen werden, wonach sich ein jeder zu richten habe." Die Remy waren um diese Zeit wohl die zahlreichste, angesehenste und wohlhabendste Familie in Grenzhausen und Höhr, trotzdem erblühten ihr grösseres Glück und grössere Gebiete der Tätigkeit durch Auswanderung an anderen Orten. Wilhelm Remy, ein NeflFe und vermutlich der Pate des Hoffaktors und Gründers der Grenzhäuser Pfarrei war es, der 1729 nach. Bendorf kam, die Bendorfer Eisenhütte erwarb, diese und später den Blei- und Silberbergbau bei Ems in Blüte brachte und der Familie neue Wege zu Reichtum und Ruhm erschloss. Diese wichtige und umfangreiche Tätigkeit der Familie soll aber in zwei besonderen Abschnitten, wovon der eine die Eisenindustrie am Mittelrhein, der andere die Blei- und Silbern^ewinnung bei Ems schildern soll; dargestellt werden. Zunächst wollen wir die Eutwickelung der Tonindustrie im Kannenbäcker- land und ilio Beziehungen der Familie Remy zu dieser weiter verfolgen. Wir wenden uns deshalb jetzt zu den Irrungen zwischen Wied und Eur- trier wegen Grenz hausen und Ililger t.^^) Am 17. September 17:>T war Graf Friedrich Wilhelm von Wied plötzlich und unerwartet aus dem Leben geschieden. Sein ältester Sohn, der zur Nach- folge bestiiinnt war, befand sich in wichtiger Mission in Wien, denn er war von Frankreich unus. Diese Kapitalien waren zu yerschiedenen Zeiten von 1712 bis 1742 und alle von Angehörigen der Familie Remy verliehen, wie folgende Zusammen- stellung zeigt: Schuldner: Jahr: G. Wolf in Urbaoh 26./9. 1714 J.Kldokneraafd.Niederwerth 1712 Wortmann in Hilgert 1714 J. Elöokner auf d. Niederwertfa 1716 Darlehen : Wilhelm Remy, Handelsmann in H5hr, Kaufherr in H5hr, Höhr, Kaufherr zu Vallendar, n demselben Kauf- und Handelsmann zu Vallendar, » Andreas Handelsmann und Kan- nenbäcker in H5hr, Qilles Remy zu Grenzhausen, n n n n Gilles Remy, Wittib Erben, Grenzhausen, Peter Remy, des verstorbenen Egidii (Gilles) Sohn, Wilhelm Remy in Amsterdam, Dieses Kapital von 108 Rtlr., so Joh. Wilh. Remy zu Amsterdam gehört, ist 1744, 1745 von Cbur-Trier auf- gehoben worden. Wilhelm Remy in Grenzhausen, Jakob Remy in Gronzhausen, 1724 1721 1713 1729 1717 1732 1742 1741 Sebastian Wagner 1733 Jakob Stein a. d. Niederwerth 1711 Peter Frenz „ 1722 Peter Stein jun. „ 1740 Nie. Gross „ 1740 Thielmann Camb zu Oberloist 1738 I Joh. Rdsser auf d. Niederwerth Joh. Rickmann „ Joh. Frenz . Cornelius Georg WUh. Rösser Anton Fritsoh Betrag: 125 Rtlr. 200 . 100 „ 50 fl. 75 102 40 30 134 200 n ff n H. Heinr. Schneider Math. Rosser 1733 1717 55 60 150 (tu X4 Peter- minnchen) 100 Rtlr. 100 fl. 300 „ 125 Rtlr. 75 „ 50 „ 50 „ 400 « Joh. Pet. Klein in Ransbaoh Joh. Kesselbein jun. auf dem Niederwerth 1750 100 1738 200 fl. ausserdem hatten noch Servatius Corzilius und seine Ehefrau Elisabetha Remy Kapitalien an Trierische ausgeliehen. Dies bestätigt den Wohlstand der Familie Remy in Höhr-Grenzhausen zu dieser Zeit, nur diese hatten Geld auf Hypotheken im Trierischen ausstehen. Trier behauptete ferner, Exekutionsbefugnis gegen die Refugierten, die ihre Zinsen nicht zahlten, zu haben, was von Wied bestritten wurde. Trier wollte alle Besitzstreitigkeiten durch das Hofgericht entschieden haben, Wied hatte aber ein eigenes Landgericht eingerichtet, das es für allein zu- ständig erklärte. Der schriftgewandte kurfürstliche üerichtsschreiber Q. W. Corzilius in Höhr verfocht die trierischen Rechte in zahlreichen Beschwerde- 34 . L. Beck Durch den Gegensatz zwischen Trierisch und Wiedisch wurde der Zu- sammenhang der Gesamtzunft immer mehr gelockert. Besonders eifersüchtig waren die trierische und die wiedische Zunft bei Vergebung der Erugliefenmgen für den Mineralwasserversand, der immer wichtiger wurde. Infolge dessen nahm die Zahl der Eulner fortwährend zu. In Grenzhausen hatte ihre Zahl 1701 19 betragen, 1740 zählte man 51, 1769: 92.") Der Bedarf an Sauer- Wasserkrügen betrug 1754 600000 Stück, 1764 800000, 1766 900000 Stück. In diesem Jahre bestanden bereits eine kurfürstliche Kameralfabrik, die den Zünften grossen Abbruch tat. Von den 900000 Krügen wurden 200000 der Kameralfabrik, 700000 der Zunft zur Anfertigung zugewiesen. Auch dies trug zur Auflösung der Zunft bei. 1769 wurde die alte Zunftordnung Ton 1643 aufgehoben, angeblich weil sie gegen die Reichsverordnung über die Handwerksmissbräuche vom 4. Sept. 1731 Verstösse, in Wahrheit, weil der Zu- sammenhang in der Zunft aufgehört hatte und die trierischen Eulner die Separation wollten. Von nun an war die trierische und die wiedische Zunft wirk- lich getrennt. Es dauerte aber jahrelang, ehe neue Zunftordnungen zustande kamen. Einstweilen behalf man sich mit Verordnungen. In der Zunfit war manches anders geworden. Die vermehrten schriftlichen Arbeiten wurden einem besonderen Zunftschreiber, als einem bezahlten Beamten der ganzen Zunft übertragen. Als erster Zunftschreiber, der bald eine einflussreiche Persönlich- keit wurde, erscheint seit 1758 Peter Remy zu Höhr, der selbst ein angesehener Kannenbäckermeister war. In seinem Hause wurden die Zunftversammlungen abgehalten. Ihm lag besonders die Führung der Zunftprotokolle und die Aus- fertigungen über die Meisterprüfungen, sowie die Korrespondenz ob. Wie zahlreich die Familie Remy in Höhr und Grenzhausen vertreten war, haben wir oben gesehen. Sie hatte sich auch in Hilgert, Mogendorf, Bendorf und anderen Orten ausgebreitet. An den letzteren Orten befassten sie sich mehr mit Krugbacken, während die zu Grenzhausen und Höhr sich davon fern- hielten und ihre angesehenere Tätigkeit als Kannenbäcker fortsetzten. Als Zunftmeister werdeu in den sechziger Jahren genannt Jacob Remy 1760, Andreas Kemy in Grenzhausen und Mogendorf 1701, Wilhelm Remy alter und Wilhelm Remy junger in Grenzhausen. 1766 wurde in der Zunft die Frage erwogen, ob es nicht vorteilhafter sei die Rausbadier Erde wie früher an die Holländer zu verkaufen. Sodann wird berichtet, dass die kurfüi-stliche Kameralfabrik ausser trierischer Erde auch Bendorfer und Xeuwieiler Erde brauche. 1709 wird eine trierische Kameral- Krugfiibrik zu Arzbach unter der Leitung von Mathias Gerhard erwähnt. Am 4. März 1709 wurde eine Liste aller Angehörigen der wiedischen Eulnerzunft aufirestellt, die sieh im nassauischcn Staatsarohiv befindet. Sie ist ebenso wiclitiir für die Zustände der Zunft, als für die Familie Remy, denn von don 1^7 Zunftuonosson in Grenzhausen waren l\") Remv. Wir teilen deren M^anion und Charakteristik mit. *• N:u'h einer anJoren Naoliricbt zahlte 1769 die wiedische Zunft in lirenzhauBcn lOT, in IliUer; :i> Miti;iieiler. Die Oesanitzahl der erzstiftliohon Zunft hetru:; 401». Die Familie Remy und die Industrie am Mittelrhein. 35 In Grenzhausen: (H)**"*) Johannes Remy Wittwe, in mittelmässigen Umständen, 78 (75?) Jahre. (If)) Johannes Remy alter, voriger Sohn, 43 JaLre, Eannenbäcker, betreibt es nicht wegen Leibesschwachheit, wie (14) zugleich Strumpfwirker, in mittelmässigen Umständen. (28) Wilhelm Remy, Zunftvorsteher, Johanns Sohn, 50 Jahre, geheiratet, Kannen- und Erugbäcker, treibt kein Nebengewerbe, nährt sich davon. (29) Wilhelm Remy „Rotten*, 26 Jahre, ungeheiratet, Kannenbäcker, ist noch nicht vollkommen, treibt nebenher Pfeifenmachen, arbeitet für andere Meister, lernt noch. (30) Philippus Remy, 28 Jahre, ungeheiratet, kann alles machen, treibt Kannen- bäckerei, nährt sich davon, kein Ofen. (33) Dietrich Wilhelm Remy, 54 Jahre, geheiratet, 1 Ofen, Kannen- und Krugbäcker, treibt das Handwerk, nebenher Wirtschaft, in guten Um- ständen. (34) Jacob Remy, dessen Sohn, 26 Jahre, ungeheiratet, treibt das Handwerk und nährt sich davon, kein Nebengewerbe. (37) Peter Remy, dessen Sohn, 26 Jahre, ungeheiratet, kann alles machen, nährt sich vom Handwerk. (40) Wilhelm Remy „Herrnwiesen*, Peters Sohn, 31 Jahre, ungeheiratet, Kannen- und Krugbäcker, treibt das Handwerk, nährt sich davon, keinen Ofen. (41) Wilhelm Remy, 64 Jahre, geheiratet, 4 Söhne, Kannen- und Krugbäcker, treibt das Handwerk, 1 Ofen, daneben Bierbrauer, 2 Pferde, in guten Umständen. (42) Wilhelm Remy, 31 Jahre, obiger Sohn, ungeheiratet. Euler, hat sich nicht geübt, ist bei seinem Vater. (49) Jacob Remy Wittwe jun., 38 Jahre, 1 Sohn, treibt das Handwerk und etwas Kramerei, in mittleren Umständen. (50) Gilles Remy Wittwe, 62 Jahre, Krugbäckerei, in guten Umständen, kein Sohn. (51) QerichtsschöfFe Weymar Remy, 55 Jahre, Wittwe, Euler, kann das Hand- werk nicht selbst machen, hat sich nicht geübt, treibt Kramerei neben- her, 2 Söhne, in guten Umständen. (61) Jacob Wilhelm Remy, 57 Jahre, geheiratet, 1 Sohn, Kannen- und Krug- bäcker, hat das Handwerk gelernt, lässt es machen, nebenbei Faktor, in guten Umständen. (77) Jacob Remy, 79 Jahre, Wittwer, Kannenbäcker, kann das Handwerk, lässt es treiben wegen Alter, in guten Umständen. (78) Johannes Remy, 50 Jahre, ungeheiratet, Kannen- und Krugbäcker, kann das Handwerk, treibt es, in guten Umständen. (79) Jacob Remy, Wittwer, 48 Jahre, Kannenbäcker, kann das Handwerk, lässt es machen, in guten Umstünden. '*) Laufende Nummer des Yerzeichnisses. 3» 36 L. ßeck (83) Jobs. Remy, Wittwe jun., 68 Jahre, Kannen- und Krugbäckerf treibt es, in guten Umständen. (84) Johs. Remy junger, 24 Jahre, geheiratet, 1 Sohn, Eannenbäckeri treibt es, in guten Umständen. (85) Johs. Remy „aufm Platz^, 31 Jahre, Eannenbäcker, nebenher kleine Wirtschaft, in mittelmässigen Umständen. (93)^') Wilhelm Remy Wittwe „Sehwartzer", 81 Jahre, Eannenbäcker, treibt es nicht wegen Alter, in mittelmässigen Umständen. (99) Peter Remy .... 5 Sohne. Nachtrag: (102) Johann Wilhelm Remy, Wirtssohn, Meister. (106) Johann Wilhelm Remy, Meister, fällt aber aus. In Hilgert: (113) Wilhelm Remy, alter, 57 Jahre, 4 Söhne, Eannen- und Erugbäcker, treibt es, nebenher Pfeifenmacher, in schlechten Umständen, der älteste Sohn wegen Mangel des Gesichtes noch nicht fähig, will aber das Handwerk lernen. (114) Peter Remy junger, 29 Jahre, geheiratet, 1 Sohn, Erugbäcker, hat sich nicht geübt, getraut sich aber Erüge zu machen, nebenher Pfeifen, in schlechten Umständen. (116) Wilhelm Remy junger, 30 Jahre, geheiratet, 1 Sohn, Erugbäcker, treibt es, macht nebenher Pfeifen, m schlechten Umständen, will sich im Eannenmachen üben. (119) Johannes Remy^ 30 Jahre, geheiratet, 1 Sohn, kann alles machen, hat gelernt, treibt es, nebenher Feldjäger, in mittelmässigen Umständen. (136) Jacob Remy, 36 Jahre, geheiratet, 1 Sohn, Erugbäcker, treibt es, in mittelmässigen Umständen. (137) Peter Remy, 43 Jahre, Weiss- und Erugbäcker, treibt es, in mittel- mässigen Umständen. (145) Jacob Remy — , 2 Söhne, der eine in der Lehre, der andere Soldat. In Hundsdorf, Neuwied, Hachenburg, Dierdorf keine Remy Eulner. In Bendorf: (IG8) Weimar Remy, 48 Jahre, geheiratet, hat sich nicht geübt, in schlechten Umständen. (173) Friedrich Wilhelm Remy, o3 Jahre, Wittwer, 2 Söhne, hat sich nicht geübt, in schlechten Umständen. Man ersieht daraus, wie zahlreich die Familie Remy im Wiedischen war und dass ihre AogehörigeD sich in sehr verschiedenen Glücksumständen be- fanden. Nicht minder ausgebreitet und angesehen war sie in Höhr. '') (93), sowie (14), (77), (83) nachträglich durchgestrichen, weil inzwischen verstorben. 38 L. Bock Verzeichnis aller Ortschaften des Kannenbäckerlandes sowohl Trieriich als Wiedischer Seiten, wie auch der gelernten Meister und Schnatzen (1771). Trierisch (*/3 der Zunft). 1. Ilörn, 112 Meister, worunter 33 obnerfahrene Meister oder Schnatzen. In Hörn wird alljährlich ein allgemeiner Zunfttag und zwei Quartal-Kon- ventionen gehalten. Dieser Ort hat zwei Zunftmeister, den Zunftschreiber und den Zuuft-Schultheissen, der der allgemeine Zunft-Bott ist 2. Ililscheid^ 55 Meister, davon 17 Schnatzen, hat einen Zunftmeister. 3. Grentzau, 7 Meister ausser 6 Schnatzen, wovon zwei nur Kruge machen. 4. Nauort und Cahn, 43 Meister, darunter 30 Schnatzen, davon viele, die nur spitze Krüge machen können. 5. Sayn, 6 Meister, darunter 4 Schnatzen. ti. Yallendar, Weitersburg, Gladbach und die Aust, ca. 1 1 Meister, darunter 8 Schnatzen, von allen diesen können nur zwei in der Aust Spitzkrttge machen. 7. Ransbach, 80 Meister, darunter 70 Schnatzen. Daselbst wird jährlich 1 Quartalstag gehalten, hat einen Zunftmeister. 8. Bombäch, 61 Meister, davon 55 Schnatzen, die nur Krtlge machen können. Hier 1 Quartalstag, 1 Zunftmeister. 9. Ileydersbach, 21 Meister, davon alle bis auf 1 — 2 Schnatzen, von denen die meisten Kruge machen können, keine weisse und blaue Ware. Wiedisch (^'3 der Zunft). 10. Grenzhausen, 90 Meister, worunter 36 Schnatzen, 1 Zunftmeister, 1 Qiiartalätag. 11. llilgert, 46 Meister, worunter ca. 06 Schnatzen, die jedoch meist spitze Krüge machen können. 12. Mogemlorf, Nordhoven und Selters im Wiedisehen, 44 Meister, wovon 36 Sohnatzen, die meist Krüge macheu können, sonst nichts; haben mit den kleinen ^sehenorten einen Zunftmeister. !.*>. Neuwied, 4 Meister, alle Schnatzen. 14. Bondortf, ein turstlioii Anspaohischer Ort, 11 Meister, darunter 9 Schnatzen. Ausserdem gibt es noch einige Orte mit 1—2 Meistern, so auch Soldaten in Coblen/. und auf der Festung Ehrenbroitsteiu- die Tonwaren machen]. Die ganze Zuntt z:ihlt ö^^o Meister oline die Ct^blenzer und Festungs- so]Jaton\ darunter .U^.» Srhnatzen. „Per gelernte Meister kann allo Ware — Maui* uu 1 weisse Ware, Blumen- p^'»n, sonstige O.utungon und Krüge machen. Der S.::n;\tze oder ungelernte Meistor kann keine Kauiinannsw are inac!;er., all^^^r :.:: ::::■ v 1: Ue:::N. W i!::e!:n Ke::'v sauiselu' Kei^ierun:: >tellie >\c\\ viel entschiedener wit» vordem Triei auf ein>eitigen fiskaÜMlien Stanilpunkt als Kunsument der Krüge und surlite im veruieintliehen Interesse der Hrunnenverwaltungen die Preise iler Krü::e heruntiTzudrüeken. Dii* nu»disehen Svlilair\\örter von ,,Freiheit der Konkurren/". j, Kampf i^egen Moni»pol und Zunftzwang- mu>sten dabei mithelfeu. Die Familie Remy und die Industrie am Mittelrhein. 51 Mitglieder der Qassauischcn Ständekammer Peter Jacob Romy von Höhr und W. Blum von Qrenzhausen. Sie erkannten den Wert der Innung al» Erwerbs- gcnossenschaft an, erklärten aber die Absicht der Preisrogulierung und der Prüfung der Waren durch dieselbe für nicht mehr zoitgemäss. Dagegen sei bessere Vorbildung der gewerblichen Jugend etwa durch eine Realschule und Unterstützung des Staates zur Einführung technischer Yerbossorungen, z. B. beim Ofenbau, sehr zu wünschen. Hierfür war die Gründung von Lokal - Oewerbevereinen in Anschluss an den Zentral-Oewerbevoroin für Nassau im Jahre 1852 ein wichtiger Fortschritt. Aber mit der Besserung ging es langsam. Die ganze Entwickelung drängte auf maschinellen Betrieb. Im Jahre 1848 hatte J. Thewalt in Höhr die erste Tonschneidemaschine zur Verarbeitung dos Tones anstelle des Knotens mit Hand und Fuss eingeführt. Sie blieb lange ein Unikum. — Eine neue Anregung gab die nassauische Landes - Kunst- und Qewerbeausstellung in Wiesbaden im Jahre 1863, wo zum erstenmal Produkte des Kannenbäckerlaudes ausgestellt und prämiiert wurden. In diesem Jahre wurde die erste Tonröhrenpresse von Gebrüder Knödgen in Höhr in Betrieb genommen. Als Kraftmaschine diente ein Pferdegöpel. Im Jahre 1865 wurde die erste Dampfmaschine aufgestellt. Ausser der Röhrenfabrikation kam die Siderolitware, d. h. die lackierten oder buntglasierten Tonwaren in Aufnahme. Ein Streben nach künstlerischer Formgebung begann. Der eigentliche Auf- schwung in dieser Sichtung trat aber erst nach 1870, besonders durch den aus Böhmen eingewanderten vortrefflichen Scheibenmodelleur Hanke, der mit grossem Verständnis die alten schönen Formen der vergangenen Zeit wieder aufleben Hess, ein. Die fabrikmässige Tätigkeit entwickelte sich rasch. Während man in den sechziger Jahren in Höhr nur 9 Brennöfen zählte, gab es 1873 für 57 Tonwaienfabrikanten 39 Ofen und 27 Knetmaschinen. In diesem Jahre konnte sich die westerwälder Tonwarenindustrie auf der Wiener Weltausstellung mit Auszeichnung zeigen. Der wiedergekehrte Geschmack für altdeutsche Formen förderte die kunstgewerbliche Entwicklung. Haukes Arbeiten erregtem die Aufmerksamkeit der kunstsinnigen Kaiserin Augusta und als Graf Elz in den siebziger Jahren die herrliche Stammburg Schloss Elz an der Mosel restaurieren und ausstatten Hess, erteilte er Hanke umfassende Aufträge nach neuen Ent- würfen. Diese Ereignisse brachten das altdeutsche Steingut wieder in die Mode. Welchen Umfang die Tonwarenindustrie des Kannenbäckerlaudes im Jahre 1875 erreicht hatte, zeigt die nachfolgende Zusammenstellung der Betriebe und Warenwerte. (Siehe folgende Seite oben.) Ausserdem gab ea in Höhr, Grenzhausen« Baumbaeh und Bansbach 11 Tonröhrenfabriken und 11 Schmirgel -Wetzsteinfabriken. Die Krugfabrikation war seit Anfang des 19. Jahrhunderts auf mehr als das 10 fache gewachsen. Es worden 1875 in 1049 Gebacken 12.75.j000 Krüge gebrannt. Im Jahre 1879 wurde die von Knödgen in Baumbach erfundene Krug- presse eingeführt, wodurch auch dieser Betrieb wenigstens teilweiste ein fabrik- massiger wurde. \W0 gab es ü, 1882 bereite .32 Krugpressen im KaDDen- bäckeriande. Im Jahre 1879 wurde femer die keramische Fachscfaale, für deren Gründung sich der Zentral vorstand des Gewerbevereina für Xtataa tni 4* Stammbaum I« Generation. 1. 2. 3faria geb. 1597 t 1625 verh. 1617 mit Heinrich AVort- mann. 3 Kinder .'{. Johannes Wort mann Gross vater der Mutter des Kommer- zienrat AVil- helm Remv m geb. 1602 f 1647 zu Grenz- n verh. mit Anna Jost f 1651 11 Kinder g4 hannes (den 6/2 1676 ;. 1700 m. •ia Chris- a Wort- in t 24/9 ) zu Höhr Söhne li (w sei ka Jacob geb. 1647 verh. 1668 mit des Hans Emond Mennioken Tochter, beidß starben 1679 Andreas geb. 1682 t 1749 Grabmal bei der Kirche in Grenzhausen, verh. m. Elisa- betha Catha- rina Remy 5 Kinder Jacob (der JSger) Nachkommen katholisch -nrnhauw Jacob zu Mogendorf 2 mal verhei- ratet viele Kinder Peter in Grenz- hausen 2mal verh. t 1790 45 Jahre alt, in Verfall ge- kommen Sohne und 1 Tochter 5 58 L. Beck Borgrat Evcrsmann schrieb etwa 40 Jahre später*^) : „Amt Bendorf — dieser kleine Distrikt, der nur aus dem einzigen Orte Bendorf mit seiner Feld- mark und Waldung besteht, hat eine einzige thätigo kaufmännische Familie aus einer Unbedeutenheit in einen blühenden Wohlstand erhoben. Ein gowisscr liemy, Sohn eines Pfeifenbäckers zu Mehren im Amte Altenkirchen^) lebte in dem vierzigsten Jahrzehnt des vorigen Jahrhundorts, war durch Handel glücklich, wählte Bendorf zum Orte seines ferneren rastlosen Wirkens, legte daselbst Bergbau und eine Eisenhütte an und erhielt darauf ein ausgedehntes, von der bergamtlichen Polizei eximirtes Privilegium.'' Kommorzienrat Wilhelm Bemy hatte den Weg gezeigt und den Pfad geebnet, auf dem seine Familie zu Reichtum und zu grossen Erfolgen gelangte; Bergbau und Hüttenwesen bildeten das neue Feld der Tätigkeit, das sich immer mehr ausdehnte. Bald nach dem Ableben Wilhelm Remy^s kam seine Wittwe, beziehungsweise die Firma in Streit mit den Mariotischen Erben, namentlich mit dem Ilüttenherru de Barme auf der Nieverner Eisenhütte. Dieser hatte 1761 von einem Gerichtsboten Bücher Mutungen auf Eisenstein im Birlenbacher und Freiendiezer Wald, die dieser 1760 eingelegt hatte, für 1500 Gulden gekauft. Diese kollidierten teilweise mit älteren Mutungen der Wilh. Remy sei. Wittib & Compagnie. Bergmeister Jung wurde von der Berg- und Hütten- kommission zu Dillenburg beauftragt, die Felder zu vermessen und richtig zu stellen. Ausser der Grube Sauwasen bcsass die Firma Mutungen „in der i[ock** und in „der leichten Buchen ** im Freiendiezer Wald, sowie zwei bei llanstaetton. Johannes Kemy trat nach dem Ableben seines Vetters Wilhelm an die Spitze der blühenden llandelssozietät zu Bendorf, führte dieselbe mit Geschick und Erfolg weiter und wendete sich bald neuen Unternehmungen zu. Im Jahre 1766 erwarb oi von Graf Franz Carl von der Leyen eine Erbbelehnung für das uralte* aber längst verlassene Blei- und Silberbergwerk in der Lindenbach, Dort' Vaus gegenüber, auf welche er aus Verwandten und Freunden die .,Niebornor (^Nievemer) Gewerkschaff gründete, aus der dann 1771^*) die Firma Kemy, lloffmann und Compagnie hervorging, welche 17JS1 die sämtlichen IMei- und Silberwerke bei Ems auf beiden Seiten der Lahn an sich brachte und di«*se fast ein Jahrhundert lani^ mit ijlänzendem Erfolii^ betrieb. Der Erzbergbau an der Lahn und die Blei- und Silbergewinnung bei Ems war ein niuier Imlustrirzweig. den dii' Familir lv«Miiy durch den ehrwürdigen Stammvater »lohannes Kemy, der doppelt soviel Kinder wie der Patriarch Jacob, nändich 14 hatte, in Aut'nalime braeliie. Die>e r.eue (.Triindunjj: ist aber so wichtig, dass ihr ein besonderer Ab^vhnirt cewidmer w irden nui^s. liier sull nur die weitere Tätiirkeit Yen J'.liannes Kemy als Kiser.iiAliJ-^nieüer in r>etraehi gezogen werden. • ■ Kr. A. r. vor s n: Hnr. . liorsi^-V; uO" r..M'!i- ;::: i S'.a^ !cr.v .-j..-.j sut* Wasserwerken :\\ dov. l.;4t'..!-r:: .:^^•>oion l.:ihr. ur.^l l-'-i^i-e Por;-ur.vi ■> ^ ' ^ :T*^ *' l>-.c> :<: o'.-.o VorwOv:'>'.;:iic •■■i> N^ ^'■■o-- Kc:v.\s i'; :.;■:• \:.-. .;■. : nach Mehren \t»r:o^O'; \\:4r, \^ A:-.ro::vl der Vr.tor JohAr.r.os iTv^i- ::: lU-l'.r jo>'.,:.e:i :>: ' N .4 : . M : ;: •,» i ' unc v o v. 1 1 r i\. F r s r. : K o •:; ^ 60 L. Beck Gruppe musizierender PersoDen dargOBtellt : die spätere Frau Oberst Hackenbfadit, Tochter von lleinrich Wilhelm Bemy von Basseistein am Klavier, links davon Johann Friodrich Bemy, Sohn des Johannes, Violoncello spielend, teohta Fiftnleui Thierons aus Holland, die Braut von Friedrich Wilhelm Bemy, mit mnrna Notenblatt in der Hand. Im Hintergrund spielen 2 Söhne und eine Toehtw dos Johannes vor einem Notenpult Violine ; das ganze also ein QuintetL — Anf der linken Seite im Hintergrund spielen 3 Herrn Billard, wihrend iwei, der ältero Ploinrich Wilhelm Bemy von Basseistein und Friedrich Wilhelm Bemy« ein Sohn von Johannes, in ernstem Qespräch dargestellt sind, daiwisoben im junge Frau Bemy mit einer Teetasse in der Hand und dadurch die TOfderat und hinteren Ghruppen glOcklich verbindend. Das ganze ist das sohSne Bild einer glücklichen, wohlhabenden Familie. Angeregt durch die Erfolge seines Verwandten, des Eommersienrats Wilhelm Bemy und seines Onkels und Schwiegervaters Johannes in Bendorf und mit Hilfe dieser grfindete im Jahre 1757 Heinrich Wilhelm Bemy in Neuwied eine Handelsgesellschaft, welche sich ebenfalls mit Eisenhandel, Eisonboreitung und Eisenverarbeitung beschäftigte. Heinrich Wilhelm Bemy war geboren den 14. Oktober 1733 als Sohn von Wilhelm Bemy in Qrenzhausen^^) und von Juliana Gatharina, Tochter dep Bürgermeisters Adermann zu Neuwied. Heinrich Wilhelm Bemy verheiratet» sich am 16. Februar 1757 mit Helena Gatharina Wilhelmina, wie er selbst in dem von ihm verfassten Stammbaum schreibt: „meines Vaters Bruder Johannes Bomy, Hütten-Meister und Handelsmanns in Bendorf und Johanettae Elisabethae einer geborenen Hpfmfinnin ältester Tochter^. In demselben Jahre grfindete er die Firma Heinrich Wilhelm Bemy & Konsorten. Die Konsorten waieA wohl die Obcngonannten. Am 28. Sopt 1757 wurde ihm eine Tochter Maria Klinabotha Friodcrica geboren, die spater den Oberst Chr. W. Hackenbracht, der dadurch Teilhaber der Firma wurde, heiratete. Heinrich Wilhelm Bemy übernahm ITlM) das Eisenwerk Kasselstein. Das Eisenwerk Basselsteiu ist, wie die Schmelzhutte in Bendorf und wie die meisten Eisenhütten jener Zeit« aus einer Mühle entstanden. Nach einer Mitteilung des Herrn Direktor Frambs'*^) hat nachweislich schon 1655, aber wahrscheinlich noch früher ein Eisenwerk dort bestanden. In einem 1688 verfassten Testament des Grafen Friedrich von Wied, des Grunders der Stadt Neuwied« werden .«die zwei Mühlen am Itasseistein und in den Tonnen^ genannt. Von ihm winl ferner berichtet, dass er den Bergbau neu eroffnere und Eisen- hütten «^'gründet habe. Graf Friedrich starb am 3. Mai 1698. Einen neuen Aufschwunj; nahm das Eisengewerbe in der Grafschaft Wied-Xeuwied unter Graf Alexander vlT:>8— 1791\ der viel für die Gewerbe in seinem Lande tat. •"^ iioK Jon li>. M«i 16^>T» j^^storbon Jon IS, JAnuar IT^?. Sein Or«bs(«m ist dicht »n J*r Kirch hoftiT\"ir? dor *Uon Kiivho fu OrpnihAU^on. **) Herr Piroktor V>«iiibji mticht^ l^roit» im JAbne" ISi^f mir vonToUe MitteUai^^ Aber den KAs»^l»toiB, >a eitere Noiiten Ins 1TTS »iud, «us^r «nderon «^uc'.>:\ d«n Aa&eichBaiigeii de>!K GrQndeT« Heinrich Wilhelm Kemx« die er dem >on ihm vcrfASstoi: il testen SlaaisbAiuii s^^iner K«mi':e l^^ijy^fÄjrt h«l. entnommen. Die Familie Remy nnd die Industrie am Mittelrhein. 63 Name der einen, welche die Qeschirrfabrik betrieb, wurde in Hackenbracht u. Barensfeld umgewandelt. Der eigentliche Nachfolger des verstorbenen Berg- und Kammerrats war aber sein Vetter und Schwager Carl Wilhelm, der am 6. Dezember 1747 als dritter Sohn von Johannes Eemy in Bendorf geboren war. Er war 1771 in das Geschäft als Teilhaber eingetreten, hatte 1775 Anna Clara Franko von Cassel (geb. 1755, f 1789) geheiratet und starb nach einem langen tätigen Leben im Jahre 1817 zu Neuwied. Da sein älterer Schwager keinen Sohn hinterliess, so ist er der eigentliche Gründer der Neu- wieder Linie Remy. Carl Remy war ein tätiger, energischer Geschäftsmann, der das Ge- schäft auf der Höhe hielt. Es gelang ihm 1784, das Eisenwerk Rassel- stcin, was bis dahin nur gepachtet war, durch Kauf an sich zu bringen. Es ist dies um so bemerkenswerter, als es wenig üblich war, dass deutsche Fürsten derartige Besitzungen käuflich abtraten, sondern sie wurden meist in Erbleihe gegeben, deshalb teilen wir den Kaufbrief aus den Akten der Fürstlich Wiedischen Rentkammer in seinem Hauptteil mit. Am 3. Juli 1787 verkaufte die Herrschaft „zur Verbesserung der Herr- schaftlichen Renten und Gefälle und zur Beförderung des Handels- und Nahrungs- standes an Heinrich Wilhelm Remy & Consorten deren Erben und Nachkommen erb- und eigenthümlich die gesamten Rasselsteiner Werke, so wie solche bei dermaliger Regierung unsers gnädigsten Grafen und Herrn neu angelegt und erbaut worden, namentlich die Gebäude von beiden Eisen schmelzen, den Grob- und Klein-Hammer mit allen dazugehörigen umgehend oder laufenden Werken, Werkstätten, Geräthschaften, alten und neuen Kohlen- und sonstigen Schoppen nebst allen daselbst befindlichen Gebäuden, Wohnungen und dazugehöriger Platzung, Geräthe, Hof, Kribben- und Weidebau-Gerechtigkeiton, Lust und Unlust, wie solche dermalen vorhanden etc. Sodann dazu die der Blech-Fabrique oberhalb dem Dorf Niederbieber gehörigen Platzungen und Gebäuden als ein Blechhamnier mit seinem Laufenden, Gebläse, Feuer und Weyher (incl. Fischen), Kohlschuppen, Zinnhaus, Wohnung, Hof und Garten etc. unter folgenden Bedingungen : 1. Dass vorgemeldete Käufer und deren Erben mit dem 1. Juli 1784 Jahr, also nach Ablauf derer ihnen noch zustehenden 3 Pachtjahre, in den wirklichen Besitz, Betrieb und Genuss dieser beiden Werke samt Zubehör eingesetzt werden, mit dem Recht freier Benutzung und noch andere Eisenfabrik- Werke anlegen zu dürfen. 2. Freien Handel in allen für das Werk nöthigen Materialien ohne Abgaben. 3. Fieie Vorfügung, Verkaufen, Verschenkon etc., doch nicht ohne Vor- wisaen der Herrschaft. 4. Freien Abzug, 5. Recht überall nach Eisenstein zu schürfen und solchen auf bergmännische Alt zu gewinnen gegt^n Entrichtung des Zehnten. 6. Vollkommene ZoUfroihoit für alle zu der Fabrik erforderlichen Materialien, wie Eisen, Kohlen, Ilolz u. s. w. g) versprechen KäufFer sich mit ihren Olfizianten, Ilandwerksleuten und Arbeitern als getreue Unterthanen zu botragen. Neuwied den 3. Juli 1784" (folgen die Unterschriften). Der wiediachen Kerrschaft war der Verkauf auch deshalb erwQnBctit, weil sich wegen der Anlage eines grösseren Wassergrabens, der notwendig geworden war, Dilferenzeii mit den Qemeindon Mied erb iebor und Segeodorf erhoben hatten. Die kurz zuvor erfolgte Erhebung dos Grafen Alexander in den Fürsten- stand am 13. Juni 1784 soll (nach Eversmann) gleichfalls für den Verkauf niitbestiinmend gewesen sein. Die Einrichtung und der Betrieb des Raaselsteiner Blechwalzwerks wurde streng geheim gehalten. Dies erfahren wir aus J. C. W. V o i g t's Mineralogiaeber Hesi^hritibung des liochstifts Fulda (Lei|.Kig 17i)4). „Ich wollte bei der Retour (villi HcliloMs Munt Kepos nach Neuwied) den Itlcchliamnior besehen, man niitchti! aber ein (Jelieiiiiniss aus dieser bekannten (sie!) llanthirung, welches iiiii'h bewtif^, jiuiih an dorn, was gesehen werden durfte, vorüber zu gehen. "■'') •'j Wir erwähnpn (lucli 'lie Notiz niis »iiesor Zoit, «ouach l'iistor CüHar und Ingenieur llorrmnnn viele niiiiiHclie HnnUi bei Nieii«>s^' 4:^1040 Fabrikacsnd: vuzde im Jahie 1195 durth den KrU"^ ::ü? Fr^jinkrvich cLa R&ub *ier FLunzoen. indess» warde sie t**iUv^^ TbÄ^i^kei; der Usr^jrsrhrser b*Id wieA^r b^gesteSt. S vi SIS ? i*: *:e wc^a der Tcrzailif^n H:izi^l5ecajiakiar auf d» S^be Ä*v*h Ar\:orv4c.h vcrlt^sc*:, dürrfie iVfr ^ecK c;ild wiedÄ" SAci Xeowieii cir^'Alszxr: IVc^ü; :=r::»:i: -J*jä**^.r. L^ las -rä-fsi Scl^-i ^^^scäjiff^n.. ünw-* mal \Vj^sc!ö«:'-. >wyyt-z* ^j'i iu.M Siüscielz. Z2fi Trier, Kif Ä- xni Kiiittaia&. 70 L. Beck 4r«;j Vunkum IktmlMn; «tf der f(wHitri«»iclw, um l>^i «»4 Ml Mtefsbridk. Enusnr mt ier Tfiaprtw i» AbM4 flftfi^^ilNüftdM, «a 3 Ladblcr mdlthtigem Gtmgt. der ^mnitUfin führt* Vm Im|^ difMM BtffggfliiMdg gkidi 1fwht\mifiilUm O^bloK« 4«i Odrfrgw is eiacr Iriklift {»I IÜMfrrMmih^.n4isr^ län n^mB m$m bei der AMfdiit niu^lt XnntfHm Iiiiiik#4 niid Ombaliebt aof eionMl die J(b«{|itliiitii im nMufUm Tegediebt mit dem kteig^icben Fhmi, HttAtan^ tflisakm und II&rferD, HcblSman mid einem mn] vofi lUsfffm vor Mi^h «ieht. Efn frobet Bild des Übeigeiiges in Dil) AuNdfluer diese« Ben«« tebeiot auf lange Zeit geddbot hinr mmuM «1» muf den andern beiden genannten Punkten ein d^\ von dor Uintorwand T /oll ab und liogt 2* s Zoll höher als der Dammstein.'' Naoh Kvorsmann niaoht der Hondorfor Stahlstoin gewöhnlich */j der UoMohiok\ing ans, wenn /u Stahl p**blas\*n winl, zu Eisen die Hälfte; man wVlnIo in letv-iorotn Fall nooh wenijjiT weissen brauchen, wenn man mehr braunen hatte. «hie Ualjce \en l.eder weehselten 12 mal in der Minute beide zusammen; »;inj;en n>itbin muh einmal so langsam als die auf den Hünen im Amte Freus- burj:, denn^^'h hatten sie einen testen und starken Wind. Dio Form sah Die Familie Remy und die Industrie am Mittelrhein. 71 regelmässig aus und die gelblich-woisse Schlacke war so leicht wie BimssteiD. Man ist Willens, ein hydraulisches Gebläse nach Bader'scher Art (Cylindor- gebläse) vorzurichten und das wäre eine grosse Verbesserung. Gewöhnlich gehen 30 Gichten in 24 Stunden bei guten Aufschlagewassern nieder, wovon man dreimal laufen lässt. Die Gicht besteht aus V/» Mass Kohlen (ca. 230 Pfd. )? 9 bis 10 Trögen Stein und bringt 160 bis 170 Pfd. Eisen aus. Es wird hier nicht mit Schaufeln, sondern mit Trögen von Eisenblech aufgegeben, die ungefähr 50 Pfd. Stein fassen. Die Gicht wiegt demnach 430 bis 450 Pfd., und 100 Pfd. Eisenstein geben im Durchschnitt 37 bis 38 Pfd. Eisen; und zu 1000 Pfd. Roheisen gehen 1400 Pfd. Laubholz-Kohlen. Die Kohlen weiden hier nach mariotischem Masse gemessen, 20V> Kubikfuss rheinl. haltend. Nach angestellter nochmaliger Untersuchung wog dasselbe in alten buchenen Kohlen ebenfalls wieder 154 Pfd. netto Gewicht. Sie werden aus den benachbarten Forsten und z. T. von der Mosel bezogen. Der gegenwärtige Preis ist 16 Ktlr. G. C. per Fuder mariotisch, die jährliche Konsumtion ist 735 Fuder. Im Jahre 1800 wurden verschmolzen 1376 Saynische Wagen (= 2064 T.) Stein und daraus erzeugte 103 Wagen Saynisch (140 T. ) Giess-, 415 Wagen (56472 T.) Rohstahl- und 20 Karren (10 T.) Wascheisen. Der selbst kostende Preis des Bendorf er Haufs Stein kann zu 3 Kthl. G. C. angenommen werden ; in der Verzehntung ist er nur zu 3 fl. angenommen. Welch eine Quelle des Reichthums ! — die der kaufmännische Geist durch die grossen und weitläufigen Verbindungen seines Ilauses auf's beste zu nutzen weiss. " „Hier wäre der Fleck, wo ein zweites Carron^^) angelegt werden könnte, mit Steinkohlen und Koks von der Mosel." Diesen Gedanken spinnt Evers- m a n n weiter aus und wenn man heute die grossen Krupp'schen Hochofenwerke bei Mühlhofen und Neuwied betrachtet, so muss man zugestehen, dass seine Winke prophetische waren. „Das Produkt der Hütte geht sehr viel in die Grafschaft Mark, wo es die Ruhr hinauf gebracht wird; sodann ein beträchtlicher Teil nach dem Eunsrück, wo das Haus Remy, Hoffmann & Comp, an Hammerwerken beteiligt ist. Das Hunsrücker kaltbrüchige Eisen wird durch Zusatz des Bendorfer verbessert und es ist ihnen unentbehrlich, denn die dortigen Werke müssen */3 Bendorfer Grund zusetzen, wenn sie brauchbares Eisen liefern wollen. Es geht die Mosel hinauf bis Trarbach, wird da ausgeladen und auf der Achse nach den Stumm'schen Werken zu Asbach und Abentheuer gefahren.** Im Monat Dezember 1800 waren auf der Bendorfer Hütte 15 Tage lang Versuche über Hüttenökonomie angestellt worden. Hierbei waren zur Dar- fltellung von 1000 Pfd. Roheisen 1500 Pfd. frische Buchenkohlen und 2706 Pfd. Eisenstein erforderlich; es fielen dabei 647 Pfd. Schlacken. Nach einer Kosten- berechnung betrug der Jahresgewinn bei einer Produktion von ca. 1 400000 Pfd. 10 800 Rtlr. Die Güte des Bendorfer Roheisens erwähnt Eversmann noch an mehreren Stellen: so schreibt er, dass das damals französische Staatswerk *') Carron vtar das erste moderne mit Steinkohlen betriebene Eisenwerk am Clyde in Schottland. Es war 1760 von John Koebuok erriohtet. rr— T=-- TTi-^ • . / /■ • i # 0 1> i,' « , • • • I ■. I •,.*'• • ■ . 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(las I{<)(.'hniVn- , '.r/jii -amIi Alili I liiilli IM •!• r l.iliii IUI \ ml lu Mllli;irh. vnli (1(T Fül'Stlii'll v fr.tiiii|/ Iil Ihiiiiiiliiii - I • Im II \>« Ihm iMi II I I I II •(• III miIm II Im I ll.iliii t.i(hvährend des Eirchgangs oloihuni: in der Voirtei Ems kaüi Jurvh Etlsv-harr und Kauf an üive Naihkoiumen, dii» Herrn de Uciiuilc. D:i abvr difi^o vi i'i>i- wenig wie die M.ivi^-r \v^:i vli-r In-loii'.ur.i: der Hl^'i- ur.d S:!lrv.r.:o ^:!:^ n Gvbraui.h iremacht l;.ir:i'!U ^^* \\.4:o:: ^lie altoTi Grubor. r.iuh Ivr^r^.^!:: ::> Vi.'*? j»:ull^n uzl niemand .l;U : ■.:^* Vi 1 ' * 1^ • > or.'.v • « M.l:.::; V M;;: !.i->' :».:\ * > , V.. . » ' ■ ■ • 1 1.:^. • • •«« .1 .. . • \-^' ... X 1 k > • .. ..1 . • • • ^vi\1m : ::. Pi •.>■;■ .:• •--. m;. »* •* •. : ••^ Wv N . V : N. i>>. 1 *« «• - VK 1 «■ * * * ■ ' ■ • l. • ••..N» ,*'.'. 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Der Landgraf Ludwig VIIL von Hessen erklärte sich schon am 20. Dezember 1746 bereit, die Belehnung zu erteilen; die nassau-oranischo Kogierung zögerte noch. Es scheint, dass die Unternehmer ihre Hoffnung vornehmlich auf Kupfer gesetzt hatten, Christoph Wild wird Kupferschmelzer genannt und die Gruben 1747 als „das in der Vogtei Ems zu beyden Seiten der Lahn gelegene Kupferbergwerk" genannt. Am 10. Juni 1748 beschwerte sich Christoph Wild „Bürger" zu Nassau im Namen der Gewerken bei der nassau-oranischcn Bentkammer, dass ihnen die Belehnung immer noch nicht erteilt sei, während sie doch schon bei 3000 Btlr. verausgabt hätten. Darauf wurde von den beiden Herrschaften eine Unter- suchung durch Sachverständige beschlossen und von Hessen-Daimstadt der Berg-Secretarius H. L. Kriegsmann, von Nassau-Oranien der Bergverwalter H. Susewind damit beauftragt. Diese erstatteten am 25. September 1749 Bericht über ihre „Befahrung der Bergwerke der neuen Gewerkschaft des Schmelzers ^Vild und Consorten". Dieser lautete in den Hauptsätzen, wie folgt: 1. Der tiefste Stollen ohnweit der Ziegelhütte ist in den Fahnen berg durchs liegende Quergestein bis an den Gang 70 Lachter aufgefahren. Auf beiden Seiten des Gangs ist ausgclenkt worden; herunterwärts steht derselbe noch an, ist aber eisenschüssig, dahero die Alten denselben an diesem Orte nicht weiter verfolgt haben; 2. wurde mit der Befahrung weiter fortgeschritten und ein Stollen am Plüsskopf durchs hangende Quergestein etliche und 200 Lachter hing bis vor Ort angetroffen. In etlichen Lachtern rückwärts von dem Stollenort ist der Gang überfahren, welcher aber daselbst ganz taub ist und nur etwas schwarzen Eisenstein mit sich führte; i\. befuhr man den tiefen Stollen an diesem Kopfe, der vom Mundloch bis vors Ort 250 Lachter lang durchs liegende Queigestein bis zum Gang getrieben ist. Hier hatte die Gewerkschaft auf dem Gang den alten Mann aufgesäubert und 3 Pumpen an verschiedenen Stellen aufgtjstellt, die aber die Wasser nicht wältigen konnten. Auch Untersichbrechen war nicht möglich, weil durch Herausreissen des Holzes alles brüchig war. Es müsste eine Kunst gebaut werden, die aber über 2000 Gulden kosten würde; 4. jenseits der Lahn befindet sich ein Schacht und ein Stollen auf dem Mallernberg (jetzt Mahlberg), von dem die jetzige Gewerkschaft den Schaclit 13 Lachter aufgesäubert, denselben aber wegen geringer Hoffnung wieder aufgegeben hat. Auf diesen Bericht hin erklärte sich die nassau-oranische Herrschaft bereit, der Gewerkschaft die Belehnung zu erteilen, doch forderte sie am 5. November Die Familie Remr und die Industrie am Mittelrbein. 89 Schichtmeister Rück den inneren Znstand des Bersrwerks gar wohl eingesehen und hiervon dem HandeUmann Sturm solche Zuführung gethan. dass endlich dci selbe lucri captandi graria zu sothaner Offerte bewogen wurde. Der Schicht- meister Ruck hat auch vorhin gar kein Hehl daraus gemacht sich zu äussern: ^dass, wenn er die Frankenfelde nur aus der Gewerkschaft heraus habe, er dann wohl anders fahren wolle" . . . Alle diese Dinge« fährt Creuzer fon, bedurften aber noch näherer Untersuchung.* Nach dem in dem Bericht erwähnten amtlichen Protokoll waren am 10. Dezember 1765 der Schichtmeister Rück, der Bergschmied Johann Werner Führer und der Obersteiger Euch (?; erschienen und hatten erklärt, dass das Bergwerk nicht weiter geführt werden könne, weil ihre Mitgewerken. die Brüder Regierungsrat Frankenfeld. Oberschultheis Heinrich Christan Frankenfeld und der herrschaftliche Zollerheber Fritz Frankenfeld nicht die nötige Zubusse zahlten, weshalb die Bergleute ihren Lohn nicht erhielten. Es müsse den Frankenfeld eine kurze Frist gesetzt und wenn sie diese nicht einhielten, ihre Kuxen für kaduck (verfallen; erklart werden. Die Frankenfeld beschuldigten dagegen den Rück der Unredlichkeit, er wolle sie nur um ihre Kusen bringen und habe sich zu diesem Zweck mit dem Handelsmann Sturm verbündet. Rück habe in dem Bergwerk reiche Erzmittel absichtlich stehen lassen, um die Grube, nachdem er die übrigen Gewerke müde gemacht habe, zu erwerben und diese Mittel abzubauen. Daraufhin wurden Bergauditeur Emmesmann und Bergrat Heusler beauftragt, die Emser Bergwerke zu befahren und zu untersuchen, während der Amtmann Creuzer ein amtliches Zeu^renverhör vornehmen solle. Beides lieferte keine Klarheit und Creuzer wurde nun beauftragt, die Sache gütlich beizulegen. Infolge dieses Streites war zum gri.ssen Nachteil des Bergwerks der Betrieb zeitweilig ganz eingestellt worden ; auch sjiäter wurde er lässi? und nur so weit fortgeführt, um das Bergwerk nicht in?^ Freie fallen zu lassen. Nach Berichten Creuzer» vom 14. und 19. Februar 1767 weigerten sich die Bergleute zu arbeiten, wnil sie ihren verdienten Lohn nicht erhielten. Die Aussichten seien nicht ^ohl^chT. aber die üble Wirtschaft werde nicht aufhören, bis ein beminelter Gewerke oder dhs Herrschaft :?elbst sich beteilige. An der üblen Wirtschaft s*?i der Schichtmeister Rück, der nach Schlesien Tseiner Heimat verzogen sei. allein schuld. Die Franken feld suchten bei der H^Tr-jchaft um einen Vorsohuss vi.n 4000 Gulden zur Til^uni: *i^T Schulden und um n«:«:h einige Frei jähre nach, dann würden sie «Idr» Berirwfrk wieder in blühvnd»:'n Zustand bringen. Hierauf Hessen sich die Herr-cKäftcn nicht ein. Itück. d^r die Gewerkschaft im Stich gelassen hatte, machte F« rd^-ruD:ren an die-».- im Bvtra:; vun 2757 tl. \^ kr. geltend. Er hatte seinen S^i.wiiirer J« }!aLn Michiiel L*=rz zu st-inem Bevollmächtigten ernannt. Die Frank^rif»'!d ina«Kren Küok da.;e^'*:r* für «iie Schulden der Gewerk- schaft raitveraniwvrrü' ::. A::. t«. Sej:tenib»rr 1767 kam zwischen H. und "W. Frankenfeld und Dr. ne»:-.:niann HintT?».-!:-. und J. M. Lotz und Schultheis Otto andererseits ein VersrleicJi zi^ranile dahin, dass die Ft-rderun? des Rick 92 L. Beck sein, nur Emgesessene and Ansiedler wären zu den herrsohafilioheD, had- sohaftliohen und gemeinen Lasten heranzuziehen. Andersgläubige dfirfen niehi gekränkt und belästigt werden. ^ Wegen der Religion soll kein Untersohied bei den Arbeitern gemacht werden, so lange sie sich friedlich verhalten, soll aber ein solcher sich als ein unruhiger, zänkischer und widriger Kopf zeigen, so ist er auf Verlangen der Herrschaft zu entfernen und aus dem Kirohspiel abzukehren.^ Die Errichtung eines Wein- und Branntwein-Ausschankes, einer Erämerei oder sonstiger „Eummerschaft^ ohne spezielle Qenehmignng ist unter- sagt, mit der Bestimmung, dass „die Bergleute dasjenige, was sie Selbsten an nSthigen Lebensmitteln konsumiren auch selbsten sich anschaffen, oder aber der Steiger oder andere Bergbediente ihnen solches in natura foumiren können.*' Bei allen etwaigen Neumutungen im gräflichen Gebiet hat die Oewerkachaft der Herrschaft „die Preferenz zu geben^, während diese verspricht, nicht s,jeden hergeloffenen, der Sache nicht genugsam verständigen oder auch schlecht be- mittelten so leicht Qehör zu geben^. Zum Schluss appelliert der (katholische) Qraf an „die bekannte ohristliohe Gesinnung^ der (protestantischen) Gewerkschaft, „dass dieselbe sich von selbsten erinnern und geneigt sein werde, bei anhaltend guter Ausbeute der Kirche zu Hievem und den dasigen Armen von Zeit zu Zeit eine christliche Gatthat zu erzeigen^. Eine noch in demselben Jahre erlassene Sonderbestimmung gestattet, dass nichtkatholische Bergleute des Kirchspiels Nievern nach dem Ableben ausser Landes geführt und in benachbarten protestantischen Orten begraben werden, desgleichen „die von den Eheweibern gebährende Kinder, wenn sie wollen, zu Empfang der Tauf, an einem benachbarten protestantischen Ort ohngehindert zu flberscbieken, mit dem ausdrücklichen Vorbehalt jedoch, dass in beiden Fällen die gewöhnlichen Tauf- und Begräbnissgebühren auch dem Katholischen Kirohspiels-Pastor jedesmal vorher abgeführt werden sollen''. Die Gewerkschaft begann mit dem Aufräumen der alten Strecken und Abbau in der Lindenbach und gestaltete sich das Unternehmen nach zwei Jahren schon so hoffnungsvoll, dass man die Anlage eines tieferen Stollens beschloss. Da dieser abei, um eine möglichst grosse Teufe zu bringen, dicht an der Lahn im Gebiete der Vogtei Ems angelegt werden musste, so war die Nievemer Gewerkschaft gezwungen, mit der Emscr Gewerkschaft in Verhandlungen zu treten, um deren Zustimmung zu erlangen. Am 27. August 1768 unterschrieb Amtmann Creuzer in Nassau ein zwischen der Emser und der Niborner Gewerkschaft getroffenes Abkommen, wonach letzterer von der Emscr Gewerkschaft unter gewissen Bedingungen gestattet wurde, „einen Stollen anzufangen und unter ihre in dem gräflich Leyischen Gebiete bei Nieborn gelegenen Grubongebäude zu treiben". In einem hierauf bezüglichen Schreibon der Jimser Gewerkschaft an die Nassausiche Kammer heisst es: ,,was gestalten der Hüttenherr S. A. H. Johann Remy zu Bendorf nebst einigen Consorten vor einigen Jahren zu Niebom im gräflich Leyischen ein altes Bergwerk jenseits der Lahn nächst an der p]mser Gränze aufzuräumen angefangen, auch guten Erfolg darinnen angetroffen habe, nun aber Die Familie Remj and die Indasthe *m )Iic:eIrlieizL * 99 § 14. Sollen die Herrn Lehntriger. ihre E. and En. heiazi sein aof die Packwerke and Schmelzhfltte. wie tach nach den Gnxl«n. Schichten, Stollen, Röschen and allen andern Berg- and H&tiengeb^aden ¥xi3^ and Fahrweze zn machen: ingleichen insofern es nöthig Bracken and Wanersteege ober Biche zom Natzen des Bergwerks anzalegen. jed>xh daa weder das herrschaftliche ntxh sonst Jemands Interesse im geringsten Schaden dadarch leide and mit dem aos- drücklichen Torbehalt, dass hienmter kein Uebermaass gebraooLet, Niemand da- mit ohne Noth beschweret, acch s*>lches vorher anz^ezeigt and berichtigt werde, und die Schaden leidenden EigenthQmer dagegen einer billi^issigen von Un- ]>artheiischen za bestimmende Entschldigong erhalten. § 15. Dahinge:?en verbinden sich die mehr genannten Herrn Lehnträger mit ihren £. acd En. and künftigen Mitgewerken. diese Werke bergmännisch aof ihre eigene Kosten aafzabaoen and fortzutreiben, auch nicht liegen za lassen: sondern jederzeit in nutzbarem Stand so viel an ihnen ist. za erhaltea. and wenn eine oder andere Zeche in Jahr und Tag nicht bearbeitet werden, dieselbe eo ipso ins Freie gefallen sein, auch die ausser der Vierung der verliehenen Gängen liegende Trümmer oder andere in der Gegend sich findenden Gänge, wie § 2 bereits enthalten, alsdann ebenfalls gemuthet und mit Arbeit von ihnen belegt werden sollen, wenn von anderen Bergwerksliebhabem eine Mathung deswegen begehrt wird, oder gewärtig zu «ein. dass letzteren willfahrt werde. § 16. Sollen die Herrn Lehnträger die Unterthanen der gemeinschaftlichen Yogtei Ems zu den Berg- und Hüttenarbeiten, insofeme sie dazu tüchtig und geschickt sind, den fremden vorziehen, ingleichen jene zum Fuhrwesen vorzüg- lich berufen und den Inländern überhaupt vor andern in allen Fällen den Ver- dienst gönnen und zukommen lassen, selbige auch richtig und ordentlich mit baarem Gelde ausbezahlen und weder beide h^krhste Landesherrschaften noch die Unterthanen mit Unkosten und Schulden lielastigen. wohingegen aber auch die Unterthanen sich wetzen des Fährlohns billig tinden and allenfalls mit dem von gemeinschaftlichem Amt deshalb zu bestimmende Tax sich begnü^ren lassen sollen. im übrigen § 17. Versprechen wir oftgenannten Lehnträgem ihren E. und En., so lange sie ihrerseits den in dieser Erbbelehnun^r enthaltenen Punkten durchgängig ein Genügen leisten, dagegen für allen Eingriffen oder ungerechte Gewalt in Bauung der Werken und Gewinnong wie auf Zugntmachun.? der Erze und Mineralien kräftigst zu schätzen acd dieselben bei den ihnen zugestandenen Privilegien und Freiheiten in allen Stöcken zu handhaben. Dagegen s^jllen § 18. Sie Lehnträjer. ihre E. und En.. Cessionarien und übrige Mitgewerken dieser ihnen ertheilten Belehnong. wenn sie solche in einem oder dem anderen Stück misäbraachec. and zum Schaden und Xachtheil beider hOchnen Landes- herrschaften cnd der h'xrhsten Succes&jren einige Gefärde. Sie bestehen worin sie wollen, gebrauchen werden, nach vori^üngiger rechtlicher Untersuchung und Er- kenntnifs ohne Wiedererstatten? der ^ ^n der Ge-srerk schar, aufgewendeten Kosten. gänzlich \er;a?'ig und alle^ Verliehenen an beide üL^oLste Herrschaften zurück- gefallen sein, »ozu sich dieselben durch eidliche Reversates verbindlich gemacht haben. Dessen zq -ivahrer Urknnd i^t «lieie BelehnuLg mit der gew.Tihnlichen Unter- versehen UL-I rr.it Vordruck lüg des grossen Sie^reii bestlrkt worden, — So gescbdien Dillenbur/. iier. 12. Ajril 17S1. /Z^ S.t F'irs^iioLv «>raii:en-Na?saais*:he z^ir Her?- und Iltitten-Kjmmiwion verordnete Prösidend und Käthe von Roder. 6 Die FaiDÜie Reniy und die iDdustrie am Mittelrheio. 107 gemessen 315 Pfd. Die nassauische Behörde war mit dem vorgesohlagenen Preis einverstanden, der hessische Bergkommissar wollte mehr erzielen und behauptete, die Scblicge könnten reicher geliefert werden, während nach Angabe der Gewerkschaft das nur mit grossen Verlusten für sie zu erreichen sei. Zur Eontrolle des Betriebs und des Zehnten wurde von beiden Herrschaften eine gemeinschaftliche Befahrung ihrer Sachverstandigen beschlossen. Die Emser Borgwerksrechnung für 1791 stellte sich wie folgt: Einnahmen für 31 70 Mass Scheiderz weniger 317 „ „ lO^/o Zehnterz 2853 Mass zu 7 fl 19 971 fl. = 13 314ßtlr.") 660 „ Schliogcrz weniger 66 „ „ 10% Zehnterz 594 Mass „ zu 6 fl. 3564 „ = 2 376 „ 23535«. = 15 690ßtlr. Ausgaben 11904 „= 7936 „ Gewinn 11631fl. = 7754Btlr. Der Zehnte betrug 2615 fl., für jede der beiden Herrschaften also 1307 fl. 10 alb. Im Jahre 1792 wurden 2300 Mass Scheiderze und 1780 Mass Schliegerzo verrechnet. Der nassauische Zehnte betrug 1339 fl., wovon 6 Prozent für den Zchnterheber mit 80 fl. 10 alb. abgingen, so dass 1258 fl. 10 alb. an die Herrschaft abgeliefert wurden. Dieser Erfolg der Gewerkschaft und die grosse Ausbeute veranlasste die hessen-darmstädtische Regierung, nochmals die Frage wegen des Anspruchs der Hen'schaften auf 2 Freikuxe nach dem Wortlaut des Entwurfs für die Leih- briefo aufzuwerfen. Die Untersuchung ergab, dass diese Forderung niemals rechts- kräftig geworden und in keinem der späteren Leihbriefe enthalten gewesen sei. Dagegen beschlossen 1 793 die Berg- und Hütten-Kommission zu Dillenburg und die Hofkammer zu Darmstadt, dass wegen der Wichtigkeit des Unter- nehmens eine Befahrung von sachverständigen Mitgliedern dieser hohen Kollegien vorgenommen werden sollte. Da Ober-Bergrat StifFt am 3. Juni 1793 ver- storben war, so wurde von Nassau-Oranien Bergassessor Becher und von Hessen Kammerrat Klipstein, beides hervorragende Fachmänner im Berg- und Hütten- wesen, damit beauftragt und kam die Befahrung 1794 zur Ausführung. 1792 war der Preis der Blei- und Silbererze gestiegen. Graf Philipp von der Leyen hatte mit Remy, Hoflmann & Comp, den Preis der Scheiderze von der Lindenbaeh auf 12 Jahre auf 8 fl. 15 kr. für das Mass vereinbart. Bergassessor Stöckicht in Braubach behauptete 1793, der Preis der Scheiderze müsse auf 13fl. 3() kr. für das Mass erhöht werden, da Hessen-Darmstadt aber die Erze in natura bezog, war dies belanglos. Die nassauische Regierung verlangte dagegen von der Gesellschaft einen höheren Preis für die Zehnterze. Die Gewerkschaft vertrat den Standpunkt, dass die Erze seither nicht mehr als 7S ) 1 fl. = 20 Albus, 1 Rtlr. = 30 Albus. 110 L« Beck obersten Liohtloohe bis auf die StoIlensoUe 80 Laohter. Da aber das Gebiige Laohter um Laohter ansteigt, so wird man in kurzer Zeit ziemlioh tief mit dn Stollen unter derselben kommen.^ In § 104 erwähnt Y o i g t Merkmale eing^angenen Bergbaues «m reehtsn Ufer der Lahn und Versuche zu dessen Wiederherstellung und fiShrt daim fort: ,,Das (Jebürge am rechten Ufer der Lahn ist von eben der Besohaifenheit, ebenso prellend stüklich und wild, wie jenseits, Nur einige kleinen Parduen davon haben ein sanftes Ansehen und in diesem sollen auch nur Ginge atrdobaii, was ich drfiben beim Linnebacher Wald anzuführen veigessen habe • • • • Yor diesem ist in den Bergen am rechten Ufer der Lahn ebenfalls viel Beigban getrieben worden, wovon noch starke Pingenzüge übrig geblieben sind« Man ist auch wirklieh gegenwärtig daran, alle die alten Werke mit einem tiefen Stollen zu unterteufen und verspricht sich guten Erfolg.^ Im Jahre 1794 war für die Landesherrschaft eine neue Frage dadnrdi aufgetaucht, als die Gewerkschaft anfing, auch Kupfererze zu gewinne. Für diese musste ein Preis festgesetzt werden. 1 Mass Eupfersoheiderz wog S06 Pfd., 1 Mass Schlieg 191 Pfd. Yon beiden wurden Proben nach Diets gesehickt, um den Eupf ergehalt zu ermitteln. Bergmeister Jung fand denselben (1795) im Scheiderz zu 14, im Schliegerz zu 14 Prozent Eupfer. Danach wurde der Durchschnittspreis auf 5 Gulden für das Mass festgesetzt In den Jahren 1794 bis 1797 wurden 945 Mass Eupfererze gewonnen, wofür Nassau 2367« Chdden für Zehnten erhielt 1795 brachte der franzosische Bevolutionskrieg schwere Erieganot Aber das Land, worunter auch der Emser Bergbau litt Im November klagt der Zehnt- erheber Gödecke über grosse Eriegsbelästigungen durch österreichische Truppen. Infolge dessen gingen Erzförderung und Zehnten zurück. 1794 betrug der nassauische Zehnte 35 Mass Scheiderz und 29 Mass Schliegerz, wofür 640 fl. einschliesslich der Erhebungsgebühr vergütet wurden. 1795 ergab der Zehnte nur 18 Mass Scheiderz und 16 Mass Schliegerz zu 340 fl. Der Wert der Ausbeute betrug 1794 12 800 fl., 1795 nur 6800 fl. Aus den Zehntrechnungen lasst sich die Erzförderung berechnen. Dieselbe betrug: Jahr. Blei- tt. Silbererze. Kupfererie. 1791 . . . r)3()200 kg") 1792 . . . 571200 r 1794 . . . 179200 ^ 1795 . 1796 . , . . 95200 „ , . 179200 - 94r)00 kg 1797 . . . 122800 . 1798 . , . 296 800 - 18 500 , 1799 . . . 168000 . 4000 « 1800 . . 249200 , 7 000 - ^ Ms Zaklen Ar 1791 und 1792 sind unverhäIfcnisniSssig hoch. Vermntliob sind darin MImmb JthfW mitenthalten. Die Familie Remy und die Industrie am Mittelrhein. 111 Jabr. Blei- u. Silbererze. Kupfererze. 1801 . . . 260400 kg 48000 kg 1802 . . . 232400 „ 8000 „ 1803 . . . 159 600 „ 12000 y, 1804 . . . , 123200 „ 6000 „ 1805 . . . 114800 „ 28000 „ Bcrgmeister Jung nahm am 12. Oktober 1798 im Auftrag der nassauischen Berg- und Hüttenkommission eine Befahrung der Emser Bergwerke vor und zwar allein, da Scöckicht ablehnte, weil er dieselben erst im Jahr zuvor besucht habe. Nach Jung's Bericht vom 31. Oktober fand er in dem Hauptbetrieb in der Pfingstwicse den tiefen Stollen 230 Lachter aufgefahren. Das Laehter habe sich durchschnittlich auf 30 Btlr., die Gesamtkosten auf 6900 Rtlr. gestellt, die noch fehlenden 200 Lachter wurden aber teurer werden. In der Pitschbach war nur der alte Stollen aufgesäubert. Im Mahlberg war eine 50 Lachter lange Rösche bis zum Qang getrieben und dann auf diesem auf- gefahren. Jung rühmt den schwunghaften Betrieb und die guten Aussichten, die den zweckmässigen Anordnungen und dem Nachdruck der Gewerkschaft zu danken seien. Die Belegschaft bestand im Bergwerk aus 1 Schichtmeister, 1 Ober- und 2 Untersteiger, 38 Bergleuten, im Poch- und Waschwerk aus 2 Steigern und 67 Kindern und in der Schmelzhütte aus 15 Mann, zusammen 122 Arbeitern. Die Schmelzhütte ging regelmässig. Es waren im abgelaufenen Jahre 1560 Ztr. Blei und 480 Mark Silber geschmolzen worden. Es mangelte weder an Erzen noch an Holzkohlen, Holz und Zuschlägen. 1 Fuder Holz- kohlen kostete 24 fl., 1 Klafter Holz 10 fl., der Zentner Blei wurde mit 12 fl. bezahlt, ebenso 1 Ztr. Glätte; Silber hatte den feststehenden Preis, für Kupfer wurden 57 fl. für den Zentner erlöst. Ein Mass Kupferscheiderz enthielt durchschnittlich 26 Pfd. Kupfer. Die hessische Regierung fuhr fort, die Zehnterze in natura zu beziehen und nach Braubach zu fahren, obgleich die Hütte seit der französischen Invasion stillstand. Zu dem Jahre 1800 wird bemerkt, dass die Erze mehr Blende, Arsenik und Schwefel enthielten wie früher. Die Aufzeichnung der Hütten- produktion seit 1797 ist erhalten und bietet einen guten Massstab für die Entwickelung des Emser Blei- und Silberwerkes. Die Abrechnungen über die Zehnterzo sind seit 1801 nicht mehr von dem Obersteiger Joh, Jost von Ey, sondern von seinem Sohn, dem Schicht- meister Johann Christian von Ey unterschrieben. 1802 fand wieder eine gemeinschaftliche Befahrung von Bergmeister Jung und Borgkommissar Stöckicht statt. Der tiefe Stollen war damals bis auf 300 Lachter vorgetrieben und noch 150 Lachter von dem alten Gesenk und 250 Lachter von dem ersten Erzmittel entfernt, während der alte Pfingst- wieser Stollen nur noch 60 Lachter aufzufahren war. Die Belegschaft ohne die Steiger betrug 36 Häuer und Lehrjungen, 13 Förderarbeiter, 68 Scheid-, Poch- und Waschjungen, 8 Hüttenarbeiter, 6 Röstknechte, zusammen I31. 114 L. Beck Schicht mehr zugesetzt, sondern strengflfissige Materie aufgegeben, bis das Ganze nieder im Gleichgewicht ist. Die Nase ffihrt man bei einem guten Schmelzen 12 Zoll lang und hüt den Ofen dunkel. AUe 14 Tage wird ausgeblasen. In dieser Zeit falbn 50—70 Ctr. Werke und an 10 Gtr. Bleistein. Bleisteinschmelzen. Der Bleistein wird dreimal wie das Stafen geröstet. Zu einem Haufen weiden 100 Otr. Stein aufgestürzt; bei der zweiten und dritten Böstung wird das Feuer stärker als bei der ersten gegeben. In 12 Tagen sind diese drei Bostungen zu Ende, wozu V« Klftr. Holz und 6 Maass Kohlen verbrannt werden. Die Steinarbeit geschieht in den beschriebenen Erummöfen. Sofaicht: 1) 4Vt Ctr. Schlacken, 2) 3 Ctr. Bleistein, 3) 1 Ctr. Eratze. Der Satz wird auch hier wie beim Bohschmelzen geführt. Yon 100 Ctr. Stein fallen 20 bis 25 Ctr. Werke und nahezu 30—34 Ctr. Stein. Der bei dieser Arbeit gefallene Stein bekommt 4 Böstfeuer wie oben und geht im Allgemeinen 4—5 mal durch den Ofen, worauf alsdann Eupferstein erfolgt. Dieser muss 7 — 8 Böstungen erleiden, die man immer kräftiger zu geben sucht. Hiemach passirt er in folgender Schicht: 1) 16 Ctr. Schwan- kupferschlacken, 2} ebensoviel Eupferstein mit einander gemengt, wieder durch den beschriebenen Ofen. Wenn der Ofen bei dieser Arbeit in gutem Gange ist, so werden auf 1 FfiUfass Eohlen 2 — 3 Tröge der Schicht geworfen. Die Nase wird hier nur 3 — 4 Zoll lang gehalten. Im ersten Zeitraum der Arbeit erfolgt V« Spuistein und V« Schwarzkupf er. Der Spurstein bekommt hierauf 4 Böstungen und geht sodann die Arbeit des Eupfersteins wieder durch. Das Schwarzkupfer wird gedarrt und hierauf auf einem kleinen Garherd, in welchem der Tiegel aus 1 Thl. Quarzsand, 2 Tbl. Lehm und 1 Tbl Eohlen- staub geschlagen ist, gegart. Aus 100 Ctr. Schwarzkupfer pflegen gewöhnlich 60—70 Ctr. Garkupfer zu erfolgen." ,,Das Glattewicderherstcllcn geschieht in demselben Ofen, in dem die Erze und Steine verarbeitet werden, doch legt man die Form 2 Zoll niedriger und ganz wagrecht; den Düsen gibt man nur 2 Zoll Fall. Die Schicht besteht aus 1) 2 Thl. Glätte, 2) 1 Thl. Heid und 3» ebensoviel Blei- sehlackeu. Auf ein Fass Eohlen kommen bei gutem Gang der Arbeit 2 bis 3 Tröge von der Schicht. Die Nase hält man 4 — 5 Zoll lang. — Der aus dem Tiegel abgezogene Bleidreck wird unter die Hüttenkrätze geworfen, derjenige aber, welcher aus den Bleipfannen gezogen wird, kommt am Ende der Arbeit wieder mit einem Thoil Schlacken von der Glätte auf den Ofen und hieraus wird das Hartblei erhalten. Ein Versuch, mit Koks das Bleioxyd zu schmelzen« misslang wegen zu grosser Hitze. *• .»Treibe n. Die Werke worden erst in einem Krummofen über Holz, welches auf Kohlenasche liegt, umgoschmolzen. Dadurch, dass das Werkblci durch die Kohlenstübbe läuft, wird es von dem Rest seines Bloistcins befreit und sam- melt sich in einem Tiegel vor der Brust des Ofens, aus dorn es ausgekeilt wird. Dies ist „das Saiirern der Werke**. — Die Treibarbeit geschieht in einem unverhältnissmässig geräumigen, hochgewölbteu Ofen. Man vertreibt gewöhnlich Die Familie Remj and die Indastrie am Mittelrhein. 115 130 — 136 Centner Werke auf einmal. Wenn der Ofenherd stark abgewärmt ist, werden zuerst 106 Ctr. Werke eingetragen und eingeschmolzen. Alles dieses erfordert eine Zeit von 8 bis 10 Stunden. Kurz darauf wird abgezogen und nach 6 Stunden noch einmal, worauf alsdann im Treiben der Werke selbst noch 24 bis 36 Ctr. Werke allmählich nachgetragen werden. Die ganze Treibarbeit pflegt in 72 Stunden beendigt zu sein. — Die zu vertreibenden Werke halten von ö^/a bis 5% Loth Silber. Bei dem Treiben und Glätte- wiedcrherstellen rechnet man 10 Prozent Vorbrand." Im Jahre 1802 betrug die Produktion der Uütte 1212 Ctr. Weichblei, 195 Ctr. Glätte und 56274 Mark Silber. Die Verkaufspreise der Metalle waren 1803 für Blei der Zentnei'*^) 16 fl., für Kupfer der Zentner 75 fl., für Silber die Mark 23>/2 fl. Die Abrechnung für 1804'") ergab: Einnahmen einschliesslich des vorjährigen Kassen- bestandes 30 143 fl. 24 kr. Ausgaben: Arbeitslöhne . . . 78 1 2 fl. 03 kr. Sonstige Betriebskosten . . . 8293 „ 05 „ Herrschaftliche Prästanda . . . 910 ^ Vertheilter Gewinn (75 fl. pr. Kuxe) 9750 „ 26 766 fl. 8 kr. bleibt Kassenbestand . . 3 377 fl. 16 kr. Embserhütte den 31. Deebr. 1804. Joh. Christ, von Ey, Schichtmeister." Die politischen Umwälzungen führten 1804 zu Änderungen der Landes- herrschaft, die Vogtei Ems fiel ganz an Nassau, zunächst in der Weise, dass der hessen-darmstädtische Teil an Fürst Friedrich August von Nassau-Usingen kam. Dieser ernannte den Rentmeister Schellenberg zu seinem Zehnterheber, während Godecke in derselben Stellung für Nassau-Weilburg blieb. — In diesem Jahre, am 25. Juni 1804, wurde der Betrieb am Mahlberg eingestellt, während die Arbeiten auf Pfingstwiese, Pitachbach, Plüsskopf, Fahnenberg und Linnenbach fortgesetzt wurden. Die Bolehnung in der Herrschaft Frucht ging aber damals der Gewerkschaft verloren, weil die vom Stein'schen Besitzungen an Nassau fielen und die Beleihung wegen Nichtbenutzung verfallen war. Sonst liegen aus der Zeit des Joh. Jost von Ey, der 1809 verstarb, nur wenig Nachrichten vor. J. D. Engels schreibt in seinem Buche „Ueber den Bergbau der Alten in den Ländern dos Rheins, der Lahn und der Sieg^, 1808 (S. 17): „Die um Dorf und Bad Ems gelegenen Zechen Fahnenberg, Pfingstwiese, Pitscbbach, welche unter dem Namen des Emser Werkes von der potenten Kemy'schen Familie seit mehreren Jahrzehnten gebaut werden, sind hoffnungsreich und geben ein grosses Ausbringen. Der älteste Abbau geschah mit Schächten, dann durch Stollen, von welchen 7 bis 8 bekannt sind. Der neuere, 250 Lachter lange Stollen hat 5 llaupterzmittel erschlossen, die sich 250Lachter ^•) Zu 114 nass. Pfd. = 51 Vi kg. '^ Mitgeteilt von Ludwig Linkonbach in ,,Ka88ovia" 1904, S. 297. S* 116 L. Beck weit erstrecken. Die Pingenzüge deuten noch mehrere an. Die Ensmittel sind Vs Fuss bis Vl% Lachter mächtig; von diesen sind die beiden ersten auf eine Teufe von 50 Lachter bis zum Stollen und noch 10 bis 12 Lachter darunter von den Alten abgebaut und verhauen. Im Fitschbachtal soll das Dorf Klingelbach gestanden haben. Die Gemarkung ist noch heute Eontribution- und Zehntfrei.' 1809 suchte die Gewerkschaft um Erneuerung der fräheren Freiherr vom Stein'schen Beleihung in der Herrschaft Frucht bei der herzoglich nasaauischen Regierung nach. Dieselbe wurde verweigert, weil die Grube nach Bergrecht ins Freie gefallen war, dagegen wurde ihr die Erlaubnis erteilt, „zu schürfen auf alle Mineralien in rubricirtem Felde^ mit dem Bemerken, dass sie jeden gemachten Fund anzuzeigen und gehörig Mutung darauf anzulegen hätten.'') Über den Gruben- und Hüttenbetrieb der Emser Blei- und Silberwerke wurde unter Johann Jost von Ey ordnungsmässig Buch geführt und sind diese vom Jahre 1797 an noch vorhanden. Folgende Angaben sind daraus entnommen. Produktion in Kilogramm. Jahr Bleiisohe Produkte Silber (Werkblei und OUUte) 1797 49909 76,625 1798 94049 172,141 1805 35 763 59,701 1809 61103 86,181 Durchschnitt 1797 bis 1809 . . . . 58 708 102,750 Nach dem Ableben des J. Jost von Ey wuide sein 1775 geborener Sohn Johann Christian von Ey, der schon seit 1797 als Schichtmeister die Zehnt- abrechnungen imterschrieben hatte, Betriebsleiter der Emser Berg- und Hütten- werke. Bis 1826 unterzeichnete er als „Schichtmeister^, von 1827 bis 1835 als „Berginspector", 1836 und 1837 als „Bergverwaiter", seit 1838 bis zu seinem Tode 1847 als „Berg- und Hüttcninspector". Aus der Zeit von 1810 bis 1847, in der Johann Christian von Ey Betriebsleiter der Emser Blei- und Silberwerke war, ist nur wenig zu berichten, da ausser der Betriebsstatistik keine Nachrichten vorhanden sind. Aus dieser Statistik ergibt sieb, dass mit der fortschreitenden Auf Schliessung der Erzgänge die Produktion stetig, wenn auch langsam zunahm, wie aus der folgenden Tabelle zu ersehen ist. Produktion in Kilogramm. Jahr Bleiische Produkte Silber (1810—1820) (Werkblei und Glatte) 1810 (min.) .... 70174,50 118,758 1815 (max.) .... 91 362,50 159,205 Durchachnitt 1810—1820 . . 80 855,00 135,375 (1821-1830) 1822 (min.) .... 85492,00 154,125 1828 (max.) .... 131538,50 203,875 Durchschnitt 1821—1830 . . 101223,00 1GT,750 ^^) li. Linkenbach in „Nassovia'' 1904, 8. 297. 118 L. Beck von weitem Blick, grossem Unternehmungsgeist und hervorragender Tatkraft. In den zwanzig Jahren, die er den Werken vorstand, hat er das Unter- nehmen gänzlich umgestaltet und auf neue, breite Grundlagen gestellt. Die Zeit war für seinen tätigen vorwärtsstrebenden Oeist günstig und die Gewerkschaft Hess ihm ziemlich freie Hand. Durch intensiveren Betrieb vermehrte er die Produktion der Bergw^erke und Hütten von Jahr zu Jahr. Für die einzelnen Unternehmungen berief er tüchtige Beamte. Bereits im Jahre 1854 gelang es ihm, die Ansprüche der Kirche und Schule zu Ems auf Grund der Erbleiho abzulösen. Es geschah dies durch 2 Verträge, der erste mit der evangelischen Kirche wurde am 13. Juli abgeschlossen, der zweite mit dem Gemeinderat und Schul vorstand am 25. September 1854. Der Ablösungsbetrag für jede der beiden Kuxen betrug 300 Gulden. Für die Kuxe der Schule wurden 256 fl. 58 kr. an die Gemeindekasse zu Ems und 43 fl. 2 kr. an die von Kemmenau bezahlt."') 1855 begann Born mit dem Bau einer neuen, nach modernen Grundsätzen eingerichteten Aufbcrcitungsanstalt auf der Pfingstwiese. Einrichtung und Betrieb übertrug er dem erfahrenen Pochmeister Geyer von Clausthal im Harz. Die Erze wurden gewaschen, in Trommelsieben separiert unter verbesserten Pochwerken nass gepocht ; die Graupen in mechanischen Setzsieben aufbereitet. Die Schlämmen wurden auf englischen Rundherden (round buddles) und in Harzer Stossherden, die mit einem System von Schlämmgräben verbunden waren, so sorgfältig separiert, dass es gelang, auf den Herden Bleiglanz, Zinkblende und Spateisenstein zu trennen. Um dieselbe Zeit, Mitte der fünfziger Jahre, Hess Born die alte Schmelz- hütte nach modernen Grundsätzen umbauen, so dass sie eine neue und für damalige Zeit ausgezeichnete Anlage wurde. Die Leitung übertrug er dem akademisch gebildeten Hütteningenieur E. Hergot. Dieser hat 1863 eine Schilderung des Betriebs der Eniser Blei- und Silberhütte veröffentlicht^^), woraus wir folji^enden Ausziij^ mitteilen. Die veriirbeiteten Erze waren silberhaltiger Bloiglanz, daneben untergeordnet Kupferkies und Falilerz, sodann Zinkblendi^ und Spateisenstein. Der Bleigehalt der Schliege, Graupen und Scheiderze schwankte zwischen 42 bis 80 Piuzrnt, diM- Sill>er«;chalt zwischen 28 bis 78 (iranmi in 100 kg Blei; der Durchschnitts- «>'(»lialt der anircliofertcn Erze betrui:: 49 bis 7)4 Prozent lUei, und 42 bis 52 ^ Silber in 100 ki: IJlci. Das Köston der Erze geschah in Flammöfen in kleinen Posten als .,Sinterrösten". d. h. als bis zur Sinterung fortgesetztes KösttMK ^vodurch die Bildunu: von schwefelsaurem Blei und dadurch der Steinfall Yerrin«xert wurde. Die Ivöstun.i^ erfoli^ti* nicht bis zum Totrösten, sondern, des Crehaltes an Schwet'elantimon we^vMi und um eine m.'ni:lich>t kupferfreie Glätte zu erhalten, auf einten Steint'all von etwa 12 Prozent. Die Flammöfen hatten doppelten Herd. woV(»n der hintere zum lir»>ten. ib'r vuidere zum Sintern "'» Nach Mittoiluni: von Diroklur ('. L i ii k o n t» a o 1. au^ K. IIortTOt. Der t- rhni-ioho Hoiiiob ilor lUoi- uiul Silb.^rhütit'!! «los unteren Lahntals im .Jrthro ISO.^ in \\ O d «^ r n h «' i ni o r, Pn«; Wor.:- un.l Hüttonwo^oii «l'S Horzosrioins Nassau, s : »*< Die Familie Remy and die Indastrie am Mittelrhein. 119 diente. Die zerkleinerten Erze wurden im hinteren Herd aufgegeben und nach dem vorderen, heisseren Herd zu umgeschaufelt und aus letzterem in erweichtem Zustand ausgezogen. Das Schmelzen der gerösteten Erze erfolgte in Schacht- öfen mit Rast, sogenannten Doppelöfen. Diese Ofen waren wegen der Leicht- schmolzigkeit der Beschickung weit zugestellt. Die Windmenge betrug 400 Kubikfuss i. d. Minute und wurde durch ein liegendes, doppeltwirkendes Zylinder- gebläso, das durch ein 22 Fuss hohes oberschlächtiges Wasserrad bewegt wurde, in den Ofen geblasen. Als Reserve diente eine 14 pferdige Dampf- maschine mit gekuppeltem, liegendem Schiebergebläse. Die Doppelöfen waren als Sumpföfen mit offener Brust zugestellt und mit einem System von Flug- staubkammern verbunden, aus denen ein 375 m langer Kanal in eine Esse, die 75 m über der Hüttensohle stand, führte. Flugstaubkammern und Kanal wurden einmal im Jahr entleert und gereinigt. Zur Ausfällung des Schwefels wurden zu 100 Teilen Erz 30 Teile Seh weiss- und Puddelschlacken, 20 Teile Spateisenstein und 8,5 Teile Wascheison zugesetzt, ausserdem 14 Teile Kalk. Es fielen ausser dem Werkblei eine schwere eisenreiche Schlacke, die 6 bis 10 Prozent Schwefeleisen enthielt und ein Bleistein von ca. 15 Prozent Blei und 53 Prozent Eisen. In dem Werkblei waren 83,30 Prozent, in dem Stein 5,28 Prozent dos Bleigehaltes der Erze enthalten. Der B 1 e i s t e i n wurde in offenen Haufen geröstet und dann im Schachtofen verschmolzen. Der kupferreiche Rohstein wurde an die Kupfer- hütten am Niederrhein (Aggerthaler Hütte bei Duisburg) verkauft. Das Werkblei wurde in Quantitäten von 300 bis 350 Ztr. mit einem durchschnittlichen Gehalt von 100 bis 130 g Silber in 100 kg in einem der beiden Treiböfen eingesetzt. Diese Öfen hatten 12 Fuss Durchmesser; sie waren für Holzfeucrung mit Wellen eingerichtet. Das Treiben einschliesslich des Änwärmens dauerte ca. 60 Stunden. Die kupferfreie rote Glätte war besonders geschätzt, weshalb man zeitweise noch Werkblei nachsetzte. Die rote Glätte bildete sich beim langsamen Erkalten grosser Blöcke, die man dadurch erhielt, dass man die flüssige Glätte in einem möglichst konstanten Strahl in ein kastenartiges Vorsatzblech laufen Hess. Der Kern des Blockes bestand aus roter Glätte, die in schuppenförmigen Blättchen zerfiel, während die feste gelbe Glätte für den Handel gepocht werden musste. Im Winter war die Ausbeute an roter Glätte grösser als im Sommer, nämlich 40 Prozent gegen 30 Prozent. Das Frischen der Glätte, d. h. die Reduktion zu Raffinierblei, geschah in einem Kärnthner Flammofen mit geneigter Sohle von 12 Fuss Länge mit Holzfeucrung. Das Blei floss in einem gleichmässigen Strahl ab und wurde in Planschenformen gefüllt. Das Blicksilber wurde auf einem Mergelherd (test) zu Feinsilber gebrannt. Aus dieser übersichtlichen Schilderung ersieht man die vielerlei Änderungen im Schmelzverfahren seit dem Jahre 1802 (s. S. 113). Die Familie Reiny und die lodustrie am Mittelrheio. 123 4. Christian Friedrich Ludwig Bemy auf dem ßasselstein bei Neuwied, resp. dessen Erbe Carl Mischke daselbst. 5. Albert Remy auf dem Rassolstein bei Neuwied. 6. Otto Remy zu Neuwied. 7. Hermann Ludovici zu Aubach bei Neuwied. 8. Conrad Wilhelm von der Leyen zu Crefeld. 9. Die Witwe des Ferdinand Remy, Albcrtine, geb. Hoffmann zu Bendorf. 10. Die Ehefrau des König]. Generalleutnant Albrecht vonStosch, Rosalio geb. Ulrich in Posen, später in Berlin. 11. Friedrich Johann Wilhelm Frech von Berlin, später zu Cöslin. 12. Albert Georg Johann August Frech von Berlin, später zu Lahre bei Winzig. 13. Hermann Eduard Ferdinand Frech von Friedrichsdorf, später zu Bernichau bei Lübben i. d. Lausitz. 14. Die Ehefrau des Richard Korn Adelhaid, geb. Remy zu Saarbrücken für sich und als Miterbin des Eduard Remy zu Alf. 15. Johann Wilhelm Remy zu Bendorf. 16. Gustav Remy zu Alf. 17. Victor Remy zu Bendorf 18. Moritz Remy zu Bendorf 19. Franz Remy zu Bendorf 20. Hermann Remy zu Alfer Eisenwerk 21. Theodor Remy zu Gera 22. Julius Remy zu Gera 23. Rudolph Remy zu Kochlow. 24. Louis Remy zu Bendorf. 25. Ernst Born und dessen Ehefrau Sophie, geb. Deul zu Ems. 26. Ernst Heinrich Carl Helmrich zu Cöln. 27. Heinrich August von der Leyen zu Crefeld. 28. Friedrich Wilhelm Remy zu Bendorf. 29. Mathilde Remy, grossjährig und unverheiratet zu Bendorf. 30. Friedrich August Remy zu Liebenstein bei Arnstadt, beide letztere als Erben des Eduard Remy zu Alf. • Die Firma Remy, Hoffmann & Comp, besorgte bis zu ihrer Liquidation im Jahr 1895 den Verkauf sämtlicher Produkte des Emser Blei- und Silber- werks, sowohl der Ilüttenprodukte als der Erze, wie vordem. Ernst Born war Generaldirektor der neuen Aktiengesellschaft geworden. Leider war es ihm nur kurze Zeit vergönnt, in dieser Stellung tätig zu sein; er starb unerwartet am 26. Juni 1873 in Prag auf der Rückreise von der Weltausstellung in Wien, wo damals die Cholera ausgebrochen w^ar. Mitten aus neuen Entwürfen wurde er fortgerafft. So hatte er im nördlichen Feld der Grube Mercur eine grosse Schachtanlage, den Adolfschacht, begonnen und z. T. vollendet, die den Zweck hatte, diesen Teil des grossen Grubenfeldes aufzuschliessen und Förderung und Wasserhaltung, die jetzt nur durch einen Schacht auf dem Pfingstwieser Stollen geschah, zu dezentralisieren und zu verbilligen. für sich und als Miterben des Eduard Remy zu Alf. Die Familie Remy und die Industrie am Mittelrhein. 127 Auch der Besitz neuer Grubenfeldcr ist in dem letzten Jahrzehnt vermehrt worden. Die Qesellsohaft besitzt jetzt zwischen Braubach und Montabaur 31 Grubenfelder in der Qesamtgrösso von 65298 782 qm. Die wichtigsten dieser Grubenfeldcr sind bei Ems: Mercur mit 15500000 qm und Borgmanns- trost mit 10068 277 qm; bei Braubach: Kosenberg mit 3190249 qm und bei Hühr: Bembermühle und Birksgräben in der Grösse von 4635965 qm. Trotz des grossen Ausfalls infolge der Betriebsstörung war die Durch- schnittsproduktion bleiischer Produkte in den letzten 10 Jahren grösser als in der Zeit von 1873 bis 1894 unter Freudenberg; sie betrug 6041 232 kg, dagegen war die durchschnittliche Silbererzeugung etwas geringer, nämlich 5279,735 kg. Durch die Anlage der elektrischen Zentrale, sowie durch dicVerbesserungen im Borgmaschinen- wesen steht dem Emser Blei- und Silberwerk zweifellos noch eine grosse Zukunft bevor. Der Familie Remy aber gebührt der Buhm, dieses grossaitige Unternehmen, ein Stolz unseres Nassauer Landes, von unbedeutenden Anfängen zur heutigen Höhe geführt zu haben. Besonderes Verdienst darum hat sich Herr Franz Remy in Bendorf erworben, der 30 Jahre lang, von 1872 bis 1902, als Yorsitzender des Aufsichts- rates mit Eifer und Geschick der Gesellschaft des Emser Blei- und Silberwerkes vorgestanden hat. Dem ehrwürdigen Senior der Familie Remy statte ich für die Anteilnahme an vorstehender Arbeit meinen Dank ab. Ihm und dem Emser Blei- und Silberwerk ein herzliches „Glück auf* ! Siegel der Gesellschaft des Emser Blei- und Silberwerksy Bad Ems. Die Familie Reroy und die Industrie am Mittelrbein. 129 Erläuterungen zur Grubenkarte. Links der iMhn: 7. Orube Bergmannstrost ist soit 1887 eingestellt. Die sieben bekannten und be- bauten Erzmittel sind: 1. hangendes, 2. liegendes Lindenbacher Mittel, 3. hangendes, 4. liegendes Tiefendeller Mittel, 5. Pyromorphitmittel, 6. Bleigummimittel, 7. Küppier Mittel. Aufgeschlossen sind die Erzgänge durch den tiefen Stollen und durch einige Schächte in 6 Tiefbausohlen, die tiefste liegt 145 m unter der tiefen Stollensohle. Bei weiterer gründlicher Aufschliessung verspricht die Grube eine Zukunft. 8. Mahl b erg. Der Betrieb unter Stollensohle wurde behördlich eingestellt wegen der Emser Heilquellen. Hechts der Lahn: 9. Grube Neuhof fnungsstollen im Felde Mercur. Hauptbetrieb auf dem 400 m langen Neuhoffnungsgang von 0,5— 10 m Mächtigkeit. Die Tiefbausohle wurde 115 m aufgefahren, dann 1882 behördlich eingestellt Es wurde erlaubt, über dem Stadt- stoUen, der zwischen Tiefbausohle und Neuhoffnungsstollen lag, zu bauen, bis 1891 auch dies verboten wurde. Die Aussichten wären hoffnungsvoll, wenn der Botrieb wieder gestattet würde. 12. Grube Fahnenberg, durch Stollen und 5 Tiefbausohlen erschlossen; seit 1893 wegen schlechter Zinkpreise eingestellt, da der Gang fast nur Zinkerze führt. 13, 14. Grube Mercur baut auf 9 Erzmitteln, die durch den Pfingstwieser Stollen, den tiefen Stollen 19 m unter jenem und durch die Tiefbauschäohte I und II erschlossen sind. Schacht I ist vom Pfingstwieser Stollen bis auf die 15. Tiefbausohle 463 m, Schacht II von jenem bis zur 16. Tiefbausohle 503 m, und dann noch weiter 17 m abgeteuft. Ein dritter Schacht, der Adolfschacht, ist vom Tag bis zum 3. Pfingstwieser Stollen aus- gemauert, von da bis zur 4. Tiefbausohle 116 m in Zimmerung gestellt. Da der Schacht nicht benutzt wurde, ist letzteres Stück zum Teil zu Bruch gegangen. In der Nähe der Schächte I und II befinden sich die Dampfkesselanlagen; Rauch und Gase werden durch einen Kamin zu Tage geführt. Die Wasser werden auf den tiefen Stollen, die Erze auf den Pfingstwieser StoUen gehoben. Die mit der 14. Tiefbausohle aufgefahrene Ganglänge beträgt 1800 m. Tagesanlagen: A Zechenhaus und Arbeiterwohnungen (I) der Grube Bergmannstrost. — Ji Anschluss- gleise der nassauischen Staatsbahn. — C Silberau bei der Güterhaltestelle Lindenbach mit Aufbereitung, Blechwalzwerk, Werkstätten, Schlafhaus mit Menage und Bureau. — 2> Werks- bahn, führt von Silberau über die Hütte nach Grube Mercur. — J*J Arbeiterwohnungen (II) und Zechenhäuser für die Gruben Fahnenberg und Neuhoffnungsstollen. — F Blei- und Silberhütte. — (t Arbeiterwohnungsbezirk (III) Eisenbach mit Werkschule, Schlafhaus und Menage. — U Pfingstwiesu mit Aufbereitung, Zechenhaus für Grube Mercur, Bergschmiede, Lokomotiv- schuppen und Arbeiterwohnbezirk (IV). — a Die neue elektrische Zentrale auf der Silberau. Die Änderungen im Schmelzbetrieb seit 1863 sind aus folgender Zusammenstellung zu ersehen: Schema des Schmelzbetriebs. 1SG3: Jetzt: 1. Rösten der Erze — Sinterrösten in Flamm- 1. Rösten der Erze. Vorläufig noch Sinter- 5fen. rösten im Fortschaufelungs-Ofen bis zur Fertigstellung einer neuen Windröstanlage. 2. Schmelzen derselben — in Doppelöfen 2. Schmelzen des gerösteten Erzes in 8- mit eisenreichen Zuschlägen. bezw. 12f5rmigen Pilz-Schachtöfen. 3. Rosten des Bleisteins in offenen Haufen. 3. Rösten des Bleisteins in geschlossenen Stadeln. 4. Schmelzen derselben — wie oben. 4. Schmelzen desselben wie bei pos. 2. 5. Abtreiben des Werkbleis im Treibofen. 5. Entsilbem des Werkbleis mit Zink. 6. Frischen der Glätte im Flammofen. 6. Destillieren des Zinkschaumes in Retorten. 7. Feinen des Blicksilbers auf dem Mergel- 7. Abtreiben des bei 6. erhaltenen Reichbleies herd (Test). im Treibofen und Feinbrennen des Silbers in einem kleinen Treibofen (Feinbrennofen). Annalen, Bd. XXXV. ^ i' Zur Genealogie der Herren von Bolanden-Falkenstein-Hohenfels, 1 insbesondere zu Philipp U. yon Bolanden und seinem Sohn Philipp y. Hohenfels, deren Frauen und einigen durch diese herbeigeführten Yerwandtschaften. Von J. Efllebrand. Die Darlegungen Bauers, meines Wissens die letzten, welche erachienra sind, fiber die ältesten, insbesondere auch die vorstehend genannten Herren und Frauen von Bolanden^) schienen mir in manchem einer erneuten Prüfung sn bedürfen, deren Ergebnis hier folgen soll. Veranlassung zu dieser Untersuchung gaben mir zunächst drei Urkunden, die sich gegenseitig einigermassen ergänzen: 1. Eine vom 22. Sept. 1239^, worin Philipp y. Hohenfels auf alle Rechte an die Güter zu Gensingen verzichtet, welche die Herzogin von Nanzig, die Tante (amita) seiner Gemahlin, erworben und dem Nonnenkloster Rupertsberg geschenkt bat; 2. eine vom Juni 1220^), worin Erzbischof Th(eoderich) von Trier be- urkundet, dass die Herzogin Agnes von Lothringen in seinem Bei- sein erklärt hat, sie habe ihr Wittum Nanzig ihrem Sohne Matthaeus zurückgestellt; 3. eine solche von 1220^), worin Erzbischof Sigfried (IL) von Mainz beurkundet, dass die Edle Agnes, gewesene Herzogin von Nanzig, zu ihrem und ihrer Mutter, der Gräfin Adelheide, Anniver- sarienfeier dem Kloster Rupertsberg die Güter zu Gensingen, die sie von der Abtei Disibodenberg gekauft (erst 1220^), einen Wingert zu Münster an der Nahe und einen früher dem Grafen von Veldenz gehörigen Hof zu Bingen geschenkt habe. ') Die ältesten LehnsbQober der Herrschaft Bolanden, Wiesbaden 1882. ') Schaab, Geschiohte der Erfindung der Buchdruokerkunst, 1830, II 357, No. 203. ') Bei Calmet, Histoire de Lorraine II, 430 nach Gorz, Mittelrhein. Regesten 11, S. 402, No. 1478. *) Schaab a. a. 0. II 354. ^) Schaab a. a. 0. II 353. 132 ' J. Hillebraod 1. Im April 1260 bekennt Philipp ▼. Hohenfelsi dass er • . . mm HaQ seiner Seele und der seines ^Bruders Werner^ dem Kloster Bnpertsbeig im sog. Yeldenzer Hof in der Stadt Bingen gegeben. Es siegeln unter ndereB sein „Sohn Philipp^ und sein ^Schwiegersohn Graf Bupert|* wSbreiid' sein „Sohn Theoderich^ sich mit deren Siegel begnfigt.^^ Es darf woU angenommen werden, dass die Bezeichnung Ruperts als Schwiegersohn dea vr- kundenden Philipp in der Quelle Weidenbachs selbst steht. ^^) Ist die Annalime richtig, so lebte also Philipp y. Hohenfels (Sauers Philipp lEL), der Sohwieger* yater des Baugrafen Bupert (von Neubaumburg, nicht Altbaambnrg, wie es bei Sauer irrtömlich heisst)^^), noch 1260 und ist dieselbe Person mit dem Yater von Philipp und Theoderich, was nach Sauer Philipp IV. wSre. Sauer lässt auch selbst den Baugrafen Eidam seines Philipp lEL sein, und schon nach der Zeit seines Vorkommens (c 1221 — 81)^^ konnte er nieht wohl als Eidam von Sauers Philipp lY. gedacht werden. Der yon Philipp 1260 in der Urkunde erwähnte verstorbene Bruder Werner aber kann und wird eben der 1221 — 39 vorkommende und vor 1241 verschiedene Bruder von Bauers Philipp HI. sein, während ein Bruder seines Philipp lY. mit Namen Werner nicht nachweisbar und der bei Lehmann'^ und bei Baur'^) ab 1254 und 1255 noch lebend und S. 172 bei Lehmann als 1260 verstorben angeführte Werner von Hohenfels in den Urkunden ja Sohn Philipps, des Schwiegervaters von Bupert, genannt ist. Dass der Aussteller der oben angefahrten Urkunde von 1260 noch der hier in Bede stehende Philipp Leh- manns und von Schenke, auch kein gleichnamiger Bruder oder Yetter ist, kann auch die von 27./4. 1278") beweisen, wodurch ausser seinen dort (1260) genannten Söhnen, dem älteren Philipp und Theoderich, noch Engelbert, der Mainzer Domherr, der jüngere Philipp und Jobann, „sämtlich GebrQder von Hohenfels, dem Kloster Bupertsberg'^ . . . „nach dem Beispiel ihres ver* storbenen Yaters Philipp den [seit 1260 also ihm wieder abhanden ge- kommenen] Veldenzerhof in Bingen restituieren.^ Diese Söhne von Sauers Philipp lY. bezeichnen hier den Yerleiher des Yeldenzer Hofes an Bupertsberg vom Jahre 1260 und damaligen Schwiegervater Ruperts als ihren Yater, während nach Sauer Ruperts Schwiegervater ihr Grossvater wäre. 2. Der Raugraf Ruprecht^^) ist schon 1249^^) Eidam eines damals noch lebenden (denn er sagt: ^allodium meum legavi*^) Philipp von Hohenfels, und ") Weidenbach, Binger Reg. S. 17 No. 165. ^') Nach gefälligen Mitteilungen aus den Staatsarchiven zu Coblenz und Darmstadt und der Stadtbibliothek zu Mainz ist sie dort nicht Torfindlich, auch nicht in der Stadtbibliothek zu Coblenz; das von mir eingesehene Exemplar der Landesbibliothek zu YTiesbaden aber hat die Urkunde nicht, die nach Weidenbach in dem nicht paginierten Teil stehen soU — es scheinen da 2 Blutter gerade mit der Urkunde zu fehlen. »') Kölluer a. a. 0. S. 90 u. 107. **) Köllner a. a. O. ^) A. a. 0. IV 169. *^) Hess. Urkunden III S. 600. *^ Weidenbach a. a. 0. S. 19 No. 1S6. ") IL, c. 1221— Sl lebend nach Köllner. ^*) Lehmann a. a. 0. IV 167, schon 12-16 nach Köllner S. 90. Zur Genealogie der Herren von Bolanden-Falkenstein-Hohenfels. 133 Buprechts Gemahlin ist 1271'^) Lysa genannt. Diese Elisabeth moss danach, wenn es nicht eine zweite Gemahlin war, 1236 schon am Leben gewesen sein. Nun hat Sauers Philipp III. v. Bolanden-Hohenfels 1236 als einzige Tochter gerade eine Elisabeth. Diese wird also doch Ruprechts Gemahlin „Lysa^, Philipp aber, der Vater der Elisabeth von 1236, der nach Sauer c. 1240 ge- storben sein soll, und Philipp, der 1249 noch lebende Schwiegervater Ruprechts, und der Yater der Lysa von 1271, werden dieselbe Person sein. Dazu stimmt auch, dass 1271^^) Philipp und Theoderich von Hohenfels vom Raugrafen Ruprecht als Schwäger (sororii) bezeichnet werden, während sie nach Sauer seine oder eigentlich seiner Gemahlin Neffen wären. 1274 nennt dann auch nach Lehmann IV, 176 wieder Philipp den Gemahl der Isengart und Bruder Engelberts und Theoderichs, also auch wieder Neffen des Raugrafen Rupert nach Sauer, diesen Rupert Schwager. 3. Wie Sauers Philipp IIL v. Bolanden-Hohenfels 1235^^), so kommt auch sein Philipp IV. 1244 und 1246 mit einer Elisabeth als Gemahlin vor*®), die im Jahre 1249 stirbt, und der er da ein Jahrgedächtnis stiftet. Sollten das nicht jedesmal dieselben Ehegatten sein? 4. In einer Urkunde vom Jahre 1221*^) erklärt („notum facio") Philippus, fratris domini Werneri de Bolanden filius, also Sauers Philipp HI,: „Weil meine Vorfahren (predecessores) von drei Höfen des Klosters Hane, nämlich Ebersheim, Zornheim und Nackenheim, widerrechtlich Abgaben an Geld und Getreide erhoben haben, so habe ich, sicut et pater mens quandoque fccerat, eandem exactionem für immer erlassen^' (perpetualitcr remisi). Es siegelt mit ihm Werner, sein „cognatus" (wohl sein Vetter Werner IV. v. Bo- landen, wie auch Lehmann IV, S. 61 meint), der mit dem Erzbischof von Trier und anderen auch als Zeuge aufgeführt ist („Wemherus junior de Bo- lant'*). Das Gleiche soll 1252 Philipps Sohn Philipp nach Remling'®) getan haben, der danach also auch, wie Sauer, zwei regierende Philippe von Hohen- fels für die Zeit von c. 1221 — 1277 annimmt. Aus dem Jahre 1252 hat näm- lich Remling^^) eine weitere Urkunde, wonach Philipp v. Hohenfels öffentlich anerkennt („Ego Philippus de Hohenfels . . . recognosco publice ac protestor"), dass, weil seine Vorfahren von zwei Höfen des Klosters Hane, nämlich Ebers- heim und Nackenheim, widerrechtlich Geld- und Getreideabgaben cum aliis servitiis indebitis erhoben, er für sich und seine Erben und Nachkommen^ „sicut et pater meus quandoque fecerat, eandem exactionem — cum Om- nibus aliis servitiis^' geglaubt habe erlassen zu müssen („duxi remittendam*^). Und „in hujus rei evidens firmamentum^* lässt er statt zwei, wie oben, sieben •*) Lehmann IV 176. *®) Frey u. Remling. Urkdbuch des Klosters Otterburg, 1845, S. 128 No. 174. *') Lehmann IV 165. *•) Lehmann IV 166 f. '^ Remling, Gesch. der ehemaligen Abteien und Kloster im jetzigen Rheinbayera, 1836, II 8. 365 No. 54. ^) A. a. O. II S. 157. «>) II S. 365 No. 55. ■ -.T ^ I i 1 : I . 136 J. HilLebrand Gtorlaoh bis 1289 .als lebend Torkommen, so ist doob wohl aosaneliiiMii, er auch im Lebensalter Ton seinen Schwägern sich nicht gmr viel nntersohieden habe. Er kann also auch seinem Alter nach gam woU rin Sohn Philipps IL (nach Sauer, in. nach y. Schenk) von Bolanden uad tim Wildgräfin Beatrix sein. Wenn aber zwei GeisÜiohe als Söhne der lelsfwi könnten gelten gelassen werden (davon unten), also als Brfider unseres Fhi^pp I. Y. Hohenfels, so brauchte der umstand, dass diese, Cuno schon 1880 als OiBlor 2U St. Victor in Mainz und Werner gar schon 1215 als Domherr^^ anflietsei nicht einmal dann besonders aufzufallen, wenn man sie mit Philipp mm da^ selben Ehe entsprossen dächte, weil im 11. bis 14. Jahrhundert f&r die Aef* nähme als Kanoniker in der Regel das 14. Lebensjahr und auch fUr die An^ nähme ins engere Gremium der Eapitulare schon das 20. Jahr genflgte.^ Die unmündigen Kinder Philipps I. Yon Hohenfels, welche 1262 noch neben dm erwachsenen^') und dem Eidam Ruprecht erwähnt werdeui smd au aeiBflr _ • zweiten Ehe mit Lukkarde Yon Isenburg^), Tochter Heinrichs I. y. laenbim (nicht Dietrichs, wie Humbracht, noch Gerlachs, wie Köllnerin der Bolandiseben Geschichte S. 61 und 421 sagt), also Schwester Gerlachs L y. IsenborgKLinH bürg, die mit ihren eben wegen dieser Schwesterschaft f&r die Zeit ihrer Yer- heiratung anzunehmenden reiferen Jahren zu einem jüngeren Philipp (Bauers Philipp lY.) wohl nicht passen würde, übrigens auch 1260 schon tot fat^ 7. Dass c 1236, wie Köllner annimmt (S. 418 £) oder, wie Sauer meint (S. 82), c 1240 ein Philipp Yon Hohenfels gestorben sei, wird eicht fiberliefert, sondern nur geschlossen aus der Urkunde Yom Mai 1236^ worin das Forterben der Reichs leben auf den Sohn Philipp nnd die Tochter Elisabeth und die Erben beider Yon Kaiser Friedrich IL Plufiiqp Y. Hohenfels auf dessen Bitten bewilligt wird. Friedrich stand damals kon vor dem Abzug zum Kampfe gegen die Lombarden, kehrte nur noch einmal 1237 für kurze Zeit an den Rhein zurück, und so mag sich Philipp in Yorau»- abnung der kurzen für seinen Zweck bleibenden Frist, möglicherweise auch wegen Krankheit von ihm oder seiner Gemahlin oder für alle Fälle, wie 1237 sein Vetter Philipp I. von Neu-Falkenstein, der damals nur zwei Töchter hatte*^), und wie später, 1276, Gerhard lY. von Diez, der, da seine Gemahlin erst eine Tochter, Jutta, geboren hatte, während er von derselben noch drei Söhne und eine weitere Tochter bei seinem Ableben hinterliess'^^), ebenfalls f&r und dass weder Qerlaoh noch seine Fraa und die Geschwister von Heinriohs ▼. WMterboi|f Gemahlin ihm den Besitz streitig machen würden — eben weil er selbst den frfthervn Teil- besitz ganz aufgegeben hatte. «^) Lehmann, Burgen etc. IV 8. 62 und 163. **) Ph. Schneider, Die bisohofl. Domkapitel, 1885, 8. 127 und 133. ") Lehmann 8. 170. **) Joannis, Rer. Mogunt. II 8. 765. ") Lehmann S. 172. ") Bei 8 au er 8. 80. *'^) Loh mann, Gesch. der Herren und Grafen v. Falkenstein am Donnersberg, HeftUI der ^Mitteilungen des histor. Vereins der Pfalz«, 1872, 8. 9. **) Arnoldi, Nass. Gesch. II 8. 67—72. Hess. Archiv VIII 8. 249 f. - :ä 140 J. Hillebrand Dietrich y. ^^einesberoh*' der Grflsner'Bohen Urkunde tos 12M der Heinsberger wohl kein Zweifel mehr obwalten. IrrtOmHoh -eikilrt avl Scriba im General-Register zn seinen hessischen Begestan HeiiiienlWf ml Heinsberg f&r identisch. Günther setst im Register ron Band ID b dea tU •dipl. Rheno-Mosellanns S. YI neben Hentsenberg die Form Hehubafg ffmmtt hin mit dem fSr Heinzenberg charakteristischen z), aber die Form flndot sU h den dort verzeichneten Urkunden gar nicht. Wenn also im MitieliiifluiBdlMi ■ TTrknndenbuch^') auch entgegen Lacomblef ) Gottfried t. Heiminsbe^g m P einer TJrknnde vom Jahre 1169 mit diesem ebenfalls Heinsbergiaehen Ptaiae— namen den Heinzenbergem zugerechnet ist, so ist offenbar mit Baoht apttsc^] das Heiminsberg als Heinsberg erklärt.^) Lacomblet zählt non gewisa absBSi richtig einen 1217 mit Gemahlin Isaida und Schwester Agnea, Nonae^ tw kommenden Dietrich, „dominus Heynsbergensis^*^, und ebenso den Thaodoiioii ▼ir nobilis de Heymisbei^h vom Jahre 1220, Tidericus de Heineaberc von 18B: Theodericus dominus de Heimesbergh von 1223 und den Theodericna da heflijs berch von 1225^0 im Register H 8. 640 und lY 8. 825 zu den Heinsbogen^ und wir haben es da sicherlich immer mit derselben Person zu ton und swai dem Dietrich, welcher nach dem Tode der später als 1217 urkondUbh an nicht mehr begegnenden Isaida mit der Witwe Philipps II. y. Bolanden Baatm vor 1225 sich yermählte.^}. Und wenn (im April 1228"') oder wohl rioht«aij I 1229^') König Heinrich (TU.) zu Boppard eine Elagsache ;,der Fraa yoi ^ Heymesberg, Witwe Philipps von Bolanden, und ihrer SShne*^ tm^ den Bischof von 8peier entscheidet, so ist das eben Dietrichs von H«iabei| **) Im Register von Band II 8. 501. •*) Niederrhein. Urkdb. I 8. 409. «*) A. 8 0. II S. 1207. ^) Hopf fiihrfc auch im historisch-genealog. Atlas I S. 31 unter den Ueinzenbeigen keinen Gottfried auf. *^) Er nennt als seine Mutter Aleydis, und so hiess die Enkelin Goswins IL ▼. Heb» beig und Heinsbergisohe Erbtoohter, Tochter nftmlich wohl von Gottfried I. y. Heinsberg, wii es Grote und Lückerath (Die Herren v. Heinsberg I, Programm der höheren StadtBohuk zu Heinsberg 1888, 8. 7) haben, nicht von Goswin, Gottfrieds Bruder, wie y. Ledebar (Dy- nastische Forschungen I, 1858, S. 23). Nach Lückerath war ihr Gemahl ihr Yetter Goswii T. Falkenberg, nach v. Ledebur a. a. O. S. 25 u. 29 Graf Dietrich (III.) ▼. Giere, naol Grotes richtiger Angabe aber der Bruder Dietrichs v. Cleve Arnold (IL), wie es bezeugt dii Urkunde von 1200 bei Lacomblet lY S. 790 mit den Worten: Ego Aleidis domina dl Heinsberg . . . pro remedio anime mee et parentum meorum ao domini mei oomitis Ar« noldi und die Umschrift Yon Adelheids Siegel dabei: Aleydis de Heimesbergh oomit i. Gleue. •0 Lacomblet II 8. 38 f., 48, 56, IV 8. 795 u. II 8. 66. ^^ Vielleicht ist die Vermählung schon Yor den 8. Mai 1222 zu setzen nach Fiokeri Yermutnngsweiser Datierung einer die durch ihren Gemahl Dietrich Yortretene Beatrix be- treffenden Urkunde. 8. Sauers Cod. dipl. Nass. I 1 S. 263 f. Bei Gör z, Mittelrh. Reg. I] 8. 441 f. ist diese Urkunde c. 1224 gesetzt. Lückerath nennt irrig a. a. 0. 8. 8 als ein- ztge Gemahlin Dietrichs „Isaida, Witwe Philipps Yon Bolanden". *^) Nach der Datierung der betreifenden Urkunde, wie sie Gorz a. a. 0. II 8.496 be dem Regest gibt. ^°) So nach Böhmer, Regesta imp. ed. Ficker V, No. 4128. aer spatere uomnerr üiDgeioerc una aer izou oei einer oiiituDg aes vaten anwesende, also da wohl erwachsene Dylniaan (Dietrich) gerade die«e Namen, welchen wir in dem Hause der Grafen Ton Berg vorher begegnen — die Grafschaft Berg aber kam infolge Verheiratung Heinrichs, des Bruders Walrama I. des Langen von Falkenberg, mit der Erbtochter nach der Er- ") Ä. a. 0. I 8. 109 A. 5. ") I 8. 111 A. 1. ■*) Laootnblet U 8. 141. Ihr Gemahl war nur Edelbarr Ton Falkenbtrg nnd Po^- Taohe. 1132 heisst zwar einaial ein OoBwin Oraf v, Falkenberf, Bonet aber finde ich die Falkeuberger in etwa 50 Urkunden bei LacambUt, wie den Ooswin gelbst 1136 (Laoom- blet IV No. 621), nur als Edelherm bezeichnet. "•) Lacorablet II S. 204 E. ") Kremer a. a. 0. I S. 112. *') Kremer I S. 109 A. r,. *'j Witwen und Witwer verheirateten sich im Mittelfilter meistens bald wieder, und nicht seiton waren Leute drei- bis viermal verheiratet. S. Kriegfc, DeutBohes Bargertam im Mittelalter, II 223. Zweite und selbst dritte Verheiratungen bildeten in allen St&nden ge- radezu die Kegel in Deutschland. Ebenda S. 234. "j IIü bner , (ienoalog, Tabellen II, 41.'); Kremer, Gesch. des Ardenn. Geschlechtes I S. 111 A, 1; Wnutars, La duc Jeon I. et le Brabaiit, 1862, genealog. Tabelle; Horchen, bai'li u, Reulaiid, Oosoh. des Limburger Erbfulgestreits, 1SS3, S. 6 — 8. Zur Genealogie der Herren von Bolandcn-Falkcustein-IIolicnfels. 147 berg etwa dieselbe Zeit heraus, wie wir sie oben für Beatrix glaubten einigermasseD aDnähernd bestiramen zu können, und wie sie auch zu dem Jahr der Verheiratung seines älteren Bruders Heinrich, welcher Herzog von Lim- burg wurde, dem Jahre 1217 nämlich^^®), ziemlich stimmt. Das Alter von Walram und Beatrix setzt also wohl unserer Annahme kein Hindernis entgegen. Nach CroUius^^^) hatte auch Graf Qerlach IV. von Veldenz eine Gemahlin Beatrix, die als solche 24./2. 1237^*^) mit ihm vorkommt. Sie hatten nur einen Sohn, Gerlach V., der sich 1257 verheiratete und c. 1260 mit Hinterlassung nur einer Tochter starb.^**) Dieser Gerlach V. konnte um 1230 geboren sein, und seine Mutter Beatrix war nach Crollius^^^) auch eine Wildgräfin, Tochter des Wildgrafen Gerhard I. (mit einer Pfalzgräfin von Witteisbach, einer Schwester des Königsmörders Otto) und Schwester Eonrads (HI. nach Crollius, H. nach Schneider, Geschichte des Wild- und Rhein- gräflichen Hauses S. 35), der 1257 Gerlach V. seinen nepos (das hier für „Neffe** im engeren Sinne genommen wird) nennt^^^), wie 1275 auch die Gemahlin Heinrichs von Geroldseck — das war seit 1271 Gerlachs V. Tochter Agnes — Nichte (neptis) von Konrads HI. Sohn Emich heisst**^) — sie war die Tochter von Emichs Vetter Gerlach nach Crollius, Orig. Bip. U. 1, S. 56. Und so könnte man versucht sein, diese Beatrix auch für die frühere Gemahlin Phi- lipps IL von Bolanden und dann Dietrichs I. von Heinsberg zu halten. Wie sollte jedoch dann das Bruderverhältnis zwischen Erzbischof Engel- bert II. und Philipp I. von Hohenfels zu erklären sein? Eine Ehe der Beatrix von Bolanden und Heinsberg aber mit Walram von Falkenberg und daneben noch eine solche mit Gerlach IV. von Veldenz anzunehmen geht nicht an. Denn die letztere zunächst nach der mit Dietrich anzusetzen und die mit Walram als vierte, verbietet, ganz abgesehen vom Alter der Wildgräfin, der Umstand, dass, als Gerlach 1245 mit Hinterlassung der Witwe Beatrix starb^*^), Walram der Lange von Falkenberg und Montjoie bereits tot war"*); die Ehe mit Walram aber als dritte und die mit Gcriach als vierte zu denken hindert das, dass ja Walram bei seinem Tode keine Witwe Beatrix, sondern eine Elisabeth hinterliess.^-^) Von einer Identifizierung der Beatrix Ger- *^^) Chr. J. Kremer, Akademische BeitrOge z. Qülch- undBerg. Gesch. III, 1781, 8.200. »»») Or. Bip. II 1 S. 55. >*'^) Oörz, Mittelrhein. Reg. III S. 2. »*») CroU. a. a. 0. S. 47 ff., 55 f., 6G Anra. b. "») Or. Bip. II 1 S. 55 und 69, Anm. a, sowie Acta acad. Theodoro-Palat. IV (1778), S. 255 ff. "3) Croll. Or. Bip. II 1 S. 68 ff., Schneider führt übrigens Beatrix in der Gösch, des Wild- und Rheingrufl. Hauses 8. 85 nicht auf, und im Mittelrhein. Urkdb. III 8. 613 und 615 heisst sie nur Gräfin, Witwe Gerlachs v. Veldenz. '**) Gorz, Mittelrhein. Reg. IV 8. 42. *") Mittelrhoin. Urkdb. III S. 013 und 615. Hopf gibt 8. 32 als Todesjahr 1254 an, was hiemach niclit richtig. "*) Er starb 1242 nach Lac oni biet II 8. 141 No. 272. *") Lac om biet a. a. O. 10* 148 J. Hillcbrand lachs lY. von Yoldenz mit der Gemahlin Philipps II. von Bolanden und einer vierten Verheiratung der letzteren ist also abzusehen, und beide Frauen werden vielmehr zwei verschiedene Wildgräfinnen, Schwestern yiel- leicht oder Cousinen, Töchter etwa von zwei Wildgrafen, deren um 1180 drei vorkommen, gewesen sein. Gleichnamige Schwestern wären sie gewesen, wenn auch von der Gemahlin Philipps II. von Bolanden das gälte, was Grüsner in seinen „Diplomatischen Beiträgen^ ^ I S. 43 von ihr ohne irgend welche Einschränkung sagt, dass sie eine Tochter des Wildgrafen Gerhard I. gewesen sei. Aber die Gleichnamigkeit von Brüdern und Schwestern ist eben doch nicht sehr häufig, und man wird daher die Bolandische Beatrix eher für die Tochter eines Bruders oder Vetters von Gerhard I. zu halten geneigt sein. Ausser dem bei J. M. Kremer in der „Kurzgefassten Geschichte des Wild- und Rheingräflichen Hauses^, sowie bei Hopf und Schneider auf- geführten Bruder Gerhards, Eonrad mit Namen, kommt nämlich urkund- lich 1179 ein genealogisch nicht bestimmter einzureihender Wildgraf Bern- hard vor.^^^) Wenn 1218 mit einem Wildgrafen Konrad uns auch zwei Brüder von ihm begegnen^ ^^), Heinrich und Otto, letzterer Propst zu Aachen und Mastricht, so wird dieser Konrad nicht der oben genannte Bruder Gerhards L sein, da die Mutter der Brüder^^^) da noch als lebend erscheint, sondern dessen Sohn Konrad lU.; Heinrich und Otto aber sind dann zwei von den Stief- söhnen Gerhards I., aus der zweiten Ehe von dessen Gemahlin, einer Pfalz- gräfin von Witteisbach, stammend, Grafen von Everstein also, von welchen keiner als Vater der Mutter Philipps I. von Hohenfels auch in Betracht kommen kann. Wildgraf Konrad III. (IL bei Schneider) kommt bis 1263 als lebend vor^ und dereine seiner Söhne, Gottfried, starb erst 1301**^) — der andere, Emecho, vermählte sich allerdings bereits 1239^'^*) — und Konrad IH. nennt Gerlach V. von Veldenz 1259 seinen nepos*-*'^), was ja auch bedeuten kann: junger Vetter, d. h. Vetter in dem weiteren Sinn und also sowohl wenn Gerlach V. sein Schwestersohn als wenn er Sohn einer Brudertochter wäre, auf ihn passen würde. Den eben erwähnten Wildgrafen Gottfried aber nennt Erzbischof Eugelbert II. in einer Urkunde vom 10. April 1274*'^^) seinen Ver- wandten (consanguineus), und der unter den Zeugen im Regest einer Urkunde vom 23. Februar 1274^^*'') verzeichnete „Wildgraf G(odfried)", ein Sohn also des oben genannten Konrad III. gleich dem ebenfalls erwähnten Emicho^^^), "") Götz, Mittolrhein. lieg. 11 S. 115. »''•') Görz, Mittelrhein. Reg. II S. 374. ^'") Sie war damnls "Witwe ihres zweiten Mannes Albrecht 111. fl 197— 1217 nach Hopf 1 S. ItiO), Grafen v. Kverstein in Sachsen. Vergl. Crollius, Acta acad. Theod.- Palat. IV S. 2G5 f. und 1^ öh ni e r-AVill , Uegesten z. Gesch. der Mainzer Erzbischufc IT, Einleitung, S. X(\ Taf. VI. *^^) (Kremer) Kurzgefasste Gesch. des ^Vild- und Rheingr. Hauses S. IG. *^^) Krem er a. a. o. S. 8. »") Crollius, Or. Bip. 11 1 S. 6«. ^»*) Kremor, Akad. Rcitr. etc. III b S. 14:{ f. »•»■') (Jürz, Mittelrhein. Reg. IV S. 10. »^•'') Crollius. Or. Bip. II 1 S. ."iO. 152 J. Hillebrand * Auf eine, wenn anch nicht eine nahe Yerwandtsohaft Philippe L y. Hohenfels mit dem gräflichen Hause Yeldensi die mSglieherveiie eben auf der Yerheiratong der einen Wildgrä&n Beatrix^ Schwester Konrads HL, mit Gerlach IV. v. Yeldenz beruhte, weisen namentlich die oben TenwohnelM Urkunden hin, welche den Yeldenzer Hof in Bingen und die von der Henogia Agnes dem Kloster Bupertsberg ausser diesem Hof geschenkten Gfiter in Gea- singen betreffen. Die Urkunden, namentlich Philipps und seiner Kinder Yei^ sichte Yon den Jahren 1239, 1260 und 1278 beweisen wenigstem PhOipps wirkliche oder behauptete Erbberecbtigung, die aber auch von seiner Gemahfii herrühren konnte (wovon unten). ni. Während, wie ich glaube, die Beantwortung der ersten von den an Anfang gestellten 3 Fragen eine sidiere und suverlässige, die der «weiten efaie Yermutung, die auf eine gewisse Wahrscheinlichkeit Anspruch machen kanOi war, halte ich selbst die nun folgende der dritten Frage fBr eine etwas ge- wagte, weiterer Prflfung bedürfende, der Frage nämlich nach der Gemshlim Philipps I. von Hohenfels^ als deren Tante 1239 die Herzogin Agnes von Nansig bezeichnet ist. Agnes, welche 1220 als verwitwete Herzogin von (Ober-) Lothringen, als Mutter von Matthaeus (IL, der nach dem Tode semea älteren Bruders, Herzogs Theobald [1213 — 20], ebenfalls Herzog von Lothringen ward) und Tochter einer Gräfin Adelheid erscbeint'^^), hatte zum Yater den oben als ersten Gemahl der zweiten Ermesinde von Luxemburg genannten Theobald L, Grafen von Bar^^^), und entstammte nach Hübner^'^^) und Huhn'^ dessen erster Ehe mit der Adelheid, welche, soweit ich sehe, ganz unbekannter Her- kunft ist* Grote nennt überhaupt nur die eine Ermesinde als Tbeobalds Ge- mahlin, während nach Chr. J. Eremer^^^) Ermesinde seine dritte Frau war, wie denn auch bei J. M. Krem er '''^^) aus der Genealogie des hl. Arnulf eine „Loreta, filia comitis de Los* angeführt ist als Frau Tbeobalds von Bar (und Mutter der Gemahlin des Herzogs Friedrich von Lothringen, welche letztere da Thomasceta genannt ist, während sie S. 97 Anm. 2 in einem Citat aus Albericus richtig Agnes heisst, ihr Vater aber Theobald von Brie). Da Erme- sinde Theobald überlebte — er starb 1214, und sie heiratete ja dann Walram IV., Herzog von Limburg, und starb erst 1247^''*-') — , so war dessen Ehe mit Adel- heid, aus welcher die Herzogin Agnes entspross, allerdings eine frühere. Agnes ward vermählt mit Friedrich II., der 1205— -1213 als Herzog von Lothringen regierte^«»)^ lebte noch 1223^«^) und starb nach Huhn^«^) 1226. War Agnes nun Tante der Gemahlin, welche Philipp I. von Hohenfels 1239 hatte, also "») Götz, Mittelrhein. Reg. II S. 402 No. 1478 und 1479. »*) Grote, 8. 262 und 3.-J4. "*) Genealog. Tafeln I No. 280. »«) Oesch. Lothringens, 1887/8, II S. 324. »"J Akadem. Beiträge z. Güloh- u. Berg. Gesch. III, 1781, 8. 29, Anm. k. ***) Gesch. des Ardenn. Geschlechts, 1785, I S. 187, A 4. "'^ Grote, 8. 262 und 264. ^^) Grote, 8. 62. '") Mittelrhein. Urkdb. III S. 173. *") Gesch. von Lothringen I 8. 202. Zur Genealogie der Herren von ßolandcn-Falkenstein-Hohcnfels. 153 seiner ersten, Elisabeth, so könnte letztere wohl die Tochter auch von einem der Geschwister des Gemahls der Agnes Friedrich gewesen sein. Aber dass Philipp bei seinem Yerzicht auf die von der Herzogin Agnes verschenkten Güter zu Gensingen vom 22. Sept. 1239 hinzusetzt, ohne Friedrichs zu ge- denken, dass diese Agnes die Tante seiner Gemahlin sei, scheint eher darauf hinzudeuten, dass Elisabeth von einem Bruder der Agnes^^^) oder von einer uns sonst unbekannten Schwester stamme. Da wir oben zu dem Resultat gekommen sind, dass Beatrix, die Mutter Philipps I. von Ilohen- fels, nach Isabella als dritten Ehemann Walram den Langen gehabt zu haben scheine, so könnte man freilich bei Philipps Gemahlin Elisabeth der Vermutung, dass sie eine Bruders- oder Schwestertochter der Herzogin Agnes gewesen sei, zu nahe Verwandtschaft entgegenstehend finden. Indessen zeigt die unten folgende Übersicht, dass, wenn bei unserer Annahme beide auch als Enkel- kinder Ermesindens U. von Luxemburg wohl bezeichnet werden könnten, sie doch mit dieser nicht blutsverwandt wären, und dass von den Stiefeltern Phi- lipps, Walram dem Langen von Falkenberg und Isabella Gräfin von Bar, kein Teil mit Philipp selbst und nur Isabella durch ihren Vater Theobald I., zu- gleich Grossvater von Philipps Gemahlin Elisabeth, mit dieser Elisabeth in Blutsverwandtschaft stände. Blutsverwandtschaft zwischen Philipp und seiner Gemahlin Elisabeth be- stände auch dann nicht, wenn diese eine Tochter Walrams des Langen und seiner Gemahlin Isabella gewesen wäre, die ja eine Halbschwester der Herzogin Agnes war. Agnes konnte dann als ihre Tante bezeichnet werden, ja Erz- bischof Engelbert IL von Falkenberg selbst hätte in diesem Falle als Bruder von Philipps Gemahlin den Schwager Philipp wohl auch vertraulich Bruder nennen können, wie es in der Urkunde vom 27. Aug. 1262^*^^) geschieht, und wie das und Ahnliches öfter vorkommt. Könnte nun so überhaupt der Aus- druck Bruder, wo er von Engelberts Verhältnis zu Philipp von Hohenfels ge- braucht ist, für gleichgeltend mit Schwager genommen werden, so wäre unsere Annahme einer dritten Verheiratung der Wildgräfin Beatrix unangebracht. Wenn aber 1262 zeitgenössische Prioren und Eapitulare Philipp von Hohenfels, einen der ernannten Schiedsrichter im Streit der Stadt Köln mit Engelbert IL, in einer ^^*) Krem er, Gesofa. des Ard. Oesohl. nennt I S. 113 (auch Grote S. 334) als einen solchen und Stiefsohn der Ermesinde Heinrich II. t. Bar (1214—40), mit dessen Tochter Margaretha jene ihren leiblichen Sohn zweiter Ehe Heinrich I. y. Luxemburg 1240 vermählt habe (was auch beweist, dass nicht wohl auch der Vater Margarethens ein leiblicher Sohn von Ermesinde gewesen sein kann, wie er es nach Grote gewesen wäre). Schwester der Marga- retha könnte also etwa die Elisabeth gewesen sein. Schon der Grossvater von Philipps Mutter Beatrix, Wildgraf Konrad I., hatte übrigens eine Gräfin v. Bar zur Frau. Siehe Schneider, Wildgräfl. Gesch. S. 35 nach OroUius, Acta acad. Pal. IV 264. Nach Herchenbach u. Reuland, Gesch. des Limburger Erbfolgestreits, 1883, S. 6 A. 2 war Theobald I. v. Bar bei seiner Vermählung mit Ermesinde sogar Witwer nicht mit einem, sondern mit zwei Söhnen, deren Schwester eben die spätere Herzogin Agnes war, und dazu kam aus der Ehe mit Ermesinde Elisabeth oder Isabella, die nachher Gemahlin ihres Stiefbruders Walram des Langen von Falkenberg wurde (Krem er I 102 und 111 f.). »") S. oben Anm. 7. 154 J. Hillebrand, Zar Genealogie der Herren von Bolanden ete. Urkunde^^) mit dem Bebatz ^^mder des Erzbisobofs^' nSher bezeiehneni wem ein gleicbzeitiger Chronist (s. Anm. 8) ihn spezieller noch charakterinert all Bruder, der dem Erzbischof von seiner Mutter angeboren sei, so kann da den Wort Bruder die Bedeutung von Sohwager doch föglich nicht onteigel^ werden. Das Ergebnis unserer vorstehenden Ausführungen ist also fol- gendes.. Bezüglich der ältesten Herren von Bolanden hat man an dei darüber aufgestellten Tafel des Herrn von Schenk festzuhalten, nur daas (wii die Existenz des von ihm abweichend von Lehmann und Sauer angenommenen Brudersohnes von Werner H. Philipp I. v. Falkenstein glauben dahingestelU lassen zu müssen, und dass) die ihm noch unbekannte Agnes von Isenbnrg' Braunsberg als Gemahlin Werners III. statt der von Lehmann und Sauei diesem als solche beigegebenen Eppsteinerin (Hildegard?), die höchst wahr iJ scheinlich Werners Mutter war — als solche verzeichnet sie auch Herr von Schenk — , anzusetzen ist. Was aber die späteren Bolander betri£ft, so isl es nun unbestreitbar, dass Stammvater der Dynasten von Hohenfels-KeipoldS' kirchen nicht, wie Lehmann meint, Philipp H., der älteste Sohn Philipps I V. Hohenfels, war, der auch nicht Agnes v. Zweibrücken zur Frau hatte, son- dern Philipps n. Bruder Thiederich, dessen historisch sichere Gemahlin diese Agnes gewesen ist, und welchen auch Kollner, der zwar gleich Lehmani irrig zwei Brüder Thiederich (oder Dylmann) annimmt, wenigstens als Stamm- vater der Reipoldskirchener gelten lässt (S. 422), während sonst gerade K511 ner's Geschichte und Ctenealogie der Herren von Reipoldskirchen insbesonden bezüglich der letzten Generationen derselben durch Lehmann und Strange ja verschiedentlich berichtigt und vervollständigt ist (vergl. Anm. 110). Über die teils nachweisbare teils eben vermutete Yerwandtschafi Philipps II. von Bolanden und seines Sohnes Philipp mit dem Wildgräf lieben Hause und den Häusern Bar, Limburg-Luxemburg-Falkenberj und Yeldenz möge hier eine übersichtliche Zusammenstellung folgen. ***) 8. oben Aom. 9. Bar t rheobald d Wildgraf Graf von Bar, -'^ Bernhard Gemahlin (1. ? Loreta v. (A. J'JS). 1. (2. ?) Adelheid fA 2. (3 ?) Ermesinde II. von N( seit 1193 (A. ü2, 2Söhnev.A delheid^.4.mu trix Heinri ? *?"" * ch II. Sohn 1 A/atrix, t • Bea von Bar * (A.H^^^^^ (A. l;>8), 1214—40. ^ ach IV. Gemahl (je^eldenz I.Phil, n. Frie#'^7, von Bo- Hernie 1245. landen. LotKi Mitt. 2. Dietrich 12ofnS.96. von Heins- tlOff,). berg. / 3. Walram \ / I. d. Lange j \ V. Falken- / o ^ berg ^ r 0 ; rA. 87/f\), Theo bald 1 Marga- r i 1 Elisä'^'nicho, Gerla chV. II. V. Bar retha, (A. ;ini 1280. v.Veldenz, 1240-96. heir. 1240 ' t li 1245 un- Heinr. I. Gen mündig, V. Luxem- PhiU{ heiratet burg V. Hc 1257/58, (A. JfJ.Hj. fei 1259 t i: nepos Konrads in. ge- nannt, t 1260. rA. IWff.K 1 Agnes, wird 13 J. alt 1271 Heinrichs V. Gerolds- ock (zweite) Gemahlin * ( — Aiuiiorki fA. l'H). ) Durrh .!. Philipp IL von Bolanden, tot 1220. Gemahlin Wildgrftfin Beatrix, nachweis- lich noch lebend 1228. Philipp lU. von Bolanden, I. von Hohenfels, t 1277. 1 . Gemahlin Elisabeth (tot 1249), deren Tante 1 239 Agnes, Herzogin V. Lothringen, heisst. 2. Gemahlin Luk- karde von Isenburg, Schwester Gerlachs I. von Isenburg-Lim- bürg a. L. rA. 40 u. 44f.). I ■ I Die Geschichte der lutherischen Gemeinde Arnoldshain, bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nach den Urkunden dargestellt von L Conrady* Der Anlass, die nachstehende Geschichte der lutherischen Gemeinde Arnoldshain innerhalb des in der Oberschrift benannten Zeitraums zu schreiben, war ein rein zufälliger. Indem ich ihn mitteile, gebe ich zugleich die Gründe an, warum gerade ich und nicht ein Berufenerer, mit der Örtlichkeit dieser Geschichte Vertrauter ihre Darstellung versucht. Eines Tages im vorigen Jahr teilte mir nämlich derselbe Herr, dem ich auch die in diesen Blättern bearbeitete Urkunde über die „nassauischen Haus- marken*'') verdanke, der nunmehrige Oberpostpraktikant Hermann Walther in Berlin, aus derselben dort angegebenen Quelle ein in einem Foliobogen be- stehendes Aktenstück zur Einsicht und Beurteilung mit, das die Aufschrift trägt: „Extractus protocolli Baptizatorum mortuorum in Amoldishayn ut ad Amussim Antecessor mens notavit, cum adhuc Catholicis Ecclesiam ibidem in- trare concessum fuit, ut sequitur.'* Es behandelt dies in zum Teil ausführlich berichtender und dabei scharf polemischer Weise die Tauf- und Sterbefalle Katholischer in Arnoldshain in den Jahren 1727 — 1747. Den darin zu Tage tretenden Ansprüchen der katholischen Kirche an das Dorf weiter nachzugehen schien um so anziehender, als der ersicht- lich parteiische Ton dazu reizte, auch die Gegenseite zu hören; dazu gab die in dem Schriftstück genannte Person des „praedicans Scaper" einen Anhalt. Ich er- kundete bei dessen ehrwürdiger Urenkelin, Fräulein Schapper hierselbst, dass noch eine ganze Anzahl von Akten ihres Urgrossvaters vorhanden seien, und erhielt diese bereitwilligst von ihrem dermaligen Besitzer, Herrn Oberst und Regimentskommandeur Schapper in Charlottenburg. Aber wie viel wert- volles Material auch die Akten enthielten, sie umfassten nur den Zeitraum der Amtstätigkeit dieses trefflichen Pfarrers und erweckten darum den Wunsch nach mehr, d. h. nach der ganzen ausschlaggebenden Vorgeschichte. Ich »j Annalen 33, 173 flf. ■ ■ I l- ^ - ■ •..•■ I 156 L. Conrady nahm deshalb meine Zuflucht zum hiesigen ESnigliohen StaatsarduT nd g»> wann aus dem uns von dort in bekannter Zuvorkommenheit lur YttAlgng gestellten fiberreichen Material, beiläufig einem IVs Fuss hohen Akteuloia, em so deutliches Bild von der Yergangeuheit der Kirche Amoldsbainsi dus ieh aus der von Herrn Pfarrer Aug. Frick daselbst gütigst sur Einmeht gealelltam dortigen Kirchen- und Schulohronik kaum einen Zug sususetsen hatte. Dis so Gewonnene aber drängte um so mehr zur Gestaltung fBr weitare Kreise^ als uns nicht bloss ffir diesen Teil unserer nassauischen Kirohengeeohiehte die Arbeiten Kellers und Nebe's im Stiche lassen, ich also eine Lflcke nadi dieisr Richtung auszuf&llen vermag, sondern weil ich auch, wie klein immer der Kreii dieses kirchengeschichtlichen Gegenstandes ist, etwas gesehichüich WiMOW* wertes zu bieten im Stande bin, was Anspruch auf allgemeine Kenntnis ei^ heben darf. Da nun diese Geschichte zumeist auf konfessionellem Gebiete spielt, so ist es dem Verfasser ein Bedür&is, schon hier zu versichern, dass er sich iv Darstellung der menschenmöglichen Wahrheit verpflichtet fflhlt und deahalb nicht, wenigstens nicht unbesehen, den Standpunkt seiner alten AmtsgenoeseB teilt, von deren polemischer Stellung er wird berichten müssen.*) Der Schauplatz unserer Geschichte, das Dorf Amoldshain im Obei^ taunuskreis, im ehemaligen Amte Usingen, gehörte vormals mit dem bis 1849 eine Gemeinde bildenden Ober- und Niederreifenberg, Schmitten nnd dem erst Ende des 17. Jahrhunderts entstandenen Seelenberg zu der amt den 21. Januar 1613 reichsfreiherrlichen Herrschaft Beifenberg, die durch Hdnt der letzten Beifenbergerin, Johanna Walpurgis, mit Lothar Waltbot Frmherm zu Bassenheim 1686 in des letzteren Hände überging und bis zum 12. Sep- tember 1802^) das spätere Herzoglich Nassauische Gräflich Waltboi-Bassen- heim'sche Amt bildete. Es steht von vornherein fest, dass der hergebrachte Bekenntnisstand der Arnoldshaincr Kirche der seiner Reifenberger Herrschaft sein musste. Können wir nun urkundlich bis wenigstens aufs Jahr 1594 nachweisen, dass dieser Bekenntnisstand ein evangelischer, speziell lutherischer war, so darf als ausgeschlossen gelten, dass wider alle Geschichte die Re- formation dort auf privatem Weg^) ihren Einzug gehalten habe, vielmehr muss anerkannt werden, dass dies nur durch eine evangelische Herrschaft geschehen sein könne. So einfach und zwingend dieser Schluss ist, so wenig ist er aufialligerweise bis jetzt gezogen worden. Nicht einmal der ') Vergl. Antivindiciae, quibus ecolesiae reformatae Comitatus SaynenBia a pimetenso jure reformandi liberae adseruntur oder gründlicher Gegenbeweise, dass die liutherisehen Herrschaften der Grafschaft Sayn über ihre Unterthanen reformirter Religion das jus refonnsndi zu exerciren nicht befugt, sondern vielmehr, die ihnen in Ecclesiaticis zugefügte GimTamiiui wieder abzustellen schuldig seyen. 1720. ') Schnapper-Arndt, Fünf Dorfgemeinden im hohen Taunus. Leipzig 1883, S. 8. *) Das „instrumentum pacis Westphalicae" art. V, § 81 (T. W. Ghillanj, Diplo- matisches Handbuch, Nördl. 1855, 1, 82), spricht zwar von oinem „sive publicum bIts priTatom Augustanae confessionis oxercitium^, aber letztoros kann doch nicht von einer Gemeinde mit ihrem Pfarrer gelten. 158 L. Conrady waren. Denn in den zwar nicht datierten, aber schon dnroh den Uialt bestimmbaren ,|Informationen der Pfarr za Amoldshain' oder wie iif der Bückseite steht, « Aussage der Unterthanen über die Pfarr Amoldshain', berichtet Joh. Sachs®), Gerichtsmann von Beiffenberg, im 58« Jahr aeiiM Alters, „dass Arnoldshain mit allen pertinentien, ausser was Hattstoii n Vi praetendire, Beiffenbergisch sei und die Pfarr besetzt habe. Mit der BeligioB solle das vermöge ihrer Yoreltem offtermaliger erzehlung also gehftiten winden sein, dass ihr alter Herr, des jetzt noch lebenden Herrn Yatter aeelig, alt er noch lutherisch gewesen durch einen lutherischen Prediger Beiflbnbeq; undt Amoldshain miteinander habe versehen lassen. Nachdem er aber ohs- gefahr 1621 zur Catholischen Beligion getretten, so wäre die Beformation ia BeifiFenberg vorgangen ündt selbiger Ort durch einen Catholisoheni Amoldahttn durch einen lutherischen selbiger Zeit ohngehindert versehen worden, gestalttoi Nidas Bossbach nahmens dasselbst gestorben sei und begraben. Als nun dteser Bossbach verstorben, so hat ihr alter Herr Seelig nichts desto weniger mehr berührte Amoldsheiner bey ihrer Beligion gelassen undt die Pfarr wiedenunb mit einem lutherischen Christian Preunitz nahmens besetzet, devselbige bis nach ihres Herrn todt allda verblieben und anno 1627 selbst hinweggegangen.' Dieses Protokoll stammt der Lage der Akten nach, in denen es sieh be* findet, aus dem Jahre 1669, was auch sein Inhalt annähernd bestätigt, denn der hier genannte alte Herr ist der Kaiserliche Bat und Eammerherr Johann Heinrich von Beifenberg, der am 26. Juni 1600 Anna von Cronberg, Fhoz' und Katharinas von Hattstein Tochter, heiratete, 1613 von Kaiser Matthias in den Beichsfreihermstand erhoben wurde und am 4. März 1628*) starb. Der I hier berührte Sohn ist, mit Joannis'®) zureden: „Philippus Ludovicus Baro de Beiffenberg ecclesiarum Moguntiae, Trevirensis et Halberstadensif, S. Albani quoque, Ferrutii in Bleidenstadt et S. Victoris Canonicus necnon B. M. Y. ad gradus Praepositus, Judicii saecularis Camerarius, Erfordiae Vicedominus et Consiliarius Moguntinus Intimus^, das unglückliche Opfer des nach seiner Herrschaft lüsternen Mainzer Stuhles. Sein Grabstein^^) in Königstein be- richtet: „anno 1686: 23 Martii obiit absquc confcssione et communione, cuius erat incapax ob carentiam intellectus et sensuum, famosus ille vir praenobilis dolninus de et in Beiffenberg qui octo decem annos carcerem arcis nostrae incoluerat et in ecclesia parochiali fuit sepultus.^ Damit aber eine so gewichtige Sache nicht auf eines Zeugen Mund steht, obwohl dieser Zeuge um so unverdächtiger ist, als er nicht bloss aus Beifen- berg stammt, sondern auch, wie sich später zeigen wird, Katholik ist, so sei ihm ein zweiter, nicht minder glaubhafter, wenngleich evangelischer Eidhelfer, ^ Künigl. Staatsarchiv. Vermutlich der Sohn des „Bawmoinstors Nicolauss Sax**. Ann. 33, 2, 373. ^) Joh. Max. H um bracht, Die höchste Zierde Teutschlands und VortreffUohkeit Teutschen Adels. Frankf. a. M. 1667, Bl. 64. ^'*) Rerum Moguntinarum tom. IL. Francof. 1722, S. 3S9 (vergl. Schnapper- Arndt a. a. 0. S. 284). ») Annal. 4, 1, 59. 162 L. storbese Philipp von Beifenberg eio( wai aaoh eein filterei Bruder Wall Hatfatein rermählt") und bereite 14G TOD Hattatein*"), die Irmgard von evangeÜHohen Beziebangen sam Hau wir endlich noch, dass der mit Cronberg sioh als Yetter dea Frani der Tochter Philipps von Oronb« Sehwiegersohn wurde.") Es ist sei] iu lebendigerem Gedankenanstausoh i Schriften Luthers allein die heraai Cronberg in dieser Yerwandtscbaft -9 Diese Wirkungen aber, das isl In der bekannten unglüokliofaen Fe waren die Bitter von Beifenberg, Hi „Herberge der Gerechtigkeit", der weilte, dem tapferen Franz von Si llaximilifln sie am 2. Juli 1617 naol folge dessen wurde Cronberg Ton d( die Burgen von Beifenberg und Falki aber die Bitter durch Yertreg mit d Das alles sind unseres Dfinken ftlr alle Ual den Beweis erbraoht zi bereits in der FrOhzeit der Befoi werden dürfen und etwa ein Jahrhuudert Frotestanten waren. Wir sind deslialb nach diesem notgedrungenen langen Eingang endlich in der Lage, den Anfang mit der Lösung unserer Aufgabe zu machen, indem wir, unseres Erachteos mit gutem Fug, erklären, daas die Kirche in Amolds- faain schon in den Anfangen der Beformafion lutherisch geworden sei, wenn ans schon jede direkte Angabe darüber fehlt. Wir dürfen fast mit Gewiasheit annehmen, dass wie in die entlegensten Gegenden des deutschen Beiohs, ao auch in dieses entlegene Bergdorf schon frühe die Kunde von der verwegenen Tat des Wittenberger AuguBtinermönchs am 31. Oktober 1517 gekommen sein wird, und zur Stellung dazu aufgefordert hat. Schon im Jahre 1523 herrschte in dem zwei Stunden entfernten Amt Wehrheim das Evangelium") und von dem Usinger Johann Brendel wissen wir, dass er Hartmut von Cronberg als evangelischer Prediger zur Seite stand,'^) Kam hinzu, dass die eigene Herr- schaft den gleichen Ton anschlug und vor allen Dingen begünstigte, so ver- ") Harabrnoht, Bl. 35 •^ Ebenda. ") Nebe a. a 0. 1863, 3. i. Anm. 3. ") AnnulBD *, 1, 39. ") Keller, OeBchichte NasBaui. WieBbaden 1864. 8. 25 t. ") Nebe 1964, S 56. ") BogUr a. a. 0. 73. ' Die Geschichte der luthei-ischen Gemeinde Arnoldshain. 163 stand es sich von selbst, dass allgemach die ganze Gemeinde samt der ganzen Herrschaft dem neuen Glauben gewonnen war. Indes, bevor wir weiter gehen, tun wir wohl, einen Blick in die Vor- geschichte Arnoldshains zu werfen. Wir sorgen damit nicht unwesentlich fQr das Verständnis seiner von uns darzustellenden Geschichte. Das im Volksmund unter dem Namen Arnolds-, Ornels-, Ornelshahn^^')» jedenfalls genauer hil mit nasalem a, gehende, am Erotenbach, einem Zufluss der bei Weilburg mündenden und ihm den Namen gebenden Weil'*^) gelegene Dorf begegnet uns zum ersten Male im 13. Jahrhundert unter der ursprünglichen Bezeichnung Arnoldishagin.^^) Dass es aber mindestens zwei Jahrhunderte früher bestanden haben muss, lehrt eine Urkunde vom Jahre 1043, in der Erzbischof Bardo von Mainz dem dortigen St. Stefansstift die Pfarrkirche von Brunnen, dem heutigen Schlossborn, schenkt. ^'^) Denn in diese zwei Stunden entfernte Kirche war Arnoldshain ehemals eingepfarrt. Diese Schenkung aber rührt bereits von Erzbischof Willegis (714 — 726), so dass eine viel frühere Existenz Arnoldshains gesichert ist. Nicht als ob in beiden Urkunden sein Name genannt wäre, aber seine Grenzen sind mit denen Schlossborns bestimmt, und in dem „rotulus jurium et bonorum occlesiae St. Stephani^^^) aus dem Anfang des bereits genannten 13. Jahrhunderts erfahren wir auch seinen Namen zugleich mit der Tatsache, dass es nunmehr seine eigene Kirche hat, die dem Stifte entzogen und deren Zehent dem Kaplan von Reifenberg und Ilattstein zugewiesen ist. Denn es heisst da : „It. Arnoldishagin, ibi est ecclesia et valet Decima XXX . malt, avenae Limpurgensis mensurae, hanc percepit capellanus de Rifinberg et de Hatzechinstein^. Es war demnach sogar Mutterkirche für Reifenberg und Hattstein geworden, so klein und arm es auch seine Zehente mit dreissig Malter Limburger Masses erscheinen lässt. Das wurde freilich anders, als Reifenberg 1418 seine eigene Pfarrei und die dem heiligen Othmar geweihte Kapelle erhielt, die 1477 durch Stiftung Walthers von Reifenberg einen ständigen Priester bekam.^^) Eingepfarrt blieb ihm in der Folge bloss das nahegelegene Dörfchen Schmitten, das aus einer 1507 von Reifenberg mit Einwilligung Adams von Stockheim angelegten Eisenschmiede entstanden war, um die sich 1580 fünf Familien angesiedelt hatten. Doch zerstreute auch diese der dreissigjährige Krieg, so dass 1669 drei leere Häuser dort standen.^^) Der sogenannte Kirchen- satz für Arnoldshain, das heisst die Besetzung der dasigen Pfarrstelle oder das uns geläufigere Patronat, trugen nach den verzwickten, damaligen Territorial- verhältnissen die von Reifenberg seit 1450 von der Pfalz zu Lehen, mussten sich aber nach einem Vergleich 1539 mit denen von Hattstein darin teilen, wie '^) J. K eh rein, Nassauisches Namenbuch. Bonn 1862, 163. *') Vogel, Bescbreibung des Herzogthums Nassau. Wiesbaden 1845. S. 'M, »*) Bodmann S. 4:i. '*) Joannis II, 514. ^^) Bodmann a. a 0. "j Vogel, Histor. Topographie dos Herzogthums Nassau. Ilerborn 18:t6. H. 28:i. Beschr. 845. *•) Derselbe, Topographie 2TA f. 11* Die Geschichte der lutherischen Gemeinde Arnoldshain. 165 Wilhelm Rosbach, der aber schon vorher 28 Jahre lang in Ansbach Pfarrer gewesen und nach Nebe a. a. 0. gar poeta laureatus geworden war als Ver- fasser der „Comoedia vom gottesfurchtigen Tobia^. Und selbst unser Pfarrer muss sich literarisch betätigt haben, denn unter den Oberurseier Drucken finden wir: „Rosbach, Conr^ geistlicher Feuerspiegel der Seelen, Ursel 1582." Es ist wohl derselbe, den wir bereits oben notgedrungen nennen mussten bei Wiedergabe der protokollarischen Aussage des Gerichtsmannes Hans Sachs von Reifenberg, freilich mit dem Vornamen „Niclas", der aber möglicherweise Verwechselung mit dem des Vorgängers Nicolaus Karter ist. Da er aber nach demselben dort gestorben und beerdigt, und sein anderwärts für das Jahr 1624 bezeichneter Nachfolger genannt ist, 80 gehen wir nicht fehl, wenn wir in ihm den Pfarrherrn von Reifenberg*^) entdecken, der 1613 zu Oberauroff die „Absagungspredigt contra Papatum' gehalten hat. Er wird dort offenbar „von Reiffenberg* genannt, weil nach Johann Sachs Reifenberg und Arnoldshain von einem Pfarrer versehen wurden. Möglicherweise kommt sein Name noch in den Kaufbriefen vor, von denen Schapper unter dem 4. März 1734 schreibt^^): „Desgleichen hat Philipp Fuchs etliche Kaufbriefe von anno 1609 und noch einen älteren, darinnen lutherischer Pfarrer und ihrer Witwen in Arnoldshain gedacht wird." Sein Nachfolger ist trotz des gemeldeten Übertritts der Freiherrn von Reifenberg zum katholischen Be- kenntnis 1624 Christian Brauneck. •'^^) Die Überlieferung über die Dauer seines Amtes und die Art seines Weggangs ist der späteren Zeit der Zeugnisse ent- sprechend nicht völlig genau. Nach Ruhlmann ist Brauneck in „kurzer Zeit hernach gestorben", nach Hans Sachs bis nach dem Tode des Freiherrn Jo- hann Heinrich von Reifenberg „allda verblieben und anno 1627 selbst hinweg- gezogen." Aber diese frühere Zahl stimmt nicht, da der Freiherr 1628 erst gestorben ist. Gleichen Gedächtnisfehlers macht sich Pistorius schuldig, vienn er Braunigk 1626 nach Arnoldshain gekommen und schon im gleichen Jahre nach Gleiberg gezogen sein lässt. Zwei weitere Zeugnisse von jüngeren Zeit- genossen, aus einem Protokoll vom 19. Juni 1683 „praes. Herr Landbereiter"''^) bringen es auch nicht zur vollen Klarheit. „Joh. Ludwig Bulman seines Alters 74 Jahre, von der Schmitt bürtig, lutherischer Religion sogt: Es ge- denke Ihme wohl, dass anno 1624 ein lutherischer Pfarrer Namens Christian Brauneck, aus dem Stockheimer Gericht zu Westerfeld bürtig, zu Arnoldshain gewesen; bey dem sey er in die Schul gangen, derselbe habe eine Tochter zu Usingen wohnen vndt hatt der alte H. von Reiffenberg erst nach dem 1626. Jahre die reformation ahngefangen, zuvor sei alles ruhig lutherisch gewesen. *^ Annalen 7, 1, 229. *^) Schapper'scho Akten ^^) Die oben genannte Relation von 1736 nennt ihn irrig Brahni, das Pfarrverzeichnis ebenso unrichtig Brehm, Johann Sachs Braunitz und Pfarrer Valentin Pistorius Ton Anspach in einem Sehreiben vom 14. Juni 1669 Braunigk, während Braunick im Schreiben Ruhl- mann's an die nassauische Regierung 16. Februar 1726 und im untertflnigsten Bericht vom 4. März 1734 vorkommt. Sumtlichcs im Königl. Staatsarchiv. *») Königl. Staatsarchiv. flchildert der oben genauDte BeifeDberg'ache Amtmann, Oberstwachtmeieter Fabriciue, in einem Briefe an seinen Gevatter Caspar vom 17. Februar 168B, wenn er schreibt: „Ich kann bei meiner Beügkeit niclit sageo, ob es anno 1624 lutherisch oder Catboliscb zu Arnoldhain gewesen, anno 1629 hat Churförst Wambold an die Freifrau zu Beiffenberg geschrieben, eie solle zu Arnoldshain reformieren undt das Schreiben ist vorhanden originaliter. Herr von Reiffenberg musa alles wissen, ich weis auch nit, wann dessen seliger Vatter katholisch geworden, noch auch dessen Fraw Mutter. Der alte Herr zu Reiffenberg ist anno 1628 in Kossbog gestorben." Dennoch scheint dieser erste Versuch, den evangelischen Glauhen in Ar- noldshain, der wohl schon seine drei Menschenalter gesehen hatte, zu ver- gewaltigen, weder stark noch nachhaltig genug gewesen zu sein, um ihm etwas anzuhaben. Der genannte Pfarrer Piatorius von Anspach, 70 Jahre später, weiss nur zu sagen, dass „die Arnolssheimer keinen ge- wissen Pfarrer gehabt, sondern zuweilen einen Catholischcn IVister"), sy ") KGnigl. Stniitsftrrhlv. ") Kbeniln, ") Josniiis ir, 940. ^') Kbeiiilii. "l Md. [iriBter, prüster (Weigund t, Ueuiscli. Wbch. Wbuli. e02, 2, 291), Ein neaer Abschnitt unserer GeBchichte begioot mit der Yerleihung des Pstronatsrechtes der Amoldshainer Kirche seitena der Kurpfalz an Mauaa- Usingen am 2S. Januar 1669.*^} Zur Orientierung aber ist zunfichst not m wisaen, daaa dies Patronatsrecht, oder, wie ea in den Lehensbriefen immer beisst, der EiroheDsatz ursprünglich ein Leben der Kurpfalz an die von Reifenberg war, wie dies die Lehnsbriefe vom Ostermontag 1453 und Tom 10. August 1657") besagen. Infolge der Gefangenschaft des unglttoklicheB Dom- und Freiherm Philipp Ludwig von Beifenberg hatte Kurmainz am 14. Februar 1667 in unbewusster Wiedervergeltung für längst verachollone Reifen* berger Gewalttat"^) Beschlag auf seine Herrschaft gelegt und Nassau-Uaingen *■) Siehe Anm. 43 oben. ") Keller, Drangaale S. 329. *'') Ebenda B. 335. ") Im SohrelLen des Ueiagiscben KammerschreiberB Cramer an den karmainiigohen Katsohreiber Friedrich Kupferstein in Reifenberg vom 4. März 1670 Künigl. Staatiarohir. ") Beurkundete Naahrichlen, BejI. 8. 86, 101. *") Chronicon nioguntiDam (Heg«l, Die Chroniken iler deutschen Städte. Leipzig 1882, 18, 183) luni Jahre 1371: Tuno de muribna exira muiiioianeB mornntibuB latranauli de ByCfenberg terram eL-cleBiae Moguntinae deraatabant nullo prohibente. Die Geschiebte der laihcrischen Gemeinde Ariioldshaiii. 171 die nicht eben rühmliche von den mehrfach angezogenen „beurkundeten Nach- richten von der Herrschaft Reifenberg* (der bekannten leidenschaftlichen Streitsebrift bei dem Prozesse ^in Sachen Casimir Ferdinand Adolph Waldbott zu Bassenheim contra quoscumque Reiffenbergische Creditores und Interesse praedentes in specie Nassau UsiDgen^) gewiss nicht ganz ohne Grund heftig ge- geisselte Veranlassung bei dem angeblich hinfällig gewordenen Besitzrechte des Gefangenen benutzt, Eurpfalz um die Belehnung des Anteils am Stockheimer Gericht, wie den in den Lehnsbriefen damit zugleich genannten Kirchensatz in Arnoldshain anzusprechen und sie in aller Form zu erhalteu. Es wären reinere Hände zu wünschen gewesen für eine geistliche Sache. Aber Arnoldshain hatte jetzt wenigstens an einem evangelischen Staate einen Rechtsschutz gegen seine ge- walttätige katholische Herrschaft, die der evangelischen nichts vorzuwerfen hatte an Unredlichkeit. Denn sie setzt nunmehr als blosse Territorialherrin ihre alte Ungerechtigkeit gegen das klare Recht der Gemeinde Arooldshain fort, doppelt im Unrecht dadurch, dass sie, wie die römische Kirche bis heute, dem westphälischen Friedensschluss die Anerkennung versagend, dessen § 2 im 5. Art.: „in ecclesiasticis omnia reducantur ad statum 1. Jan. 1624^ bis zuletzt anfocht und mit allen nichts weniger als würdigen Mitteln aktiven und passiven Widerstandes zu umgehen suchte. Der Kampf aber wurde um 80 erbitterter, gehässiger und dazu kleinlicher, je kleiner die Reifenberger Herrschaft gegen die grössere Usingische war. Doch wir greifen nicht weiter vor, sondern berichten streng der Reihe nach. Nachdem der pfalzische Lehensbrief an Nassau-Usingen ergangen sein musste, wenn er auch nicht mehr vorliegt, ebenso Mainz von der Pfalz und Nassau Kunde von ihm erhalten hatte, wie dessen Schreiben an den Kurfürst- lich-Mainzischen Rat und Oberamtmann der Herrschaft Königstein, i,Georg Philipp Greiffenclaw von Vollrathz" vom 14. März 1669 beweist***), war d. d. Friedrichsburg 28. Januar 1669 vom „Cburftirstlichen Cantzleydirector und Räthen^ an die „wohlgeborene Fraw und Fräwlein* von Reifenberg ein Schreiben erlassen worden, worin zunächst die Übertragung des Stockheimer Gerichts in Nassau-Saarbrücken kundgetan wird, wofür dem noch in Haft befindlichen Bruder von Martini 1669 ab 300 fl. gereicht werden sollen, obgleich auf diesem Reifenberg und Hattstein'schen Lehen nicht mehr als 320 fl. zu erheben seien. Alsdann heisst es: „Sonsten haben wir denselben nicht ver- halten mögen, welcher gestalten Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht vorkommen ob solte die Pfarr Arnoltzheim, welche vermöge Friedensschlusses in den Standt wie ao. 1624 zu restituiren, noch mal mit einem Evangelischen Priester nicht versehen seyn, sondern vielmehr die Unterthanen zur römisch katholischen Religion gebracht werden wollen, dannen hero wir Unsere geehrte Fraw und Fräwlein wohlmeinend vndt herzlichst erinnern sollen, sie geruhen die künftige Pfarr, so Herr Graf Walradt von Nassau einsetzen wird ; kein Eintrag, sondern die Gebühr wiederfahren lassen, änderst Ihnen unumgänglicher Weis merkliche Ungelegenheit und Nachtheil zuziehen würden". Die Empfängerinnen dieses 69 ) Kdnigl. Staatsarohiv. 172 L. Conradv Schreibens ^raren „Anna Marquise de villeneuve nee Baronne Reiffenberg und Marie Fräulein von Reiffenberg^, die trotz der Mainzischen BesitzDahme noch als Träger der Herrschaft an Stelle ihres gefangenen Bruders angesehen zu werden scheinen. Ein undatiertes Schriftstück^^), ein Regest, scheint es, dürfte als ihre Antwort gelten: „Ahn Churpfaltz von den Reiffenbergschen Schwestern, welche Reiffenbergische allodia im Stockheimer gericht repetiren und anzeigen, dass sie zwar das Lehnbare ius patronatus zu Arnoltzhain an Nassau geständig wehren, würde aber von dem Hauss Nassau in ihrem hergebrachten Territorial gerechtsambe turbiret. NB. Der Herr von Reiffenberg hat per NB. Eigen- händig bemerkt, dass seine Schwestern das ius patronatus ohnwissend geständig wehren, und habe er den Pfarrsatz gegen Überlassung vier Puder Weinss zu Nierstein an sich Eigenthümlich gebracht. Bewantnus der Reiffenberg ist so zu Ingelheim 5 Marck geldts vff den Zoll zu Kaub^. Von dem Ankauf des Pfarrsatzes durch den Freiherrn von Reifenberg ist hier das einzige Mal die Rede. Wäre die Sache begründet gewesen, so hätten die Reifenberger sicher mit Freude ihr Recht geltend gemacht, Kurpfalz aber sicher auch Anstand ge- nommen, ein ihm abgekauftes Lehen weiter zu verleihen. Also Irrtum oder Finte! Infolge der hierdurch geschaffenen neuen Sachlage hatte die Usinger Regierung bereits am ?t, Februar 1669^^) angeordnet, dass ein Pfarrer aus dem Stockheimer Gericht in Amoldshain predigen sollte, bis ein pastor Ordinarius bestellt sein würde. Zu diesem in Ober- und Untergericht eingeteilten Dörfer- komplex, der ehemaligen Herrschaft derer von Stockheim und dem nunmehrigen nassauischen Lehen, gehörten, soweit sie noch jetzt vorhanden sind, im ersteren die Dörfer Rod am Berg, Hunstall, Brombach, Dorf weil und Schmitten, im letzteren Stockheim, Westerfeld, Hausen, Merzhausen, Nieder- und Oberlauken und Wilhelmsdorf '^) Da Hausen also zu diesen Dörfern zählt, so ist zu ver- muten, da5?8 der bereits oben genannte dortige Pfarrer Datz erst jetzt den Dienst in Aruoldsliain wahrgenommen habe bei einer entsprechenden Einwohnerschaft, wie dies ausser den Angaben des Pfarrers Pistorius ohnehin der Antritt des Patronatsrechts seitens Nassau-Usingens notwendig erscheinen lässt. Am 13. Februar aber läuft bereits das Gesuch eines Johann .... (der Name ist niclit leserlich) an den Grafen Walrad um Verleihung der Arnoldshainer Stelle ein, die wir auf den alsbald zu besprechenden Johann Georg Reuter zurückführen müchten. Doch die Gewährung des Gesuchs hatte vorerst noch seine Schwierigkeit. Offenbar aus Besorgnis vor Mainz wendet sich Usingen am 2. März 1669 an Kurpfalz mit einem Schreiben, worin „aus beygeschlosseuen attestatis sub 5 u. 6 zu erkennen ist, dass der Gottesdienst in ao. 1624 und noch etliche Jahr hernach durch einen p]van^elischen Pfarrer versehen worden", zugleicli aber der Mainzische Widerspruch gegen das ius patronatus namhaft gemacht '" I Künigl Stautsarcliiv. 'M Kbciidu. '-') Vüijol, Tüpographio, ^. 2;i7 tV. 174 L. Conradj einem lutherischen npraedicaBten^ verliehen habe, «ohnangeflelmiy dtit dm Theilen von der Herrschaft Amsheim sum Hause Beiffenbeig, der TiMten TheQ aber den Junkherm von Hatistein Erblich zugehörig ist, auch innerhalb SS Jahr kein lutherischer praedicant die Kirchen bedient, sondern in der Zdt ton Osm von Beiffenberg als Oollatori besetzet vnd Ton meinem Antecessoribiu OattoHds administrirt worden ist^. Er ' weiss aber nicht, ob die Collatnr mm Hanse Beifenberg oder zum Stockheimer Gericht gehöre, ^weilen die firawMii von Beiffenberg mich berichtet, dass die donationes collaturarum et alim eodemilifla im ersten vff Beiffenberg gethanen Arrest yon Ihrer Churf&rstliolieii Qtmim Deputirten nachher Maintz geführt worden sind; die Unterthanen m AniMhein inferiren, dass gemelte Kirche im Pfälzischen territorio bestehe, es aber gar nicht zu glauben, weilen ChurfÜrst Wamboldt sei. gn. als Tutor derer tob Beiffenberg capuziner von WQrtzburg im ganzen fleck Amsheim in reformireB geschickt, wan alsdann die Kirch off Pfaltz grund gebawet, würde solohea die Ghurpfaltz nit zugelassen haben''. Er bittet schliesslich um YerhaltongüDaM- regeln. Es ist das ein Beweis, mit welcher Emsigkeit, aber auch ITnaioheibeit der Katholizismus in Amoldshain zu erbalten gesucht wurde und daas Maos solch' untergebenem Zuträger wohl gerne sein Ohr lieh. Auch der beieib oben angezogene Bericht vom 4 März 1669 Ober die Hehrzahl der Katholikei in Amoldshain gehört offenbar diesen Kreisen an und stammt wohl Ton denelbea Hand. Es darf deshalb nicht wundernehmen, dass unter diesen sehwierigea und schleppenden Verhältnissen Graf Walrad, trotzdem der Auftrag Uagst gegeben und vielleicht sogar ausgeführt scheint, an KurpfiUz erst am 12. De* zember 1669^') berichtet, dass er den Gottesdienst in Amoldshain Ton eiaeni fremden Geistlichen versehen lassen wolle, bis man einen eigenen geftinden. Der Kurfürst möge daf&r sorgen, dass die verschiedenen Gefälle und Zinsen der Pfarrei aus dem Beifenbergschen eingebracht würden. In Bezug auf den letzten Punkt scheint man erst ein Jahr später nach einem Schreiben an den Grafen Walrad zu Nassau d. d. Heidelberg 1. Dezember 1670^^) angeordnet zu haben, „dass auch die Reiffenbergische den Nassawischen wegen der Pfarr Arnoltzheim vnd deren Gefälle (derentwegen sie sich einigermassen beschweret) billig massig an Hand zu gehen hetten^. Wir konnten dem Leser die Yorführung dieses öden Aktenmaterials nicht vorenthalten, da es die Schwierigkeit und Zähigkeit des Kampfes um das kleine Amoldshain wirksam beleuchtet. Nachdem so ein ganzes Jahr nutzlos ftLr die Gemeinde mit Hin- und Iler- schreiben verbracht war, meldet endlich am 4. März 1670'^j der Kammer- schreiber Gramer in Usingen dem kurmainzischen Amtsschreiber Friedrich Kupforstein in Reifenberg, dass die Nassau- Usingische Regierung gemäss ihrem am 28. Januar 1669 empfangenen Leben Johann Georg Reuter zum Pfarrer in Amoldshain bestellt habe und dass die Pfarrkinder zur Zahlung ihrer Schuldig- ^') Königl. Staatsarchiv. '*) Beurkundete Nachrichten. Bevl. No. 127. 7^) Konigl. Staatsarohiv. Die Geschichte der latherischen Gemeinde Arnoldshain. 175 keit aufgefordert werden mochten. Des Genannten Amtstätigkeit, wenn sie überhaupt stattgefunden, hat kaum ein Jahr gewährt. Denn schon am 2. Juni 161 V^) meldet sich der Schuldiener^^) Johann Reinhard Wenck zu Rodamberg in die Stelle, da der nach Arnoldshain ^designirte^ Pfarrer Reuter nach .Espach^ (Eschbach) befordert worden sei. Das blosse „designirt^ schliesst aber wohl eine Amtstätigkeit aus, zumal das oft genannte spätere Pfarr- yerzeichnis, wenn auch irrig in Bezug auf das Jahr, bemerkt: „1669 Johann Georg Reuter, aber da Pfarrhaus und Gemeinde fast völlig ruinirt und die Pfarrbesoldung sogleich nicht wieder in Stand zu bringen gewesen, im folgen- den Jahre nach Escbach gekommen.^ Pfarrer Carl Flick will zwar in der 1814 begonnenen Arnoldshainer Kirchen-Chronik^^) „die in der Kirchen-Registratur sieb (!) befindlichen Documente genau durchgegangen'' haben, aber sein Ein- trag: „Ein gewisser Studiosus Theologiae, Namens Georgio Reutero (!) versah die Pfarrei 2 Jahr ad Interim und kam nachher als Pfarrer nach Eschbach^, erregt Zweifel an seinen „Documenten'' oder an seiner Fähigkeit sie zu lesen, zumal wenn er mit sich selber im Widerspruch die Pfarrei vor dem Jahre 1669 unbesetzt sein lässt und doch schon im gleichen Jahre den Nachfolger Wenck nennt. Wir können aus unseren Akten, wie sich alsbald zeigen wird, nur fest- stellen, dass die Pfarrei von 1669 — 71 durch Interimsbestellung versehen worden ist. Diesem Zustand soll denn nun ein Ende gemacht werden. Am 19. April 1671^^) teilen die Usinger Räte den Freifräulein Anna Maria von Reifenberg mit, dass der Graf den zeitigen Schuldiener Johann Bernhardt Wenck zu Rodamberg zum Pfarrer von Arnoldshain ernannt habe, nachdem die Stelle seit 2 Jahren — da hören wir es — bloss interimistisch versehen worden sei. Die Gefalle mttssten ihm von Reifenberg zufallen. Es mag befremden, dass diese Präsentation dem vorhin genannten Gesuche Wencks um sie fast zwei Monate vorangeht. Aber es lässt sich wohl annehmen, dass eine so viel frühere mundliche Bewerbung stattgefunden hatte und dass das schriftliche Ge- such nur eine nachträgliche Formalität bedeutet. In einer sehr hochtrabenden, bissigen Antwort, d. d. Rossbach 18./B. Mai 1671^^) bemerken „Anna Marquise de villeneuve nee Baronne de ReiiFenberg^' — schon dieser ausführliche Titel scheint ein Stich — und „Marie Fräulein von ReifiPenberg'^ den Räten, dass sie gegen die vorgenommene Examinierung und Ordination „auf Grund ihres ius territoriale und episcopale ihnen allein zuständig^^ protestierten. Die von Hattstein, „so eine Zeit hero auch im trüben Wasser gefischet^S hätten gar '*) K5ii]gl. Staatsarchiv. ^') G. G. Firnhaber, Die Kassauische Simultan Volksschule. Wiesb. 1881, 1, S. 147: „Im 16. und 17. Jahrhundert wurde auch hier (im Weilburgischen) wie im Usingisohen das Soholamt mehrfach von den Pfarrern mitversehen oder von Kandidaten der Theologie (vergl. auoli 8. 84).* Das Wort „Sohuldiener** wird neben „christlicher Prediger* . schon von Me- lanchthoD gebraucht, s. Grimm, Deutsches Wbch. s. v. ") S. 1. ^*) Königl. Staatsarchiv. ••) Ebenda. 198 L. Conradj Schreibung und Beriebt des freffelbaften angriff, so Pater Franfas, der Pbrrer zu sellenberg, an die Evangeliscbe Kirch zu Anioldsbain gethon*, ergimst du Protokoll noch dahin, dass die Prozession von Reifenberg gekommen sei «nut fliehenden Fahnen und Einem marienbild, welches zwo weibs Personen anf den achsehi getragen^ und während Messe und Predigt seien ,6 Wachten* aus- gestellt gewesen aus Furcht vor den Usinger Soldaten, wir setzen hinm, zur Ausgleichung für den früheren umgekehrten Fall, den wir oben beschrieben. Am 28. und 30. Mai^^) werden Beschwerdeschriften der Usinger Begierung an den Grafen Bassenheim und Eurmainz gesandt, mit dem Erfolg, daas die Prozession sich im folgenden Jahre erneuerte. Kein Wunder, der Oraf war Mainzer Statthalter. Den gleichen Erfolg erlebte auch der „verlangte, wahrhaftige Bericht, was bisher an der Pfarrbesoldung zu Arnoldshain entzogen worden, von einer s&mbtl. Amoldshainer und Schmidter Evangelischen Gemeind nebst ihrem biss ins 40 Jahr alda stehenden Pfarrer ^^^^) vom 8. Juni, der die Summe von allem dem zieht, was wir seither nach und nach zu wissen bekommen, ein wahres Sündenregister der Herrschaft Beifenberg. Denn haben wir oben die dem Pfarrer zuständige karge Besoldung nach ihren einzelnen Teilen vorgeführt, so erfahren wir hier ebenso genau detailliert die Entziehungen, die sieh die Herrschaft wider alles Recht in brutaler, feindseliger Willkür zu machen er- dreistet hat. So ergibt sich denn, um es in einer Summe mit den Worten des Beraubten auszusprechen : „Ist dem Pfarrer seine Geldbesoldung als jähriich 30 fl. nun biss ins vierte Jahr rückständig blieben, weil die Leuthe zur Zahlung der von langen Jahren her restirenden Eirchenzinssen nicht angehalten werden. Ist solchem noch kaum der dritte Teil der zehende dem Pfarrer gelassen worden, dass er bei solcher decurtirten Salarirung nehrlich^^®) subsistiren kann, zumal da ihm auch andere vorhin zur Unterhaltung seines nöthigen Dienst- geaindes gehabte Vorteil geutzlich entgehen". Einen weiteren Gewaltakt schildern wir mit den eigenen Worten des Paters Franz, vom 13. Augusf ^) aus seinem mehrfach genannten „Extractus protocolli^. Da heisst es: „In Baptismo Jois Lemp legitimi Jois Dauiclis Lutherauac et Elisabethao catholicao confessionis circa horam promcridiaoam in ecclesia Ärnoldishanensi supra Baptistcrium in medio Ec- clesiac, postquara roane citatur a Domino satrapa Yalentio Hild praedicans Arnoldishanensis jussus fuorat cxtradero Clavcs Ecclesiae Arnoldishaneusis pro hoc Baptismi actu exercendo! Renitente autem eo jubebatur sub mulcta decem fiorenorum ad huc hac die cum exocutione exigendoruni tradere claves. Cum taudem annuisset, descendimus post meridiem dominus alte- *•') Künigl. Staatsarchiv. '«^ Ebenda. ^'°J Mhd. naerlicli, nid. norlich, gering, wenig, notdürftijj, knapp, spärlicb, kaum. Lexer, Mild. ^Vbch. 2, .'iö. Vergl. nahrlich, nahlig, kaum, spitz, knapp. Schmidt, Wester- wäldischos Idioticon. lladaniar und Ilerborn 1800, S 120, engl, nonrly, s. auch Grimm, Deutsches "Wboh. unter ^ nahrlich". ^•^) 8. 1 f. Jetzt wieder sei auf dem letzten Reifenberger Ämtstage die beste Ffarrwiese mit dem Vorgeben, sie gehöre zum Othmar'scben Ältar'^*) zu Reifenberg und seine Yorgänger hätten sie unrechtmässig inne gehabt, entzogen worden. Am gleichen Tage'**) aber richtet die kurmainziache Regierung an die in Usingen ein Schreiben, dass Graf Baasenheim „auf die von dahier geschehene remon- atration sich ahnerklähret, ea, Wiewohl mit Vorbehalt des ex anno Uecretorio und sonsten babeaden Befugnisen, so viel das factum betrifft, hey den pro regulative proyisionali bekanntlich angowiessenon Statu pacis Badensis bisa 211 '") Königl. Staataarcliiir. ■") Ebenda. "•) Ebenda. '") Kbendn, '") Ebenda. "•) Ebenda. "") Ebenda. '") Die nach lG:tl abgerisBcno Kapelle der Burg war dem h. Üthnar geweiht und hatte 1477 durch Stiflung von Wultber von Koifonbcrg oincu oigeiioii Priestor erhulten. VergU Vugol, Tüpograpbie S. 28:! und Annalen 4, 1, 48. '") Königl. Staatsarchiv. j I i I 202 L. GoDrady diron könnon und zwar dabey noch in anbeglaubter Form beizubringen i inogto*^. Und nun folgt unmittelbar die schon weiter oben angesogene Stc in dor, wie wir nachwiesen, sich seine barste Unkenntnis der Beifenber; Familiengoschichte offenbart, zugleich aber auch der Grund, weshalb er al bishor hingehen gelassen, «nämlich, dass wir in exercirung meines dem Ha IleifFonborg zukommondon juris patrooatus in der pfarr Steinfisohbaoh ebi milssig koine weitere Hinderung geleget werden möge''; das bekannt» do dos, das in geistlichen Dingen einen noch bedenklicheren NachgeachnuMsk 1 als in woltlichon. Darauf aber fährt der Graf fort: «Übrigens ist swar ohno, das die dormahlige dem Evangelisch lutherischen Pfarrer einkommei Oompotons sehr gering falle, allein wer die Friedensschlnss wied^ge e 'j sotiung eines besonderen lutherischen pfarrs auf Amoltzhayn und abo i wendig erfolgter roparirung der pfarr Reiffenberg anfanglich Ton denen i Hattstein als violouten invasoren nit vorgegangen und daranff toh aeitan ( llochfÜrstl. Hausses Nassau bei dem durchlauchtigsten Churhanaa PfaMs foudum erhaltenen juri patronatus continuirt worden, so würde ich brechen nit hervorgethan, ich auch nicht nöthig gehabt haben dem I j Pfarrer zu fteUFenberg aus meinem privat beudel alijährlich an mäsigon unterhalt annales 130 fl, bey zu l^^n, welchen nachtbol kh gjki wollten auss bis zum nachbarschaftlichen guten Yememen nnd sorgender Devotion zu dem durehlauchtigsten Hansse Nassau gen nl Wir glaubten dem Grafen voll das Wort lassen zu mOssen, nm norh ganze gosohichtswidrige Auffassung der SachUge znr Anschauung i und damit die Aussichtslosigkeit der Verhandlung mit ihm zu Kr ist offenbar der gelehrige Schüler des Paters Franz, der 18. «Tiili lTlM^^^^> dorn Mainzer Yikariat diese Auffassung Wrt8 iibor spoF.ioU die jährliche Spende von 1»>0 fl. an diesen s borf:or lYarror jingoht, so har sie ein ganz anderes Gesieht, wtsBH z sio «üt den Augen eines uiiverwerfiiohen katholischen Zeuger. d«iH!hriBt» lxcitTc::bcrg ;\i >iiro::: ::: EriiLi-:i ::;■ . :-i:i::ir >irLnt \-.'.r.*.i- .. -. . -ii! \. .v.z' > A.- .s.\ '. : ' Die Geschichte der lutherischen Gemeinde Arnoldshain. 203 28 Malter Korn ebcnmässig zu verhelfFen und den katholischcD geistlichen nit länger leyden zu lassen^, ein Mitleid, das man für den evangelischen vergeblich sucht. Denn was dieser zu leiden hatte, das meldet uns sein Brief vom 3. März^^^) an Konsistorium und Regierung in Usingen« Die Johanneswiese war ihm unter dem Vorgeben abgesprochen worden, dass sie nach einem auf- gefundenen Dokument von 1663 dem Altargute in Reifenberg zugehöre, die Schniidtener Einkünfte ihm entzogen worden, da Schmitten (entgegen der Wahr- heir) kein Filial von Arnoldshain sei. »Ach, so wird mit uns verfahren, wie man will, und das Alles so lange itzige Hochgräfiiche Herrschaft das Land eingelüset hat^. Alle seither geschehenen Unbilden aber werden von ihm am 9. März^-'^) in einem „verlangten Kurtzen Entwurflf und nochmaliger Wieder- holung derer wichtigsten gravaminum^ noch einmal vorgeführt. Inzwischen aber waren Nachforschungen nach den vom Grafen beanspruchten 28 Malter Korn in Erbenheim angestellt worden. Da ergab sich nach dem Bericht des Amts Verwesers von Jossa in Wiesbaden an die Usinger Regierung vom 7. März 1730^^^), dass, wie die Untersuchung des Schultheisen Martin Reinemer in Erbenheim ergeben habe, dieser „Pfacht^ „nach denen Pfachtesbüchern^ allerdings ursprünglich nach Reifenberg gehört habe, danach aber dem Mül- bachschen, dann dem Köthischen und endlich dem Häuserhof zugekommen sei, was bereits vor 50 Jahren geschehen und damaligen Reifenberger Abgesandten mitgeteilt worden sei. Der Pacht war also offenbar von dem Freiherrn von Reifenberg verkauft, und so bestätigt sich Hannappels obige Bemerkung von der Verwendung des Altarguts zu eigenem Gebrauch. Es erledigt sich deshalb der Vorschlag des Idsteiner Oberamtmanns vom 28. April^^^) nach Usingen, dass, nachdem alles mit dem Grafen vergeblich versucht sei, man Repressalien ergreifen müsse durch ^ allenfallsige arrestirung deren von dem catholischen Pastor in Reiffenberg in dahiesigem lande bissher erhobenen Gefälle zu Wüst Embs" (am Rande verbessert in Erbenheim). Dieser Vorschlag aber wird am 23. Juli^-^^) von der Arnoldshainer Gemeinde in anderer Gestalt aufgegriffen, indem sie das Oberkonsistorium in Usingen ersucht, zur Abstellung der be- ständigen Angriffe des Paters Franz auf die Einkünfte ihres Pfarrers diesem seine Gefalle in Mauloff, Finsternthal, Riedelbach, Steinfischbach und Wüstems^^^), die ehemals der Arnoldshainer Kirche gehört hätten, gesperrt und davon ihrem Pfarrer das Entzogene ersetzt würde. Das sei das ^Eintzige Mittel den Pater Frantz zur er Kenntnus zu bringen^. Und dazu wird dann wirklich am 26. Juni^^^) das Oberamt Idstein von Usingen aus angewiesen mit einem Erfolge, den wir alsbald das Gegenteil wirken sehen werden. Zunächst nehmen die *''^) Königl. Staatsarchiv. »•«) Ebenda. »»3) Ebenda. >^^) Ebenda. ^") Ebenda. '*•') Mauloff, »Stein fi8(!hbach und Langonbach werden in dem ^Reiffenbergor Kirchen- zinsz utTs Jaro 162:J" genannt. Annalen 33, 2, 374. *®'j König}. Staatsarchiv. 2Ö6 L. Conrady simultaneum^ einzuführen sich berechtigt fanden^^^), eine ebenso widersinnige Halbheit, da dieser so seltsam dem soeben genannten § 2 des gleichen Artikels widersprechende § „cum jure territorii et superioritatis ex communi per totum imperium hactenus usitata praxi'^ das volle ,Jas reformandi^' neben dem schauer- lich barmherzigen „beneficium emigrandi^^ gestattete. Nicht bloss aber eioe widersinnige Halbheit, sondern noch vielmehr ein völliger Widerspruch gegen den eigenen katholischen Glauben. Denn wenn Leo der Grosse in Betreif der Begräbnisorte sagen konnte: „non autem quibus viventibeus non communica- vimus, mortuls communicare non possumus*'^^^), so ist es durchaus konsequent, wenn der katholische Theologe Permaneder bekennt, dass ein solches simul- taneum nach kanonischem Recht verwerflich sei.^^') Wenn nichtsdestoweniger diese Einrichtung vom katholischen Landesherrn erstrebt wurde, so kann die Absicht dabei schwerlich eine andere gewesen sein, nicht bloss die evangelischen Untertanen ihre Macht fühlen zu lassen, sondern auch sie in ihrem Bekenntnis zu beunruhigen oder zu beschränken und wo möglich zum Abfall zu verlocken. Jedenfalls sind dabei, wie bei der ganzen Eirchenpolitik, auch der evangelischen, christliche Gedanken ausgeschlossen. Demgegenüber bleibt Usingen auf dem annus decretorius um so mehr bestehen, als selbst eine katholische Macht, wie Kurmainz, ihn als allein berechtigt festgestellt hatte; und es hatte dazu sein gutes Recht, da es, wie die übrigen protestantischen Stände, die Ryswijker Klausel niemals anerkannt hatte.^^^) Das bedeutete dann bei der gegenseitigen Beharrlichkeit den immerwährenden Krieg, dessen schlimmste Folgen nur da- durch einigermassen verhütet wurden, aber wie wir sehen werden, nicht völlig, dass Graf Bassenheim für sein katholisches Patronat in Steinfischbach zu fürchten hatte und es deshalb im ganzen bei Bedrohungen und heimlichen Bedrückungen beliess. Einem so unerträglichen Zustand durch einen reichs- gerichtlichen Spruch ein Ende zu machen, wurde zwar von beiden Seiten hin und wieder in Anregung gebracht, aber nimmer ausgeführt, ein schlimmes Zeichen entweder für das Reichsgericht oder aber für die Unsicherheit des beiderseitigen Rechtes trotz des guten Reclits Arnoldshains, das mit seinem Pfarrer die Kosten des Streites zu bezahlen hatte. Nun erst kommen wir zu dem wieder dramatisch werdenden Schlüsse des Jahres. Da zeigt zunächst Simon Buhlmann-^'*) von Schmitten in Usingen den Tod des Pfarrers von Langen an, der am 12. Dezember erfolgt sei, ein Jahr später, als der seines Quälers, des 40 Jahre alt gewordeuen Statthalters Grafen Casimir Ferdinand von Waltbott-Basseuhcim am T). November 1729-^*^) und im selben Jahre mit dessen Bruder, dem Grafen Franz Emmerich Wilhelm.- ^^) Sofort am 13. Dezember, das meldet ein Bote der Gemeinde Arnoldshain in '"'•') Wetze r und AVolto 9, 172. *'''') Ebenda 10, IG:i. *"') Ebenda. ■^"^) Schliephakü-Menzol 7, Gl, 128, 141 f. *''"'•') Scliappor'öcho Akten. ^''') Annalen 7, 1, 208. '^^^) Schnapper-Arndt S. lOt. 234 L. Conrady Was von da ab bis zur EinverleibuDg der Herrschaft Reifenberg in Nassau am 12. September 1806^^'') verläuft, gehört nicht mehr in den Rahmen unserer Geschichte, sofern diese nur das protestantische Recht für die Kirche Arnoldshains nachzuweisen hatte, mag aber als Anhang hier noch einen Platz finden, da es von dem letzten Wetterleuchten eines abgezogenen Gewitters zu erzählen hat. Während die Amtszeit Johann Easpar Brückeis, des nächsten Nachfolgers Schappers, von 1751 — 1761 völlig ungestört verlief, sofern uns das der Mangel an Akten über ihn verbürgt, musste der nach ihm kommende Julius Christoph Thomae gleich am 25. Mai 1762'^^^) dem Konsistorium anzeigen, dass man in Schmitten einen katholischen Kirchhof mit Kapelle anlegen wolle. Was auch von Usingen^^^) und Wiesbaden aus für Schreiben dagegen erflossen, der Sache geschah kein Einhalt^ so wider alles Recht es auch war, auf einem lutherischen Filial einen katholischen Friedhof anzulegen, wenn schon der katholische Prozentsatz der Bevölkening ein grösserer als in Arnoldshain war.'**) Thomae Christoph orum nostrum fao paois maxime princeps Nomini Friedrioum re quoquo pace frui. Liebster Friedefürst, lass dieses Knaben Nahmen Zu deines Nahmens Ruhm sich thätlioh zeigen. Amen. Vom jüngeren Georg August aber schrieb er ebendorthin: Fac Auguste Dens, qui ounota creata gubernas Fiat ut Augustus fiUus hicoe mens. 0 Herr, mach meinen Sohn, den deine Hand gegeben Recht herrlich, wie er heisst, hier und in jenem Leben, und dieser A^ard der Stammvater des zu hohen weltlichen, bürgerlichen, wie militärisohen Ehren gekommenen, jetzt aber im Mannesstamm ausgestorbenen Nachkommen. Von unseres Holden Zeit in Rcttert wissen wir nur dns Wenige, dass er am 4. Juli 1751 (4. nach Trinit) von Inspector Stein in Nassau in sein Amt eingeführt ward und dass ihm am 25. Jan. 1761 seine Lebensgetahrtin starb, der er auf dem in der Kirche errichteten Leichenstein eine Grab- schrift widmete mit dem Schlüsse: „Diese lebt nun in Jesu Schooss, Von allem Übel ewig los. Ihr Ehgemahl seufzt nach gleicher Ruh Und kommt, wer weiss wie bald, dazu**. Und siehe da, weiter steht auf dem Denkmal: ^8oin 'Wunsch ist erfüllt worden 1770 den 23. Juni** u. s. w.** Sein Sohn und Nachfolger aber schliesst den Eintrag ins Totenbuch: ^Dio JiCiche liielte Herr Pfarrer Soll zu Klingelbach, sein gewesener Beichtvater. Exordium war 2 Cor. XII, 10, Text Luc. II, 29. Die Parontation legte ab: Herr Pfarrer Bickel zu Dörs- dorf.** Wie sohr sein tapferer Mut eine Geschlochtsgabe war, sei zum Schlüsse noch aus dem Leben seines als Direktor des Predigerseminars in AVittenberg borühmt gewordenen Nach- kommen Dr. Karl Aug. Schjip])or (y 180G) erwühiit. Derselbe war als Pfarrer von W'ald- böckelheini, seiner Anfangsstelle, von den Freischärlern wegen seiner Künigstreue bedroht worden. Trotzdem nahm er ihnen, die ihr IIaui»t(]unrtier auf der Eber^burg hatten, 2 Munitions- wngen ab unier-) Schicht und Terra rossO' (Mammut-Höhlenbär-JScJiicIit, Nur Microfauna gesammelt. Sorex sp.? Spitzmaus-Art? Extremitätenknochen. * , pygmaeus, Zwergspttzmaus, Kiefer. * Foetorius putorius? IltiaP Schwsnzwirbel. • „ vulgaris, WieBel, Kiefer und Estremitätenkoochen. ** „ erminea, Hermelin, Kiefer und ExtremitäteDknochen. * Leucocyon lagoptts, Eiefuchs, Extremitätenknochen. * Lepus variahilis, Schceehase, Extremitätenknoehen. *• „ sp.? Haaen-ArtP 1 Ohrknochen. * Lagomys ptisillus, Zwergpfeifhaae, Extremitätenknochen. * Myodes torquatus, Halabandlemming, Schädelfragmente, Kiefer and Ex- tremitätenknochen. tt Eine neue Nachgrabung vor der Steedener Höhle Wildscheaer. 299 Wühlmäuse, nämlich: Arvicola ratticeps (sicher), Kiefer. ** „ yielleicht ratticeps^ Femur und Tibia. * „ agrestiSj Kiefer, ft 9 a^re^^is-ähnlich, aber zu klein, Schädelfragmente und Kiefer, ff j, gregaliSj Schädelfragmente und Kiefer, ff , nivalis (sicher), Kiefer. * „ amphibiuSj Schädelfragmente, Kiefer und Extremitätenknochen. ** ArvicoUdeu, unbestimmbar, ff Fringillidae Sjp.? Singvögel- Arten? Extremitätenknochen. * Lagopus albus^ Moorschneehuhn, Extremitätenknochen. * „ alpinus (typisch), Alpenschneehuhn, Schnabel und Extremitäten- knochen.** Tetrao tetrix, Birkhuhn, Wirbel, Extremitätenknochen. * Fisch sp. ? Wirbel. ♦ Au8 der Terra rossä-CMatnniut'JlÖhlehbär'JSchicht. Nur Macrofauna gesammelt. Leucocyon lagopus, Eisfuchs, Kiefer und Metatarsale IV. ♦ Canis lupuSj Wolf, Metacarpalia V, IV, III (zusammengehörig). * ürsus spelaeus, Höhlenbär, 5 Eckzähne und 1 oberes Ende eines solchen, 2 Incisive, unterer üf 1, oberer M2 (stark abgekaut), Unterkiefer, Zwischenkiefer, Epistropheusfragment, Metacarpalia, Femur, Patella, Metatarsalia V, II, I, Calcaneum, Astragalus. ** Hyaena spelaea (?), Höhlenhyäne (?). * Cervus Maral (?)^ Maralhirsch? Wirbel und Extremitätenknochen, für Rothirsch fast zu gross, für Riesenhirsch zu klein. * Bangifer tarandus, Rentier^ ein mit Schädelteilen abgebrochenes Stangen- fragraent, 6 abgeworfene Stangenfragmente, viele Geweihfragmente, Unterkiefer, P 4, Sternum, Ruckenwirbel, Bippen, Extremitäten- knochen, t Saiga-Antilope.^ oder Steinbock? 1 Hornzapfen mit Bruchteilen des Schädels konnte nicht näher bestimmt werden, weil z. Z. die osteologische Sammlung in München unzugänglich war; für Saiga ist das Hörn wohl zu komprimiert, für Steinbock aber sehr kurz. * Equus caballHS, Pferd, gross, Humerus, Metapodium, Femur, Patella, Fötusfemur. ** Bhinoceros tichorhinns^ 2 Rippenfragmente. * Elephas primigenius, Mammut, Rippen und Extremitätenknochenbruch- stücke, Stosszahnfragmente. * Tetrao urogaUus^ Auerhahn, Ulna (zu einem Pfeifchen verarbeitet), * und ausserdem Z. o. Mensch, Clavicula. * dQ2 H. Behlen Trotzdem niin die Fauna aus der nntersten diluvialen Sohicht ohne weteat* liohe Änderung in die überliegende aufsteigt, zeigt der Löss als aoloher eim tief einschneidende Änderung der Zeit- und der meteorologiachen Verhältmwe an. Wir haben den LSss als ein äolisches Produkt, als einen Stanb, der in einer relativ kalten und trockenen Periode abgelagert ward, aufsufaaaeoL Dm daneben Sflmpfe und Teiche bestanden oder aus der arktisch-diluvialen IfisifveiflB Zeit fortbestanden haben, beweist das so auffallende massenhafte YorkornnMi von Froschresten in den Eulengewöllen der Lossschicht zu Steedeo. Game Gewölle, die noch erhalten sind, setzen sich vorzugsweise ans Frosohreitn zusammen. Ja Froschreste überwiegen beinahe, während sie in der iSssfrelaB Schicht sehr zurücktreten und es bedarf dieser Umstand noch einer weitem Aufklärung. Noch in einem anderen Punkt unterscheidet sich die Terra rossa-Sehidit von der Lössschicht. In letzterer sind bei Steeden keine Feuerstellen gefunden, in ersterer sind sie sehr zahlreich, ja der ganze Boden ist nesterweise mh solchen durchsetzt. Daher treten denn auch die zerschlagenen Enoohen und Steinmesser in der Lössschicht sehr zurück. Andere Artefakten wurden nur in der Terra rossa-Schicht gefunden. An Steinmessem fanden sieh in der Terra rossa*Schicht 88 Stück aus einheimischem Eieselschiefer und 16 Stück aus fremdem importiertem Feuerstein. Li der Lössschicht ist das YerhSltnii 10 zu 14, Import der besseren Ware überwiegt also. Auch die Bearbeitinig scheint in der späteren Zeit besser zu sein, wenngleich durchgreifende Unte^ schiede nicht zu Tage treten. Sonstige Artefakten aus der Terra rossa-Sofaichi: bis 20 cm grosse, dicke Schieferplatten aus der Nachbarschaft der Höhle, Elopfsteine aus Quarz (Bachkiesel) ein Stück Schiefer, das als Schleifstdo benutzt worden zu sein scheint, da es auf einer Fläche abgenutzt ist und viele feine Rillen zeigt; aus Knochen: ein ca. 2 cm langes, rechtwinkelig ab- geschnittenes, niedliches, ganz schwarzes Pfeifchen aus der Ulna des Auerhabns (an der Trennfläche sieht man noch die Feucrsteinschiiitte), 3 Pfriemen aus dem Metacarpus oder Metatarsus des Bentieres, schwer, schwarz und äusserst hart. Auf einem anderen KentierknocheD sind 4 Kerbe zu sehen. Ausserdem wurde noch ein Falzbein und mehrere Qlättwerkzeuge aus Knochen gefunden* Auch ist ein Stück Manganerz zu erwähnen, das der paläolithische Mensch wob^ der Farbe und des Gewichtes wegen in der Nähe aufgelesen und mitgenomrae'O hatte. Scherben fanden sich nur im Abraum und zwar 2 neolithische mi'^ eingeritzten Linien ; 82, darunter 10 mit Charakteristika (Bandstücke, Tupfern -^ Bodenstücke) aus der Latöne-Zoit, vielleicht auch aus der Zeit vorher, fem^ ^ 14 mittelalterliche und neue. in dom erston Bericht über die Steedener Ausgrabung von 1874 in den Nass. Annalen, Bd. 1 von 1874 (S. 385) mit aufgeführt, aber anscheinend irrtümlich, denn in der genaaen Bestimmaii.«»'^ Bd. 15 von 1879 (S. 334/5) fehlen beide Tiere. Reh und wahrscheinlich auch Elch könnte übrigens wohl nur in der obersten Schicht (Waldzeit) vorkommen. Eine neue Nachgrabung vor der Steedener Höhle Wildscheuer. 305 tichorhinus hinauf, und in Frankreich hat man nicht allein dieses Tier, sondern auch Mammut und Höhlenbär in dem Lösshorizont zahlreich gefunden. Die entscheidende Microfauna ist in Belgien wie Frankreich leider nicht genügend beachtet worden. Das aus Frankreich und Belgien gewonnene Resultat wird auch bestätigt bei einer Durchmusterung der österreichischen, böhmischen, mährischen, polnischen, galizischen und russischen Lössablagerungen, sowohl in Höhlen, wie im freien Felde, nach Hörnes (a. a. 0.). Auch sie bergen z. T. ungeheure Mengen von Mammut, Rhinoceros tichorhimis und Höhlenbär, ebenso wie auch der Löss von Thiede in Norddeutschland (N eh ring a. a. 0,, 8. 153). Beachtet man dies alles, so ergibt sich, dass es hinsichtlich der diluvialen Tierwelt keinen wesentlichen Unterschied gibt bei ihrem Vorkommen in der unteren lössfreien und in der oberen Lösszeit. Freilich tritt in der Periode nach Ablagerung des Lösses einmal der Zeitpunkt ein, wo Höhlenbär, Mammut und wohl zuletzt Rhinoceros tichorhinus vom Schauplatz der diluvialen Tierwelt, des paläolithischen Jägers verschwinden , wohl ausgerottet von letzterem selbst, ebenso wie heutzutage der amerikanische Bison vom Schauplatz der Lebewesen abtritt, ausgerottet vom Jagdeifer der Indianer. Weiter haben, wie Langenaubach lehrt, noch nach der Lössperiode eine Beihe von arktischen und subarktischen Tundren- und Steppentiere, darunter Rontier, bei uns gelebt und eist die Zeit des rheinischen Bimssandausbruchs markiert ungefähr den Zeitpunkt, wo auch diese für unsere Gegend verschwinden, sich zurückziehen in die Alpen und nach Norden. Jedoch dürfte der Übergang, wenn er auch im Vergleich zu der langen letzt-diluvialen kalten Zeit kurz sein dürfte, lange Zeiträume in Anspruch genommen haben. Auf das nähere Eingehen auf die glacialgeologische Homologisierung der unterlössischen Terra rossa - Schicht mit der vorletzten Glacialzeit (Pencks Riss-Eiszeit), der Lössschicht mit der letzten zwar trockenen, übrigens aber kalten, ja arktischen Interglacialzeit (Pencks Riss- Würm-Intcrglacialzeit) und der überlössischen Terra rossa-Schicht mit der letzten Glacialzeit (Pencks Würm-Eiszeit) nebst den ersten Abschnitten der Post- glacialzeit muss hier verzichtet werden. Ich verweise in dieser Hinsicht auf meine Abhandlung „Der Westerwald^ in No. 1 — 3 der „Nassovia", Wies- baden 1906, und auf eine weitere demnächst erscheinende umfangreichere Arbeit. Nur möchte ich auch hier schon der Ansicht Ausdruck geben, dass Dupont nur eben diejenigen Höhlen, in denen er — zufällig! — Mammut und Rhinozeros nebst anderen ausgestorbenen diluvialen Tieren vorgefunden hat, seiner älteren Mammutzeit, solche dagegen, in denen er — zufällig ! — keine Reste ausgestorbener Tiere vorgefunden hat, seiner Rentierzeit zurechnet. Das ist durchaus willkürlich. Die menschlichen Artefakte und die Tiervergesell- schaftung im übrigen ist dieselbe. Dass zum mindesten der Löss (aber auch noch ein — unterer — Teil der überlössischen Schichten !) die ausgestorbenen dilu- vialen Tiere, wie Mammut, Nashorn, Höhlenbär u. s. w. enthält, ist in- zwischen sattsam nachgewiesen. Keine von allen diluvialen Höhlenausgrabungen lässt einen Blick tun in die der langen letztdiluvialen kalten Zeit vorangehende wärmere (vorletzte Interglacial-) Annalen, Bd. XXXV. 20 Eine neue Nachgrabung vor der Steedener Höhle Wildscheuer. 307 Menschen. Es kommt hier darauf an, die litbologische Beschaffenheit dieser unter dem Löss und direkt auf dem Felsen lagernden Schicht noch näher zu beschreiben. Puvdt und Lohest charakterisieren sie S. 24 noch einmal wie folgt: Le charactero mineralogique du troisiemo niveau ossifere 6tait sa teinte foncee, provenant de Pargile brune et du charbon de bois, parfois dissemine en veinules. L'argileempataitdenombreux cailloux anguleux de calcaire (wie auch beim überlagernden Löss). Nous n'avons distingue k ce niveau ni limon stratifie ni cailloux roules; les seuls cailloux roules rencontres aux diif erents niveaux, paraissont avoir ete appoitcs par rhomme (vergl. hierzu oben die entgegenstehenden Angaben Duponts, allerdings bei anderen belgischen Höhlen). Die Fauna von Spy in allen drei Knochenlagern ist lein spät-diluvial und die bekannte der letzten kalten Zeit, sofern man den aus dem untersten Knochenlager genannten Cervus elaphus etwa als Maral ansehen darf. In diesem untersten Knochenlager kommen überhaupt vor: Rhinoceros tichorhinus häufig, Pferd sehr häutig, Cei'vus elaphus? selten, Rentier sehr selten, Bos primigenius ziemlich häutig, Mammut nicht selten, Höhlenbär selten, Dachs selten und Höhlenhyäne sehr häufig. Die Neanderthaloiden von Spy liegen also an der Basis der Ablagerungen in einer Schicht, die wir füglich als Terra rossa ansehen müssen und die der Ablagerung des Lösscs unmittelbar voihergeht. Krapina beweist nun, dass der neanderthaloide Mensch in seinen für uns bis jetzt erkennbaren Anfängen in eine noch tiefere Schicht, in eine noch frühere Zeit als die bisher in allen Höhlen durch die Fauna charakterisierte letzt-diluvialo kalte Zeit hinaufreicht, bis in eine durch eine andere Fauna charakterisierte, vor- letzte Interglacialzeit. Spy anderseits beweist, dass die Neanderthaloiden in ihren, für uns bis jetzt erkennbaren Ausläufern noch in die frühesten Anfänge der kalten letztglacialen Epoche hinunterreichon. Welche Schichten und Zeiten aber zwischen Krapina und Spy liegen, das können wir aus der Höhlenforschung nicht, aber, soweit ich sehe, bis jetzt auch sonst nicht erkennen. Taubach dürfte bereits älter als Krapina sein. Vielleicht werden noch einmal Höhlen entdeckt oder die Ablagerungen von bekannten in [iam Sinne erkannt, dass die ganze Serie der Zeiten und Schichten von Krapina oder noch früher bis heute klar in ihrer Auf- einanderfolge, durch Tier- und Menschenreste charakterisiert, ersehen werden kann. Druckfehler-Berichtigungen ilcm Aufi^Iz: Itork. Die FHmilic Rcniv uiiA lreitei\ l l'eriiani^sdammes \or dem westlichen Soitontore .i;i: vier SvMe ebentall> / w im nur diiriii einen niedrigen Grat getrennte Spitzen: :",i.': vi;n .ViMK;:ien \i r. NVie>b:iden und llrtl.eim lässr sieh diese Erscheinuni: .::: Ikivl't au> de'.n V» riuuulensein eir.es AstNeihaues in der vorderen Spitze \ .:>:-/ w.*"^ l\i vier ii-.,il»en in etwa -0 m Kiutevnung Vi>m Tore wieder das l: ~! c:v- > :\ : v..i!v'v. Si ':.\:', ;il>i t-n .»nii;;! :r. ^^o!.:!. Limcsblatt Sp. Tr>l •, scheint = ^. > ; ., .:. • l •*;. :-..^ . ^ ^*s ,.*v v/, :: 5"; ... V".:.r ::5w.i'.l celoiTenen Kastells von An:;.;.. :^ .:*.--* ^ \\\\. : - ' . ^^ : .-.:: i.: rionil :oh l.?ieui enden ■') \V;^ r.: * 1. - - ? - >■ • > . • ■■ ^ ^..; ii~: «»r-Ä'-en ior l'ür::»?r- liehen Nio'ieria.*.'- *::-: >-■--*'• ■'-• ,• . ^ • > -.- n:i copp-elr^r Spille jjofunflen, flo «iadi »i^-- ■-^" - V> . s v ■;....- ^-^v, ■■■.--. . * t .- -«iri. Toranlagen römischer Kastelle des ersten nachchristlichen Jahrhunderts. 1 1 aber dieses Annähcrungshindornis nur auf die Näbo des Tores beschränkt gc^vesen, vielleicht auch erst nachträglich zur Abwehr eines drohenden Angriffes angebracht worden zu sein. Auch ein flaches, etwa 1 Vs m breites und 50 bis 60 cm tiefes Qräbchen, welches sich auf der dem Feindeslande zugewandten Nordfront des Kastells vor dem Umfassungsgraben, etwa 17m vor der Kastell- mauer dieser annähernd parallel hinzog, möchte ich jetzt als das Lager eines ähnlichen Astverhaues ansehen, um so mehr, da dieselbe Erscheinung auch bei dem grösseren Alen • Kastell von Echzell beobachtet ist (OIIL. XIX, Echzell S. 3 Taf. ir, 1, a und d)\ die dort geäusserte Annahme, dass es sich um die Tracierung eines zweiten, nicht fertig gewordenen Umfassungsgrabens handle, scheint durch den Befund und die Wiederholung dieser Erscheinung bei Niederbiebcr ebenso ausgeschlossen wie die Möglichkeit, dass ein senkrecht stehender Pallisadenzaun in dem Qräbchen angebracht gewesen wäre. Dagegen war sein flaches Profil durchaus geeignet, auf der äusseren Böschung aufgelagerte astreiche Baumstämme, „cervoli" (vgl. Hygin cap. 51: „cervoli trunci ra- mosi^) aufzunehmen und ihnen mit Hilfe der Anschüttung des Gräbchenaus^ hubes auf dem äusseren Gräbchenrand die nötige Elevation zu verleihen, um ein wirksames Hindernis bilden zu können. Haben also derartige hölzerne Annäherungshindernissc auch bei den steinernen Kastellen dos 2. und 3. Jahrhunderts sicher nicht gänzlich gefehlt, so dürfen sie um so eher und in grösserem Umfange bei den frühzeitigen, dem Feld- lager nach Bauweise und Bestimmung noch näher stehenden Erdbefestigungen des 1. Jahrhunderts erwartet werden; hoffentlich wird sich auch hierfür das Be- obachtungsmaterial bald vermehren. Aus der Literatur, in welcher solcher technischen Einzelheiten selten genug Erwähnung geschieht, sei hier nur auf ein Beispiel hingewiesen, das auf eine umfassende Anwendung von hölzernen Hindernissen bezogen werden darf. Die ausgedehnten Befestigungslinien, mit welchen der junge Caesar im Jahre 743/41 die Stadt Perusia einschloss, liess er, um ein Durchbrechen der Belagerten unmöglich zu machen, nachträglich noch wesentlich verstärken: (isxa o::oo5f^<; tag rdt^poo? 7rpooeoTa6f>oo xal eS'.zXao'laCs to ßd\>o^ xal zXito; (Appian, bell. civ. V, 33) ; dennoch gelang es den Leuten des Antonius, bei einem verzweifelten Ausfall diese zu durchbrechen und bis zum Walle selbst vorzudringen : rr^v rd^pov £v£)(ö)oav xal to^x; otaopoix; ozspsßYjaev xal toig tei^^eat Trpo^sXOövrsc . . . (Appian, bell. civ. V, 36). Diese oiaopot können nicht einfach als Pallisaden gedeutet werden, — denn eine freistehende geschlossene Pallisadenwand in einem offenen Graben wäre bei der antiken Bewaffnung und Kampfweise für den Angreifer eher eine Deckung gewesen — ebenso wenig können „Wolfsgruben" gemeint sein, da sie in den Umfassungs- gräben angebracht waren. Am einfachsten lässt sich wohl an astreiche Stämme denken, welche in der Weise der »cippi" bei Caesar und des Verhaues in den Lagern von Hofheim und Wiesbaden auf der äusseren Grabenböschung auf- gelegt und unten miteinander verbunden waren. Um zu den Untersuchungen am Hofheimer Lager zurückzukehren, so zeigte die Unterbrechung der beiden Umfassungsgräben, welche bei B 8 und ^11 und 10 (vgl. Abb. 8) zuerst festgestellt wurde, das Vorhandensein eines Tores an dieser Weilburg vor tausend Jahren. Von i H. Matzat Mit einem Plane von WeiJhurg im Jahre 906 (1 : 10000), einem Plane den Castellum Wilinahurg im X. Jahrhundei't (1 : QiXH)) und der ältesten Ansicht von Weilburg (vor 1605), Das 29. Programon der Landwirtschaftsscbule in Weilburg, zugleich Qratulationsschrift für die Stadt Weilburg zu ihrer tausendjährigen Jubelfeier im Jahre 1906, enthält auf Seite 1 — 18 eine Abhandlung : „Die ältesten Nach- richten über Weilburg", in welcher ich die auf Weilburg bezüglichen Quellen- stücke und Urkunden für die Zeit von 906 bis 1195 zusammengestellt, über- setzt und erläutert habe. Diese Zusammenstellung ist nicht ganz einwandfrei; sie enthält an einer Stelle zu viel, an einer anderen zu wenig. ^) Zuviel auf Seite 8, wo ein nachträglicher Nachweis von Bresslau^) über- sehen ist, nach welchem in der Urkunde Ottos III. vom 24. April 993 Poparta und Pippinesdorf^) als Interpolation anzusehen sind. Es sind hier also in Zeile 5-7 die Worte „in Poparta — altes Eigentum*' zu streichen. Zu wenig auf Seite 13, wo am Anfang des Abschnittes III zwei Urkunden, von 1127 und 1141, übersehen sind, in welchen auch noch Weilburger* prae- posiii vorkommen. Die Stelle muss also lauten : „Auf das Jahr 1062 folgt ein Zeitraum von 133 Jahren, während dessen wir von Weilbur^ gar nichts erfahren ausser den Namen von drei Weilburger Pröpsten : in einer Wormser Urkunde vom 18. Mai 1127*) ist ein Bruthgoz prepositus de Wileburg als Zeuge genannt; eine Urkunde des Erzbischofs Albero von Trier aus dem Jahre 1141^) über- trägt den Mönchen des Klosters Schaphenburhc^) „die Kirche in dem Dorfs *) Die bezüglichen Nachweise Terdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Archivars Dr. Seh aus in Wiesbaden. *) Mon. Germ. Dipl. III p. 116 zu einer Urkunde Heinrichs II. Yon 1004. ') Das ist Pepinyille in Lothringen. ^) H. Boos, Quellen zur Geschichte der Stadt Worms, Bd. I, 1886, S. 54 f. ^) A. Wyss, Hessisches Urkundenbuch 1. Abt. III. Band (Publikationen aus den Kgl. preuss. Staatsarchiven 73. Bd), 1899, S. 304, vgl. 438—440. ®) Schiffenberg bei Giessen. Weilburg vor tausCDd Jaliren. 17 cratum est, wo infra = intra ist '") ; eine Urkunde Ottos III. vom 24. AprÜ 993 **) abbatiam. Diese Kirche wurde 1397 niedergelegt und an ihrer Stelle die Stiftskirche zu Sanct Andreas errichtet, an welche unter den Grafen Lud- wig 1.(1492— 1523) und Philipp 111.(1523-1559) die Martinskirche als Stadl- W^llm^im. &afi^SOe. SfttahsieSi-IOOOQ. iie JN H!S SlO kirche angebiiut wurde; und diese beiden Kirchen wurden 1707 — 12 durch die jetzige protestantische Kirche ersetzt. Das monasterium hat also ungefähr auf der Stelle gestanden, auf welcher die jetzige protestantische Kirche steht. "^) ") Da fange, (ilOBBnrium med. et inf. lat ed. noTS Tom. IV, ISK5, p. 357 unter hifra: patsim prn Infrn. Den Hinweis auf dieee ii^telle verdanke ich meinem Freunde Prof. Dr. Ottm»nn in Weilburg. '*) Mon. Oerm. Dipl. II p. 532 f. '*) Auf dem kleinen Plane (1 : lOOOO) ist ea mit M bweiohnet. Aonilcn, Bd. XXXVI. 2 HTielleicht; unterecheiden sich die caüella durch ihre geriDgere Grösse and durch eiue besondere Konstruktion von den cuWes". Denn im Falle Weilburg ist, wie oben gezeigt, die curtis nur ein Teil dea castellutn, das castellum also grösser a)a die curlis. Auch scheint er mir zu irren, wenn er veiter meint: „Aber mit Sicherheit lässt sich sagen: Die Bezeichnung castrum und casteÜum, deutsch Burg, für dauernde vorkarolingische und karolingische Neuanlagen gegenüber einer curtis hat vielleicht einen besonderen technischen Sinn, sicher aber einen besonderen rechtlichen Sinn." Die Antwort auf jene Frage iat doch wohl viel einfacher die: ein castellum ist ein befestigter Platz (der eine curtis ") Hier siud, nach Hitteilung meinea Herni Kollegen Prof. Dr, Gotthardt, noob im 19. Jahrhundert menschliche Oebeine gefunden worden. ") Mon. Oerm. Dipl. U p. SIS. ") Kremer, Orig. Nass. II p. 137 f. '*) Uns fränkische Erolierunga- und SiedelungBeystem in Oberfranken and «eine Be< deutiing für die nltesta Geschichte der Bnbenborgor und der Bnbenbergcr Fehde, Korrenpon- donxblnU dee Oosnmivereins der doutxchou OeaohiohtH- und AiterlumBToroine, 54. Jahrg. 1906, Nr. * (April) S. 154—169. '") Seite 163. ") Seite 157. ") Seite 158. Weilburg vor tausend Jahren 19 enthalten kann, aber nickt enthalten muss), und eine curlis ist ein Wirtschafts- hof (der in einem castellum liegen kann, aber nicht liegen muss). Diese beiden BegriflPe haben nichts weiter miteinander gemein, als dass sie beide BegriflFe von Räumlichkeiten sind, der eine aber ein militärischer und der andere ein wirtschaftlicher. Das castellum Wilinaburg kann also nichts anderes gewesen sein als die ganze Wilinaburg, und die ^ars castelU^ welche Otto III. von seiner Schenkung ausnahm, nichts anderes als ein Teil der Ummauerung der Wilinaburg. Da aber diese pars nach Süden sah (ad austrum respidens)^ so war sie die Süd- mauer der Wilinaburg, Und da endlich diese pars zusammen mit der curtis von der Schenkung ausgenommen wurde, sonst aber nichts, so wird zwischen der curtis und dieser pars auch nichts weiter gelegen haben, d. h. die ctirtis wird im Süden bis zur Südmauer der Wilinaburg gereicht haben. Nun fragt sich weiter, wo diese Südmauer gestanden hat, und das kann das Gelände lehren. Dieses liegt an der Südseite der protestantischen Kirche 173 m^**) hoch und senkt sich von da nach Süden ganz allmählich bis zur Turmgasse, welche am Nordfusse des hier stehenden alten runden Turmes ^"^j noch 166 m hoch liegt, also auf eine Strecke von 145 m Länge nur um 7 m. Die Turmgasse aber liegt auf dem oberen Rande eines Steilabfalls; denn der Garten am Südfusse jeues Turmes liegt nur 162 m hoch, und die Vorstadt südlich hiervon nur 157 m, so dass der Boden hier auf eine Strecke von nur 15 m um 9 m fällt. Die Südseite der Turmgasse ist mithin die von der Natur gegebene Stelle für eine Ummauerung; und hier steht in der Tat der schon erwähnte alte runde Turm, ^^) Die hier folgenden Zahlen, srimtlich absolute Hohen (über dem Nullpunkt des Amster- damer Pegels), sind das Ergebnis eines Nivellements, welches Herr Zagermann, Mitglied des pädagogischen Seminars an der Landwirtschaftsschule, mit einigen Schülern der Anstalt für mich auszuführen die Qüte gehabt hat. Zu Grunde gelegt sind dabei folgende Zahlen aus der „Landesvermessung des Herzogtums Nassau** (Wiesbaden 18C3): Seite 396: Weilburg, Schwelle der protestantischen Kirche, nordlich und südlich ....... 174,05 m Schlossgarten ....... 173,20 „ ^ 462: Bahnhof, Schienenhohe ...... 138,68 „ „ 472: auf der Mitte der Lahnbrücke ..... 138,03 „ Mauerstrasse am unteren Ende der Neugasse, auf dem Kanal 162,72 „ vor dem Landtor, tiefster Punkt der Frankfurter Strasse . 154,38 „ „ 484: Lahnspiegel auf dem Wehr der Brückenmühle . . 131,61 „ y, unter demselben ..... 129,87 „ ,, auf dem Wehr der Kircbhofsmühle 129,80 „ „ unter demselben ..... 128,16 „ Mündung der Weil in die Lahn ..... 126,62 „ Auf dem beigefügten Plan im Mafsstab 1 : 2000 sind alle Zahlen jenes Nivellements eingetragen und danach Niveaukurven von 5 zu 5 m (in roten Linien) konstruiert. Jedoch gelten die Niveaukurvon für die konradinisohe Zeit; wo sie mit den HOhenzahlen nicht stimmen, liegt das daran, dass das Qelftnde seitdem durch Aufschüttungen verändert ist. '^^) Auf dem kleinen Plane (1 : 10000) mit T bezeichnet. 2* moderen Nftohriehten hier ihren TorUnf gehabt haben mnM. ") «Topographia HamUe et regionnm Ticinaram, das ist: Beeohreibang nnd aigent- liehe Abbildung der Toinehmaten Stidte und PISfate in Heaaen, and deren benaolitwrtan Land- BahaAen, als Bnehen, Wetterau, Westerwald, Löhngan, Nusan, Sotnu, Hanan, Witlgaurtrin und andern. In dieser andern Edition mit sonderm FIsIm dorohgangen, TOn torigen FaUom oorrigirt, gebessert nnd lermebret Fmnltfnrt am Uajn, Znin Track Twi^ tob dtmuat MerianiMthen Erben. Im Jabr MDCLT" (Kupfer 56 tu 8. UO). Die erste Ausgabe iat 1646 erschienen unter dem Titel: ,Topographia Husiae et Regionum Vicinarnm. Das ist B»> Bohreibnng der Toraebiten Stätte und PlStce in Hesseo, lai den benaohbabrtan Landtsehcftm, als Buchen, Nnaaaa, Wetterair, Westemaldt, Wittgenstein, Lohnga«, nid andern. Pranekfort durch Halt Uerian' (Zentraiblatt (ür Bibliothekswesen XIII, 1896, S. 208); ob sie aber aehon das Bild von Weilbarg enthalt, weiss ich nicht, da ioh diese Ausgabe nicht habe erlang«n können. Dagegen berichtet mir Herr Oberlehrer Dr. Erimer in Frankfurt Ober ein aahein- bar noch früheres Vorkommen des Bildes folgende«: „In der Stadibibliolhek habe ich folgando Ausgabe Ton Herian bekommen, die dieselbe Beschreibung Ton Weilburg sowie dasselbe BQd TOn Weilburg enthält: TopoRrsphia PalatinatuH Sheni et Vicinarum Regionam, das ist, B«- schreibung md EigentUahe Abbildung der Vornem«ten Statte n. s. w. An Tag gegeben Tnd Verlegt durcb Mattheum Uerian. 1645. In dieser Ausgabe stehen zwischen Seite 84 and 85 folgende Bilder: o) Wildungen, Weiobstein, Wanfried; b) da« Seh losg von Weil bürg, Weilbarg; c) Wetzlar; d] Wissbaden." -Mleia such die Bibliothek der Weilliurger Land wirtschaftasoh nie besitzt diese Topographin Palatinatus und zwar ebenfalls die Auxgabo von 164S; in dieaem Exemplar aber finden sich an der ang^ebonen Stelle nicht die genannten 4 Bilder, aondam ein grosses (zweiseitiges) Bild von Speyer, and dass es so sein muss, ceigt der am Sofalasa des 22 H. Matzat obwohl länger als die vorige, nur einen Tarm, welcher rund ist niid ein k^gd- formiges Dach trägt, dafür aber Fensteröffnungen. Sie Terlftufk Tom ScUoMe auf der Höhe des Burgberges in zwei Absätzen wagerecht bis Aber den Twrm hinaus, dann schräg abwärts. Diese Mauer wird, weil anden nnnitrhnnd, auch andere Urheber haben, und das könnten dann nur die Koaradioer aeiiL Von dieser Mauer nun sind noch Reste vorhanden, wenn auch nur sehr kummerliche. Von der Nordostecke des jetzigen oberen Schlos^gartens au (173 m) sieht man, etwa 8 m tiefer, am Fusse der SQdosteoke des Ssffidhen Schlossflfigels einen mehr als 2 m dicken und 5 m langen niedrigen Mmuerresti welcher in gleicher Linie mit der Ostfront dieses S.*hlossflügels nach Sfiden verläuft; und ein gleicher Mauerrest '^) befindet sich an der Nordostecke des- selben Scblossfiugels. Die Untersuchung '') dieser Mauerreste zeigt, dass sie ausschliessiidi ans Schalstein (oder schalsteinähnlichem Schiefer) und einem gelben, ziemlich festai Mörtel bestehen, während die Beste der zweiten Ummauerung, die namentlich südlich vom Westende der Vorstadt noch in ziemlichem Umfange Yorbanden sind, ausser dem Schalstein noch viel Basalt und Diabas und einen graiiai Mörtel enthalten. Auch der Orund dieses Unterschiedes lässt sich noch angeben. '^ Das alte Weilbnrg steht besonders auf Schalstein (oder diesem ähnlichen Sehiefem), yiel weniger finden sich Diabas und Lahnporphyr auf der Burg-HalbinseL Yen diesen drei Gesteinen ist der Schalstein, als Schiefergestein, yerhältnismiBsig leicht zu brauchbaren Bausteinen zu bearbeiten, der Diabas und Lahnporphyr ab Massengesteine, die meist sehr hart sind, weit schwieriger. Grössere Massen von Diabas stehen zudem auf dem linken Lahnufer erst ausserhalb der Barg- Halbiusel an (Friedhofsfelsen, Earlsberg), und Basalt findet sich, soweit bekannt, bei Weilburg nur auf dem rechten Lahnufer. Schalstcin (der auch jetzt noch der eigentliche „Bruchstein^ des Yolksmuudeä ist) war also das am leichtesten für den konradinischen Bau zu gewinnende Material. Im 14. Jahrhundert da- gegen, wo der Burgberg bebaut war, konnte man diesen nicht mehr als Stein- bruch benutzen und musste das Baumaterial weiter herholen. Damit ist also ein sicheres Kennzeichen kouradinischer Mauerreste gefunden. Die gleiche Zusammensetzung, nur Schalstcin und gelben Mörtel, zeigt nun auch der Mauerrest an der Turmgasse, und damit ist auch die Lage der konradinischen Südmauer bestimmt. Dagegen besteht das Mauerwerk des hier noch vorhandenen grossen runden Turmes aus Schalstein, Basalt, Diabas und grauem Mörtel "'^) ; er ist also durch Johann I. in die konradinische Südmauer eingefugt. '"J Auf diesen, der nur von einem Fenster des Schlusses deutlich sichtbar ist, bat mich der Kastellan des Schlosses, Herr Heu mann, aufmerksam gemacht. NVeun man ihn kennt, kann man ihn auch vun unten -von der Stadtbrücke aua) sehen. *'•*) l>ieee rntersuchuni: ist von meinem Kollou'cn Herrn Oberlehrer Frevbe und den Herreu Arenz und Jerrentrup, Mitgliijdorn des pildagügischen Seminars an der Landwirt- DchafCüHC'liule, ausgeführt, zum Teil mit lebensgefährlichem Klettern. *•) Kbenfalls nach Mitteilungen des Herrn Oberlehrers Frevbe. •'**) Diorien Unterschied habe ich früher nicht bemerkt und daher in meiner Programm- Abhandlung irrig auch die^eu Turm für konradinij»ch gehalten. Weilburg vor tauscud Jahren. 23 Auf dem Bilde bei Merian, wo er gleich links von dem oben erwähnten runden Turm der Ostseite auch zu sehen ist, sieht er anders aus als jetzt: er trägt Zinnen und ein sehr spitzes kegelförmiges Dach, während er jetzt keine Zinnen und ein viel niedrigeres kegelförmiges Dach hat; doch ist dieses erst später aufgesetzt, wie man aus dem hellen Mörtelrando ^^) sieht, auf welchem das Dach jetzt ruht; wahrscheinlich hat man die Zinnen wegen Baufälligkeit abtragen müssen. Die Länge der konradinischen Südmauer kann keine sehr grosse gewesen sein. Sie heisst ea pars castelli, que est per transversum ad austrwn respi- ciens = „diejenige Seite des castellum^ welche querüber ist nach Süden blickend" ; sie war also eine Querseite im Gegensatze zu der östlichen Längsseite der Burg. Nach Westen muss sie bis zur Marktstrasse längs der Südseite der Turmgasse verlaufen sein; im Osten stiess sie an das Südende der Ostmauer, welche wir auf dem Bilde bei Merian sehen. Damit kommen wir zu unserer zweiten Hauptquelle für die Topographie der alten Wilinaburg. Um diese Quelle vollständiger auszunutzen, als es in meiner Programm- Abhandlung geschehen konnte, müsste man den Gesichtspunkt, von welchem aus das Bild aufgenommen ist, genauer bestimmen, als es dort geschehen ist. Das ist aber in der Tat möglich^ und zwar auf folgende Weise. Nennen wir den gesuchten Punkt vorläufig X, die Nordwestecke des Schlosses N^ die Südostecke S und die Mitte des grossen runden Turmes an der Turmgasse T, so beträgt die Entfernung NS in der Wirklichkeit 77 m, auf dem Bilde 36 mm, ST ^ , , 229 m, „ „ „39 mm, das heisst: die beiden Strecken NS und ST sind von dem Zeichner des Bildes unter Gesichtswinkeln NXS und SXT gesehen worden, welche sich wie 36:39 oder wie 12:13 verhielten. Legt man nun durch die Punkte N und S einen Kreis, welcher über der Sehne NS Peripheriewinkel von 12° fasst, und durch die Punkte S und T einen Kreis, welcher über der Sehne ST Peripheriewinkel von 13° fasst, so schneiden diese beiden Kreise einander in dem Punkte A*^); und konstruiert man dann in gleicher Weise Kreise so schneiden sich diese mit den Peripheriewinkeln Kreispaare in den Punkten 13° und 14° 5' . . . . B^^) 14° ^ 15° 10' ... . 6^'*^) 15° „ 16° 15' .... D^') ^*) Auch don habe ich frühor nicht bemerkt, daher auch für das Dach in meiner I^rogramm-Abhandlung S. 17 Anm. 2 eine falsche Erklärung. ^') Die Originalkonstruktion habe ich auf einem Plane im Massstab 1 : 1000 ausgeführt. Auf dem beigefugten IMan (im Massstab 1 : 2000) fehlen diese Punkte, weil sie zu weit nord- wärts liegen und, wie wir sogleich sehen werden, überflOssig sind. Die ISuchstaben A, B r und 1) auf dem Plane bedeuten etwas anderes, s. Nachtrag. Alles, was sich auf die Gegen- wart bezieht, ist schwarz, was sich auf die konradinische Zeit bezieht, rot eingetragen. PeripheriflwiDkelD ' SO' und 6° 40' 10- 4(i's , 7° 13', > 13'/. ' , 7° 46",. 40' , 8° SO' li',. . 8" M'/. .tlV. ' , '.1° -X'U . 10' Äi**» ' . 10' 3;i','. .VI',, . 11° 6'> *)■ , 11° 40- 40',. • , IS- 13', l:i';. • . 12- 46'. 40* - 13- SO' (= 12') {= 13") (— 14") (= l.->°) (- Ui-) (= 17°) (= 18°) (= 19°) (= SO"! . (= S!°) . (a 2S°l 1= S3-) . (= S4°i . Kreispaare in den Punkten J'") ß'") C /)' F.- F- ö- H- J' A' L- *"' Aad«n als su. Jurrh K^viinHau; tivlrr riaMloar Panktv, irt 4i« San« i ktaDiamaa. ami ua #>ea Khov h.'harva iiradw bt. *'\ mwa IVakia Milaa aaf da« I1>a«^ aräl ,ia la aah anAMaSrta titfm m atr M^lakk MltM aaijaai. «WHItMij uad. Oia Ba«h«aWa .1' aa4 if aaf ttm PI 4«wt«a Maa» aadan«, t. Narktia^. Weilburg vor tausend Jahren. 25 Verbindet man auch diese Punkte miteinander, so erhält man eine zweite Kurve, welche, wie man sieht, die erste bei dem Punkte L schneidet. Das ist der gesuchte Punkt X Eigentlich müssten die beiden Punkte L und L' zusammenfallen; das ist aber nicht zu erwarten, weil selbstverständlich weder das M er i aussehe Bild noch meine Konstruktion absolut genau ist. Dass sie aber so nahe zusammen- liegen — in der Wirklichkeit nur 2 m, auf dem beigefügten Plan 1 mm von- einander entfernt — , ist ein un verächtlicher Beweis sowohl für die Genauigkeit des Bildes als auch für die Brauchbarkeit unserer Konstruktion. Es bleibt nun noch die Höhe des Punktes L zu bestimmen. Derselbe liegt jetzt auf der Bahnhofsstrasse, dem Eingänge des Kurz'schen Biergartens gegenüber und 10 m von demselben entfernt. Die Bahnhofsstrasse erreicht hier, am unteren Ende der Limburger Strasse, ihre grösste Höhe, 140 m, 10,1 m über dem Lahnspiegel, der hier 129,9 m hoch liegt. Nehmen wir an, dass das auch im 17. Jahrhundert die Höhenlage des Punktes L gewesen ist, und rechnen wir noch 1 Vs m für die Augenhöhe des Zeichners hinzu, so haben wir 1417« ^^ Nennen wir nun den Fusspunkt der Nordostecke des östlichen Schlossflugeis, welcher 162 m hoch liegt, 0 und seine Projektion auf das Niveau des Lahn- spiegels 0, so ist die Senkrechte Oo =^ 32,1 m. Nennen wir weiter die Pro- jektion des Punktes L auf dasselbe Niveau Z, so ist die Senkrechte LI = 11,6 m. Die Linie ol (auf dem Plane OL) ist 151 m lang; sie schneidet die beiden Lahnufer in zwei Punkten, von welchen wir den westlichen a und den öst- lichen b nennen wollen; der obere Rand des östlichen Ufers, etwa 2 m über 6, soll c heissen. Die Strecke o a ist 28 m, die Strecke a 6 = 70 m, die Strecke b l = 53 m. Konstruieren wir das im Massstabc 1 : 2000, so erhalten wir die beigefügte Figur, und ziehen wir in dieser die Linien LO, La und Lo, so erhalten wir die Höhen- winkel OLa und aic, ^ unter welchen dem Zeich- ner die Strecken Oa und ac erschienen: sie be- _ ^ tragen nach trigonome- j ~^' — ' ^ trischer Rechnung'*«) 13° T und 4° 53'. Auf dem Bilde erscheint die Strecke Oa^ d. h. die Entfernung vom Fusspunkte der Nordostecke des östlichen Schlossflügels bis zum Lahn- spiegel am westlichen Ufer = 32 mm und die Strecke oc, d.h. die Breite der Lahn an dieser Stelle, soweit sie dem Zeichner nicht durch das östliche Lahn- ufer bc verdeckt war, = 12 mm. Nun verhält sich in der Tat 13° 7': 4° 53' = 32:11,9, das heisst: der Punkt L hatte im 17. Jahrhundert genau die heutige Höhenlage, für die Augenhöhe eines daraufstehenden Menschen 141^2 m.^^) '^) Die hier und im Folgenden nötigen trigonomotrisohen Rechnungen hat mein Sohn Wolfgang, 8tud. ing. in Hannover, für mich ausgeführt. '') Man denke nicht, dass bei anderen Höhenlagen ungefähr i\e gleiche Proportion herauskommen wurde: schon bei 1 m mehr findet man 13** 12^ ib"" 28' = 32:13,3 und bei 1 m weniger 13* 2': 4° 17' = 32:10,5, also Verhältnisse, welche Yon denen des Bildes schon merklich abweichen. 26 H. Matzat Der Zeichner hat offenbar auf dem Felsen gestanden, von welchem ein Teil im Vordergründe des Bildes zu sehen ist. Heute ist dieser Fels nicht mehr sichtbar, aber deswegen nicht verschwunden: erliegt unter der Bahnhofsstrasse und ist die Ursache dafür, dass diese sich an dieser Stelle so hoch erhebt. Sonach können wir nunmehr den Punkt X durch L ersetzen. Dann sind die Gesichtswinkel NXS + SXT= NLS +SLT= 45° 50'. Diesem Gesichts- winkel entspricht auf dem Bilde eine Strecke von 36 + 39 = 75 mm, es ent- spricht also in wagerechter Richtung 1 mm des Bildes einem Gesichtswinkel von 3r)V3'. Auf die Richtigkeit dieser Gleichung, die für unsere ganze weitere Unter- suchung von fundamentaler Wichtigkeit ist, können wir auch noch eine Probe macheu. Links von dem grossen runden Turm sieht man auf dem Bilde einen Rundbau mit kegelförmigem Dach, welcher in der Nordwestecke des alten Friedhofs steht. Die Mittellinie dieses Rundbaues, die wir 22 nennen wollen, ist von der Mittellinie des Turmes T 41 mm entfernt, und dieser Entfernung musste nach der eben gefundenen Gleichung ein Gesichtswinkel von 41 . 36^/3 = 25° :V ,' entsprechen. Tatsachlich beträgt der Winkel TLR 25 ^ Das ist eine glänzende Bestätigung unserer Gleichung 1 mm = Sß'/s'^X und mit dieser haben wir das Mittel in der Hand, um die Sprache des Bildes aus dem Malerischen in das Geometrische zu übersetzen, d. h. auch diejenigen Objekte des Bildes, welche jetzt nicht mehr vorhanden sind, in unseren Plan zu übertragen. So ausgerüstet, kehren wir nunmehr zu unserer Südmauer zurück. Nahezu 10 mm links von der Mittellinie des grossen runden Turmes (in wairorechtor Riehtunir iremessen'l sieht man auf dem Bilde das Südende der i^stmauor, welohos wir Q üounoii wollen. Der Winkel TLQ betrug mithin nahezu I0.o(>- ;'. also G ^. Trairou wir oioson Winkel an die Linie TL in L nach Osten liin an, so schneidet der andere Schenkel dieses Winkels die öst- liche A'erlän:rerun:: dos noch vorbandonon Restes der Südmauer in einem Punkte, wolihor i:n mittleren Schloss^rarton Bliimenirartou , nahezu an der Mitte seiner Siidostsoite und 4 m von derselben entfernt, liegt. Damit ist der Punkt U. das Ostonde der Sudniauer, bestimmt. Seine Höhe betragt jetzt 165 m: er liegt aluT auf auf^rescliüttetem Boden und, wie iresairt, nur 4 m vom unteren Sehloss- g.:rten entfernt, der nur loO..'> m hoch Hegt, ("ler seine ursprüngliche Höhen- lage läss: sich daher einstweilen nur sagen, dass sie zwischen 160,o und 167) m betrafen haben nuiss: wir kommen aber darauf noch zurück. ^* P!-^ :iL-:r, \\i-^ .:o>a^';, r.\;r flir die wa^orooi.to Kiohrjnj: j:ih. Für die senkrechte K!c':.:-_: .: ': >: • :r. .'•■.:: d. .!: ^^0!::. -. U. N^ie \^:r ..•.:. ^•v?/:.^:. '.al-e::. in der Oe^end de? S. ■ !. ?>o- - ■• • . :;-:f U»::: T!! Ic v\:.vn; U. .!:w;:kvl ^ . :l I ■ 7' o::;>;;ooho!i. so war hier die :■'.•:•.■.;•■-: 1 •.'•.-. - ■ 1':»- ..;c: ii.-.r:»-. .:as< ü::;- . \».ä? ^ ir. a'.'.cernoiner Erfabrucirs^aLz ist, %:•; : ;.^ A ..-.":/:.-■. ^- ". .: ^^.i,:: .":.c ^•- .:v' ■'.: . : ^:v:5 er:\ti.lich ül-orsohiitzi. Auoh :../ : :". ' or'.'roi Vok ;»•..:.: -:. :.»>- i.v? W- ■ \:keV.r: dar^^ite'.l; ist < mit einer > -s; :-• c. ^^o. • n;-. :•:.:•.:> . :. i:...* ..: k> ..v.:o:: ^•■: :, >:a:i vor. iiiiks oben aach recht» -■;.»•• . > is-< -:.•: L;i -. :.^'.:» .:•» :".::> .- '•.•»>>o-.. ^." .^ r.:. l .:: Ä:-.,'.:re Fehler <. den Nacbirai: '.•">: •'.: :..> t^ Weilburg vor tausend Jahren. 27 Es ist nun das Westonde der Südmauer zu bestimmen, und dazu müssen wir zunächst wieder unsere Überlieferung heranziehen. Die Urkunde Ottos III. vom 27. Dezember 1000 schenkt dem Bischof von Worms ausser dem casfellum Wüinehurg auch partem silve supra nominato casteUo adjacentem sinistr or surrt ^ quando exiter de eodem castello, detcrminatam usque parvHlum Cttobach per publicam viam = „den Teil des Waldes, welcher der genannten Burg anliegt linkwärts, wenn man ausgeht von eben derselben Burg, begrenzt bis zu der kleinen Cuobach durch den öffentlichen Weg." Dem castellum Wüinehurg konnte nur auf einer Seite^ im Südosten, etwas anliegen, weil es überall sonst von der Lahn umflossen wurde; dieser Wald bedeckte mithin die Höhe, auf welcher jetzt der Friedhof liegt und die Frank- furter Strasse verläuft. Der Weg, auf welchem von der Burg ausgehend man diese Höhe links hatte, ist der Weilweg; und der Weilweg, d. h. der Weg ins Weiltal, war auch der öffentliche Weg, welcher den Wald bis zu der kleinen Cuobach begrenzte, die 3 km südöstlich von Weilburg in die Weil fliesst.''**) Um aber in Weilburg von der protestantischen Kirche und der Gegend südlich davon (d. h. der Gegend der alten curtis) auf den Weilweg zu gelangen, hat man noch heute nur einen Weg*®): die Marktstrasse, die Vorstadt und den Mühlberg hinab; und das muss also im wesentlichen auch der Weg sein, den man damals gegangen ist. Nur existierte damals die Vorstadt, das Landtor, der Platz vor dem Landtor und die Frankfurter Strasse noch nicht; denn das alles ist erst von Johann Ernst angelegt, und das Landtor sogar erst 1759 erbaut. Wie es aber vorher hier ausgesehen hat, zeigt das Bild bei Merian. Auf demselben sieht man links, d. h. östlich von dem grossen runden Turm jT, zu- nächst das schon bestimmte Südende der Ostmauer Q. Von dem Fusspunkte dieser Mauer senkt sich der Abhang des Burgberges zunächst allmählich, dann steil bis zu einem Punkte, den wir U nennen wollen, dann weiter links abwärts. Dahinter sieht man den Friedhofsberg, dessen Abhang von dem Rundbau li nach rechts abwärts geht, bis er, gerade bei dem Punkte f7, hinter dem Burg- berge verschwindet. Zwischen beiden Bergen lag also, wie auch noch jetzt, eine Einsenkung, von welcher der Punkt U die, soweit sichtbar, tiefste Stelle bezeichnet; sie liegt auf dem Bilde 4Vs mm tiefer als der Punkt Q. Es kommt nun darauf an, die Lage und die Höhe dieses Punktes zu bestimmen. Das erste ist leicht. In wagerechter Richtung gemessen ist Strecke TT = IT mm, also Winkel TLU = 10^ 22' „ UR = 24 mm, ^ ^ ULR = 14^ 3H' zusammen Strecke TR = 41 mm, also Winkel TLR = 25^. Trägt man danach die Linie LU in den Winkel TLR ein, so schneidet sie den Platz vor dem Landtor etwa 1^< m östlich vom Tore, an einer Stelle, welche jetzt 154,4 m hoch liegt und auch jetzt die tiefste Einsenkung zwischen *'> ?>i Siehe die F*ro^rge«ehen ron den Treppen, welche Tom SehloMgarten nach dem f^ndtor hinab- führen, abor erst Ton Juhann Ernst angelegt sind. 28 U. Matzat dem Burgberge und dem Friedhofsberge bildet. Hier also lag der Punkt U; aber nun fragt sich weiter, wie hoch er damals gelegen hat. Diese Frage hängt aufs engste zusammen mit der Frage nach der Höhen- lage des Punktes Q, von der wir bisher nur haben sagen können, dass sie zwischen 160,3 und 165 m betragen hat, und die wb daher gleich mit in Betracht ziehen. Projizieren wir ^^) die Punkte Q und L auf das Niveau des Labnspiegels, welcher hier 131,6 m hoch liegt, und nennen wir die dadurch gefundenen Punkte q und /, so ist die Linie Iq (auf dem Plane LQ) 340 m lang. Die- selbe schneidet das linke Lahnufer in einem Punkte, welcher auf dem Bilde 30^'2 mm unter Q liegt, und welchen wir d nennen wollen; die Strecke qd beträgt 150 m, die Strecke dl 190 m. Da der Punkt L 141,5 m hoch liegt, \8t LI = 9,9 m; nehmen wir für Q die geringste mögliche Höhe, so ist Qq = 28,7 m. Daraus lässt sich der Höhenwinkel QLd trigonometrisch berechnen; diese Kechnung ergibt 6 ^ 22 '. Da also an dieser Stelle des Bildes einer Höhen- differenz von 30 V» mtn ein Plöhenwinkel von 6° 22' entspricht, so entspricht einer Höhendifferenz von 1 mm ein Höhen winkel von 127»^ Nennen wir weiter den Fusspunkt der Mittellinie des Rundbaues auf dem Friedhof li^ projizieren wir^^) diesen Punkt auf dasselbe Niveau, und nennen wir den dadurch gefundenen Punkt r, so ist die Linie l r (auf dem Plane L B) 4i>0 m lang. Dieselbe schneidet das linke Lahnufer in einem Punkte, welcher auf dem Bilde 32 mm unter R liegt, und welchen wir e nennen wollen. Die Strecke re beträgt 137 m, die Strecke el 323 m. LI ist wieder = 9,9 m; nehmen wir für R die Höhe, welche jetzt die Frankfurter Strasse am Fusse des Rundbaues hat, 162,3 m, so ist ßr = 30,7 m. Danach ergibt die trigono- metrische Rechnung für den Ilöhenwinkel RLe 4° 21'. Da also an dieser Stelle des Bildes einer Ilöhenditterenz von 32 mm ein Ilöhenwinkel von 4"^ 21' entspricht, so tMitspricht einer Ilölieudiftereuz von 1 mm ein Uöhenwinkel von 8'. In der (legend dos Punktes l\ welcher zwischen den Punkten 7? und Q liegt, hüben wir danach für 1 mm llöhendirterenz einen Ilöhenwinkel von 8 — 12^2' anzunehmen und zwar, da er von li 27 mm, von (^> aber nur 7 mm entfernt erscheint, etwa IP a'. Da nun T auf dem Bilde 4Vs mm tiefer liegt als Q, so entspricht diesen 4^ ä mm ein Ilöhenwinkel von j2'. Betrachten wir diesen Ilöhenwinkel als Centriwinkel eines Kreises, dessen Mittelpunkt L und dessen Radius die Strecke L T = 390 m ist, so ist der Bogen dieses Centriwinkels ='5,9m. Um so viel lag also der Punkt T tiefer als <>, woraus folgt, dass, wenn Punkt (^> 160,.*"» m, Punkt /' 154,4 m hoch lag. Das ist genau die heutige Höhenlage des Punktos l\ und das Ergebnis ist also: Die Südosteeke des caslcllum kann nicht wesentlich höher gelegen haben, als der jetzige untere Schlossgarten (160,:*» m\ und der ricf^to Punkt der Einsonkuug nicht wesentlich tiefer als jetzt ;^154,l m\ so dass vuu einer ^ticton Schlucht- zwischen tlem **) Zur Veraii>c!muLii'i;un^ lä>>: ^i ■:. ilio V'i^uv :iu:" ^. J"' l»o:iu'./.oi:. wouii man '/ duroli 1 1. I •laroh ^i und . iV"» 'loiiiJt/or.. \*oiiu man o durch /i', tanh r und « durch r orjoi/.:. Weilburg vor tausend Jahren. 29 Burg- und Friedhofsberge, die man auf Grund des M er i aussehen Bildes an- genommen hat, nicht weiter die Rede sein kann ; das Gelände sah hier vor Zeiten nicht wesentlich anders aus als jetzt. Dagegen ist es an einer anderen Stelle verändert worden. Wenn der Punkt U^ wie eben gezeigt, etwa 154 m hoch lag, so kann auch kein Punkt des Burg- berges auf der Linie L U höher gelegen haben. Heute aber durchschneidet die Linie Lü die Ostecke des mittleren Schlossgartens (Blumengartens) in einer Höhe von 165 m und das Gelände nördlich und sudlich davon (auf eine Strecke von 70 m) in einer Höhe von 160 m; erst 10 m östlich von der Linie LU senkt sich der Boden, bis dahin eben, plötzlich steil (in einem Winkel von 40—45^) zur Lahn abwärts. Allein auf dem Bilde ist von einem solchen Steilabfall nichts zu sehen; und wir haben hier also nichts weiter vor uns als grosse Anschüttungen^^), welche Johann Ernst (um 1705) hier hat vornehmen lassen, offenbar, um den ebenen Platz unterhalb der Nordostseite des mittleren Schlossgartens (Blumengartens) zu gewinnen, der eine Fortsetzung des unteren Schlossgartens sein sollte und noch heute verwilderte Gartenwege zeigt. Yor- her senkte sich, wie das Bild zeigt, der Abhang des Burgberges von der Süd- ostecke der Burg nach Osten ziemlich gleichmässig zur Lahn hinab. Nunmehr können wir endlich zu dem Burgwege zurückkehren, von welchem die Urkunde Ottos HI. spricht. Wenn, wie gezeigt, die Einsenkung vor dem heutigen Landtor vor Zeiten nicht wesentlich tiefer lag als jetzt, so kann auch der Mühlbergsweg früher keine wesentlich andere Lage und Gestalt gehabt haben als jetzt Auf ihm also hinaufsteigend erreicht man am jetzigen Mose raschen Hause die Höhe von 145 m und 60 m weiter am jetzigen Gefängnis die Höhe von 150 m. Dann aber wird er nicht, wie seit Johann Ernst, nordwärts zum Landtor (155 m) gegangen sein, wobei man schon auf 30 m 5 m steigen muss (das war erst notwendig, nachdem Johann Ernst die Vorstadt und die Frankfurter Strasse angelegt hatte) ; er wird vielmehr ungefähr in seiner bisherigen Richtung (nach Nordwesten) weiter gegangen sein, wobei er mit weiteren 120 m am Südende der Marktstrasse die Höhe von 160 m und die Südmauer erreichte. Auf diese Weise hatte der zur Burg Hinaufsteigende die Südmauer rechts über sich, d. h. auf der vom Schilde ungedeckten Seite. Und zugleich wird klar, warum Otto lU. sich gerade den südlichen Teil der Burg noch vorbehielt: die Westhälfte der Südmauer, von dem grossen runden Turm bis zur Marktstrasse, beherrschte den Aufgang zur Burg. Da die Urkunde den Wald, welcher dem von der Burg Hinabgehenden links lag und den Friedhofsberg bedeckte, als castello adjacentem bezeichnet, so wird er bis zu der Einsenkung vor dem Landtor herabgereicht haben; er war dann hier nur noch 50 — 60 m von der südlichen Burgmauer entfernt. *^ Die aber noch Tiel grösser gewesen sein müssten, wenn der Punkt U wesentlich tiefer gelegen hatte als 154 m. Darin, nicht in der vorhergehenden, wegen ihrer unsicheren Prämissen ebenfalls unsicheren Rechnung, liegt der Uauptbeweis für die Richtigkeit des Ergebnisses dieser Rechnung. 30 H. Matzat Damit haben wir die Südmaucr, sowie das ihr yorliegendc Gelände voll- ständig kennen gelernt. Betrachten wir die Niveauverhältnisse des Geländes, auf welchem sie lag, so ergibt sich für das qi4ae est per transversum noch ein Nebonsinn : sie ging nicht bloss in die Quere, sondern auch wirklich quer über etwas, nämlich über das Südende des Bergrückens, auf welchem das castellmn lag; denn ihre Mitte (an dem grossen runden Turm) lag 166, ihr Westende aber (an der Marktstrasse) nur 161 und ihr OBtende nur 160 m hoch. Zugleich erklärt sich dadurch auch die Ausbiegung, welche sie zeigt. Nunmehr können wir zur Ostmauer übergehen. Die Lage der Ostmauer wird zu einem grossen Teile durch die Lage der Futtermauer bestimmt, welche die Nordhälfte des oberen Schlossgartens auf der Ostseite abschliosst, und in deren Richtung auch die Ostseite des Mittelweges liegt, welcher die Südhälfto des oberen Schlossgartens durchschneidet. Ostlicher als die Futtermauer kann die konradinische Ostmauer nur an dem Nordende der Futtermauer gestanden haben, weil weiter südlich der Fuss der Futtermauer dafür zu tief liegt. Aber nicht die ganze Ostmauer kann auf dieser Linie ge- legen haben, weil sowohl ihr bereits bestimmtes Südende Q als auch der alte Mauerrest an der Südostecke des östlichen Schlossfiügels östlicher liegen. Die Ostmauor muss mithin zwei Wendepunkte gehabt haben, in denen sie, wenn auch nur wenig, von der geraden Richtung abwich, und durch welche sie in eine südliche, eine mittlere und eine nördliche Strecke zerfiel. Diese beiden Wendepunkte sind auf dem Bilde auch zu finden. Der südliche wird durch einen kleinen runden Turm^"*) bezeichnet, welcher etwas über 2 mm dick erscheint, und dessen Mittellinie, die wir V nennen wollen. 4^2 mm rechts von T liegt. Der nördliche Wendepunkt ist bei einem senk- rechten Absatz zu suchen, welchen wir ]V nennen wollen, und welcher die mittlere und die nördliche Strecke der Mauer, die beide wagcrecht verlaufen, derart trennt, dass jene 1 mm niedriger, diese 1 mm höher erscheint ; dieser Punkt liegt 20^ '2 mm rechts von T und 14 mm links von S. Daraus ergeben sich folgende (Jesichtswinkel: Strecke TV .- 4\'2 mm, also Winkel TLV = 2° 45' V]V= '20', . . . VLW= 12-^ 32' ]VS = 14 ]VLS = 8^ X\' zusammen Strecke TS =^ 31> mm, also Winkel TI^S = 23° 50' Trägt man danach die Linien LT' und lAV \\\ den Plan ein, so sehneiden sie die Richtung der Futtermauer in zwei Punkten, von welchen der südliche y und der nördliche IT ist. Der Punkt T\ der Mittelpunkt des kleinen runden Turmes, lag in der Südhälfte des oberen Schlossgartens an der Ostseite des oben bezeichneten Mittelweges, ungefähr in di»r Mitte desselben. Die Dicke des Turmes findet man, wenn man zu beiden Seiten diT Linie J.V in L Winkel \on 4n' anträirt. Die Entfernung ihrer Schenkel bei V ergibt die Dicke des Turmes = (V j m. Der Punkt TT' lag da, wo die Verlängerung der Nordseite der protestan- tiscluMi Kirche die Putterinauer schneitlet. *■ i ) Auf ilcm kloinon riaii»* (1 : luniMM ist or mit t l»ezeiolinet. in anderec, entfemtereD LaodestcileD genau so vorgegangen iat."^') „Diese seine UntersuchuDgen waren für die meinigeti in swel Punkten besonders wichtig. Einmal zeigte sich, dass das, was ich vorsichtig nur nfran- kiscben Typus" genannt hatte, dabei offen lassend, wie viele der Anlagen von wirklichen Franken, wie viele von ihnen nachahmenden Sachsen angelegt seien, ") Atlas Torgeaoh ich tl icher BefeatiguDgen in Niedenochsen, OrigJDal-AufiimhmMi ond nrtountereuohuDgeD, bearbeitet TonA. v. Oppermann (Heft I— III, 1887— 1890) inidC.8«k ach - hardt (HeniV-TIII, 1894- ld05), Blatt 46 (in Heß VI). Das KaBteU war ^n Bbchtoek tod 165 m L2ii^ und 65 m Breite. ") Der Vortrag ist gedruckt unter dem Titel: .RSnutah-germanischi) FoneliDiig ia Nordwest-Deutsahland' in den Neneti JabrbQcheni für da« UaasiMhe Altertnin, Oesobiehte utd deutsche Literatur, III. Jahrgang 1900, 3. 90—116. Leser, «elohenSehnclihardta groaaer Ada* nicht tugftnglich ist, finden hier kleine PlSae von Hohbaoki (S. 110) und Altaohiedor (8. 111). "i K. Hübe], Reichshöfe im Lippe-, Buhr- und Diemel-Oebiete und am Hallweg«, i'a den Beilrägon lur Oesohiohte Dortmunds und der Grafschaft Mark X, 1901. ") Rubel, Fränkigcho Reichshöfe, Reichgdurfer, Burgen und Gromwehren hn Erober- ungfgebietp. Korrospondcuiblatt der deutschen Gesellschaft für Antbropologia, Ethnolo^i« und rrv'M m lang und )>.'> m breir, Inhalt 1,07 ha; '^t Xoek uelit ni)l«*dM, ea fekli aork Hrft IX Weilbnrg vor tausend Jahren. 37 lieft YII Blatt 54 B: Altensehieder a. d. Emmer, ein etwas yerschobenes Rechteck, etwa 250 m lang und 170 m breit, Inhalt 4,25 ha, mit einer im Westen schräg vorgelegten Yorschanze von etwa 120 m Breite und Länge; Heft YII Blatt 57: Die Burg auf dem Rintelschen Berge bei Bremko, ein Yiereck, Seiten 100, 100, 150 und 80 ro, Inhalt 1 ha, mit rechteckiger Yorschanze. Dazu kommen noch, im Atlas nicht enthalten, die Bumannsburg an der Lippe, ein Rechteck, die Burg bei Dolberg a. d. Lippe, nahezu ein Quadrat^*), die Hünengräber bei Kirchborchen und die Hünenburg bei Brenkcn^^), zu- sammen 11 Burgen. Die alte Wilinaburg ist nun die zwölfte in dieser Reihe. Ich habe, als ich meine Programm-Abhandlung und den dazu gehörigen kleinen Plan veröifentlichte, von diesen Untersuchungen Schuchhardts und der Hechtecksgestalt der karolingischen castella nichts gewusst, bin vielmehr ganz unabhängig davon, rein auf Grund der Überlieferung und Lokaluntersuchung, darauf gekommen, dass die alte Wilinaburg ungefähr ein Rechteck gewesen sein müsse. Ich darf also die Ergebnisse Schuchhardts als eine Bestätigung meines Ergebnisses betrachten, und auf sie gestützt können wir nun auch die uns bisher noch fehlende Lage der Westmauer feststellen. In der Programm-Abhandlung hatte ich über diese gesagt^®): „Ihr Nord- ende freilich muss auf der Stelle der jetzigen Landwirtschaftsschule gelegen habeU; da an deren Westseite das Gelände erheblich tiefer liegt als der Schloss- platz. Wie aber die Mauer von da bis zum Südende der Marktstrasse gegangen ist, bleibt fraglich. Folgte sie der Linie, auf welcher die ungefähr wagerechte obere Fläche des Burgberges in eine nach Westen und Süden geneigte über- geht, so ging sie vom oberen Ende der Neugasse nach dem oberen Ende der Lang- und Schwanengasse, von da nach dem oberen Ende der Bogengasse und von da nach dem oberen Ende der Marktstrasse. Dieser folgte sie dann ab- wärts bis zu deren unterem Ende, d. h. bis zur südlichen Mauer am Aufgang zur Burg.^ Ich hatte aber sogleich hinzugefügt: „Es kann aber auch sein, dass die Mauer von der Landwirtschaftsschule direkt nach Süden zur Markt- strasse ging; denn die Westhälfte des Marktes ist auch schon etwas nach Westen geneigt.** Jetzt zeigt sich, dass die zweite Alternative die richtige ist: trifft diese zu, dann war das castellum Wilinaburg ein richtiges karolingisches Rechteck, wie es die neue Lehre von Schuchhardt verlangt. Die römischen Muster, nach denen es erbaut ist, hatte man in unserer Gegend ja nahe genug: die Saalburg und das Kastell bei Holzhausen auf der Haide. ^) Kleine Pläne dieser beiden finden sich in Ilberg^s Neuen Jahrbüchern für das klassisehe Altertum, Qeschiohte und deutsche Literatur, III. Jahrg. 1900, S. 104, leider ohne Massstabe. ^^) Die bezüglichen Verdffentliohungen (Mitth. Westf. AU.-Comm. I und Uölzormann, Lokalunters. Taf. 47) sind mir nicht zugänglich. **) S. 17 und Anm. 5. 38 H. Matzat j : Der Aufgang zur Burg, den wir bis zum unteren Ende der MarktBiraa» bereits yerfolgt haben '^), ging dann diese hinauf an der westliehen Burgmuiar entlang bis zum oberen Ende der Marktstrasse. Hier wird der Eingani^ nnr Burg gelegen haben, weil man erst Uer die Höhe des Burgberges erreichte. Ausserdem ist bemerkenswert, dass an dieser Stelle jetzt drei Strassen nngeflftr zusammenlaufen: die Marktstrasse von SQden, die obere Schulgasse Ton 8id- westen und die Bogengasse von Westen her. loh möchte glauben, dass das keis Zufall ist. Als im 12. und 13. Jahrhundert der Burgberg ausserhalb der hont- ij radinischen Mauer besiedelt wurde, wird man die Strassen so angelegt baben, ! dass sie nach dem Eingang der Eonradinerburg, innerhalb deren ja ancb die Kirche stand, hinführten; wenn also jetzt die Strassen auf einen Punkt sa- sammenlaufen, so wird da ein Eingang zur Burg gewesen sein. Mindestens war hier ein Eingang für die Besucher der Kirche; ein Eingang der curiis wird ausserdem noch am unteren Ende der Pfarrgasse gelegen habeui da die euriis^ wenn sie nach Yerschenkung des übrigen casteUum dem Könige Yorbebalten blieb, doch einen eigenen Eingang haben musste. Das ganze Rechteck war von Süden nach Norden etwa 280 m lang, yon Osten nach Westen etwa 100 m breit, mit einem Flächeninhalt von etwa 2'/4 ha. Die curtis^ welche es enthielt, nahm davon die Sudhälfte ein ; und in dieser nrass dann auch die casa daminicata gelegen haben, welche einen integrierenden Teil jeder curtis bildete: hier also das Herrenhaus, welches den Konradinem zur Wohnung diente.^) Es ist möglich, dass dieses Haus noch am Anfange des 18. JabrbiindertSi bis auf Johann Ernst, vorhanden gewesen ist. Denn vom Tode Eberhards, des Bruders von Konrad I., 939, bis zur Übersiedelung des Grafen Johann I. nach Weilburg, welcher 1359 den Bau des Schlosses begann, hat kein Besitzer der Weilburg in der Burg gewohnt ; es war also zum Neubau eines herrschaftlichen Hauses in der curtis keine Yeranlassung vorhanden, und als dann eines, das Schloss, erbaut wurde, wurde es ausserhalb der curiis erbaut, die damals längst aufgehört hatte, eiu Wirtschaftshof alten Stiles (mit einer grossen Schar von LeibeigCDCD) zu sein. Erinnern wir uns nun des grossen Hauses, welches wir auf dem Merian- sehen Bilde gesehen haben ^*), und welches südöstlich von der protoätantischen Kirche, also gerade am oberen Ende der curtis^ lag, und zwar so, dass die *^*) Oben S. 29. ^) Dagegen wissen wir von irgend welchen Baulichkeiten der Konradiner aaf der SteUe des heutigen Schlosses, abgesehen von den hier gelegenen Teilen der ustlichen und nördlichen Kingmauer des cff^trlluiti, nicht das geringste. Diese ganze Ansicht beruht nur darauf, dass man sich unter einer „Burg*^ auch für die Konrad inerzeit etwas ahnliches vorstellte wie die Dynastenburgen des S])utcren 3[ittelnlters, welche gar keine curti\i enthielten. Die Gegend des heutigen Schlosses erhielt erst durch die Erbauung der Lahnbrücke (unter Johann I., 1355 — 71 1 Bedeutung: nun übersah man von hier den ganzen Verkehr, der über die Brücke ging. Vor- her war diese liegend der abgelegenste und bedeutungsloseste Teil des ganzen ca^ittrilum das hintere Ende des langgestreckten Kechtccks, wahrend das vordere Ende im Süden lag, wo die W'ep'e lahnaut- und abwärts zusammen führten. *^*) Oben J:^. 31. 40 H. Matsat Wäre dem wirklich so, dann hätte ich der vonitebenden Untermohiiig nicht das Herian'sche, sondern das Dilich'sche Bild snignmde I^gen mllaaeo. Die Sache verhält sich aber doch etwas anders. Beide Bilder stellen in der Tat dasselbe dar und in deErselben Weite; nur ist der Fels im Yordergrnnde auf dem Dilich'schen Bilde höher aod tr^t die Inschrift: INT : V. D. 0088 : 8ENAT. WEIL- BURGEN8I D. s integerrimü viris dominis constdibus (et) senatui Weilburgmsi dedicatum. Ausserdem ist, wie schon bemerkt, das Dilich'sche Bild Tiel kleiner: nur 96 Vs mm lang und 64 mm hoch (ohne den Band). Yersuchen wir nun, den Gesichtspunkt dieses Bildes zu konstruieren, so können wir dazu die Dordecke des Schlosses nicht brauchen, weil diese, wenig- stens auf dem mir Yorliegenden Exemplare^), ganz verschwommen ist, wohl aber die Punkte B = Mittellinie des Bundbaues auf dem Friedhof, T ==& Mittel- linie des grossen runden Turmes, S =& SQdostecke des sfidlichen SchloesflOgels, 0 = Nordostecke des östlichen Schlossflflgels ; und zwar sind bei Di lieh die Strecken BT = 23Vs mm (beiMerian41 mm), TS = 20V4 « ( „ „ 39 „ ), SO = 12 . („ „ 20 „ ). Legen wir danach auf unserem grossen Plane durch die Punkte B und T einen Kreis, welcher über der Sehne BT Peripheriewinkel von 23^ 30' fasst, und durch die Punkte T und S einen Kreis, welcher über der Sehne TS Peri- pheriewinkel von 20^ 45' fasst, so schneiden diese beiden Kreise einander in dem Punkte A^'')] und konstruieren wir dann in gleicher Weise Kreise mit den Peripheriewinkeln 25° 4' und 22*^ 8' (die sich ebenfalls = 23V« : 20^-4 vorhalten), so schneidet sich dieses Kreispaar in dem Punkte B. Legen wir ferner durch die Punkte S und 0 Kreise, welche über der Sehne SO Peripherie- winkel von 12° und 12° 48' fassen, so schneiden diese Kreise die beiden durch T und jS gelegten Kreise in den Punkten A' und f. Ziehen wir endlich die geraden Linien AB und A' B\ so schneiden diese einander in dem Punkte C, welches der gesuchte Gesichtspunkt ist. Derselbe liegt westlich von dem für Merian gefundenen Gesichtspunkte X, in einem Garten unterhalb der Bahnhofs- strasse, 4—5 m tiefer als diese und 16 m von ihr entfernt. ^S Hessische Chronica, zusamon getragen und verfertiget durch Wilhelm Solieffern ge- nandt Dilich und Zu Tassel Gedruckt durch AVilhelm Wessel. A. 1605, Kupfer gegenfiber der Seite 81 (bei dieser Gelegenheit \i\\\ ich unsere Liinburger Nachbarn darauf aufmerkaam machen, doss auf derselben Seite, über AVcilburg, eine Ansicht von Limburg steht). Dies ist die erste Au8<;abc des Buches; Strieder, Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten und Schriftsteller Geschichte Bd. III, 1783, S. 85 verzeichnet noch drei weitere: von 1606, 1608 (ohne Kupfer) und 1617. , *^^) Dieser Punkt sowie auch die folgenden sind auf dem Plane verzeichnet Weilbarg vor tausend Jahren. 41 Daraus folgt sofort, dass dieser Punkt unmöglich ist. Denn erstens liegt er viel zu tief, so dass man von ihm aus niemals alles das hat sehen können, was auf dem Bilde zu sehen ist; und zweitens hat niemals ein Mensch, der hier stand, links im Vordergrunde einen Felsen vor sich gehabt und noch dazu einen so hohen, wie der bei Dilich ist. Betrachten wir. nun weiter das Meisner ^sche Bild. Auch dieses ist in dem mir vorliegenden Exemplar^^) dem Dilich 'sehen sehr ähnlich, aber besser gestochen. Sonstige Unterschiede sind folgende. Im Vordergründe sieht man statt des Di lieh 'sehen Felsens eine flache Eugelkalotte, auf welcher der fromme Held Aeueas steht, der seinen Vater Anchises trägt; das Bild verfolgt nämlich, wie das ganze Bilderbuch, zu dem es gehört, nioralische Zwecke. Über dem Bilde steht: PARENTIBUS IN OMNI PEIUCÜLO SüCCURRENDUM, unter dem Bilde: Per medios hostes portavit ab igne parmteni Aeneas hutneris. 0 pietatis amor ! und darunter: Recht durch die feinde trüge halt. Erlöst ihn von dem feindt und fewer, Aeneas seinen Vater alt. 0 grosse Lieb! dein wehrt ist thewer. An Stelle des Wehrs aber erscheint auf dem Bilde nur etwas, was man für ein leichtes Wellengekräusel ansehen kann, jedoch ohne daraus die Strom- richtung entnehmen zu können. Endlich reicht das Bild, welches 141 mm lang und 70 mm hoch ist, weiter nach links und rechts. Für dieses Bild lässt sich, da es vollkommen deutlich ist, der Gesichts- punkt auf genau dieselbe Weise konstruieren wie für das Merian'sche.^^) Es sind auf demselben die Strecken TS= 2572 mm (bei Merian 39 mm), SO = 10^4 „ „ . 20 „ N0= 874 , , . 16 „ so dass bei Meisner die Strecke TS verhältnismässig grösser erscheint. Dem- entsprechend liegt der Gesichtspunkt für dieses Bild ebenfalls auf der Kurve C F^ aber nicht bei L, sondern 44 m nordöstlich von diesem Punkte, in der Mitte des oberen Einganges der Gasse, welche von der Limburger Strasse nach der Post hinabführt; wir wollen diesen Punkt D nennen. Als Grundgleichung für das Bild ergibt sich alsdann 1 mm = 55'. Machen wir nun hier dieselbe Probe wie bei Merian^), so finden wir die Strecke BrbeiMeisner = 2574 mm, wonach der Winkel Ä D T = 23^ 36' ®*) Libeltus Xocus Paiiticus Embhmaticus Civitntum Pars Quinta, Oder: NewM I'olitischen Statt: vnd Emblematabuchs FQnffter Theil Darinen das Fanffce 100 Statt, Veetmig^ Sclilüsser, Yiid Flocken, so da ligon in Flandor, Brabandt, Holland, Seelandt, Nassaw, nrf Westphalen etc. Littera. E. Paulus FQrst Exeu. A"" 1638. In demselben stellt Kuplar E tT dio Stadt Weilburg vor, E UO das Sohloss Weilburg, letzteres ähnlich wie bei Meri( ^') üben 8. *23 f. ««) Oben 8. 26. 43 sein wSrde; tatsSoUich iat er =: S bei Heriao, aber inunerfain noeh SoDtroltieren wir femer die beträgt, nach derselben Hethode '' die Strecken Oa = 16 mm und «inkel ODa und aDe sind = 10 statt 18:6, vas ebenfalls noch le Das Gesamtergebnis ist also, ist s]s das Diliob'äcbe, aber wei dieses ist es nnr in dem einen Fi Wollte man nun deswegen 6 konradiniscben Ostmauer zu Qrun gegen unsere Eonstraktion der Pn Dieser Punkt würde nämlich auf keit 4 m weiter nach Sfldwest z\ Ostmauer ist also so minimal, dasc Wohl aber wird es am Fiat der drei Bilder einzugehen. Alle drei Bilder haben drei 1. Auf allen drei Bildern hat die Martinskirche dieselbe bliebe StoUng und dieselbe falsche Lage; beides ist auf unserem Plane durch das rote BeefatMk Teranschauliofat, welches innerhalb der protestantischen Krche liegt Oaaacfc mSsste nJtmlich der Turm der MartinsUrche an der SSdseite der profesfwitisidMi Kirche gestanden haben. Er ist aber in seinem unteren Teile noch rabalteB**) und bildet die Nordweatecke der jetzigen Kirche. 2. Ebenso steht auf allen drei Bildern der Scblossturm falsch, welcher sich an der Innenseite des Westflägele befindet. Yen dem Punkte L aus ist nur seine Spitze zu Beben und zwar über dem Nordende des östlichen Schloas- flügols. Auf den Bildern aber ist der ganze Turm zu sehen, bei Dilich und Meisncr links, bei Meriau rechts über dem Ostgiebel des nördlichen Schloss- flügels, also bei allen viel zu weit rechts, so wie man ihn etwa vom Nordende des Postgefaüudes siebt. Bei Dilich sieht er wie das Minaret einer Moschee aus; bei Meisner ähnlich, nur weniger schlank; richtig gezeichnet, wenn auch, wie gesagt, iu falscher Stellung, ist er nur bei Uerian. 3. Endlich liegen auf allen drei Bildern die Niedergasse, die Stadtbrücke und wahrscheinlich aucb die Mühle zu weit linke. Fragt man nun, wie ca kommt, dass gerade diese Objekte so arg ver- zcichiiet sind, ao findet sich da etwas sehr eigentumliches: 1. Die Martinskirche war noch 1501 ganz unfertig; der Turm derselben ist erst gegen Ende der Regierung des Grafen Philipp III. (1559) erbaut. *•) Janotba, 8. 88 f., lU, 110. 44 H. Hatsat| Weilbarg vor tausend Jahren. Ton 46 Orten; eine Anaicht von Weilburg ist aber nicht danmter. iiooh nd sie keineswegs alle in der Chronica von 1605 reprodoatot: swar aind mtsr den 120 Ansichten dieser jene 46 Orte sämtlich vertreten, aber nnr b« 23^ davon kann man sagen, dass Dilichs Federzeichnungen derselben als YoilsgeD fOr die Kupfer der Chronica gedient haben, was daran li^gt> dass diese Zefab- nungen zum Teil gar nicht als Aufiaahmen, sondern als LandsohaftsstadisiL g^ dacht sind. Aus alledem folgt, dass Dilich neben seinen eigenen Au&iahmeii Übt die Kupfer seiner Chronica noch andere Quellen gehabt hat; und eine solche wird die Sammlung des Landgrafen Wilhelm lY. gewesen sein. Oraf Albredit von Weilburg (1559—1593) war dessen Zeitgenosse und wurd nach Fertigstelliiif seines Schlosses dem Sammler gern die neueste Ansicht semer Besidens verdnt haben; das war aber die dritte Zeichnung von Weilburg. Dilich hat dann in seiner wahrscheinlich sehr verkleinerten^'') Naohbildung dieser dritten Zeichnung das verkehrte Wehr hinzugefügt. Meisner hat die Zeichnung ebenfalls vor sich gehabt und sie sorgfältiger und ohne das Wehr, aber ebenfalls verkleinert, wiedergegeben. Her i an endlich hat neben der Zeichnung auch Dilichs Chronica vor sich gehabt und jene in grosserem Msss- stabe reproduziert als* seine Vorgänger, aber aus Dilich das verkehrte Wehr hineinkorrigiert, dagegen auf Grund einer speziellen Zeichnung des Schlosios, die auch schon Meisner vorlag, dem Schlossturm eine richtigere Oestalt, aber freilich eine noch falschere Stellung gegeben. Trotz alledem bleibt das Merian'sche Bild, weil sein Gesichtapunkt zwischen den Gesichtspunkt«! der beiden anderen Bilder liegt, und seine Maassverhältnisse am besten unter sich übereinstimmen, von der alten Zeichnung die beste Wiedergabe, welche wir haben. ^^) Das sind, nach der Reihenfolge in der Chronica geordnet: Biedenkopf, Marborg, Homburg an der Ohm, Staufenberg, Rauschenberg, QemQnden an der Wohra, Treyea, Vftcha, Waldkappel, Allendorf an der AVorra, Molsungen, Spangenberg, Kassel, Borken, Homberg an der Efze^ Neidenstein, Felsberg, Gudonsberg, Grobcnstein, Immenhausen, Trendelburg, Hclmacs- hausen, Schmalkaldcn. '^ Wenck sagt ausdrücklich, dass Dilich die Originalien, die sich zu seiner (Wencks) Zeit in Hanau befanden, nur nach verjüngtem Massstab habe kopieren lassen. Auoh aeine eigenen Federzeichnungen sind in der Chronica vielfach nur verkleinert "wiedergegeben. Die Siegel und das Wappen der Stadt Weilburg« Von P* Wagner^ Mit zw(M Tafoln (III ii. lY). I. Die Siegel. Die Echtheit eioer Urkunde wird heute in erster Linie durch die eigen- händige Unterschrift desjenigen Tcrbürgt, der sie ausgestellt hat. Das Siegel kommt daneben erst in zweiter Linie in Betracht; es bietet keineswegs mehr die Hauptgarantie und wird im allgemeinen nur wenig beachtet. Freilich ladet auch die Mehrzahl unserer Siegel, namentlich die der Behörden, die wir am öftesten zu sehen bekommen, und die meist mittels Stempelfarbe oder mit dem Trockenstempel hergestellt werden, kaum sehr zur Beachtung ein. Nicht so im Mittelalter, in dem die Kunst des Schreibens kein Allgemeingut war, sondern in den Händen weniger berufsmässiger Schreiber lag. Da bedurfte man zur Gewähr der Echtheit eines besonderen Zeichens, das sich im Besitz des Ausstellers der Urkunde befand, von ihm gefuhrt, nur ihm eigentüm- lich, das, wenn es sichtbar war, seine Willensmeinung so gut verbürgte, wie heute eine Unterschrift. Dies eben war das Siegel. Die Siegel sind keine Er- findung des Mittelalters, sie sind viel älter; aber ihr Gebrauch hat doch erst damals eine allgemeine Verbreitung und eine so systematische Durchbildung erfahren, dass man seitdem von der Siegelkunde, der Sphragistik, als einer eigenen Wissenschaft sprechen kann. Sie ist eine Hilfswissenschaft der Geschichte und für diese von erheblicher Wichtigkeit, denn sie liefert ihr gleich der Di- plomatik wertvolle Hilfe bei der Urkundenkritik. Soweit Siegel Wappen ent- halten, ziehen auch Heraldik und Genealogie Nutzen aus ihr, während üt szenischen Darstellungen auf ihnen, die Porträtsiegel usw., zugleich für die geschichte nicht unwesentliche Beiträge liefern können. Insofern ihre der freien Erfindung, dem Geschmack und der Geschicklichkeit dei Schneiders Spielraum lässt, ist der Siegelschnitt ein Teil des Die Siegel selbst sind Werke der Kleinkunst, oft von grosser hohem künstlerischem Werte, wie denn beispielsweise das Haj Adolfs von Nassau und das seiner Gemahlin Imagina, die ia lande besonders interessieren dürften, wahre Meistenreife sind, vergleichbar den Plaketten und Medaillen der Dieister aus demKat und äeu OerichtepersoDen gewählt, und nacb der BeBcfareibuDg der StadtverfasBung von 1742 beetelU das Stadtgericht j&hrlich den BSrgei» meieter. '') Han siebt also, dasB zwiscfaen Justiz und Verwaltung innerhalb der Stadtbehörde eine Scheidung nicht bestand. Dasselbe Eollegium ist richterliche, wie Verwaltungsbehörde; es ernennt für bestimmte Verwaltungsawecke besondere Mitglieder aus seiner Mitte. Unter dem Namen .Stadtgericht" erscheint ei in dieser seiner doppelten Eigenschaft. Daneben führt es im 17. Jahrhundert anch die Bezeichnung „Rat", wenn vornehmlich an seine verwaltende Tätigkeit ge- ') Siehe den Abdrack diuer OrdnungBn in dem Artikel Ton G Sobani, „Beiirig« nr neneten VerfuBungaf^Bchiohta der Stadt Weilburg", nnten S. Ö9 ff. *) Siehe die Urkunde bei SehauB, a. a. 0. unten S. 76. *) Ich finde ihn luletet in einer Urkunde von 1462, Juni 24, erwlhnt Der Nkina dM letzten ist Konrad TOn Sohw&lbsah. *) Der SchnltheigB ersoheint neben dem Vogt im SohQffenkollegiuni Bohon etnam frQher; ioh kann ihn zuerst in einer Urkunde von 1429, Hai 22, naohweieen. ') Kr begegnete mir zuerst in einer Urkunde von 1358, Janaar 21. *) Die hier, wie im Vorhergehenden und im Folgenden erwähnten Urkunden beruhan Bümtlioh in den Beständen des Staatsarchivs in Wiesbaden: II, 48, Stift St. Walpurgis in Weil- burg, und VI. Fflrstentum N«bb«u, 2 Amt Weilburg. ') Abgedruckt von Schans in dem unten lolgenden Aufsatz, S. 78. 60 P. Wagner M ■{ I I li : I . 1 , I I.- Falle typische Bild der Stadtmauer mit den Stadttürmen. Nur wich ei hergebrachten Form dadurch etwas ab, dass er die Mauer nicht bis an < des Siegelfeldes heranführte. Es entstanden daher auf beiden Sei Flächen. Da nun die Mauer an ihren Enden von je einem Stadttni ragt wird, macht das Bild einen burgähnlichen Eindruck. Indessen unberechtigt, es als Burg anzusprechen. Der Zug der Mauer, hinta Türme aufiragen, und das grosse breite Tor, endlich der Umstand, dai umr ein Stadtsiegel handelt, charakterisieren es als Stadtmauer. E ist aus Quadern errichtet, deren Fugen in der Zeichnung stark herrc sind ; sie hat Zinnen und in der Mitte das spitzbogige breite Stadttor. Je zwei kräftig herrortretenden Beschlägen*) versehenen Torflflgel sind gei und es hängt daran schräg gestellt der Schild der Ghrafen von Nassau ungekrönten steigenden Löwen und den Schindeln. Über die Mauer bemerkt, zu beiden Seiten je ein mit drei Zinnen versehener, aus Qu richteter Turm hervor, der eine spitzbogige von Stabwerk gegliederte Öffnung aufweist. In der Mitte der Mauer befindet sich ein fihnlic höherer, ebenfalls mit drei Zinnen und ausserdem mit einem gedeckte versehoDor Turm mit Turmknopf. Letzterer ragt bereits in die inner schnür; und da er unmittelbar unter dem den Ajifang der Umschrift besei Kreuz graviert ist, haben Zeichner, die das Siegel für das moderne Stai benutzten, dieses Ereuz missverständlich als zum Enopf gehörig betn Die Umschrift, in lateinischer Majuskelschrift gestochen, lautet: "f* Sil CIVITATIS • IN • WILBVRC. Interessant wäre es, zu erfahren, wo der Stempel angefertigt ii die Frage ist doch leichter gestellt, wie beantwortet; denn keine Nach sich darüber erhalten. Dass Weilburg im Anfang des 14. JahrhundeH einen einheimischen Siegelstechcr oder einen Goldschmied gehabt hal der mit dieser Arbeit betraut gewesen sein könnte, erscheint wenig g dazu dürfte es damals noch zu klein und unbedeutend gewesen sein. späterer Zeit vermag ich einen Goldschmied nachzuweisen. Da aber leihuDg des Frankfurter Kechtes im Jahre 1295 auf Beziehungen Weil Frankfurt hinweist, so wäre nicht unmöglich, dass der Stempel dort ai worden ist, wo es um jene Zeit künstlerisch vortrefflich gebildete Sie^ gegeben haben muss, wie ich aus bestimmten, hier nicht näher zu er< Gründen folgern darf. Und wirklich zeigt der Weilburger Stempel, w< keine besondere künstlerische Yollendung, so doch eine anerkennenav schickliehkeit in der Zeichnung, wie in der Technik des Siegelschni Raum des Siegelfeldes ist gut ausgenutzt, die Zeichnung der Architektur g< kräftig und schöD, das Relief yortreffHch. Der Zeit der Entstehung ents zeigt die Architektur gotische Formen und zwar die Formen der streng gotik. Unzweifelhaft gehört dieses Weilburger Siegel zu den bessere] nassauiöcher Städte und weit ragt es über die Machwerke der Folge: denen sogleich zu sprechen sein wird, hinaus — an seinem Teile ein spi ^*) Man httt sio für Lilien angesehen! 64 P. Wagner heim mit Tarmknopf hat. Die Umschrift, von swei Perlensohnfiren MOgebat, lautete genau, wie bei der Vorlage, in lateinischen Majuskeln: SIOILLYM CIVITATIS IN WILBVRC. Der Stempel auch dieses Siegels befindet nk noch heute im Besitz der Stadt; nach ihm ist der Abdruck angefertigt, der dtf Abbildung auf Taf. lU, No. 4 zugrunde liegt ^<') Die kunstlosen dürftigen Stadtsiegei des 19. Jahrhunderts können U« übergangen werden. Bemerkt sei nur, dass die Stadt in jDngster Zeit mam neuen Stempel nacli einem Entwurf einer Autorität auf diesem Gebiet, des be- kannten Wappenmalers Prof. A. M. Hildebrandt in Berlin bat anfertigen lassen, dem das alte Stadtsiegel aus der Zeit um 1300 zugrunde gel^t worden ist 2. Das Wappen. Siegel sind keine Wappen; sie sind ihrer Entstehung, ihrer Bestimmmig und ihrer Form nach durchaus verschieden von den Wappen. So oft diese Tatsache auch schon ausgesprochen worden ist, muss doch immer wieder dsrsaf aufmerksam gemacht werden, weil die Verwechselung stets von neuem gemaelit wird. Und nirgends kommt sie häufiger vor, als bei den Stadtwappen. Jede Stadt hat ein Stadtsiegel gehabt, weil sie dessen unbedingt bedurfte, aber nieht jede Stadt hatte zugleich ein Stadtwappen. Ein Bedflrfiiis lag nur bei jenes Städten des Mittelalters vor, die Eriegsvolk aufzubieten und unter dem Stsdt« banner ins Feld zu schicken hatten. Wo die Annahme eines Wappens aas anderen Gründen erfolgte, muss die Absicht, es zu führen, unsweidentig zu erkennen sein, etwa aus vorhandenen Wappendarstellungen offiziellen Charakters, aus Beschreibungeo, aus einer bestimmten Tradition über die Farben des Wappens, ohne die es ja überhaupt nicht zu denken ist, u. dergl. Das blosse Vorhandensein eines Siegels beweist an sich noch nichts. Gewiss konnte und kann noch heute eine Stadt ihr Siegelbild für das Wappenbild verwenden. Sie muss dann nur, abgesehen von allem anderen, bestimmen oder bestimmen lassen, in welcher Weise das an sich farbenlose Siegelbild tingiert werden soll. Ohne weiteres aber anzuuehnicu, dass eine Stadt, weil sie ein Siegel führte, auch ein Wappen hatte, ist unberechtigt. Die Verkehrtheit dieser Ansicht er- gibt sich in der Kegel sogleich aus der Schwierigkeit, die Farben anzugeben. Entweder ist darüber überhaupt nichts bekaunt, oder die Meinungen gehen in den Einzelheiten so auseinander, dass man erkennt, die Bestimmung der Farben beruht auf Willkür, nicht der betreflfenden Stadt, sondern in der Regel der- jenigen, die das Wappen darstellen wollten. Alle unsere nassauischon Städte haben Siegel in älterer Zeit gehabt, aber nur von den wenigsten, vielleicht nur von Wiesbaden ist bekannt, dass es ein Wappen hatte. Jede aber glaubt, dass das SiegelbiUl auch ihr Wappen dars^tellt: seine Farben jedoch anzugeben, wissen nur die wenigsten, und diese auch nur darum, weil, wie etwa bei Dicz, das Wappen mit dem ihres früheren Tciritorialherru übereinstimmt, dessen Farben keinem Zweifel unterließen. ''i Auch diosiMi Abdruck hat Horr Archivar Dr. Dumarus irenumnicn. 58 E. Schaas der Yergangenheit, besser als manche Darstellang es TermSohte. Die BtaAiali- ordnuDg yoq 1665 wurde als saohlielie Ergänzung mit aa%6nommen. Was die Gestaltung der Texte betri£Flk, so sind nach dem wiMeaadiattbk empfohlenen Brauch manche Eigenheiten der älteren Sobreibung unbedeakU beseitigt worden ; nur bei dem Freiheitsbrief von 1685| der in der Anafiarligaig vorliegt^), wurde schonender verfahren. Wie diese Beiträge nun sind, eilig und wie zufällig sasammengendBi vor der Landesgesohichte nur unvollkommen beglaubigt und so Tielleidit wtA wenig geeignet, die Aufinerksamkeit der heutigen Weilbuiger zu feaseln, v» fehlen sie möglicherweise ihren Zweck. Doch gesammelt mnd sie mid d«- geboten werden sie als ein kleines Zeichen des Dankes und des Anteils, dei Dankes f&r so manchen in Weilburg verlebten schönen Tag, und des Aateib an der seltenen Oedächtnisfeier, die für die liebliche Lahnstadt ein weitsiM Jahrtausend glücklichen Gedeihens unter günstigen Sternen einleiten mSfei I. Die Polizeiordnung von 1664. Die Polizeiordnung des Grafen Friedrich in der f&r Weilbnig bestimmtes Fassung ist erhalten in einem sogenannten Copeyenbuch, das an Ende des 17. Jahrhunderts bei der gräflichen Begierungslranzlei angelegt wurde nnd im eine Reihe wertvoller Urkunden enthält') Wie aus der nachträglichen Bemerkung Aber die Publikation henroigskti war die Ordnung swar zunächst fQr Weilburg entworfen, aber sie wnide «h gleich dem ganzen Land als gültig mitgeteilt. Yen der Fassung, die rieh mA an die Einwohner von Eirohheim, Gleiberg und anderen graf- und hensdiaft- lichen Orten wendet, ist eine Abschrift vorhanden'); sie zeigt nur ganz un- wesentliche, selbstverständliche AbweichuDgen. Nach Einschüben in den Handschriften ist Qraf Friedrich im Jahr 1670 auf seine Orduung zurückgekommen und hat den § 5 bekräftigt und § 6 ergänzt. Eine neue Ausgabe hat dann sein Nachfolger, Graf Johann Ernst, im Jahre 1690 veranstaltet und einige, doch nicht sehr erhebliche Änderungen yorgenommeo. Die Ausgabe von 1()1K) liegt in mehreren Abschriften vor.^) Der hier folgende Druck giebt die Abweichungen in den Anmerkungen wieder. Die Polizciorduungy die nach der Einleitung den schlimmen Nachwirkungen des drcissigjährigen Kriegs abhelfen will, scheint als Ganzes kein unmittelbares Vorbild wenigstens in der eignen nassau-weilburgischen Gesetzgebung gehabt zu haben. Aber wie die ersten 6 Abschnitte über die Sittenzucht auf die Kirchenordnung zurückweisen, das ist die 1617 erlassene, 1618 gedruckte Ord- *) Für die freundliche Erloubnis, das Original zu vergleichen, sowie für die Über- sendung des in der letzten Beilage erwähnten Geniarkungsplanes au das Staatsarchiv xa Wiesbaden sei der Stadtverwaltung, insbesondere Herrn Bürgermeister Karthaus der verbindlichste Dank abgestattet. •^ Staatsarohiv Wiesbaden. Kopialbücher A. 24 El. 1 — S. *) Kbenda VI 1 Nassau-AVoilburg. Oeneralia XIV a 8 a. *) Ebenda Kopialb. A 25 Hl. 4—17; VI l XlVa 12; VI Regierang za WeUbiurs Xeu I9S. Beiträge zar neueren Yerfassungsgeschichte der Stadt Weilbarg. 59 nung des Grafen Ludwig II. von Nassau-Saarbrücken^), so fassen die übrigen Teile, die sich auf die eigentliche städtische Verwaltung, das Gerichtswesen und die verschiedenen Gegenstände der öffentlichen Fürsorge im Wirtschafts- leben und Verkehr beziehen, wohl nur eine Reihe von früheren besonders ergangenen Vorschriften zusammen. Dies im einzelnen zu zeigen ist hier nicht der Ort; hier ist auch nur hinzuweisen, nicht einzugehen auf sonstige Fragen, die man sich vorlegen muss: wie verhält sich das Werk des Grafen Friedrich zu ähnlichen Leistungen in benachbarten Gebieten und welche Bedeutung und Wirkung hat es gehabt? Schon dass im Jahr 1690 Be:stimmungen wörtlich so wiederkehren, wie 1664, lässt vermuten, dass manches eben nur auf dem Papier geblieben ist. Schliesslich ist zu bemerken, dass die Ordnung von 1664 und 1690 im Jahre 1748 ersetzt worden ist durch eine Nachfolgerin von geradezu erstaun- lichem Umfang; diese neue Polizeiordnung, ein Erzeugnis des noch red- und schreibseligeren 18. Jahrhunderts, füllt einen ganzen Folioband, gewiss eine merkwürdige Leistung der Verwaltung in anbetracht der kleinen Stadt, der sie gilt. Doch bedarf es hier keiner näheren Schilderung, da die erfreuliche Aus- sicht besteht, dass die Ordnung von 1748 im Rahmen einer aktenmässigen Dar- stellung von Weilburgs innerem Zustande während des 18. Jahrhunderts ge- würdigt wird. Policeior dnung oder kurtzer Begriff einer neuen Policeiordnxing, womach sich alhier zu Weilburg zu richten. Wir Fricderich^), Graf zu Nassau, zu Saarbrücken und zu Saarwerden, Herr zu Lalir, Wißbaden und Idstein etc. thuu hiennit unscrm Hath, Burgerschaft und sämbtlichen PMnwohnern alhier zu Weilburg kund, öffentlich bekennende: Demnach wir bei unß reiflich erwogen, wie zu einer Statt und Landes Erhaltung und Uffnehnien hochnötig und nützlich seie, wan darin gute Ordnungen und Gesetz gemacht werden und im Schwang gehen, hingegen, wo dieselbe manglen und allerlei Unordnungen, Mißbrauch und Ungerechtigkeiten im gemeinen Wesen vorgehen und gedultet werden, ein Ort und Statt leiclitlich zu Scheitern gehen und ins Verderben gerathen, ja Gottes Zorn und Straf über sich ziehen könne, daß dannenhcro nichts anders als Fluch, Unsegen und der gäntzlichc Untergang zu gewarten, und wir dan in unser Regierung bißhero, wiewohl mit ziemlichem Unwillen und großer Mißfällig- keit wahrgenommen, daß ein und andere Unordnungen, Mißbrauch und unnützigcs Wesen alliier zu Weilburg und anderswo bei unsern Unterthanen durch die vorige langwürige, verderbliche Kriegszeiten eingerißen, welche wir vermög landshoher Obrigkeit, darin uns Gott gesetzt, nicht dultcn können, sondern gcendert, abgeschafft und verbessert haben wollen, und dahero vor eine hohe Nothurft erachtet, dicße ^) 8. Scotti. Provinzialgesetze. Fünfte Sammlung. III. Teil, Düsseldorf 1836, S.Abteil. Oesetzsammlung für das Fürstentum Nassau- Weilburg 8. 1421 ff. Ausführliob behandelt hat sie neuerdings E. Knodt: Die von den Grafen Albrecht und Philipp im Jahre 1576 publizierte Nassau-Saarbrückische Kirohenordnung und Agende und ihre Weiterentwicklung. Denkschrift des evangelisch-theologischen Seminars zu Herborn für die Jahre 1898-- 1904. Herbem 1904, 8. 74 ff., besonders auch 139 fi. •) Johann Ernst 1690. «0 £. Schans uv.m VnlU'.f'i'OuUinui^ aufrichten, promalgirco und öffentlich verkflnden zu lassen, (liiiiiit <;in ](Mler scinc'K Orts sich darnach^) richten und achten möge. 1 . XoTH i'THiv, ; Nachdciiie die Gotteslästerungen, das Fluchen ond Schweren in K'i^tlichrn, K^-i'^t- und weltlichen Hechten bei hohen Poenen und Strafen verboten und (hirch Holch beHchwerli(;h Uebel Gott der Allmächtige nicht allein gegen den (iott(>HlllHt(;n*r, Schwc^rer und Fluchcr, sondern auch denen Obrigkeiten, die solches m wifhnMi sühuldJK HinwiK(T Straf b(;wegt wird, und dan bereits in unser Kirchenordnung desw^n VriHi^hnuK K<'K(^h(?h(;n, so lassen wir es auch darbey bewenden und wollen, dal unsere rfarrrr uiisortt HUrf^tT und Unterthanen in den Predigten fleissig warnen, die (lo(t(^sUUt(U'u^f((Ml und Schwur bei dem Nahmen Gottes, seiner heiligen Marter, Wundoii, Sa(Tam(uitcn und der^'lcichen freventliche Schwur und FlQch ernstlich za nicidiMi und ihnen die Strafen, so Gott darauf gesetzet, verkünden, und da sich jemand i'wuWn lasset, der »lonsolbon in Gottoslästevunir, FlucluMu Soliworon, Mord, Todschlag, Hurorei, Khe- h\\w\\ luul dcruloithon roboltliaton uuil Lastor viol >türt/ot, so ordnen und wollen wir, daft un^oro Pfarrer und Sool>or^or >oKlios in ihren Tredigten tlei>i>ijLr straft-u und iho l.out da\i>n orn>tliili alunahnon, wie wir dan >olbston dii> übennä>>iL:i; Triurken und /ut ruh Kon mit orn^^tlirhor Toon lüorniit wollen vorbolon haben, un«l on hierin bei un>or Kiri luMundnuni: la>son.-'» ;». \ or> dritte, oh auoli wo!il in uii'-or Kiro]K'n«»rdnunLr \orsehen. wit- es bti K \\ 0 \ 0 r 1 o h n u l^ o i\ , 11 o ^ h / 1* i t o n . K i n li t a u i i l ii und 1» e ::: r ä b n ü s > i ii »< • Wir ii\io. !\ v.:;t • w vi. ^ \v. ^^ \ir:ul;:^i liorj^ohon m^U. darboi o^ tiar.n aiul: l'iiüil: ,\H^ iili^u's •-. :mvI»'.v'::o l >o;:: jy.a Ui>:v;iv^:: ' 1' 1 l \\.^' ii;v5 «« II ftk < \, « \ «• ■ I V . «^ V Wrldvibiii«- hat, di»,wi'il \^i• liii und aii.ltT»r !:'v>t::: ur.d ju bvf.ihr- :., u ■::•:> /-rii und FluJ: lar: t *. .* . % » • > 1' ^ :^ ^ I •-• -->■'- ... At; «I \ < ;". ■ ' • ^ . Ä " ^ 62 E. Scbaai Bei dem Tantzen soll es erbar und bescheidentlich ohne einige ftrgffrikte leichtfertige Gebärden und Reden bergehen, und darin Ziel und Mml gehalten, nch dalelbe keinem, der nicht zur Hochzeit gebeten ist, zagelalen werden. Wer dar- wieder tbut, der soll sobald angezeigt, davon verwiesen and nach Befindnng an eiaee und mehr Galden, auch, da er sich hallstarrig wiedersetset, mit dem Qttta^m gestraft worden. Auch sollen von nun an nnr zwei Tag Hochzeit gehalten werden, der dritte Tag aber (aufier wa£ der frembten Gästen und Anfwärtter Tractament betrift) bei zwantzig Reichsthaler Straff hiermit abgeschafft sein, so dann soll kein Gast Hager all bil umb zchen Uhr des Abends im Hochzeithans sitzen bleiben, noch aidi aa Tantz finden laSen, bei Straff eines Grfllden, wer darflber tobt oder ürsach dam giebt. Es soll aber die Spoissnng nach dem Kirchgang nnd beschehener Olad:- wQnschnng gleich angehen, darin Mal gehalten und sich vor nniiemlichen nnmiligen viehischen Trüncken gehütet, auch beim Gesnndheittrincken nicht geblasen nodi sonsten wal ungebflrlichel gcthan, sondern allel mit guter Bescheidenheit and Eibar- keit verrichtet worden. Insonderheit aber soll sich anch kein Hochzeitgnst hinfttro gelosten lassen, Essen nacher Haul zu schicken nnd die Tisch nnd Schflasel mit Hinweggebung der Speisen lehr zu machen und seine Haulgenolen damit n ver- sehen; wer darwieder tbut, der soll sich Schimpfs öffentlich befahren. Ob anch wohl bilhero Ob- und bräuchlich gewesen, dal ein Pfarrer, der die Hodizeitpredigt und Copulation gethan, bei der Hochzeit mit seinem Weib erscheinen und schenckfrei gehalten worden, dieweil sich jedoch darOber beschweret wird, all soll solches hinfOhro in seine Willkehr und freien Willen gestelt sein, doch also dal, wan er darbei nicht erscheinen kann noch will, ihm alldan die Hocliaeitpredigt und Copulation zum wenigsten mit einem halben Reichsthaler an Oeld vergnQgt werden soll. Und damit der armen liOuth hierbey auch nicht vergelen werde, so soll entweder bei dem Kirchenausgang jedcsmahl von dem Bräutigam, der Brant nnd ihren Gästen geopfert, oder zu dem End ein AUmosenbOchl vor sie bei der Hoch- zeit aufgesetzt werden. r>. netroffend vors fünfte die Kind t auf f, so sollen hinführo nicht mehr all drt»i Gevattern jjebeten und von diesen nieht flbermäßijjjer Unca^ten gemacht werden, aueh das Hänseln, so darbei vordrehet, so dan sonsten unnötiger Kosten, insonderheit den zweiten oder dritten Ta>r ferner Gevattermablzeiten oder Gelack zu halten, l>ei 10 Gülden olninaehläßiirer Straf verbitten und hiermit allerdinjrs abgeschafft sein: untl sollen die Seehswöohnerinne ihren AuBiraiiir dem Pfarrer ie«lesmahl ansäen lalen, damit sie in »ler Kireli offentlieli aulgeseirnet oder der Segen über sie doch ohne ihre lienennunsr gespnH-hen werde. **\) I». Dieweil wir auch vors seehste vernehmen, dal hei den Leiohbegäng- u ü 1 e n verschiedene schädlielio ^Milbräueh eingerilen, «lardureh die Leidtragende Mfttrs in irn^lo Schuld gerahten und ihnen vielerlei Ungelegenheit und nnnöiisrer l'co>"?ten zuirefüget A\ird, hiennnb S4> ordnen und heftlilen wir hiermit, daA hinfuhr*» •rinrm j-rtiem, der das Grab hilfet machen und den Todten hineinlegen, nur ein Mal WVin 'ArT Bier und ein Weck, denen aber so *Vw i.eich nnr zum Grab ti^&^n nnil vom lLii:L ■■■U-r sonsten ehrliche l.euth sindt, ein MÄ in zwei Viertel Wein «^ier hipfT a^h G.-lr^.nhoit so dan aulem SierMiaul uriil ^uiter nichts^ dem Pfarrer li-r di*f I>::i-:ir. iij: \vm:, ein halber r»aliK:i. jt^hu-i' ::ii S iiulvidstor rin K'-i-:äok nuii *:::.•:.. -:'.-•.:.:■:: Schnur c::; \N\^k oder Gil-i «i.w r 'Li*.:: i^ii-vh •iiv Ic-:.:- '•'■. H:*r.- f.ljrr :: den AV*cr.r:ft"bior5oI, ■.'.*< ::: cio Fjl*5^!!j tob :ä>'v a'.jct //r/T llfff I-f'"'- ' :■ V {vv •%.>•;■ . i' -'". • '■-*- J = -t.'i'w. ft^t *^," .^» Beiträge zur neueren Verfassungsgeschichte der Stadt Wcilbnrg. 63 tragende Armen'*) befreiet sind) wie auch dem Glöckner und andern so vor, bei oder nach der Begräbnufi bemühet sind, ein leidliches gegeben und künftig keine Mahlzeit oder Leidimbift mehr gehalten werden, sondern es sollen dieselbe hiermit allerdings bei zehen Gülden Straf abgestellet sein, inmaßen gantz ungereimbt, ja unchristlich und unverantwortlich fallen will, daß diejenige welche durch Absterben ihrer Eltern, Kinder, Ebgatten und nechstcn Anverwandten oft in großes Trauern und liCid gesetzet werden, auch zuweilen elterlose Kinder oder sonsten arme unver- mögliche^'*) bedauerliche Leuth sind, nach gehaltener Leichbegängnuß Gastmähler geben und sich mannigmahl dardurch in die tielfe Nacht mit ihrer großer Ungelegenheit und Verderben aufhalten laßen sollen. Wobei jedoch niemand von den nechsten Anverwandten, Freunden, Nachbarn und Gevattern verwehret sein soll, die Leid- tragende des Abendts nach der Begräbnuß zu ihrem Trost und Leichterung zu be- suchen und ohne derselben Kosten etzliche Essen und einen Trunck mitzunehmen, alß dardurch christliche Lieb, Mitleiden und ein gutes Gemüth erwiesen wird. ^^) Im übrigen laßen wir es wegen der christlichen Leichbegängnus und Bestattung allerdings bei dem bewenden, waß in unßer Kirchenordnung bereits davon versehen ist, und sind gnädig zufrieden, daß wan ein Knäb- oder Mägdlein begraben wird, so noch sehr jung und im Christenthum nicht bestättiget oder confirmiret ist, daß es auch mit öffentlichem Schulgesäng und christlichen Sterbliedern zum Grab und Kirchhoff gegen Entrichtung der Gebühr uf der Eltern oder Anverwandten sonder- bahres Begehren getragen werde. 7. Vors siebende, damit es auch ufm Rahthauß alliier zu Weilburg fein crbar ordentlich und mit guter Bescheidenheit hergehen möge, so soll hinführo ein jeder, der bei Rath und Gericht gezogen wird, beständigen Alters, guten Nahmens und Leimunths auch eines erbaren untadelhaften Wandelß, sodan Schreibenß, Lesens und dieser Statt Weßens, ihrer Gebrauch und Zustands wohl kundig und erfahren sein, über unseren Ordnungen und Statuten steif und fest mithalten und sich auf dem Rathauß und sonsten so bezeigen, daß das gemeinnützige Weßen durch ihn nach aller Mögligkeit möge befördert, aller Schaden abgewendet und verhütet, weniger deßen durch ihn selbsten zugefügt und alßo keine Klag über ihn deßhalben mit Fuge geführet werde. ^. Wir ordnen und wollen auch vors achte, daß die Gerich tspersohnen alle und jeden Monat zum wenigsten einmahl, und zwar uf einen Dienstag") Vor- mittag unib 8 Uhr mit ihrem Stattschreiber aufm Rathhauß zusammen kommen, und in ihren Mandeln erscheinen, wobei sich dan unser Statt- und Landschultheiß'^) in unßerm Nahmen auch jedesmahl mit einfinden und Vorsitzen soll, der Statt Notturft vermög der jenigen Pflichten, damit uns sie und ein jedweder unter ihnen zugethan, mit geziemender Bescheidenheit vorbringen, die Gebrechen, Fehler und Mängel, auch Frevel, Schäden und Muthwillen, so in- und ausserhalb der Statt vorgehen, auf- richtig ohne Groll, Haß, Neid und unchristlichen Eifer anzeigen, die Gebrechen, ") die Armen so leidtragen 1690. ") unvermitgendte 1690. '*) Einschab : Nh. Montags de^\ 17. Januarii 1670 hat lUustrissimus gnädig befohlen hei diesem Punct diese Limitation hinzu zu setzen: Da aber einem und andern unser Unter- thnnen besser beschehen solte^ denen Trägeren und Grabmäcliem ihre Gebilhr in seinem Hause zu geben, ist herrsclwftliche gnädigste Venriiligung, daß der Leidtragende Vater oder Mutter solches im Sterhiiause geben, auch etwa bei Kindern die Gevatterleute ziehen deyi nechsten als Vater, Mutter, Bruder und Schwesterti sonst aber keinem mehr mit darbei haben oder der gesetzten zehen (iidden Straf gewärtig sein mögen. So ging der Zusatz in die Aasgabe von 1690 über, bis auf die Überschrift „Montags — setzen **, die getilgt wurde. ") Montag 1690. »•') StattschultJteiß 1690. Hcrkomineu gcinüS gclicgt und nach Kaisers Üaroli V. peinlicher HalSgerichts-, aach unser süniU'rbarcn Onlnung, die wir liierUber aufrichten werden, Terfahren und allel mit guter Vernunft, Erbarkeit und Bescheidenheit verhandlet werden. Damit aber sowohl die peinliche alfi andere Gerichts- und Rathst^e desto gewi&er und ungehinderter vor sich gehen inilgcn, so soll sieb keine GerichUfperson gelösten la&en, ohne crlioblirlic Ursach davon ;!u bleiben, oder, ehe sich das Geridit ge<>iKliget, davon m gehen, bei Straf eines Gulden. Könte er ahcr wegen nnver- nicidlicher IHndernufi und EhcliaStcn nicht dabei sein, soll er oder die Seinigen die Ursach seines Ausbleibens unscmi Statt- und LandschultheiBcn zeitlich »n- zeigon und sich entschuldigen. 10. Vors zebonde, die Bestellung der gemeinen Stattämbter soll in Beisein unsers Stattsehult heilen ieder Zeit ufni BatbauK zur gewöhnlichen Jahrszeil geschehen und dabin getrachtet werden, dafl die Tägligsic, so man darzn haben kan, hierzu genommen, auch wo voniiübten, unserm Oberanibtman'^) davon Nachriebt ge- "I Sliitl^ch¥llhriß 1690. ") ("11 rmrin :riftir}ifH UniiiH'-iM'T alkirr :» i.ij..-rcr hif*<riife Al-str^ nicht wollen hingehen laltn. all l-eteLIen vir vors vierzefaeDde hiennii ims«nii Statt- ond LaDd>i:haltheiften"i aDch Ben:einei?I«T nnd Raih in cnädipi-m Ernst, dai sie eine Wan mit Sill-er and ?chnor.'ewii,hCcn, item eine re nchtJi: at-L-ezocen und [>rol>iret -iDd. aofs lUthanl alhier den neehsicn verschalen und allen denjenigen j-i mit (iewicht. Ehl and Mal Alhicr handlcD. hefefalen. dal sie ihre Uevichter. Ehl. Kandien an-l Mal oaft sidcbeti ahiiehen und mit dem Siattzeichen l-ezeiihDen lalt-n nsd dieselt-e in nai>del fe~ hr»nchen, alle! W-i StraB nach Iktndan.' des Verl ret becs. lad dasii hiertt-er sieif DDd fce«ben. da dan ein jeder Bärcer. dene sie s-lcfce sVf rderr^ *.-ri reireG (Vtides Straf scholdis sein i.:dl. ihcec dieseli-e ohne Tlbah : rr^ufi-^z. cdiT aMcdrea m laltn. Q:;d da sie die>i:!e fil^-b i:r,d i3:LTiL-t:v '^=-^^i Tt^r-ifZ- ~ J^ii. s:e s^-Lhe Tragen verzehret und durclitreßen winl, als wollen wir soiclie verderbliche Tuchfarb gantz verbotten auch unfter (.'antzlei Oberaiiibtinan") Käthen und Deaiiibten alles Ernstes hiermit uterlegt haben, scharjjfes Ufsehen zu thuii, damit solche freKende oder Tenltelsfarb an den Tödieni giintzlich vermitten bleibe. Da aber jemand nn- Rcliorsamb sein und solche vcrbottcne Materialien /um Tuchtärbcii gebrauchen würde, denselben .sollen sie mit allem Kriist an seinem (iut und Khi^cn straffen. Da auch ieniand betrettin <\<-r suhb brtriitrlifb MilvH 'Ym-h wißcntlicli feil liut, dorselbc .-uU neben l'riiifi-^i iiuiiL' ü Tucli> an Kbreii w\d .siin--tfn nach KniiäBiKunj^ uiifierer Cantzlci KCiicitft wenieiu ■Ji. Niirlulciji ;m.li /mii vicnma:^u;ii)l/i-.tcii hei den H a n d t w e r ,; k e r n , alS Schuhmach.Ti], Sclmei.bTU. S,-hl(.-.cin. S,lni)il(cn, Schreincni, Saltlern, Ziinmer- ") n., Beiträge zur neueren Verfassungsgeschichto der Stadt Weilbnrg. 69 Icuten, Maurern und andern oft allcrhandt List und gefährliclicr Betrug gemeinem Nutzen zu Nachteil vorgehet, sonderlich aber die Arbeit überbotten und zu großer Lohn oder Verdienst darbei gesuchet wird, desgleichen die Arbeiter und Taglöhner den Lohn zu hoch anschlagen, al£ soll unftere Cantzlei, Oberambtnian und Rüthe, wie auch unsere Beambten alhier^^), genaue Ufsicht haben, damit nichts über seinen bil liehen Werth gesetzet, ersteigert und die Unterthanen solchergestalt nicht über- nommen und vernachtheilet werden, wie dan zu Verhütung de£en jedweder Zunft neue Brief und Articul zu Beförderung des gemeinen Wesens und Abwendung über- mäßigen Kostens und zu Verhütung und Abstellung gefährlichen Betrugs und anderer Mängel förderlich von unß sollen mitgetheilet und vestiglich darüber gehalten werden. 25.- Zum fünfundzwantzigsten, dieweil man auch gewahr wird, daß der Kirchen- und Marckplatz nicht allein sondern auch die Nebengaßen ins gemein mit Kummer und Unrath beschüttet und häufiig angefüllet seind, alß soll unser Stattschultheiß die Verordnung thun, daß innerhalb acht Tagen nach Eröffnung dieses, die gesamte Bürgerscliaft solche offene und gemeine Platz saubere und räume, worzu dan auß jedwedcrm Ilauß ein Dinst mensch bei unnachläßiger Straff auf den bestimbten Tag und so lang solche Aussauberung wehret, soll hergegeben, der Marck und Kirchen- platz auch nachgehenfl unsere Cantzlei icie auch unsere Beambten alhier 1690. **) (roßen in einigen Abschriften. *^) ander Viehc in einigen Abschriften und 1690. ") fehlt 1690. ") Zusatz 1690: in iiiiter^chrirt folilt di)[i]cnts|>roGliGJid, "l 11)90 üline TsgesaiiKnlip- "l a. den l>rm.'k der Urliiuidu l>oi .1 iiiiutliii, Gcstliiclito J Sitssau-Woilliurg. M'uilburg IS^^'J, S. lo:;. »»• ^ Beiträge zar neaeren Verfassungsgeschichtc der Stadt Weilbarg. 71 [2] Zweitens solte der Eiter- oder Oberburgemeister hinftthro allemahl auAiu Raht und Gericbtspersoncn erwehlt oder genommen werdten, derselbe solle nechst dem Stadt- und Laudscbultbeisen das Haubt im Raht sein undt ihm au£ den Yor- stehereu oder Bürgerschaft ein Unterburgemeister zugegeben werdten. [3] Und weil sonderlich drittens der Schöffenimbiien wegen sich beschweret wordten wehre, da£ der Costen unerträglich und manchem Ursach gebe, daß er deswegen sich in Schulde stecken müste: al£ solle hinführo ein neuer RahtsschöS mehr nicht al& zehen guter Gülden zu 30 albus jeden gerechnet, zu erlegen gehalten sein, wovon die Hclfte nemblich 5 fl. aufgehoben, davon etwaA nützliches dem gemeinen Weflen zum Besten aufs RathauB geschafft und zur Rechnung bracht, die» andere Helft und 5 fl. aber Burgemeister und Raht zum Gelach und in Stille auf dem RathauB zu geniesen geladen werdten. [4] Und demnach auch vonnöhten, da£ denen Metzgern alhier hinführo nicht mehr alßo nachgesehen werde, ihr Viehe künftig ohnangezeigt zu schlachten, bößes oder schlechtes vor gutes zu verkaufen und ihren Vortheil dem gemeinen Weßen zu Schaden und Nachtheil darunter zu suchen: al£ solle viertenfi der Landschul theifi hierauf nochmalfi gute Obsicht haben und nebest zweien aufi dem Raht, so zu Fleisch- schätzern zu beeidigen, sich wafi zu schlachten anzeigen lafien, selbiges ob£ tüchtig, gesund, jung, alt, fett und der Zeit und Einkauf nach wolfeil oder nicht, und waBerley Fleisch es seie, genau besichtigen, darauf das Pfund ohne Ansehung schätzen, und wohl zusehen, dafi solchem nachgekommen werdte, und kein Unterschleif oder Betrug darbey vorgehe, wiedrigen Fall solches in hochgräfl. Cantzley anzeichen und sich selbst bei deßen Verabsäumung vor Straf hüten. [5] Fünftens, so sollen hinführo bei Vermeidung herrschaftlicher Straf und Ungnade SchultheA Burgemeister und Raht daran sein und darüber halten, daA die Ga£en sauber gehalten und von jedem vor seiner Thür nach Inhalt der Policei- ordtnung jede Wochen 2 mahl sonderlichen ufn Sonnabend gekehret oder der säumende oder vielmehr halßstarrige zur Büß notirt werdte. Hierauf wurde Philipp Appel zu des ermangelnden Rahtsschöffen Stell erkohren und dem Herkommen nach in hochgräfl. Cantzlei vom Herrn Cantzlei-Directore Dr. Melchiorn in HandgelöbnuA genommen ; und weil er zu vorhero auch schon zum Burgemeister erwehlt gewest, nach Inhalt obiges zweiten Gesetzpuncten darbei gelaJSen. Ferner wurden die beide Schöffen IlanÄ Jost Weinreicli und Friederich Scherer zu Fleischschätzern ernent, ihnen der Eid wohl vorgehalten, vor Meineid und Straf verwarnet und darauf in Pflicht genommen. — Vor Ablegung ihrer Pflichten aber auf Erinnern und weil solches vor diesem auch al£o gewe£en ihnen beiden zwen Gülden, nemlich jeden ein Gülden zur jährlichen recompens au£ denen Stadtgefälleu verordnet. Endlichen bäte zwar der Stadschreiber im Nahmen Burgemeister und Raht, da6 doch beym alten mögte gelafien und die Schöffenimbi£ nicht so gantz abgestelt werdten, augesehen die Rahtsverwandten doch sonsten nicht viel davon betten ; allein es pliebe bei obigem dritten Gesetzpuncten, jedoch mit der limitation, falfl ein und ander jung erwöhlter Rahtsschöffe vermögend wehre und wohl thun köntte, dafi ilim nicht gewehret seyn solte, nach seinem Belieben auch ein mehrerfi alfi obige gesetzte 10 fl. zu erlegen und spendiren. Uhrkundlich vorgetruckten Cantzleisecrets ut supra. III. Der Freiheitsbrief vom 7. April 1685. Die Stadt Weilburg verwahrt die wohlerhaltene Ausfertigung bei ihren Wertpapieren in der Bürgermeisterei. Die Urkunde ist auf 4 Pergamentblätter 12 K Scbaas [^i^Mi'hTU^9im \ mm grCmfs Hchnurhält die beiden Lagen des Pergameots ziuammen iiiiJ trügt tlüH in eine Ilolzlcapi»el eingelassene Siegel des Grafen Johann Ernst Auf »:.N..:r: niitVohioilor:. v^olcher herir^brachten ^. .« »• »» •« *• w. -^ ^ i.,t,\>*.<. • ...... C's.« *^... ...... ...*. s%.i.. k«. ... .«.« k«>.. ^'.«« c. .^ v. «Lull < ^:-' ;•.:..;•: .V.> :.k: ::€-: Räi äzz * - >. ..> .^ .'tl-. 111:1 I.r>*^. .1 « . 4 \ ■ • N ^ : \ • « .» . .. . r * « « Beiträge zar neueren Yerfassungsgeschichte der Stadt Weilbarg. 79 die letztere über die Obmbach herunter nicht admittiret werden) und mit dem Wehr- hol tz über der Lahn au! dem Grund. [7] Gemeine Waldungen. Bestehen 1 ) in dem Harnisch, welcher jung- auch haubar, desgleichen Bau- und Mastholtz hat, und hült 320 Morgen 1 Viertel 33 Ruthen, 2) der Eeuschenbach, hat lauter Eichen- und Mastholtz, hält 133 Morgen 3 V. 24 R., 3) dem Kiessei, welcher schlechte kroppichte Buchen und Haynbuchen hat, hält 85 Morgen 28 Ruthen 11 Schu, 4) ein Stück vom Gebrannten Berg, so aber nur eine Kritzhecke ist und 15 Morgen 3 Viertel hält. [8] Holtz- undere Gerechtigkeiten. Die Stadt hat keine Be- holtzigungsgerechtigkeit, außer daß die arme Burger in denen Burgerwaldungen Le&holtz suchen mögen. liOO&holtz aber wird nicht ausgegeben, sondern wann die Stadt einen haubaren District hat, solcher au! ausgebrachte Erlaubnus gehauen, ver- kaufet und das Geld zu der Stadt gemeinen Nuzen verwendet und verrechnet, davon Vs abgezogen und gnädigster IIerrscha!t gelie!ert, denen Burgern aber wird au! Anhalten zum Bauwesen ein Eichenstämmgen angewiesen und !rey gelie!ert. [9] Hauptnahrung. Dieweilen die Burger sehr wenig Ackerbau haben, solcher auch wegen Ermangelung des Ge!ärths sehr kostbar, sodann die Viehzucht nicht sonderlich, auch keine große Passage hier ist, so bestehet deren Nahrung mehren- theils in denen Handwerckern, Parthierung und Handarbeit und kommt der Verdienst und Loosung hauptsächlich au! die Ho!haltung an. [10] Gemeine Einkün!ten. Bestehen in dem Weggeld, so vermög der Burgermeister-Rechnung de anno 1741 gethan 67 fl. 31 Kreuzer, Niederlagsgeld der Mühlsteinen, hat vermög berührter Rechnung in anno 1741 gethan 1 fl. 10 alb. An Zielern sind in dem Jahre 1741 vermöge der Hebregister angesetzt und erhoben worden 19 Ziel, thun 1335 fl. 11 alb. 4 d. Das Beysaß- und Judengeld hat in dem Jahr gethan 18 fl. Das Standgeld von denen 5 Jahnnärcktcn hat in dem Jahr gethan 18 fl. Das Burger- und Einzugsgeld. Und giebt ein Burgerssohn nur einen Gulden Einschreib-Gebühr, ein Fremder hingegen 20 fl. Einzugs- und 2 fl. Einschreibgeld, eine Iremde Weibsperson aber 10 fl. Einzugs- und 2 fl. Einschreibgeld, und hat das Einzugsgeld in anno 1741 au! 20 fl. sich belau!en. Das bürgerliche Anthoii an Wein- und Bieraccis hat, weilen solcher verp!achtet ist, 1741 überhaupt 130 fl. 19 alb. 4 d. gethan. [11] Gemeine Lasten und Ausgaben. Das Monath- und Creyßgeld, so anno 1741 an Fürstliche Renthcammer bezahlet worden, hat ertragen fl. 841, alb. 21, d. 3. In die Fürstliche Kellerey werden an Beet und Gülte von dem Harnisch und Kißel zahlt 23 fl. 12 alb. 4 d. Au Grundzinnß und Pension in die Präsenz, wie auch Pension von 100 fl. Capital, so von Weyland Herrn Canzlei-Directore Weydmann au! den Kirchho! legiret worden, 38 fl. 1 alb. 3 d. Gemeine Schulden sind in diesem Jahr nicht vorhanden. Und müssen die Stadt- gebäuo, das Rathhauß, die Mädgerschule, die Hirthenhäusser, das Holtzwerck au! der Lolmbrücke, die Stadtthoren und Stadtmauren, auch das Pflaster in denen Gaßen in der Stadt, wie ingleichen die Wege ausserhalb der Stadt, benebst denen Brunnen, unterhalten, auch die gemeine Diener und Hirthen salariret werden, wie solches aus denen jähr liehen Burger- und Baumeisterrechnungen zu ersehen. Quartier muß die Stadt denen Herren Officiers, denen Soldaten von der Feld- und Landeompagnie, sodann denen Canzlisten, Köchen, Trompeter, Küchen- und Gärtnerjungen geben. 80 E. Schaus [12] li eil) eigen schalt und Frohndcn. Vermöge der Stadt Freyheits- briefs, wel(!hor sich auf einen von Kayser Adolphen ertheilten und lang von Kayser zu Kayser confirnürten, beziehet, ist die Burgerschaft mit keiner Leibeigenschaft l)ehaftet, sondern frey zügig. Thut dahero gnädigster Herrschaft, ausser denen Wolfs- jagden, keine Frohndcn, muß aber doch bei denen beiden herrschaftlichen Lahn- mühlen, der Brücken- und Kirchhofsmühle, und den Wehren mit der Hand dienen. [18] B a n n s t r i 1 1 i g k e i t e n. Die Gemarkungsgränzen sind reguliret und abgesteinet, ausser mit Odersbach, womit die Stadt deshalb noch Irrung hat, die darinnen bestehet, daß die Stadt zu ihren Banngränzen unten gegen der Lahn den Fertzer, oben aber hinter dem herrschaftlichen StrQthgen den Weg, so ausserhalb dem bürgerlichen Kissehvald und an dem Odersbacher Feld hingehet, bestimmet, die Odersbacher aber an beiden Orten contradiciren, ohnerachtet sie gleich wohlen keine andere Scheidung anzugeben wissen. [14] W e i d s t r i 1 1 i g k e i t e n. Der Weidgang hat seine Richtigkeit, ausser mit der Oemeinde Odersbacli über der Lahn und in dem Kissel, gegen welche ver- schiedene Pfändungen vorgenommen worden. Die Weidstrittigkeit über der Lahn hanget von dem Hannstreit mit ab, und wegen der Weide im Kissel hat die Stadt praesumtionem libertatis naturalis ihrer Gemarckung, und insonderheit dieses praedicirten Districts vor sich. Auch hat die Stadt wegen der Blummenweide auf dem Harnisch mit denen Dorfern Kii*schhofen Gräveneck und Freyenfelß Proceß gefQhret, welcher in der Hauptsache annoch unerörtert ist. Das Fundament der Stadtgerechtsame besteht in effectu dominii. [15] Jagden. Die Jagden stehen gnädigster Herrschaft alleine zu. [!()] Fischerei. Vermöge Stadtprivilegii mögen die Burger bei Fluthen mit Hamen, sonsten aber mit Angelruthen in dem LahnÜuß tischen. [17] Zehenden. Diesen erhebet gnädigste Herrschaft auf dem Lindenstraocb und der Kirchhofsseite, das Stift auf der Weil und über der Lahn, die Herrschaft zu Dietz auf der Brttckenseite. [18] Schäferey. Die Stadt hat keine Scbäferey, sondern die beide Höfe, Windhof untl Wobrbcdtz, betreiben nnt ihren Heerden die Stadtgemarckung und Güter ausser denen Gärten. |1*»| r»o r i: w er «• k e. E- sind zwuren noch verscliie^lene Gruben unterm Gofi- brunnen auf Krtz und im Sclu'llliof auf Ki>en zu sehen, werden aber nirlit fort- get rieben. [*J0| S t e i n b r ü e li e. Im Seliellliof und (ieliauenen Stein sind gute Stein- bniilie, und kunutMi allda M'hone IMatten, an melir andern Orten aber aurh Mauor- sttMUt» gebnnhen weiden. I lM I K a 1 e k ö f e n , / i e ir e 1 li ü t t e n , T b o n i; r u b o n. Fintlen sich hier nielit. ['2'2\ Krt/- und K i s e n h ü t t e. Krtz- und Kisenbütten betinden >iib ni« lit in der Stailti:eman'kun.i:, NV(>hl al»er ein Ki'^enllammer auf der Weil, weleber denen rriel>i>^eben Krben /u- aber wegen Holt/manu'el «lermahlen >-tille stehet. I L* ;i ] 1 1 iM- r s e h a f t 1 i e he H ä u s e r , O e b ii u e und Dt» m a n i a 1 g ü i f* r. Das Silib^Ü mit da/ugeliüriijen (iebäuen. aueii \er>elnedene berrsebaft liehe HäuvM-r \or luMliente. der lla\n und andere lierr^^eliaft liebe Gärten, Aeeker und Wiegen, wie NoKlie beMUuier-i be>ebrieben und der Tabelle in-^eriret >ind. [ *J 4 ■ Au«« w a r t i i: er II e r r > e b a { t e u . u' e i s : I i e h - a .]iaf:on lial" r. k<'i;;>' Il.iu^er ihhIi (i.bäue liier. Rs hat al.r-r i \\\ .eitiCvV Suptri!;te!:.ieni ei'.Mi Ib-t U!..i fr-xe Wnlnui:.^. •le^::lei:ar.:i:ij. Wfl, he inl-äu«- bmebsi der lateiiii- i.« u >.^r.l-: .iie r:ai-ei:- unterliai:. S. .la:.-: It««!:.'-: Cur lU rr (Kbeinule Ratb Ar- h'i.- li-. '.:.• lier. fye\ade'.iv 1; W aeli» :.l;i ir..i-.iRr. IbJ niit «ia. u ureln-rigen Gütheri;. Me 1 ui;:i:i:v :.i treie lulaue >ii:d ii: «i» r raliile ««j-ei manl. Beiträge zur neacren Verfassungsgeschichte der Stadt Weilburg. 81 Bürger Beisa&en Männer Wittweiber Männer \V ittweiber [25] Einwohner. Weiber Söhne . haben Töchter Knechte Mägde . Summa 156 232 263 39 52 960 [26] Liste der frei Vi privilegii reaiis. 1. Ludwig Paul 2. Gottfr. Kreuling pers(W(üis 3. Justus Langsdorf 4. Christian Gardau 5. Christian Weichart 6. Christian Wittich 7. Christian Hayn. Vi muneris, 17. Die hiesige 10 Rathsverwanden 18. Serg. Mesenbach 19. Der Hofschneider 20. * Hofbecker 21. « Hofschlosser 22. < Hofleydecker 23. « Uhrmacher 24. « Hofschreiner 25. < Hofwagner 26. < Wagenmeister 27. « Fahrknecht Engelbrccht 28. Ein Fruchtmesser 29. Noch dergleichen 30. Der Hühnerfütterer 31. « Calefactor 32. Henrich Rculing wegen des Hayns 33. Die beide Canzley- 34. Rotten 35. Der Cammerbott en Burger. 36. Der Gerichtsdiener 37. 38. 39. 40. 41. 2 Feldschüzen 42. Der Brunnenmann. 2 Thorwächter 2 Nachtwächter Emeriti 43. Caspar Butz 44. Tobias Doli 45. Gottfr. Schnabel 46. Henrich Enders 47. Andr. Delastrata 48. Martin Loehr 49. Wilhelm Rauch 50. Casimir Weinrich 51. Job. Dopsonder 52. David Schnabel 53. Christian Hauch 54. Nie. Kreutler 55. Michel Zerbst 56. Jost Seippel 57. Phil. Meusch 58. Seb. Niederhoefer 59. Job. Hengst 60. Christoph Simoni 61. Georg Lenss 62. Michel Lommel 63. Gottf. Schnabel. Sa. 63. [27] Profession. 1. Barbierer . . 2. Bader . . . 3. Becker . . . 4. Bierbrauer . . 5. Borden wiircker . G. Büchsenmacher . 7. Buchbinder . . 8. Drechsler . . 9. Färber . . . 10. Fischer . . . Annalen, Bd. XXXVI. 1 1 25 3 1 2 1 3 4 1 11. Glasner . . . 12. Gürtler . . . 13. Häffner . . . 14. Hammer Schmitt 15. Handschumacher 16. Huthmacher 17. Knopf macher 18. Koffer . . 19. Kraemer . . 20. Leyendecker 3 1 2 1 1 3 1 5 19 5 6 81 E. Schaas 21. Leinenweber 10 34. Seiler . . . . 22. Hetsger . . 16 85. Siebniadier . . . 23. Uanrer . . . 88. Spengler. . . . 24. Metsenclmittt . 26. Nagilscbmitt . 38. Stmmpbtrieker 39. Scfaildwirthe . . 27. RothgSrber . . 40. Bierwirthe . . . 24 28. Schrainer . . S 41. Brandweinwirtbe . 18 29. Schnitt . . . 2 42. Weübinder . . . 15 43. Weifligerber . . 31. Schuster . . . 20 .33. Schlowir . . 8 4S. Zimmerleiite . . 33. Satüer . . . 2 46 Samnut 220.") [28] Ge b&a. Herrscba fU. sdelich geistlich btlrgerlich Samma Eui. ... 10 2 4 187 313 Bcheoer ... 2 1 2 15 20 St>]l . . . . t 3 5 17 29 [29] BOrgerl cb e Preibfinler. NkhmMt d«r Inhabcran 1 IE ll Wilbelm Bancb . . . Darid Scbnabel . . . • J — 1 Herr Hofptedlger Schlosser 1 — 2 Jacob Schnuam . . . . 1 Fm Le Blei .... 1 — 1 Philipp Vanpel . . . 1 — BerfWeidiiiaiiii.Apolhecker 2 — — Thomas Toners Erben . 1 Jacob Weinrichs Erben . 1 1 — Joseph Bassingers Erben 1 1 — — Chntarina KOnatlerin . 2 Ernst Zoeller. . . . 1 — — Philipp Me7.1erg Wittib 1 — Nicoll Brauo .... 2 _ — Philipp Schüler . . . 1 Ludwig Paul .... 1 — ^- Anton ßlum .... 1 Gottfried Schoabel . . 1 1 — — Jost Bernhard . . . 1 Martin Martin . . . Snmma 25 1 t30] Ligende Gründe. eioberg Wflstang! Summa f ' i 1 Ji|l| !B _ . 48S| 78 1 44 - T^.« - — 1 694 40 81^98»/. 43'/. 230 2T';. 'tchitchiaas 1112 — 1 ! 1 - 109 39 4 .22 500 103 I liier int unrichtig zusanimongczogcn; Beiträge zar neueren Yerfassungsgeschichte der Stadt Weilburg. 83 131] Vieh • Pferde Ochsen Kflh Rinder Schaaf Summa 12 120 18 150 [32] Beträgt an Steuer capita l fl. alb. d. Rentirt fl. alb. d Wegen gemeinschaftl. 705 9 Monatlich 67 3 3 f gat 382 24 Jährlich 805 10 4 Ackerfeld mittel 368 5 2 Giebt CreiÄ- schlecht 773 8 5 geld jährlich 60 gut 455 28 1 Wiesen mittel 414 16 7 schlecht 329 14 2 Weinberg mittel schlecht 4 17 22 7 Gebän 2912 Vieh 675 Krähmer 380 Wirth 187 15 Gasthalter 70 Handwercker 2985 Zoll. Accis 190 Summa 10738 fl. Wehrholtz • [33] Nexus politicus. Das Wehrholtz i^t ein freyer, ehedem adelich, seit vielen Jahren aber gnädigster Herrschaft zugehöriger, 4 grose Häusser, mit soviel gewölbten Kellern, eine doppelte Scheuer, einen Kühstall, 3 Schaaf- und 4 Schweinställen, auch gute Geräthschaft zum Brandenweinbrennen und Bierbrauen enthaltender Hof. [34] Nexus ecclesiasticus. Ist zu Weilburg eingepfarret, dahero die Hofleute dahin zur Kirche gehen, ihr Begräbnüs aber auf dem Kirchhof des zur Gemeinschaft Löhnberg gcliörigen Dorfs Odersbach haben. [35] Gränze. Ist in der Stadt Weilburg Gemarkung gelegen, gräntzet dahero allenthalben an diese, au&cr gegen Mittag an Odersbach. [36] W e i d g a n g. Hat auf seinem Territorio die Weidgerechtigkeit privative, ohne daß Odersbach auf einem nächst gelegenen District Ackerland von beinahe 16 Morgen Koppelhuth praetendiret. Percipiret nebst dem die Blummenweide auser seinen Gräntzsteinen auf dem in dem Hasselbacher Bann gelegenen herrschaftlichen Wald Kaltenborn und dem anliegendem Weilburger Kisselwald, wie nicht weniger auf denen Weilburgcr Wiesen über der Lahn, der Grund genannt. Hält nach jetziger Verfassung nur 9 Kühe, welche um 80 fl. verpfachtet sind. [37] Schüferey. Hält einen eigenen Schäfer und absonderlichen Pferch, welcher dermalen an den Weilburgischen Rathsverwanden Peter Ilaybach um 120 fl. verpfachtet ist. [38] Schaaftrift. Bestreicht mit dem Schaafvieh ausser dem bereits reccnsirten Weidgang den jenseits der liahn gelegenen gantzen Stadbann, und hat das Recht, der Stadt, Schaafvieh auBer dem Thor zu treiben, zu verbieten. [39] G ranz- und Weidstrittigkeiten. Hat weder Gränz- noch Weidstrittigkeiten. 6* A4 E. ScIiMs [40] AdminiMiration. Wird anter der Aufsicht eines herrMhaMicki llor Trhobor giobt sioh durch sein Namenszeichen: fl[ecit) Gz. zu erkennen: OS ist «lohann Friodrioh (lootz, der im Jahre ITTO am 22. Januar &ua naaaau- saarbrüokisobon Hionston als Kammorrat an die Ilofkammer in Weilburg be- rufen, am 7. Juli in sein Amt oinjroführt und am 15. Dezember fest angestellt wur\U\ Kr war oin kränkliohor Mann« der mehrfach Blutstürze erlitt, und er fiel boriMi* 1774 in rngnado, worauf ihn der Fürst Karl, der damals Rhein- grätUohor Administrator war, als Arohivnit in Grehweiler [Gangrebweiler bei Kir\*hhoimbolanJon' untorbraohto."*' ''> KAnor.!v«:nm'.urj: \ «^-.^S 1*a d:* unnrlnoll-A«» j^r.o:oi:r*j bisch* Die Luftreise Blanchards von Frankfurt nach Weilburg am 3. Oktober 1785. Von M« Comaras. I. Blanchard. Zwei berühmte Luftreisen haben durch einen Zufall bei Weilburg ihr Ende gefunden, die des Luftschiifers Green, der am 7. November 1836 in Begleitung von zwei Herren in London aufstieg und am Morgen des 8. Novembers bei Niedershausen landete — die grösste Reise, die bis dahin in einem Luftballon gemacht war, — und die Fahrt von Frankfurt nach Weilburg, die der schon damals berühmte französische LuftschifFer Nicolas Frangois Blanchard als seine erste Luftreise in Deutschland am 3. Oktober 1785 vollführte. Mit der letzteren, die namentlich in Frankfurt als eine Haupt- und Staatsaktion gefeiert wurde und die in mehr als einer Hinsicht des Interessanten genug bietet, wollen wir uns hier etwas näher beschäftigen. ') ^) Die ersten Naohrichten über Blanchards Ballonfahrt von Frankfurt nach Weilburg brachten natürlich die Frankfurter Zeitungen, besonders der „Frankfurter Staats-Ristretto*^ und die „Freytagige Frankfurter Kayserl. Reichs-Ober-Post-Amts-Zeitung'^ von 1785, deren Angaben von mir nach Vergleichung mit dem urkundlichen Material für die obige Darstellung zum Teil verwendet wurden. Blanchard schrieb dann selbst gleich nach seiner Bückkehr nach Frankfurt einen Bericht über seine Reise, der sich zwar trotz einer gewissen vorgeschobenen Bescheidenheit als eine starke Selbstverherrlichung darstellt, aber doch sehr wertvoll ist. Die kleine, heute nur noch in wenigen Exemplaren vorhandene Schrift erschien in französischer und deutscher Sprache; mir war leider nur die letztere Ausgabe, eine wenig gewandte und nicht selten unklare Übersetzung zugänglich, die mir die Frankfurter Stadt- bibliothek zur Verfügung stellte. Ihr Titel lautet: Bericht von Herrn Blanchards am 3. Okt. 1785 zu Frankfurt a. M. unternommenen Luftreise. Sr. Hochfürstl. Durch- laucht Carl, Pfalzgrafen, Herzog von Zweybrüoken, gewidmet. Aus Herrn Blanchards französ. Original -Manuskript übersetzt von Joh. Qerh. Jaennicke. Frankfurt am Mayn in der Elslingerschen Buchhandlung 1785. Beiden Ausgaben war ein Kupferstich (Grösse 22,7x16,9 om) über die Landung bei Weilburg beigegeben, den ich in verkleinerter Form auch für die vor- liegende Abhandlung habe nachbilden lassen. Über die Ballonfahrt Blanchards sind auch noch zwei interessante, bisher unbenutzte Akten vorhanden ; die eine, die uns namentlich über die Yorgftnge in Frankfurt vor und nach dem Aufstiege unterrichtet, beruht im Stadtarchiv in Frankfurt (Ugb. A 100 Nr. 14); sie wurde mir durch Herrn Archivdirektor Dr. Jung in liebenswürdigster Weise zugftnglioh 88 M. Domams Seitdem es Mootgolfier, Pil&tre de Rozier und CSharles Ende 1783 gi^gUckt war, ihre durch erhitzte Luft oder mit WasaerBtofl^as gefüllten Balloiu mut fUnt in die Lüfce zu verwenden, wagten auch andere kühne Männer den gleiciMB Versuch. Einer der glücklichsten und erfolgreichsten unter ihnen war Nieolis Fran^^ois Blanchard, geb. 1753 zu Petit Andely. Schon am 4. Man 1784 unternahm Blanchard seine erste Luftreise, und in kurzen Zwiachenrftaoira folgten andere; in aller Welt bekannt und berühmt aber wurde er erat dudi die von ihm am 7. Januar 1785 glücklich vollführte Ballonfahrt über den Kanal zwischen England und Frankreich, die nach ihm nicht allzuviele gewagt haben und die auch heute, nach 120 Jahren, wo das Problem der Lenkbarkeit des Luftballons als gelöst erscheint, noch immer die Luftschiffer anlookt. Blanchard stieg in Begleitung des englischen Marinearztea Dr. Jeflfriei um 2 Uhr nachmittags in Dover auf und landete nach ge&hrvoller Fahrt — in der Nähe der französischen Küste sank der Ballon so stark, dasa die BeiaendeD, um nicht das Schicksal des Ikarus zu teilen, selbst ihre Kleider zur Erleiohtenu^i des Ballons über Bord werfen mussten — zwei Stunden später in Guinea, afldlieh Ton Calais. In London waren viele Tausende Pfund für und gegen einen Er- folg Blanchards yerwettet worden, und Blanchards Konkurrent, PilAire de Bosier, der einige Monate später das Wagnis von Boulogne aus wiederiiolen wollte ood dabei so grässlich ums Leben kam, hatte zehn gegen eins gewettet, daas der Yersuch scheitern würde. Allein die kühne Fahrt gelang; der Erfolg enegto besonders in England, Frankreich und Deutschland ungeheures Aufsehen und machte Blanchard mit einem Schlage zum berühmten Manne. Ghmz anaaer- gewöhnliche Ehren und Auszeichnungen folgten, auf die ich hier kurz hinweiau möchte, weil erst so der unglaubliche Jubel und die endlosen Festlichkeiten verständlich werden, mit denen Blanchard nach der Frankfurt -Weilburger Fahrt überschüttet wurde. Blanchard und Jeffries begaben sieh nach der Landung in Guines sofort nach Calais. „Die Stadt -Obrigkeit schickte Herrn Blanchard eine Kutsche mit G Pferden entgegen, und ob sie gleich erst des Nachts um 2 Uhr ankamen, so waren doch alle Gassen, durch die sie fuhren, voll Menschen, die unaufhörlich schrien: es lebe der König, es leben die Luftschiffer.* Der Bürgermeister überreichte Blanchard ein Gedicht, und am andern Morgen wurde geniaoht; die andere, die besonders über die Schicksale des HaUons nach der Landang bei Weilburg Aufschluss gibt, besitzt das hiesige Staatsarchiv (VI. Qen. XlVa Nr. 70). Auf Jtlanchards Reise nimmt gelegentlich auch eine spatere Schrift Bezug, die zwei anonyme Ver- fasser .,F— e und Seh.** in Weilburg 1837 über ^die Reise der Herren Karl Green, Robert Holland und Thomas Monk-Macon Ton London nach Weilburg am 7. und 8. NoTomber 1836 in dem Luftschific Royal-Nassau** veröffentlichten. L ber das Unternehmen Blancharda, soweit es Frankfurt angeht, handeln zwei kleine Aufsatze, die mir neues von Wert nioht au bieten vermochten; siehe 1. Uollhard, Die Bornheinier Haide, in den Mitteilungen des Frankfurter Vereins für Geschichte und Altertumskunde, IM.:) (18GJ<) S. 126— 128; 2. Frankfurter Haus- birater ^,Boilage z. Krkft. Anzeiger, 1879, Bd. 1, Nr. 37, 38). Ebeudort Bd. 2, Xr. 184, 185 ein sehr humorvolles. :>0 Strophen umfassendes Gedicht: • Geschichte des Blanchardschen Ballon nebst allen daboy vorgefallenen Begebenheiten beschrieben von K. G. G. L. X. J.* — Das Werk von G. Tissaudier. IIi'<("tns »/» x Jiallnns et »/?< AtnnHiut< cclebres dr 17S3 ä IS$0* ;' <*'»/. Piin's <. a. war mir leider nicht zugänglich. 94 M. Domaras BauBchner*, hatte aogar „das wahre Original toh Hrn. Blanduird in pnniwh— colorirtem Wachs, das Stfick in Rahm und Glas zu, einer Carolina ▼arÜBrfjgsf und ebenfalls Yerse dazu gemacht. So war Blanchard ein stadtbakuufter geworden ; fiberall, wo er sich blicken liess, begleitete ihn eine Menge ganz Frankfurt sah mit Ungeduld und Spannung dem Tage der AnflUnl gegen. 3. Auffahrt in Frankfurt. Land|ing bei KirclihofiBffL EmpftNifl h Weilburg. Endlich war der langersehnte Sonntag, der 25. September, enbhiflMB; allein es stürmte und regnete derartig, dass an eine Ffillnng des Banom aidt zu denken war, die Luftreise musste auf den Montag yersohoben werden. Ab auch an diesem Tage Sturm und Bogen nicht nachliessen, seilte Blanohard & Abfahrt endgültig auf den 27. September fest. Das Wetter lieaa sieb an diesen Tage günstig an, und „eine unzahlige Menge Zuschauer* wartete der Diqgs, die da kommen sollten. Um 8 Uhr begann denn auch die Ffillnng, aber bali darauf blies der Wind wieder derartig, dass Blanchard starke Bedenken des Gelingens hegte. Allein er musste, wie ein humorroUea Qediöbt ans jt Zeit verrät, höheren (Gewalten folgen: „Es waren auch viel grosse Herrn, Die auf den Ballon harrten. Die mochtens sehen gar zu gern Und wollten nicht mehr warten; Die deuteten dem grossen Mann Nach ihrer Art gebietrisch an, Er müsst und sollte steigen.^ Blanchard mühte sich denn auch weiter ab, und nach 5 Stunden — in der Zwischenzeit vertrieb eine Musikkapelle dem Publikum die Langeweile — war der Ballon so weit gefüllt, dass er etwa drei Personen tragen konnte. Um 1 Uhr stieg Prinz Ludwig Friedrich von Hessen -Darmstadt trotz aller G^en- Vorstellungen in die Gondel, wo bereits Leutnant Schweitzer Platz genommen hatte. Kanonen donnerten, Pauken und Trompeten ertönten und jedermann wünschte Blanchard Glück zur Beise. Da, gerade als Blanchard absegeln wollte, zerriss ein ungestümer Windstoss den Ballon von oben bis unten. ^^ Blanchard verlor vor Schreck die Sprache und fiel in Ohnmacht. Um so lebendiger wurde das Publikum: „Des Volkes Zorn war auch sehr scharf, Denn höret nur, der Pöbel warf Den guten Mann mit Steinen.^ ^") So nach dem Blanchards Broschüre beigegebenen Protokoll über den missglfickten Versuch vom 27. September, das von dem Herzog von Zweibrücken, dem Erbprinxen tod Ilessen-Darmstadt und ihren Gemahlinnen unterzeichnet ist; auch abgedruckt im Staats-Ristreftto V 30. Sept. 1TS5. Für die andere Angabe, dass der Ballon infolge eines Schosses ans einer AVindbüchse zerrissen sei (Frankfurt. Hausblatter 1879, S. 147 und Mitt. d. Frank f. Y. H Gesch. u. Altert., 1S(;8, S. 128), fehlt jeder Beweis. gasse durcn Wacben Deaetzt wuraen, oDwoJil üie juüiscnen Vertreter sich d» Doch beBondere verbeten hatteu. Am 27. September freilich hatten die Juden nichts versäumt, da Blaachiid Versuch, wie wir hörten, miaaglückte, aber wie nun am 3, Oktober? Sod einmal, am 29. September, wandte sich Blanchard selbst an den Rat, damit de Juden am 8. Oktober der freie Ausgang gestattet werde; noch einmal wurde Hirsch Qundersheim und Hertz Bonn vorstellig, den Juden eine Freiheit nid zu nehmen, die niemandem versagt sei; sie würden der l'opulace keine Ta anlassung zur Misshandlung geben, sie wollten nur vor das Stadttor gehen w zusehen. Erhielten sie aber die Erlaubnis hierzu nicht, so möchten sie venigita von den Waclion befreit sein, damit sie lüicli iliron Läden in der Stadt Bebe könnfon. Ea half aber keine Vorstellung; die öchüffen b( .'iO. September, es bei dem frühorcn A'crbnt -/.n belassen; < jüdischen Vertrclern milgeteiJt werden, dass, fjills bei dem l''eiier ausbräche, diejenigen Juden, dii^ ihre Waren und oder Gewülhcn aus-serhulb ///< j)f ililutfi'jiir rit iit rrfrrvs, lilawluirih^ lUtJantt'iif. l)üi>ort'<« Vort'aSiJtT üi»or.-andto der /eituni; folgendes ..Gespräch zwisclion zwoon i^olm- sisclion iUiuoiii, als >ie den Hrn. Blanchard in der Luft sahen": ,A. >Ver kommt dann dortr Ach Ciottl erlöse Vom l'obol unsl Da kommt der Bösel \\. Ky GeckI fällt dir es denn nicht ein, I>as wird der Luftmarschirer seyn.** Briefe eines nassauischen Leutnants aus dem Feldzug 1866. Herausgegeben von Dr. Otto Freiherrn y. Düngern* Das sonnige reiche Nassauer Ländchen gehörte sicherlich zu den besten Stücklein deutschen Bodens, die sich Preussen 1866 einverleibte. Nassau war erst 1806 Herzogtum geworden, hatte in den folgenden Jahren äusserlich sein Qebiet vorteilhaft arrondiert, innerlich die verschiedenen Bestandteile ehemals geistlicher und weltlicher Eleinfürsten geschickt zusammengeschmolzen. Fast ohne Schulden, mit sehr geringen Steuern, dazu sicheren und steigenden Ein- nahmequellen, geordneten Zuständen in jeder Beziehung, fiel es ohne Wider- stand Preussen zu. Zwar hatte sich der Herzog, der 1849 in Holstein schon Soldatenmut bewiesen hatte, zur Wehr gesetzt, keinen Augenblick im Zweifel, auf wessen Seite sein Platz war. Denn er war ja fest überzeugt, dass Österreich, der konservative Träger der alten geordneten Reichstradition, im Recht war gegen das umwälzende Preussen, und das war ihm entscheidend. Er liess seine Truppen zum Bundesheere stossen, ohne eine preussische Kriegserklärung ab- zuwarten, die er wie die Stadt Frankfurt nie bekam. Bundesfeldherr war Prinz Alexander von Hessen. Kein Stratege. Bisher nicht ganz aufgeklärte Schwierigkeiten — vor allem die passive Resistenz, der drohende „Verrat* des badischen Kontingents — mögen ihn etwas entlasten. Aber die Entscheidung fiel ja in Böhmen. So wäre aller .Widerstand im Westen doch schliesslich nutzlos gewesen. Der Mainfeldzug war für die Bundestruppen kläglich. Die folgenden Briefe, die ein 28jähriger Leutnant der nassauischen Abteilung aus diesem Feldzug schrieb, muten kaum wie Kriegsbriefe an. Von Taten ist eben wenig zu berichten. Vergleicht man damit moderne Kriegsbriefe, so scheint es lächerlich, dass man vor vierzig Jahren dies Manövrieren und Retirieren Feld- zug nennen konnte. Ins Feld zogen aus Nassau zwei Regimenter Infanterie, eine Abteilung Artillerie, ein Jägerbataillon, Pioniere u. s. w. mit unverhältnismässig viel höheren Briefe eines nassaaischen Leutnants ans dem Feldzag 1866. 111 Dillenbarg am 6. Mai 1866. Liebe Mama! Seit Montag bin ich, wie Da weisst, hier, habe aach Deinen letzten Brief, wofür ich Dir sehr danke, hier erhalten. Mit vieler Mühe habe ich denn aach schon eine recht hübsche Wohnang gefanden, die nar den einen Nachteil hat, dass sie sehr teaer ist. Am Hofgericht habe ich schon mehrmals fungirt, so dass ich nicht mehr in allem Nealing bin. Heate habe ich meine meisten Besache gemacht. In geselliger Hinsicht bin ich nicht ganz vereinsamt. Karz — ich bin schon ganz hier za Hause und fühle mich sehr wohl. Nächsten Mittwoch Abend 11 Uhr beabsichtige ich nach Frankfurt zu kommen, um den Himmelfahrtstag bei Euch zuzubringen. Ich telegrafire Dir diesmal nicht von Giesscn aus, da kaum zu erwarten steht, dass meinem Kommen etwas im Wege liegt. So spare ich das Telegramm; denn bei den jetzigen Kriegsaussichten muss man sich einzurichten suchen. Ich zweifle schon lange nicht mehr am Krieg und glaube, dass er furchtbar wird. Dass er grosses Elend bringen wird, ist ja nicht zu bezweifeln, und ausser- dem, welche Schmach, dieser Bruderkrieg, Deutsche gegen Deutsche! Um unser Herzogtum ist es wohl geschehen! Ich wundere mich manchmal über meine eigne Ruhe, da doch gerade meine Existenz durch die kommenden Ereignisse sehr leicht alterirt werden könnte. Es kommt mir aber vor, als seien alle Menschen viel zu ruhig, namentlich bei uns, wo viele Menschen glauben, Preussen und Oesterreich werden sich ruhig schlagen, ohne dass wir etwas davon spürten. Du wirst möglicher Weise in Deinen Einnahmen auch sehr verkürzt werden. Wenn wir einmal Bürgerkrieg haben, ist's leicht möglich, dass Oesterreich keine Zinsen zahlt, oder doch dass der Kurs sehr sinkt. Nun, Du wirst Dich zu schicken wissen. Die schlimmsten Zeiten würden es für Dich nicht sein. Dass ich hoffe und bete, dass die Preussen gehörige Schläge bekommen, kannst Du Dir wohl denken. Die Gegend hier ist sehr schön, überall der Wald ganz nah, aber es ist bis- her noch ziemlich kalt. Auf Wiedersehen! Dein treuer Sohn Max Bo« Dungern. Dillenburg am 14. Juni 1866.^) Bevor ich aufs Bureau gehe, wollte ich Dir noch mit ein par Zeilen schreiben, dass mein Kollege, der Accessist Heinzemann von unsrem Kriegsministerium die An- frage erhalten hat, ob er wie im Jahre 1859 als Offizier wieder einzutreten ge- denke im Falle der Mobilmachung. Er hat es natürlich bejaht. Man reflektirt also auf uns, und ich danke Gott, dass ich mich vor Wochen dem Herzog zur Disposition gestellt habe. Es wäre ja doch unvermeidlich gewesen und ich würde nicht, wie jetzt, das Bewusstsein haben, im rechten Moment das rechte gethan und die Initiative ergriffen zu haben. Auch besser im Feld als auf dem grässlichen Hofgericht. Viel- leicht mache ich mein Glück dabei, wenn auch nicht auf dem Schlachtfelde, denn zum Schlagen kommt es für uns wohl nicht. Ich sehe den Krieg schon als begonnen an, habe keine zu grosse Zuversicht zu Oesterreichs Sieg, wohl aber schon die Resignation für die vielleicht erneuerten Un- glücksfälle, die den Gerechten so leicht und so oft treffen. ^) Anrede und SchluRS sind von hier ab fortgelassen. 116 hr Otto Freiherr v. Dangern Kb';ri Mtui wir dfjfi General Neipperg vorgestellt worden, der uns eine seb UnhHi'M Aurt:(U: hielt. Vielleicht bleiben wir hier noch einige Tage und versehen von hier ans deo VorjH/hteiidienftt. H<:hreibe auf Deine Briefe in die linke Ecke „Feldpost^^, dann geht es fra. Otto habe ich gesehen. Kr wird viel hin und her gesprengt. Von Dir dir^ habe ich noch keine Nachricht. Obemrsel am 2. Jnli 1866. Am Sonntag früh sind wir von Wiesbaden abmarschirt, am nach ly« Standen MarHch in IkKtadt /u bivouakiren. Es regnete fortwährend, meist auch in der Nacht, luMito früh niarHchirtcn wir in grässlichem Schmutz und Regen weiter bis Soden, wo wir nach ß Stundon gegen 11 Uhr ankamen. Hier wird Abends bivonakirt, mit Au.Mnahiiic unnrcH Jiataillons, welches Quartier bezog, weil es wahrscheinlich morgen VorpoHtendionst hat. Darübpr bin ich sehr froh, denn es war keine Kleinigkeit, fast IM) Ntunden im Wasser zu stehen, fast ohne zu schlafen. (lott sei dank habe ich es vortrefflich ertragen, besser als viele andre and NtctH mit gutem Muth. Mein Gummimantel leistet mir ausserordentliche Dienste. Von Oben wurde ich fast gar nicht und nur von Unten sehr nass. Meine Ffisse Hind aber doch im Stand. In Soden rcstaurirtc ich mich. Während dess kam Otto horoin (/u Noipperg geschickt), was mir sehr viel Freude machte. — Dass ich die StraputKO, wie sie noch keiner unsrer Offiziere erlebt haben will, so gat nnd leicht ortrug, ist mir eine grosso Beruhigung. Wir werden voraussichtlich noch viel hlvouakiron. Du erhülst dann nicht leicht Briefe von mir, weil ich mein Schreib- Koug nur im Koffer nachführe. Ich habe schon manche interessante und schöne Soono orlobt. (lott wird geben, dass auch das Ende gut wird und bezüglich meiner IVrson hoffe ich auch in si>ecie auf eine glückliche Fügung Gottes. Wogon dos Pionstgohoimnisscs dürfte ich Dir über die Richtung unserer t>por{\tii>non. woiui ioh sie koinito, niclit sohroibon. Tu Wahrheit erfährt man gar lürhts ilaiMlbiM*. Selbst wahroiul dos Marsches weiss man oft nicht, wo dessen Ziel ist. »lot/t hotVo ieh aul' die Hiehtuuir nach Hessen durch die NVetterau, vielleicht duvcli Kraiilvfurt. Wer \Neiss':' Zu Neipperg (unser Divisionär) und Prinz von Hessen l^.Vnueekorp.sKvMnniandant^ habe ich rechtes Vertrauen. IVinen \Ww[ \o\\\ *Ji^ Tu^ erhielt ich :\i meiner grossen Freude in Wiesbaden. Andre noch x;ar niiht. l>ie reldjH^st i>t vorderhand noch sehr schlecht. Voa W \osba«lej\ aus situl sclhui seit o lacon Sachen von mir unterwoiis. Gott weiss so': riMiiieuN i)u\chen N\ir auch ir.erk würdige Kreuz- und Querriige im Land. Die Preussec beue)nnet\ sich Nxahrhat't scinuab.lich. in Iv-hnieu scheir.on sie dvvh das Überiiewicht \n \hvon .\hhcichct\ mv^Nsevcu Vv^rv.^st 01:^:0 tcchten gehabt .'u haben. Gott gebe de:: i^'^tc vcub.cvu bald cr.!>v!.iv\ic;io Krto'.^o. IcV. v.vos scl'.;ic>scv. ir/.d c:^\as riihv". via ich stets ::::: :iieinen Kräften haus- V. « ^ft «ft^ *■ ^v ^W >*k*»>v V *« *^ « I ' . . ■ ■ •" . . -.'•-„-■» -.v V : . . • ... ". ., >»..».* r'-- ^. >..... •... v~. -. — -,-> -A.t-^Z.iS T" \ ■ -«^ "" ■ < -" * - " . ~ * - ■» r - ^ i — • » ^J - _» . ^ . - ^^ * ^ * ^ ^b « ^ ^ 1 ^ Briefe eines nassauischcu Leutnants aus dem Feldzug 1866. 117 arg, aber man gewöhnt sich daran. Ich bin so fest als irgend einer; meine Füsso vortrefflich. Ich habe nur Ursache Gott zu danken, sehr zu danken, dass ich es besser und leichter ertrage als viele andre. Seit gestern sind wir auf Kreuz- und Querzügen resp. Rückzug. Wir können nur wenige Stunden von Friedberg und nah bei Ilanau gewesen sein, in der eigentlichen Wetterau, schöner Gegend. Morgen haben wir vielleicht Rasttag hier, wo ich gutes Quartier habe. Die Truppe ist durch das fortwährende schlechte Wetter, ewiges Nasswerden bis auf die Haut und die starken Strapatzen sehr herabgestimmt, die Offiziere aus verschiedenen Gründen auch. Die Gerüchte über die Niederlage der Österreicher sind entsetzlich, — mir thut es sehr weh, obwohl ich wegen unserer Verhältnisse und auch wegen meiner Zukunft nicht klage. Alle Details fehlen uns und möchte ich Dich bitten mir die Zeitungen vom 1. Juli an aufzuheben. Vielleicht kann ich sie später nachlesen. Unsere Offiziere glauben, dass der Feldzug für uns zu Ende ist, dass Österreich Frieden schliesst und unser Rückzug nicht militärische Aktionen zur Folge haben wird. Hoffentlich geht es Dir gut, liebe Mama. Vorgestern erhielt ich einen Brief von Dir in Schotten, worin Du mir von Eurer Badischen Einquartierung schreibst. Meine Schuhe erhielt ich noch nicht. Glücklicher Weise habe ich ausgezeichnete von Otto erhalten, so dass ich ausser Sorge bin. — Ich muss schliessen, liebe Mama, weil ich noch essen muss und auch der Ruhe bedarf. Ob wir morgen wieder weiter marschiren, ist noch nicht gewiss, wahrscheinlich ist Rast. Seit 48 Stunden habe ich vorhin erst wieder etwas Warmes bekommen. Unsrc Militärverpflegung ist sehr schlecht. In der Regel ist erst um 11 oder gar 1 Uhr Nachts abgekocht, wenn die Leute endlich schlafen, so dass sie dann das Essen ver- säumen, um nicht aus ihrer Ruhe zu kommen. Man erlebt nicht viel. Man marschirt und da man sonst nichts hört, macht man sich nicht viel Gedanken. Wie mag es den Vettern in Preussen gehnV Seckbach den 8. Juli 1866. Heute sind wir hier, ganz nahe bei Frankfurt, vor Bergen. Morgen kommen wir vielleicht nach Frankfurt, vielleicht marschiren wir nur durch. Gott weiss, was aus uns wird. Eigentlich glaubt niemand mehr recht an Kampf. Nach dem namen- losen Unglück Österreichs und dem Waffenstillstand, werden wir wohl auch ähnlich den Hannoveranern kapituliren. Es heisst zwar, es würden Schanzen in der Nähe aufgeworfen pp., aber unsre Brigade besteht ja vorzugsweise aus Österreichern? Ich bin sehr betrübt über Österreichs Unglück, über den Sieg der ungerechten Sache. Im jjbrigen, liebe Mama, weisst Du, wie sehr ich eine Änderung unserer schönen Verhältnisse für nötig halte. Was mich selbst betrifft, so wird Gott weiter helfen. Unter unsem Verhält- nissen hatte ich keine schönen Aussichten. Ich werde es nicht schlechter treffen. Was will das auch heissen? Und doch sind dies Gedanken, die mir bereits auf dem Marsch zuweilen durch den Kopf gehen. Was wird aus unserm armen Herzog werden ? Morgen also hoffe ich Dich zu sehen, liebe Mama, und Näheres zu hören. Da wir aber garnichts Sicheres wissen, es auch heisst, wir marschirten nach Höchst und ich nicht recht begreife, warum wir heute hier bleiben in schlechtem Quartier, iVä Regiment in einem Dorf von Taglöhnern, wenn wirklich Frankfurt das Ziel wäre, so wollte ich Dir doch diese Zeilen schreiben. Ich schreibe auf meinen Knieen, habe übrigens doch ein verhältnismässig gutes Quartier, ordentliche Leute und einen guten Strohsack. Ich bin, Gott sei dank, sehr wohl, der heutige Marsch war nicht sehr gross, obwohl wir von 7 Uhr bis 3 Uhr unterwegs waren. Das Wetter war wenigstens gut. würden ohne Erfolg, ja es sieht fast aus, als habe man nichts tbnn wollen ond so wird CS auch aufgefasst, da man nach meiner Ansicht mit einiger Energie die gtnie Bande, vielleiclit 2000 Mann mit einigen Geschtitzeo, hätte gefangen nehmen können. Mit unserer schlechten Veriiflegung hatten wir trotz der Nähe von Wiesbaden end]idi Abends gegen 9 Uhr abgekocht, musstcn bei empfindlicher Kälte biTonakiren ond *) BcTd. Palnicr Davifs, Schwiegersohn der Frnu von Duagcm, der im gleichen Banse •) Der Brief lautete: Skalitz bei JoBefatadt in BShmen, den 28. Juni. Liebe Mama! Gestern hefcigcg Gefecht bei Xaohod, 2000 gefangene ÖBtreicher, 8 OeachBln, 3 Falincii vun uns erbeutet. Heute wieder glänzender Sieg der Preuescn b«i Skaliti gegen 2. Ostr. C'oqis. Schreckliclie Verluste, Mein ObrUt yerwundet, der ObetBl-CoB- mandeur tot, mein guter Kügelgeii tot, noch 3 Offieiro schwer verwundet, ich Gott sä Dank unversehrt. Bin jetzt KiitHilloneroiiimandcur, habe mit 8G Mann an einem Ei»m- hahndamin liegend diirrh Schnellfeuer 4 östr. Bataillone 2'/i Standen lang aafgehaltra. Meine Freude kannst Du Dir vorstellen. Ob Gott mich weiter erhält, steht bei ib». GrQss Outt, Du liebe Mama! Vilhetin. .JIM dass ich sparsam sein muss. An Hermann'*) babe ich auch karze Nachriebt tod ") Di(!S viiderspricht den vielfuch vcrbrcitoten Angaben, als hBttcn die nassanüi^eB Truppen im Mainfeldzug Verluste ülierhiiiipt nii'lit erlitten. ") (iraf Cnstell, (leneralodjiitnnt des HerzugB. ") Ks fehlt olTenliar ei« liriof; der einzige, wie cb aelicint, der nicht angekommen ist *') Mit Tinte; dieser und die zwei vurli ergeben den llriefe sind mit Blcietitt geachriebes. ") Hermann Freilierr von Dungern auf Itayerbof bei Schweinfnrt, Bruder des Bcief- scliruibors. Biuo L/cjicauuB uc» iieiiojjs ciimiLcic, uic uusci iji;uiun.sai euuiüuCiaeD SOltte. L selbst ist heute nach Günzburg in der Nähe von Ulm abgereist, wo onsere gaim Brigade eigentlicb hin soll. Das weitere wird möglichenveise Ulm, wahrscheinlich aber -nach HauM' heissen. Ad den langweiligen Märschen und schlechten Quartireo, woran wir an anseren Irrfahrten gewöhnt wurden, habe ich nachgerade wenig Freude nnd gar kei' Interesse mehr. Meine Gesundheit geht mir vor, weshalb ich die Absicht habe mich hier y.m schonen, morgen noch hier zii bleiben und übermorgen über Au^slur^ Ulm unsere Tiupiien aufzusticbeii. Alles mit Unterbrechungen, die niii gestatten jeden Ort m besichtigen. Kumme ich auch erst am 16, an, so treffe ich jedeniall noch unsere Tfujuicn. l£s wäre mir lieb, wenn irh den traurigen Rückzug untere Tiuppcn nicht mitzumachen brauchte und allein naitikiime. Gestern hatte ich noch Fieber, heule hat es aulf;eliört. Ich bi» auf und fiilil mich ganz kriiflig und wohl, l^s war ein tilchliger Katarrh, den ich mir wahr sehoinlich in einein miserablen Uauernfederbelt zuzog. 130 Dr. Otto Freiherr v. Düngern Meine Ideale bezüglich unseres Gesamtvaterlandes sind auf immer veniicktet und haben sich dank der grenzenlosen Schwäche und Erbärmlichkeit der Klein- staaten als nimmer realisirbare Ideale erwiesen. Also fort mit diesen Bildern. Eni grosses Vaterland bekommen wir nie. Die Zeiten und die Menschen sind anders geworden. In unserem engeren Vaterland waren die Verhältnisse unhaltbar. Wer das nicht einsieht, ist ein Thor. Ich habe, wie Du weisst, den Erleg trotz der üngewiss- heit seines Ausgangs unter allen Umständen für ein Glück gehalten. Cr mnsste uns Veränderung bringen, ohne die wir mit Schimpf und Schande zu Grande gegangen wären. Besser Preussisch, als Nassauisch wie bisher. Nur der Herzog kann mir leid tun und was mich am meisten betrfibt, dass ich nicht das Vertrauen habe, dass die herben Prüfungen, die er jetzt erleidet, ihm die Augen offnen werden. Ich glaube wohl, dass er seine Domänen rettet, aber Finanzmann wird er nicht werden. Sein Haus, fürchte ich, wird bald verarme, wie das der schlichtesten Mediatisirten. Er ist nun nicht besser wie diese und wird durch deren Erfahrungen nichts gelernt haben; das ist, was ich fflrchte. Ich habe ihm gedient, treu und ohne den geringsten Dank dafür zu haben, so lange ich konnte. Zu erwarten hatte ich nie etwas von ihm. Also verliere ich, glaube ich, nichts, liebe Mama. Ich werde frei von den Pflichten, die ich mir selbst auferlegt hatte. Während mir früher überall die Hände gebunden waren, kann ich jetzt blos mein Interesse verfolgen and das werde ich thuu. Viel Unangenehmes wird die neue preussische Regierung mir vielleicht bringen. Unangenehmeres als bisher kaum. Musste ich doch auch so vor der Canaille mich beugen. Jetzt habe ich Aussicht eher anständige Chefs zu bekommen. Ich betrachte es als ein wahres Glück, dass H. v. Diest nach Nassau gekommen^^ und Patow war mit Papa auch gut bekannt. Also doch gleich bekannte Namen. Dass ich meinem Herrn treu war, werden anständige Leute mir nicht übel nehmen. Dass ich meine Rechte in Nassau wahren muss, versteht sich von selbst Also ist jetzt am allerwenigsten der Moment, nach Frankfurt zu gehen, liebe Mama. Erst muss die Militärgeschichte abgewickelt sein. Das weitere wird sich finden, aber Sorgen mache ich mir vorderliand nicht. Im Civil ist der t.'bergang viel leichter, weil das Land vorderhand sein nassauisches Kocht behält und die Vermischung mit den Berlinern nicht so urplötzlich erfolgen kann. Anders ist es im Militär. SoUto ich als nassauisclier Oftizier plötzlich den preussischen Rock anziehen, das wäre mir gräulich. So aber bin ich, wie Du merken wirst, schon ein halber Preusse. Ekel vor den früheren Zuständen, Ekel vor der kleinstaatlichen Erbärmlichkeit, die ich im Feldzuge habe kennen gelernt, und endlich die Notwendigkeit, die Existenzfrage haben mich dazu gemacht. Glücklicher freilich ist, wer sich auf sein Gut setzen kann und ruhig zuschauen. Dies Loos ist mir nun einmal nicht be- schieden. Hier ist der Herzog, der noch in München ist, angesagt, aber der Zeitpunkt seines Kommens doch noch nicht genau bestimmt. Irgend eine Entscheidung muss jedenfalls bald kommen und so liotTe ich, Dich denn auch bald wiederzusehen, tre- liebte Mama. Gestern war i(^h zum Zeitvertreib in Ulm, wo ich das schöne Münster be- wunderte. \Vir losen, reiten und vertreiben uns die Zeit, so gut es gehen will. Itta" ' soliriob nouÜL'h. abvr beinahe ängstlich, als müsse sie in ihren Brüdors grässliihe Proussor.ha>sor halen und sich /wischen diesen und ihrem preussischen Ge- mahl eine weite Kluit auirhun. Dom ist nicht so. Die Thatsachen haben auch auf Ib :r N ■:: Duii^mi ha: •>i'ä:' r i'i.r.t irüii^-ti-; üi»t tli».- Taliiikvit des Roinoranirs- ;»!ji^;.it •:• :\ nii; Di«-: ::-ur:. il:. ^' '^.h>\'-:'. : -it '. >« Im ibiT-. imiiahhn Frfihcrr.i üivbi-it Viiu'ke. firicfe eines nassaaiscben Leutnants aus dem Feldzug 1866. 131 uns ihre Wirkung nicht verfehlt und ich glaube, dass, wenn Du Gisbert meine oben ausgesprochenen Ansichten mitteilst, er sie nicht ganz missbilligen wird. Alles was an Unrecht undPerfidie geleistet worden ist, missbilligt er so sehr, wie wir und die Klugheit gebietet schliesslich, das Kapitel unseres bisherigen Lebens mit einem grossen Strich abzuschliessen und alles, was man verabscheut unter den Namen „Krieg", in dasjenige Eckchen des Gedächtnisses zu schieben, wo es am schnellsten in Ver- gessenheit gerät. Wie danke ich Gott, dass ich während dieses Krieges nicht zu Hause war, dass ich unter Mtthen und Strapazen mit mir selbst beschäftigt war, nicht alles hörte, was vorging und nicht langsam mein Herz mit Hass erfüllt habe. Immer noch schwebt die elende Vergangenheit als grässlicheres Bild vor mir als die Gegenwart. Grüsse die lieben Geschwister alle vielmals von mir und gedenke in Liebe Deines treuen Sohnes. Günzburg den 26. August 1866. Vielen Dank für Deinen letzten Brief, der so Interessantes enthielt. Ich war bisher im Quartier in Riedheim (l^/s Stunden von hier), bin heute hier nur zu Besuch bei Otto. Unsere Verhältnisse gestalten sich günstiger, als zu erwarten stand. Der Herzog hat Aussichten seine Domänen zu behalten^^); gegenwärtig wird in Berlin unter- handelt, um unseren Truppen einen ehrenvollen Bückzug in die Heimat zu erwirken. £s mag also immerhin noch einige Tage dauern, bis diese zurückkehren. Mit mir ist's anders. Oberst Arnoldi, der mir sehr wohl will, lässt sich nicht ausreden, dass für mich Ruhe und Erholung nötig sei (nach meinem neulichen Un- wohlsein), dass mir auch die Alterationen der Rückkehr erspart werden müssten, also es am besten für mich sei, wenn ich jetzt in Urlaub ginge. Dies hat aller- dings unendliche Vorteile für mich. Otto hat den Oberst veranlasst, dem Herzog davon zu sprechen. Letzterer hat mir infolgedessen vorhin selbst eindringlich an* geraten, zu meiner völligen Erholung und Vermeidung von Strapazen Urlaub zu nehmen. Ich kann hiernach nicht anders, als heute meinen Urlaub einreichen und morgen nach Frankfurt abreisen. Wie mir dies in vieler Beziehung ausserordentlich angenehm ist, kann und werde ich Dir, so Gott will, dieser Tage mündlich erklären. Morgen früh hoffe ich meinen Urlaub förmlich in der Tasche zu haben und je nachdem die beste Reisegelegenheit sich ergiebt, nach Frankfurt abzufahren. Ich weiss nicht wie die Züge gehen und kann Dir die Zeit meiner Ankunft deshalb nicht genau angeben. Jedenfalls hoffe ich Dich nicht lange nach Ankunft dieses Briefes (als Quasikranker) frisch und gesund in Frankfurt wiederzusehen. Alles weitere werde ich dann mündlich mit Dir verabreden und in Ruhe über die jüngsten Ereignisse und die nächste Zukunft besprechen und beraten. Also auf baldiges Wiedersehen. Erst am 8. September wurden die nassauisefaen Truppen nach Hause ge- schickt. Der Herzog Hess sie antreten, sprengte heran, hielt, sehr bewegt, eine kurze würdige Ansprache und sprengte im Galopp von dannen. In seinem Tagesbefehl hiess es: ^^Der Gedanke hält mich aufrecht, dass es noch nie eine Schande gewesen^ von einem Stärkeren besiegt zu werden — eine ^*) Diese Aussichten erfüllten sich bekanntlich nicht. 9* Der Ort Bogcl liegt aa einem Torröniiachen Wege, der tod Bnobt ausgellt und über ß an sei zum Wisjiertalo fflfart. Er wird orkundlicli zneist? als Back ele erwähnt (Eehrei n , Nassauisches NameDboch S. 170). 1138 bü er Bachclo oder Bachclo (vcrgl. Cod. diplom. Nasa. No. 195; dort wirf J Name irrtümlich auf Becheln bezogen i. Die Lage an der Quelle des H« bai'hs durfte die Bezeichnung veranlasst haben. Rings um Bogel liegen vorrömiselie Grabfelder in den Distrikten ,Dk heck". Kuhheck- und .Forst". Das also sicher bereits vorhandene beut^ Ackergebiei rechtfertigte die unifangreicbo römische Anlage. kfisTohon niü viorockigon und runden Löchern fand sich ^andbeworf. in in lino:ircu Vorziorungon die Karbon : weiss, schwarz, golb. hell- and dookeb« it'igto. Xur im Kaum C lagen Gofasssoherlien und einige Enocben. Der Ejd- gang war wohl auf der Südseiie. Durch den grossen Voirautn A fcam mu in das Frigidarium B und aus diesem in das Tepidarium C Dod water in du übrig blieb. An diesen Raum schlieäaen »ich. an die Südmauer ungelobot, 3 gleiche schmale Zimmerchcn, Das mittlere D ist am besten erhalten. Ea hat einen Terrazzubüdeo, der nur an der Ostaeitc etwas verletzt ist. Er iat über Kies und Schiefer golegt. Gefunden wurde in diesem Rüumchcn nichts. Bei dem eraten Baum C ist der Terrazzoboden vollstiindig zerstört. Stücke desselben lagen in einer 40 cm starken Schicht dunkler Erde mit Scherben, Stücken Fensterglas, Haarnadeln und Wandverputz. Der Boden ist hier offenbar zerschlagen und unter ihm nach etwa vorhandenen Gegenstanden gesucht worden. Unter der dunklen Schuttmasse lagert eine 20 cm starke Kieaschicht. Bei dem letzten Raum E ist der Estrich gleichfalls verdorben. Zwischei ihm und der westlichen Hauptmauer liegt ein schmaler Gang, in den man vor aussen durch eine Türe gelangen konnte. Von dem Gange kommt man in cir langes, schmales ZiiTiiiier F itn i!f;r "Westseite des Hauses mit einem kkrinei Vorraum, Hier atandw] an der Wami noch verscliicdeue Wandxie^el mit doni Verputz aufrecht; an anderen Stelhin fand sich der Abdruck der Ziogcl in dem Jlörtcl der "Wand, i'iir ein Schorl(-n lafi; in dem Itaiime. abt-r viele "Wand- *) .\ucli auf der 8li4äoit8 fmulen sich au^serlmlb der Mnuer Stiicko Fonstorglas, südas; uolil auch nioht licizbare Käuiiie hier Gln^fi' rister gulinlt litilien. 14ä H. fiodewig quadratiHclior Iloizkcllor j^. Der obere Estrich ist vernichtet; über dem unteren stehen zum Teil noch die Ziegelpfeiler. Die zu diesen -verwendeteD Platten sind 18 — 20 cm breit und 4 cm dick. Die Bodenplatte ist meist nur wenig breiter. P]in vollständiger Pfeiler hatte 9 Plättchen und die Deckplatte und war 48 cm hoch. Geheizt wurde der Keller von aussen; das 45 cm breite Präfurnium liegt an der Nordseite. Vor ihm stehen im Innern Doppelpfeiler. Der Keller ist durch einen breiten Gang mit dem nächsten Räume O verbnndeD. Diesen durchziehen 45 — 60 cm breite Ileizkanäle. Ihre Höhe beträgt 40 cm. Der Doden der Kanäle hat wie der Heizraum den Kalkziegelestricb ; die 25 cm starken Wände zeigen glatte Schiefer. Die Deckplatten sind gleichfalls grosse bearbeitete Schiefer, über diese ist der 25 cm starke Terrazzoboden gelegt, der hier voll- ständig erhalten ist. Auf ihm lagen Scherben, Knochen, Glas und Eisenstucke. Der p]strioh setzt sich durch einen breiten Eingang ununterbrochen fort in einen kleinen Nebenraum P. Auch in diesem ist er gut erhalten. Er zeigte sich mit Dachschiefer und Brandschutt bedeckt, in dem wenige Scherben und Nägel lagen. Zwischen diesem und dem nächstfolgenden Räume Q ist die Yorbindungsmauer nur in der Fundamentgrube erhalten. Der Baum selbst ist ebenfalls stark zerstört. Er hat einen eigenen Ileizgang ähnlich dem im mittleren Teile des Gebäudes. Der Gang ist westlich durch eine breite Mauer abgeschlossen^ die der westlichen Hauptmauer parallel läuft, und die Unterlage für den oberen Estrich bildet. Die Aussenseito derselben zeigt Fischgräten- vorband. Östlich wird der Gang durch ein 25 cm starkes Mäuerchen ab- geschlossen. Er hat nur eine einzige Pfeilerreihe, die mitten im Gange steht. Meist lagen noch 4 — 5 Platten übereinander. Die 45 cm grossen Deckplatten füllen den 80 om breiten Gang so weit aus, dass der Estrich darüber gelegt werden konnte. Dieser ist nur an der Nordniauer erhalten, wo er den Heiz- ganc bedookt und übor das kloine Mäiu'iohen östlich hinweggeht. Der Gang wurde vom Hi^tV aus ü:ohoizt. Ilior setzt sich an die Hauptmauer ein dünnes Mäuorchon, an das sich im rochton AVinkol oin anderes anschliesst. In dem so gebildoton kloinon Vorraum ist dor lU>don mit t|uadratischon Ziegelplatton von iH^cm SoitonläiiiTo bodockt. Nach Woston zu ist diT goplättoto Raum durch auf- rocht stohondo SchiotVr al^irosclilossoii. IHo lot/ton Phitton lioiron in dem Einjranijö /um Hoi.'iiaiiiio. Dor riattonludon war caiiz mit Asclio und vielen Scherben, darunter auch Amjdu ron^-tückon bodockt. l'l'or dt n Tiarton wurde oftenbar iTohoi.-t und dio Flammo in den Ciani: ccloitot. l>io vielen Scherbon Piaohen OS walnschcinlich. dass man das tür den lloizraum Icstimmto Feuer zunärhsi /u Kv»cl .Nvcckon nutzbar ivüuhro. Von don Hoizkaiiälcn dos Zimmers ist nur dor südliche, an der ILun-iirauor v». rl oilau:oi:de. un ersten Toik* erhalten. Ein :v.itton durvh do:i K..ii:n .iel.or.dir Karal kv ünro nur in der Fuudanionrirrubo fosTcoste'!: wi:v;o::. IVr \^- h\ .we/e'!. s .,:■ yl. v «>>:::. a;i».r v- rloitührondt- Kanal !ii-> si^^r l't i v^^r >:.k:ke" /i:>:.:;;:c ^i'^-vs K.:;;::^< ri.h: si- ::»'r jo^irmin. l:i vi^r Nv r.ivxi >:i\ko vi« s Ivw.- - '••c: »- "r ^: >-'.:•:: ./j.oi:a:ise*:er luiuii: /,'. -~ .;: M-::e ^vA: : v l\;;i:>^'v: .:^ : t^ vi v. .^'j:: >:,: v :u Braiido c^L-rTtv: • * ■ • * * * * A"¥'* '^ , ^ >. 4. Maueraockel 369,19 5. Estrich in ß 369,70 6. Gewachsener Boden in £ 369,03 7. Estrich, Südostecko in f 369,59 8. „ Nordweatecke m F 369,68 9. „ Südweatecke in / 369,57 10. „ Nordwe8tecke in J 369,68 11. „ Südostecke in H 370,16 12. „ Nordoetecke in ö 370,20 13. Estrich, oberer in AT 370,18 14. Estrich im Heizgang 369,56 15. Estrich in L 369,82 16. Weg 369,62 17. Keller. Estrich 368,19 18. „ Butterlocb, Unterkante .... 369,01 19. „ SBdmauer, höchster Punkt . . . 370,02 1>0. Estrich \n X 369,82 21. Oberer Estrich in 0 370,33 22. Unterer Estrich im Kanal 369,80 Römische Gehöfte zwischen Limes and Rhein. 145 23. Estrich 370,33 24. Estrich in P 370,42 25. Mauersockel 370,15 26. Mauerbühe 370,69 27. Oberer Estrich 370,22 28. Boden im Heizgang 369,57 29. Bank an der Nord wand 370,77 30. Estrich in IZ 370,68 31. Boden in S 370,19 32. Grube, Boden 369,80 33. „ oberster Stein, Kante .... 370,53 34. Torplatte, nördliche 370,19 35. „ südliche 370,05 .36. Sandlage, nördliche 370,20 37. „ südliche 370,10 Stücke von Fachwerkwänden wurden nicht gefunden. Etwa 80 m süd- östlich der A'illa in der Wiese des Heinrich Kammersbach liegt ein um- mauerter Brunnen, der jetzt zugedeckt ist und sich als leichte Terrainerhöhung zeigt. Es ist wahrscheinlich, dass seine Fassung bereits in römischer Zeit geschah. Einzelfunde. Eisen: 1. Dreifuss (Abb. 5), gefunden in dem Räume A der Yilla. Neben ihm lagen Stücke eines eisernen Bratrostes. 2. und 3. Schwere runde Nägel (Abb. 6 u. 7) mit rundem, massivem Kopf (Jacobi, Saalburg, Taf. 43, No. 60). Die gleichen Nägel dienten zum Annageln eines Schlosses in Pfunz (ORL., Kastell Pfünz, Taf. 18, No. 18). 4. Feile, halbrund, 24 cm lang (Abb. 8). Davon fallen 4 cm auf das kurze Heft. Der feine Schlag, unserm ^Schlicht^, d. h. Feinschlag, entsprechend, ist auf beiden Seiten zu erkennen. Die runde Seite hat nur eine Hiebbahn. Der Feilenhauer benutzte einen Beitel mit gekrümmter Schneide, die sich um den runden Rücken der Feile legte. Jetzt hat die runde Seite durch- weg mehrere schmale Hiebbahnen nebeneinander, zu deren Herstellung ein Beitel mit gerader Schneide benutzt wird. Die flache Seite hat nur eine Bahn. Jetzt ist meistens schräg über diese noch eine zweite Bahn geschlagen, um die Fläche rauher zu machen. 5. Messer (Abb. 9). 6. Hackmesser (Abb. 10); die Tülle beschädigt. Gefunden in dem Torbftu der östlichen Umfassungsmauer. 7. Drehschlüssel (Abb. 11), 17 cm lang, gefunden in der Villa neben Toreingang auf der Westseite. Annalen, Bd. XXXVI. 10 -l-J» 1. Imlit •: •t _s-» .- _il». ü^ • I ■*> !■ USl I * - ■ " ^*^ - ^. ^M* ■ I ^-^M^i ■ *^' ^ ^Z • >*4i^ 7 Abb. 31. Den groBsen Outshöfon gegenüber steht eine Reihe kleinerer Geliöfle, ii> ein durobaus anderes Bild gewähren. Ein aolcbes liegt etwa 1 km tod Ob« labnstein auf der Hohe des Foldbcrg^ im Distrikt „Zehnthof, von wo man äa vorzugliche Fernsicht auf Rhein und Lahn geuiesst (Abb. 31). Hier siebt im mitten im Feldterrain zwei Gebäude, deren Umfassungsmauern and "T^rgiag sich deutlich zeigen. Das grössere bietet den Grundriss einer grossen Sdiea mit breitem Eingang. Das kleinere ist mit Gestrüpp und Bäumen bewacbm Das letztere ist das Wohnhaus und umschliesst einen lichten Baum ia 14,30 : 10 m. der durch eine Quermaucr in 3 Abteilungen von ca. 6 und 8 i ') Ad die MaueireBte knüpft sich die r^age, dase die Bewohner tod A-nhein SBbaf die Kirofae auf ,der Weil" lu b&uen gedachten. Aber jedeamal, wetiu bei T«^ ein SUek gt mauert war, ao verecbwand dasselbe in der Kacht, und die Steine lagen an dem Orts, ^ te jetit die Araheiner Kirobe sieht. So musste man Eich eDtgubliBBsea, sie hier an ban«!. Jeto faÜB weist die Sage daranf hin, dass zum Bau der Kirche die ingeriohtoteD Steiiia na 4M TrQmmarn der nahen röroisohen HSusei Das Gründungsjahr der Burg Reichenberg. Von ?♦ Wagner* ^Es dürfte kaum über eine Burg unserer heimatlichen Gaue so vA und so viel Unzutreffendes geurteilt und gemutmasst worden sein, als über die Burg Reichenberg^. So ist kürzlich bei Gelegenheit der neuen Begrundvog einer alten Ansieht über das Gründungsjahr der Burg geschrieben worden.') Wenn ich im Folgenden diesen Reichtum zu vermehren unternehme, so geschieht es weniger, um daran auch einen Anteil zu haben, als vielmehr, weil ich glaube, zu der Frage des Gründungsjahres eine Beobachtung mitteilen zu köDDen, die geeignet ist, ihr eine neue, vielleicht überraschende, hoffentlich aber nicht unzutreffende Wendung zu geben. Die Burg hat bekanntlich wegen ihrer auffallenden und merkwürdiges Bauart häufig die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, und es sind die borgen- kundigen Architekten vielleicht ebenso sehr, wie die Historiker, gewesen, die sich mit ihr beschäftigten. Für beide ist begreiflicherweise die Frage nach der Oründungszoit von Interesse. Die Ansichten hierüber sind, wenn sie auch nicht viel voneinander abweichen, doch geteilt gewesen, indem die einen da? Jahr 1270, andere und zwar die Mehrzahl, das Jahr 1284 oder ein Jahr um 12^4 als Gründungsjahr annahmen. Nach 1284 hat ausser Ch. D. Vogel niemand die Gründung angesetzt; dieser aber, der sich anfänglieh für 1270^), dann für 1284'*^; entschied, später jedoch K319 annahm*), ohne für dieses letztgenannte Jahr irgend eine Begründung anzugeben, hat für diese seine Ansicht keine Gläubigen gefunden. Zum besseren Verständnis der nachfolgenden Untersuchung wird es dienen, wenn zunächst die frühesten Erwähnungen der Burg, auf denen jene Ansichten beruhen, kurz vorangestellt werden. Auf dem Schlosse Rhoinfels bei St. Goar, das, wie bekannt, ebenso wi»' die gegenüber liegende Burg Keichenberg Eigentum der Grafen von Katzenelfi- bogen war, befand sich in der Uepusitur oder Registratur eine mit Pergamen: überzogene Tafel, wie es der(»n in Archivcm noch heute genug gibt. Sie enthiel: M K. Bonto in don .,Mitteilungeii des Vereins für Nasa. Altertumskunde" 190(>/u7, Sn. 4 •) Nassauisches Taschenbuch, 1832, S. ^:{. ^) Historischo Topographie des Herzogtums Nassau, S. 87. *) Beschreibung des Herzou'tums Nassau, 1843, S r»;{4. Wagner .ugUBt 10, belehm seine zweite Ge laueen), Pateraba eben aufgetragen, lito in districtu d tere. älinung der Bnig : uar 1 8, durch die iitz nimmt und und einen Woohi die über Seiohai ir das Oründungs. t diesen zu begini if der Angabe dei in dem Graf W wie bemerkt, in es aber aus den aber 1271 mit urg an, ohne sio Abweichung von der Tafel zu ma in dem 'Wortlau über das Grflndui seiner Zeit war bdruck bei Wi id, so glaubte • unleserlich gefunden, und daas Mcrian die unles«" Gutdünken ergänzt habe. '■*) Dass diosd Ergänzun sofort einleuchtüD, weun er die Auyabo kritisch bor dass Graf Wilholni I. bereits im Jahre 1270 Reid folgerte er aus dem Umstände, durfs diuuals noch der ^ . am Leben, Wilhelm selbat aljcr höehstous ein i-; Dietber starb erst ]27lj-'); und dass Wilijelm erst ii bewies Wenck mit folgenden Gründen. Im Jahi bei König Bichard um die Nuoht'olye seiner Tochli zu folgern ist, dass er damals nuuli keinen Solin ") WoDck, Hbbs. LandesgeBctiichte I, VB. S. SV, . '•) Dm Original im Staiitsarehiv /u Marburg hat su brach BtOok weise lesbar. Den Inliall tvilt ^Ven:;b, H. I.. "1 Dilich, a. n. O. Morien, «. ,t. 1 1, Mit .1 ") ■\VinkeliiiaiiM, a. a. O. >. ]-ji. "i \Voni;k I, ;ii4 Aiim, ',■, ueiJ Ti;. -Tf, Aiim. "i Weiick I. ar.t :;.-..-., \nm .■, r\ Oberursel zur Zeit des 30jährigen Krieges. Kulturgeschichtliche Skizze aus einer nass. Kleinstadt von ?♦ NeurotL Ausser der einschlägigen Literatur wie die Urseller Reimchronik des Pf aiTcrs Otto Wallau (1721), Keller, „Drangsale des Nass. Volks im 30 jähr. Kriege^ u. a., sind zu nachstehender Arbeit folgende Geschichtsquellen benutzt: 1. Akten des städtischen Archivs zu Oberursel, insbesondere die Stadt-, Hospital-, Kirchen- und Schulrechnungen; die Heberegister und das älteste 1601 angelegte Kirchenbuch; 2. handschriftliche chronistische Notizen des Lehrers Jos. Wohlfarth (1791), welche ihrerseits wieder sich auf ältere handschriftliche Familien- chroniken stützen; 3. Akten des städtischen Archivs zu Frankfurt; 4. „ „ Kreisarchivs zu Würzburg; 5. ^ „ Staatsarchivs zu Wiesbaden; 6. „ 5, fürstl. Stolberg. Archivs zu Ortenberg. Einem uns unbekannt gebliebenen glücklichen Umstand verdanken wir es, dass bei dem durch die Braunschweiger veranlassten Brande des Rathauses (1622), mit welchem sämtliche städtischen Originalprivilegien und Urkunden aus älterer Zeit vernichtet wurden und ebenso bei der späteren, durch die Franzosen (1645) verursachten Einäscherung der Stadt, die für unsere Kenntnis der Zustände in Oberursel zur Zeit der 30 jährigen Tragödie ausserordentlich wertvollen, vor- stehend erwähnten Stadt- und Hospitalrechnungen und Heberegister, mit wenig Ausnahmen, vorzüglich erhalten geblieben sind. Nur auf Grund dieser Urkunden konnte es, im Verein mit anderweitigen auswärtigen Archivakten, gelingen, ein altgedunkeltes Bild aus jener trüben Zeit aufzuhellen. Der Ort Oberursel verdankte das gute Ansehen, welches er im ganzen Mittel- alter bis zum Ausbruch des Kriegs genoss, dem schmalen Schellbache, der, amFusse des Feldbcrgs entspringend, in raschem, kurzem Laufe ein starkes Qefälle hat. Dieser Umstand veranlasste die Anwohner, zahlreiche gewerbliche Anlagen zur Ausnutzung der Fallkräfte zu errichten. So entstanden Mühlen, Gerbereien, Kupferhämmer, Stahlschleifereien, Walkereien. Zwar waren diese Industrien 170 F. Neuroth zuinoist nur Hausiudustriei], aber sie braohten Wohlstand und zeitigten uU- roicho Nobongcwerbe : Wollwebereien, Schuhmachereien, WafiFenschmieden. Immer blieb jedoch die Landwirtschaft unbestritten der HaupterDäfarungszueif der Bewohner^ mochten auch, wie im 15. und 16. Jahrhundert, gut zirei Drittel der Bürger der Wollweberzunft angehören. Die Industrien ändertm sich, eine löste die andere ab, je nach der Zeiten Gunst, die Landwirtschaft blieb unter allen wechselreichen Schicksalen, welche die Jahrhunderte den Städtchen bescherten, das einzig Stätige. Oborursel sah auf eine alte Kulturgeschichte zurück. Es "war ein uralter Vorort der Markgenossenschaft, welche mehr als zwei Dutzend Dörfer umfasste und den schönsten Teil der waldigen Taunusberge, zwischen Hombarg mi Kronborg bis hinter den Feldberg, zum gemeinschaftlichen Eigenbesitz hatte, die sogenannte „Hoho Mark" oder „Urseler Mark". Hier tagte das jährliche Gedinge, der Holzgerichtstag, unter dem Vorsitz des Obristwaldbots in der Au vor der Stadt unter einer grossen Linde. Im alten Niddagau umfasste die Ursolor Grafschaft 14 Dörfer. Hier war der Hauptsitz der Geistlichkeit und im 9. Jahrhundert ein Kloster, welches Ludwig der Deutsche dem Domatifte (S. I^artholomäi) zu Frankfurt schenkte, wodurch dieses Uni^ersaldecimator in der Gemarkung wurde und das Präsentationsrecht der Geistlichen erhielt Soweit geschichtliche Aufzeichnungen aber die politischen Herren des Ortes zurückreichen, übte das Eppsteiner Herrengeschlecht die SouTeränität hierselbst aus. Im Jahre 1444 erlangte der Flecken Stadtrechte. Nach dem Aussterben der Eppstoin-Königsteinor Grafen erbte Graf Ludwig Ton Stolberg die Graf- schaft Königstein, in welcher 1525 die Kefonnation eingeführt wurde. Nach dorn Tode Ludwigs 1 574 gelangte dessen Bruder zur Regierung, und als dieser (1580 starb, ohne männliche Leibeserben hinterlassen zu haben, leate der Kurfürst Null Mainz \\'w Hand auf das Krlo. auf Grund eines kaisorlichiD Indults und ohuo dio Protostatirn dor Stolberirer anderweitiiren ErbborechtiffTon irgendwie /u borruksiolitiiroii. Als dio Kurtürston dio Kokatlulisiorunü dtr GIaf^ohaft betrieben • 1604 h> 1(^05"^, tandon >io dabei don stärkston Widorstand in ObenirseK jedoch tvi- standon >io os, i!:n zu brod.oii. Zunäcl.st wurdon dio beiden IlaujtrstütZ':. dor ovai^oüsrhon Ki ntossi^ r, dor Frarior I^hildius und drr Diakon Rektor Flick. •.i«-'f l.ando> ><^r\\ie>r:', l'.ioiaiit dioiiircon Büiiror. wi-l^ho >ich zur Konversion nivh: 1\ ouor.irt i\ c<./wur.^on au>.'ii\v..:hKrii -- es waron ihrvr TO Familien, der Ro-: kv r.voitiorro, tKil.rr ::r:rj> n-vh ]M^^ivi^. alor «. hr. mächtigen Widerstdii !oi>:o"d. P:o PiWvl:. r. .:.»::">/: -tr.ü.kisv *:o:i S:a::::.ts. waren ir.i M:nc-]a!ifr lii ii; 1! >:a:N-:: >; 1 >:: \ ^^ ::>>:. K>: . :!ivh ar'i itsa:!;. go:sii> rx-c>.::r, >: " • :k/ •" ' iv v'; "v^ • - v. ' • :^ T'.^,:- T ' ' :. " :", ::: ■' T' :: .r^ wvrblivhoi: L-^ isrüZ::' r. rv .'. " >:..'.:.. T...-^ ^ '«"^ *.. V. •. '. . '-.' t: > ...* •:•" i: .o its r^^r.- n 11 ..jj*.*. ■' , ...^ .1 k ". . . V . ...^ . ^ . > . .-V A .. V ..-, , t .^. » .Ä"- ^, .. .. ^ > .t-<-t. -. •-... .-.iki. m. a . . . n >! . T tt . ' - > . ^ ^^ * .. . " .\ . . . . .^, ..1. .*>.a cr>r- LäT»!I;^. *. - ' 178 F. Neuroth 80 oooh deDiselbeD und vorigen Tag zu einem jämmerlioheD Spectaonl ap> zfindet iK Orden. '^ Yen den 300 Wohngebäuden Obeiursek brannte die Hälfte, ^f^ das Rathaus, das Pfarrhaus und die Kaplanei nieder. Wendel JmigkM Druckerei ging gleichfalls zu Grunde. Während des Brandes wurde g^Mtoäa^ die geängstigte Bürgerschaft flfichtete nach dem Markwalde, ^urde aber?« den nachsetzenden Raubgesellen ^am neuen Hause^ eingeholt, mit Gewalt nilcl- gebracht und ihnen eine Brandsohatzung von 400 Talern auferlegt. Durch Tilli^s Sieg über den Braunsohweiger bei Höohat gewannen ii kurmainzischen Gebietsteile für längere Zeit Ruhe und die Oberumeler gi^eni obschon sie auch durch die Pest, welche nach der Schlaoht in heftiger Wm hier und in der Umgegend grassierte, stark mitgenommen wurden, mit fiisoka Hut an die Neuerbauung der verwüsteten Gehöfte und an die WiederheraleDaf der öffentlichen Gebäude, in erster Linie ihrer beschädigten und entweikka Kirche. Schon im nächsten Jahre konnte der Weihbischof von Ifaioz n Pfingsten die restaurierte Kirche neu einweihen ; er kam mit atattliehem Oefd^ geritten. Die Stadt entrichtete für ihn und sein Geleite an Zelukoitai 31 Gulden, Schultheiss und Gastwirt Dietz Anthoni erhielt ffir Hafer und Hsi- lieferung an die Rosse 18 Gulden, die Musikanten verzehrten ffir 5 Gnldes wd der gleiche Betrag wurde den Schützen auf Stadtkosten während der Feattage bewilligt. Übrigens war die Kirche mehr beschädigt als der Turm, denn ft Ausgaben an Gasper Grimm ,,yoi die Kirch uff dem Tunn su beaeblag«, welchen die Braunschweigei zerschlagen gehabt^ bezifferten sicli nur auf 1 i 2 alb. 6 pf. Ein eigenes Geschick hatte die sog. „grosse Glocke^. Yon einer Nfaw- burgischen Gräfin war sie der Stadt zum Geschenk gemacht« Tcn den Truppen eines luncburgisohcn Horzegs wurde ihr Gehäuse zerstört« und sie selber fsjt zu Grunde gerichtet. Der Glockenturm wurde erst nach der Einweihung der Kirche völlig neu wied^ aufgeführt. Dabei erfahren wir, wie hoch sich damals der Tagelohn städtischer Handwerker belief. Der Schlosser von Frankfurt erhielt, als er 1624 „die Glocke uflf dem hohen Turm neugchenket'' 5 fl. 24 alboj, seine drei Knechte bekamen 13 albus und an Zehrkosten für sämtliche divi bezahlte die Stadt in fünf Tagen 8 Gulden. Johann Schiess erhielt ^l fl. zu Lohn, dass er 2* * Tag dem Qlockenhenker die grosse Glocke zu henken geholfen^ Adam Weil 18 albus ^hat zwei Tage geholfen". Ludwig Jost = 9 albus des- selben wegen, ,,hat einen Tag geholfen*'. Dem Jörg Brunn werden 3*'t-B. zugeschossen zu seiner Jahresbesoldung und Verpflichtung« das Kirchendacii zu besteigen ^ist ihm wegen seines Klagens von ehrbarem Rath zugeschossen worden**. rfaner Kissing macht einen Eintrag in das Kirchenbuch: ^Post HallnT- stadensis depopulationem qui ferro, igni et furto loca sacra misere perdidit". Die Verwüstung durch Schwert, Feuer und Raub in den geheiligten StättcB siiieint sich auch auf die Orirel erstreckt zu haben, denn deren Kepaiatur kostete der Stadt iH^ Gulden. UnteTtanemerhültiiis der Stadt zum Kurfürsten brachte ihr jedoch durcluas nicht die erhofften Vorteile in Hinsicht auf die überaus schlechte wirtschaftliclie Eiage. Im Gegenteil, die Einquartierungs- und Steuerlast steigerte sich xa unerträglicher Höhe. Dem Herrscher war dies zwar wohl bekannt und er ver- suchte auch, so viel an ihm lag, zu mildern, allein für die kaiserlichen und ligistischen Generale, den Grafen Dohna, Markgrafen tou Gaietto, Geleen. Gallas und den Oberkriegskommissar von Sturm, blieben die Verpfl^auga- bedürfnisse der Truppen in erster Linie entscheidend und wenn die Generale aach auf höfliches Ersuchen des Euifürsten ebenso höflich verapracben auf aeine Wünsche Rücksicht nehmen zu wollen, so setzten sie sich bioterdrein darüber hinn^ oder entschuldigten sich mit der 2iot ihrer Truppen. Da nun Ursel vor allen anderen Orten der Grafschaft aU Terhältnismässig wohlhabend galt, obschon es dies in Wirklichkeit längst nicht mehr war, musste es eben herhalten bis zur Erschöpfung, so dass zuletzt der Schultheiss Anihoni drohte, wenn es SU weitergehe, wolle die Bürgerschaft insgesamt die Siadi verlassen und flüchien. Die nachätehenden Auszüge aus den Beliebten des der Stadt woblgesinmen Königsteinischen Rentmeislers Samuel Hepp".< an seinen Herrn, den Korförsten "I Die Dachfolgeaden Berichte Ilepp's findeo sich Bümilich in den Akten im Erei». ■rchiTS IQ VOnbaif. lufft and aOhier meiir ait odi daranf keioe Beelinirag ämge noch haben ntkl n<3i in diesei Stande, in den ire, an Car[Mvilen,. Pdd- ind andere begriffen, dan jr Yopflegung ertifi^, Avt ntnant neben aBen anderes bei-Trsel allein onder- nea Fleuchen fallen thnt, irift nu GenSge Teistandmi. T JJtaA wa vorigen partiret I Henne Heyer m d'Aimia •1 iHa ierachllt»» 3 Mb SoMben 3 LeiUiener 24 SchilderkDBckt 5 SehiWerknechl 44 Personen thut monatlich 18 Personen ertragen moDatlich 660 fl. 349'A fl. Malbiea Klein Lieutenant Freitag Jürgen Völker Füliier DöDges Koberger Corpotal Jobann Kruse Hartin Lomann Johannes Resch Peter Peffer Hartinus EuttmaDn Peter Baumann Hanns Müller Cloa Oaaa Christoph Lohmano Paul Brenn 28 Personen thut monatlich 2600. Summa Mannschafill der 3 Compagnien = 80 Uann. Ertragen zuBammen monatlich 1169'/» A- ohne drei Pagger Wagen deren Pferd und Knecht. Die CoBJpagnie so den 19. Pebruarü 1636 ron dem Herrn Burggrafen von Donau naher Oberuiäol geechickt wurden, befindot sich stark und will monatlich verpflegt sein wie folgt, doch ohne die Seivice: monatlich 65 fl. » 24, n 18. » 18, V 15 „ » 42, 11 14, ii 14, n 20, T» 97 „ 15 Alb. a. . 15 „ T) 7« 15 „ V 7» — 385fl. Obemrsel zur Zeit des 30 jährigen Krieges. 191 Lieutenant Feldweibell Fuhrier Führer Sergant 3 Corpora! jedem 14 fl. Feldscheerer Musterschreiber 2 Refermirte jedem 10 fl. 13 gefreite jedem 77» fl. 2 Trommenschläger jedem V/2 fl. 1 Pfeiffer 55 gemeine Knecht jedem 735 fl. Der Leitnant hat 3 Pferdt und sollen noch mehr Soldaten aus Mainz zu ihm kommen. Zu diesen Summen die anderen 11697« fl* gebracht erträgt die Verpflegung dieser 4 Compagnien allein monatlich an gelt 19047s fl- ohne die servitien und was uff die Pferdt ergehen mag. Am 19. Februar 1636 schickten „Schultheiss, Bürgermeister und Rath der Stadt OberurseP^) wie ingleichen die bey ihnen sich ufhaltenden uebrigen Dorfschaften samt und sonders'' an den Kurfürgten eine Bittschrift, er möge um Qottes willen geruhen, in Ansehung der „bisher von Feind und Freund ausgestandenen Ijäst'', sie mit ferner grösserer Einquartierung zu verschonen, sie hätten durch den Eönigsteiner Kommandanten von Bettendorf vernommen, dass Qraf Dohna ihnen weitere 100 Mann über den Hals legen würde; Ober- urseler Bürger, welche von Mainz zurückkehrten, hätten sogar gesagt, dass die Zahl der Soldaten 300 Mann sei, und dass die Truppen schon auf dem Marsche hierher wären „ueber welche Zeitungen wir und übrige unserer bei uns wohnenden Dorfschafften umb so viel mehr erschreckt und bekümmert wurden'' alldieweil sie in der Hoffnung gelebet hätten, auch vom Heim Rentmeister „von Tag zu Tag vertröstet worden" seien, dass ihre seitherige „Guarnison um ein merkliches geringert und bis uf 50 Mann gesetzt werden solle". Schon hätten sie „alles was sie in Haus und Hof gehabet spendiren müssen, derowegen ihnen ohn- möglich sei den Last ferneres zu ertragen", „sie aber nun auch den wenigen Rest der nach der Darstreckung des Aeussersten" geblieben sei, vollends hin- geben müssten und mit den andren davon gehen würden, Churfürstliche Gnaden würde damit wenig bedient sein, was könne ihm „dann diese gantze Herrschafft nutzen, wenn diess Stättlein von S. Gh. G. eigenen Völkern ruinirt" werde, er möge „allergnedigst erwägen und diesen ohneriräglichen Last und dannenhero folgenden ruin von uns abwenden, seindt wir des nochmaligen unterthänigsten erbietens bei E. Gh. G. und deio Ertzstifft in Sonderheit auch bei dero Hauss und Herrschaft Königstein wie bishero, also auch inskünftig unser Leben, gueth und Blut einzusetzen". Die auf Ursel bisher entfallende Summe der Kriegs- '*) Kreiflarohiv WOnborg. Oberursel zar Zeit des 30 jährigen Krieges. 193 grafcn an uds begehreB thut, und ¥^io die Sach inskünftig mit den Quartieren beschaifen; in welch sein Begeren wir dann aus ohnmöglichkeit nicht einwilligen können, sondern müssen uf den Fall der Execution gewertig sein, weil doch alles verderbt sein muss, und wenn Herr Churf. G. Landt im geringsten nicht verschonen will, zuedom, wann wir schon wegen des Stabs etwas schuldig sein sollten, so seint ja die drei Monat noch nit verflossen, sondern seint nui 8 Tag hier gelegen, sollten aber diese Völker ausrucken und die Eayserlichen an ihr stat kommen, wollen wir ihrer nicht erwarten, sondern bei Zeiten das refugium nehmen^. Der um Hilfe angeflehte Kurfürst schrieb von Köln aus, den 5. März, an Grafen Dohna und bat ihn, mit „den in grundt erschöpften Unterthanen Moderation üben^ zu wollen, damit dieselben „bei Haus und Hof verpleiben mögen". Hepp berichtet weiterhin : „Berichten auch in dieser Stund die von Ober- ursel, dass vom 19. Februariy bis uf den 10. Martiy, und also innerhalb drey Wochen sie uf die bey ihnen liegendte Garstattische Compagnie 711 fl. 20 albus und an Frucht 10 achtel 2 Simmer hergeben müssen, So hatte der Obrist Wacht- meister Carstatt negsthin, als er von Maintz dahin kommen, 25 Keichsthaler und ein Patzen verzehrt, und haben ihnen noch 100 eyer jedes ad 1 batzen mit naher Maintz geben müssen. Derselbe ist gestern Sambstags mit seinem weib, einer Jungkhern, so ihm ufwartet, etzlicben Leibdienern und gutschen auch ankommen und praetendirt seine Verpflegung von Anfang, als die Compagnie dahin kommen, ertragt monatlich 270 fl., und weiss man nit, ob er sich werde contentieren lassen, daraus nun E. Gh. G. den armseeligen Zustandt dieses orts gnedigst ermessen können". Aus dem Bericht vom 20. März 1636: ^Obwohl Ihr Gh. G. dero Graf von Donau jüngsthin am 5. 1. Martiy zue Maintz, in Beisein Ihr. Gh. G. Herr Dhomb Scholasters und Dhombsängcrs pp. versprochen, dass die zue Ober Vrsel liegende Korstattische Compagnie länger nit als drey Tag der orts ver- bleiben solle. So ist jedoch demselben bisshero nit allein keine Volg geschehen und an den assignirten geldern aus dem Rheingau das wenigste geschossen, sondern auch noch der Obrist-Wachtraeister Korstatt selbsten mit seinem Comitat dahin ankommen, und also der Last umb so vill mehr vergrössert worden . . . E. Gh. G. geruhen gnädigst Verfügung zu thun, damit dem ge- thanen Versprechen gemess, die Corstattische Compagnie von Ursell abgefordert werde. ^ Aus dem Bericht \om 9. April 1636: Die Verordnung des Kurfürsten an den Burggrafen Dohna, wonach in dem Amt Königstein nur eine Kompagnie einquartiert werden solle, „ist bis dato nit allein nit eflectuirt worden, sondere es pleiben auch nach des Christen Wachtmeisters Corstatts Compagnia in dieser Stund zu Ober Ursel liegen, welche biss uf den 7. Aprilis und also in sieben Wochen 1936 rh. lö'/s alb. empfangen, in massen E. Gh. G. aus beigefugter Specification gnädigst ersehen können^. Annalen, Bd. XXXVI. 13 Oberursel zur Zeit des 30 jährigen Krieges. 197 und harte Betrohungswort uff die bey gesessenen Inwohner, furnemlich zue Ober- ursel^ ergehen lassen, da dann wohl möchte geschehen sein, dass ich den Reuthern zu gehör und Salvierung des Stättleins, solches abzulegen, erinnerung gethan, dann die mehrbenannten 2 Compagnien damals sehr ungern von Ursell ablassen wollen, weiss ich aber (so wahr Gott lebt) deren in solcher furi für- gefallenen wort keineswegs mehr zu erinnern, wusste auch nicht, wie ich einen Bürger von Obeiursel abzulegen vor meine Wenigkeit habe commandiren können, sintemahlen ich ihnen nichts zu befehlen gehabt, überdiess damals aus foicht der unwilligen Keuther über mich, wegen anderweitlich gebrachter ordres, ich mich uif der Awcn nit lang säumen dörffen^. Schultheiss Breidcnbach wurde seines Amtes entsetzt und nach längerer Haft endlich entlassen. Auch das Jahr 1637 war ein noch recht trübes für die Stadt. Der Stadt- rechner bemerkt: „24 Gulden ausgeben vor zwei gemein Ochsen das Jahr über zu halten, ist die Futterung sehr theuer gewesen". Vom Schultheissen zu Bommeraheim ersteht die Stadt einen Zuchtochsen für 7 fl. 15 albus. Dieser billige Preis beweist, dass auch in der dörflichen Nachbargemeinde grosser Futtermangel herrschte. Der Bindviehbestand verringert sich um 47 Stück; einem Viehverkauf nach auswärts tritt die Regierung auf Antrag des Rats entgegen, durch Erlass des Kurfürsten vom 30. Sept.^^): ,,Demnach bei dem Oberambt Bericht einkommen, welchergestalt die Viehtreiber und Metzger zu Ober-Ursel zwar allerhandt Schaaf und Hämmelvieh naher besagtem Ursel in die Weidt schlagen, aus demselben aber hernachen die beste aussondern, ver- kaufen und die mageren zum Stich behalten, solches aber dem Herkommen zumal zuwider, sondern, was dahin bracht würdt, daselbsten auch geschlacht werden soll und muss, alss soll h. Schultheiss zu mehr erwehntcm Oberursel vorgedachten Viehtreibern und Metzgern bei unnachlässiger Straff : fünfzig reichs- thaler mit allem Ernst anbefohlen nit allein von dem jetzigen Vieh, sondern was sie auch hernachen beibringen und zur Weidt treiben werden, nichts davon ausserhalb und unter fremde stückweise verkaufen, und da ein oder mehrere darüber treten würden, dieselben zu würklicher abstattung der 50 reichsthaler alsobald anhalten.'^ Die Brauer hatten keine Gerste mehr, deshalb geht für Bier kein Ohm- geld ein; auch wurden nur 10 Ohm Obstwein versteuert, der „Platzen berger " dagegen ertrug 81 fl. Ohrogeld. Die Märkte fielen aus, damit auch die WoU- zölle; die Kontribution wurde auf monatlich 46 Gulden herabgesetzt. Am 6./20. Juli und auch am 16./6. August bis 25. August/4. Sept. wurde durch Obrist Fallois Reutterey die Umgegend abgestreift, die südlich gelegene Gemarkung verheeret und das Getreide abgefressen, doch gelangte einiges noch in die Scheunen.*^) Trotzdem die Oberurseier städtischen Privilegien besagten, die Stadt sie von allen Frondiensten befreit, stellte der Kurfürst in seiner Not das Ver- '^) Staatsarchi? Wiesbaden. ") Stadt. Archi? Frankfurt 200 F. Neuroth Der Obrist von Rosen gehörte zur schwedischen Armee und befehligte weimaranische und schwedische Dragoner; es war VoUmar von Bösen, zum Unterschied von seinem Bruder Eeinhold, der ,,tolle Rosen" genannt. Dieser Beiname kennzeichnet seine Kriegführung. Auf welche Weise er hier und in der Umgegend hauste, darüber erzählt ein Chronist: ,,darauf obgenannter Rosen nun den 6. Augusti in den Flecken Bommersheim gefallen, nach Eigenschaft eines tollen Menschen, wie er darüber öffentlich im Druck bezeichnet worden, unverantwortlich gehauset und ohne Vernunft den Flecken noch dazu in Brand stecken lassen". Auch 1640 lagen einige Kompagnien der Rosen'schen Dragoner in Ober- ursel im Quartier. Der Chronist schreibt: „Sie waren gar zu sicher und hielten keine Wacht, wollte auch kein Warnen bcy ihnen helfen: Darum der Kaiserliche Obrist Wolf, um den 22. Juli kam, sie aus dem Schlaf zu wecken, der das Stättlein des Morgens früh um drey petardieret und an 4 Orten anfallen thäte, von den ersten 10 todt machte, die anderen alle, ungefähr dreyhundert, unter denen bei 22 Offizieren gewesen, mit Hab und Gut gefangen genommen, die gemeinen Reuter untergestellt und die Officierer noch darzu auff Rantzion gesetzt, welchen groben Fehler ihnen maniglich vor unverantwortlich angezogen, von denen alle noch etliche wenige nach Friedberg entronnen". Hergegen giebt die Ursach des Weymaranischen Unfalls zu Ursel der Irländer Carve (der über seine Beteiligung als Feldprediger im 30 jährigen Kriege ein Tagebuch ver- öffentlichte, worin er diese Niederlage weitläufig beschreibt) deshalb, „weil die Weymaranischen mit den Kirchengütern so übel gehauset haben. Wie er dann diess Exempel erzehlet: als ein schwedischer Soldat bei Ausplünderung der Kirchen, einen geweihten Kelch überkommen und in denselben, mit Ehren zu reden, seine Notturft mit gotteslästerlichen Worten gethan, dass er von Gott gestraft ^Y erden seyc, indem, als er aus der Kirche gehen und die Treppen hinuntersteigeu wollen, er unversehens darnieder gefallen und mit seinem Messer, welches er bei sicli in den Kleidern getragen, sich schwerlich verwundet, so nicht geheilet werden können, sondern in Gestank von Eiter und Würmern habe sterben nnisseu". In dem sclion erwähnten Ratsboriclite wird mitgeteilt: „Als derselbe (tolle Rosen) 1(340 von dem Obristen Wolffen überfallen worden, wofür wir dann dem General Kosen zweitausend thaler geben müssen, haben wir hernaehen in die anderthalb Jahr die kaiserlichen Völker, nemblich eine Compagnio Dragoner und eine Compagnie zai Fuss einnehmen und wiederumb alleinig ver- pfleget, nach welchen die IM'annkucliischen gefolget." l'ber di(^ V^erwüstung eines unterhalb der Gattenhöfer Mühle belegenen Anwesens berichtet der Stadtschreiber : „Die Papiermühle ist durch den Obrist- waclitnieister Nussbaum anno 1G40 abgebrochen und ruinieret worden'*. Im Jahn^ 1()41 hatte iWo Stadt nur r)08 Gulden Einnahme und (Mno Ausgabe von I'hjX Gulden. Ziehen wir von letzterer die 1^50 H. Stadtbeede, welclie der Kur- l'iirst (M'liielt, ab. so verbleib(»n für die gesamten Desoldungen. Rauten und Reparaturrn mir l^'^S ii. übrig, aus welch dürftiger Restsumme die Tore, Mauern und Wachten nur notdürftig geflickt werden konnten. 'dö. Januar 1640 UDsere Stadt an, «nntc ztirfickgescblagen, wiederholte mit gleichem MUserfolg den ÄDgriff am 24. und 25, Januar. O, 'Wallau reimt: „Sic schössen stark mit gross Gotüss Den fünften drauf sie kriegten Stöss, Drum masstens wieder ziehen ab, Nachdem sie hatten diese Schlapp." Die achon erwähnte alte Familiencbronik schildcit den Vorfall im einzol- Dcn: „Der Hauptmann mit Betnem Volk satnmt der schonen Bürgerschaft sehlug die Franzosen, die eicb auf den Kirchhof salvierct hatten, herunter, so dass sich mancher Franzos als todt niederlegte und hernach entlief, aber dieser Hauptmann so mit Blinden geschlagen — von einem Schäfer, nach der Sage — , verfolgte sie bis gegen Steinbach auf das Feld, wo er schier Terspielt hätte, wenn nicht sein Bedienter der Franzosen Ofiicier erschossen hätte, es seint ly Tudtc im Holzweg in des Job. BaufTenbarths Gurteu begraben worden.'' „DiesH rochen sie durch Fouersbrand, Woran gedenkt das ganze Land.** (Otto Wallau.) ") HtBDlsarchiv Wiesbaden. /-^ 7. Wieviel Äcker bei ihoen be- samet seien? 8. Wieviel gesäuberte Wiesen die gemäht worden? 9. Wieviel wüst liegende Wiesen? 10. Wieviel gebaute Weinberge? 11. Wieviel ungebaute Weinberge? 12. Ob die Herrschaft des Orts ein PfachthauB babe? 13. Ob die Herrschaft Länderei habe und wieviele? 14. Wie stark die Mannschaft eigent- lich bewohnt gewesen sei? 1.^. Wie stark die Mannschaft itz sei; 16. Wieviel WitlfrauendesOrta seien? 17. Wieviel Junggesellen? 18. Wieviel junge Töchter? 225 Morgen. 7. Hier und in Bommershein) 617 Morgen. 8. Gesäuberte Wiesenmorgen 3ij0. 9. Wüst liegen 65 Morgen. 10. Gebaute Weinberge 48 Morgen. 11. Ungebaut 25 Morgen. 12. Die Herrschaft bat dieses Orts kein Pfachthof. 13. Auch keine Länderei. 14. Die Bürgerschaft ist 280 Mann stark gewesen. 15. Itzunder befinden sich nur 121. 16. 11 Wittfraueu. 17. 11 Junggesellen. 18. 21 junge Töchter. ) Stadlnrchiv Oberursol. r^ Oberursel zur Zeit des SOjährigen Krieget. 206 19. Wieviel Pferde vorhanden? 20. Wieviel Zugochsen? 21. Wieviel Kühe? 22. Wieviel Sehaafe? 23. Was bei der Stadt Ursel ins- gemein oder in speeie vor Schulden haften, was von Gütern und wem sie dafür verschrieben sind? 19. Pferde nur 2. 20. 39 Paar Zugochsen. 21. 85 Stück. 22. Nichts. 23. Die Stadt ist vor sich insgemein schuldig 7960 fl., worunter 2000 Ooldgülden nach Türkheim an der Hardt, in Valentin Ostertags Stiftung gehören, welches die Grafen von Stolberg uff die Stadt entlehnet haben, übrigens hat der doli Rosen verursacht und be- kommen. Die Bürgerschaft ist vor sich in particulary schuldig in allhiesige Gefälle, jeder noch Frankfurter Eaufleuten und Juden, so sie zum Bauen ent- lehnet haben, 20075 fl. Capital, mehrerenteils auf persönliche Verschreibung. Die 7960 fl. sind im Einzelnen aufgenommen bei: 1. 2000 fl. in Türkheim an der Hardt. 2. 300 fl. bei der Wollweberzunft 3. 450 fl. bei Samuel zur Kanne. 4. 500 fl. bei Samuel Meissner's Kindern. 5. 150 fl. bei Ludwig Arnoldi. 6. 300 fl. bei Dietz Anthoni. 7. 100 fl. bei Caspar Schneider. 8. 90 fl. bei Philipp Abt. 9. 40 fl. bei Stadtschreiber. 10. 30 fl. bei Sander Müller. Im ersten Friedensjahre, 1649, beliefen sich die Gesamteinnahmen der Stadt auf 468 fl. ; 208 Herdstätten wurden insgesamt mit 20 fl. besteuert, für 164 Kühe wurden 10 fl. Wächterlohn erhoben, an Ohmgeld 33 fl. vereinnahmt. Zu S. Galli hielt man nach vielen Jahren wieder den ersten Markt ab. Wie sah es in der Feldgemarkung aus? Es ist zwar schon erwähnt, dass Vs der Acker und Wiesen öde lag, wie es aber im «einzelnen ausschaute, mag eine Bemeikung des Hospitalpflegers zeigen, die wegen ihrer unmittelbaren Natürlichkeit im Ausdruck hier eine Stelle finden soll. Er schreibt 1649: „Die Rietwiesen hat keinen Herrn gehabt und somit nichts ertragen. Das Gärtlein auf der Eller ist von mir, dem Collatori in anno 1649, wüst und ohne Herrn erfunden worden, habe ioh es ID einer Slteten Htadtrealmiing batte Wolf alB Hclmitlieiu Bpäterliis Zu* sStse gemaobt, nm Untencbleife, die er als Stadtscbreiber begangen, naeh- träglicb zu verdeckeD, Es wurde ihm oachgewieseD, daas „das Original durcfa des ScbultbeisseD eigner Hand beBchriebenen Recbnungen mit anderen Dioten zum Betrug seie bineingeflicket worden". Den massenhaft erbobenen Änscbuldigungon gegenüber hatte Wolf einen achweren Stand. Er verteidigt sieb gewandt und mit grosser Schlauheit: hier hatte er einen Eintrag zu machen vergeaseii, dort will er die von Witwen und Waisen einbezogenen Orundstücke, falls es als Unrecht erachtet werden sollte, sofort wieder zurückgeben; er vermengt die Tatsachen durcheinander, hat vieles veigesaen, will aicb besinnen, zu einem Teil der Klagen schweigt er, er ver- langt, dasB man ihm die Quittungen aufzeige, welche er ausgestellt haben solle u. B. w. „Die vielen Zehrkösten seien zum Theil durch die Bathsverwandten selbst, auch meistentheils von den Handwerksleuten bei Aufrichtung des Kircben- baus verursacht worden und wäre landkundig, dass die Handwerker hei Schliessung des Gedings, auch nach vollbrachter Äibeit den Ding- und Schluaswein nit zurücklassen. Die übrigen Zebrungen hätten fast insgesambt durch Ihre Chur- füistliche Gnaden ab und zu reisende Beambten, auch zum Theil von ftembden GoistlichcD, deren Bezahlung er ihnen nit habe abfordern mögen, ihren Ursprung genommen, auch von Soldaten, von denen es genugsam bekannt wäre, über dorgleiclion Auslagen keine Quittungen zu hinterlassen". i36 Ch. L. Tbomis was auf an die Front angebaut gewesene Wohnungen hinweist« von der Hob- yersteifong keine Spuren. Die Profile 21 und 22 Tom Umfassungswall auf dem Dalbesbei]]^ k ^oschal^^v^. i2:«-!^e'iv5s^a sie si^h irit Jo: il:i :♦."?•-:• •sT»r!!:'-:i ^'.:'.z^*.Z' z Maui-rh' h«- l'i^nc;^'.:: k mon. Die k:r:«ere und •lio \i ri»:':':' Fr- :j:r.,.iU-.rjz-: !.iL'i-.n >:vh ^u: ♦r':..-..:^?, v.r. o-. ch eicht h•.^?h jecuj. u TP» :•• z ü ::'.:<. h • >_ r 1 1 . ! z / : üi 'j : •: : j i .: z*- u v B*. ■. b .i ■. 1. : u r « • n s>»i:: m <.'ln zu k ■"• nr»" d. Ad ih:-^ Fr«. :l-^jrj .ij: */:Z'j .rr ??» :» Kr<:r-?«.kijrj: %\jr vr^; j»:- vi^^r labilen Lx^tirtirz ik'S Ov^tei::? ni-.b: zu -lorkon. Div V. r'ivrrrvL: >\:z: l>r::::o \»,rr!o:b:, -v r Jv: Au-' ru.b :r,i: sviikrechun Sta5e-ii bv^izr.:. Al d*r besser ♦ rha'.ttü-r. Hückir-r: zt:j:o sich cizo 1 21 brvi:o uz-i 70 lZ2 •:.!>: Ijank .lus ErJo und Sreir^r. ai^r-rLiU: r.::: s^nkrt^htem Frcni- ::\»uv:vb'.n >:-b- Tar VJI . ^-riiiv Lär^v k.ri:,' -.v-t^oi: ciiigeg^rsitrenirr ■ .V -v - .1 j. *v .^* ^ .. «^ «^ ...... .. Li -j- _ ^ *. • .- .-_-*'- r t ut i>*e,.v Hill t>*,» ^ i^\ 1. • ■ •• • T* > • - ■• T ^ * » « . 'j K:-' :> :.!.: k- : . !::: Ii^-^- :^- ^^'.i'i-r^ zv:^:ti \:^1- Zwischerräuizv Utr 2S^ CL. L. Ibomi? rrziJn^::. zcr Asuahme Terieiier, dass ein intaktes Wallsiüek vorläge isni n ^ineT T.ii2sohun^ faiasiciilioh der einstigen SrÄrke der diesem esr«jireclies>5ri lllaner fühzen. Dies Ejgebnis erianbr einen lehrreichen Einblick in die lel den Waliuntersuohungen aufiTeieDden Schwierigkeiten. Die Grahnnc: fohne j^ der Sohie des Walles zur Aurinducg eines kleinen eisernen Gegenstandes, tot: dem Gegenstücke S'rwi.b' in Bitrakie. als Wi Snadrnik gefunden, doch ihres Zwecke nach dort noch sich: restgesielit sind. Der Einschnin nii; deni Pr»:£I 2^ wnrde durch die ganze Breite des Walj« und die bis zur K':n:reeskary»r des Graliens ausgebreiteten TromzDer toei Maner- zusammenbrueh äUs^eführr. Dabei wurde die Mauerstirke \on ca. 5.10 m. eine scharf ansieigeLde B-i-rrse von 4 ni Breite und davor ein Spstzgraben tos > m Breite usd 2 a Tier'e errjitte'.t. Das ehemalige Steinmaierial der llanvr la^ vcrwieüend i:n Giabe:: uüd aof der Beme utid davon die FüLrksren. aber rrvtadera L^erkarten Felsstücke an der tiefsten Stelle. Diese Wakmehnuas iässt darauf s:hl:esse2, dass sie als '.berste AMeckuns des llaiierrazides nr Erfiöburs der Stati'itut der Mauer Verwenduni: srefusden harter: uisd bei der Aaflvsutg der H*:!zvera!:kerurg durch die Wucht des h-.he2 Alsrcrzes a:s ersie in die rlefste Lage gelangt waren. Es nuss hervorgeheben w^u^a. ij^ss das zur l'ntersuchurig ausgewählte Wallstüvk d.is an: wenigsten vo«n der Sreii- ausraubun^ b-etr»:!?ese der Strecke ist. Aus der Zeichnung, in der niit der grC^ssten Sorgfalt die in den EiLsohsirrward-rgen aLgetr^i^eren Er&oheinanges des ehemaligen Mauerzerfalis «sd der Ma:erialr~-ts.hui;ge3 einrecrairen sird die angestrebte Treuf in der Darsteüuig trift a-*::L für d5e ior:g^=-3 Qsrr- s*.hnitie zu . ist zu ersehen, dass aa.h r:-r üe Fr rten rrirrels Strii- i-a^kung gesichert war-n uii üe Mauersiie ir. ir^^r g-3r.zr- Drehe z::t k.<^ •'»•-»^ "•.'.■■ .• . .•»■ / / - - . . . '. |- ■ ' > « 24:1 Ch. L. Thomas übergegangon sei. Iiu gaDzoD kamen 8 solcher ergebDisloscD Aufdcckuogeo vor; der gowaehseno Boden wurde, wie gesagt, in geringer Tiefe getroffen, dock verhinderten starke Buchen mehrmals die völlige Aufklärung; die hintere, durcli Verflössung immerhin veränderte Böschung aber wurde jedesmal darcbscbnitteiL Bei Podium I (Abb. 9 im Text) ergab die Abhebung der Ucidelbeer- pflanzen eine K50 m weite, ganz mit groben Steinen angefüllte Grube in dem sogleich beginnenden gewachsenen Boden. Nachdem in einer Tiefe von 1 m die Steinmenge immer noch keine Aufklärung zuliess, wurde mit Rucksiebt auf die verfügbaren Mittel die volle Freilegung einer späteren Zeit überlassen und die Aufdeckung an dem nach Norden hin 20 m abgelegenen, sowohl durch seine aussergewöhnliche tiröstüe, als auch Lage im Gelände ausgezeichneteo Podium II fortgesetzt. Ton ihm aus kann bei unbewachsenen Hängen der grösste Teil des Kingwalles übersehen werden und nur 70 m östlich liegt das Haupttor der Kernanlage. Ihm schliesst sich unmittelbar nach Norden hin ein gleich- grosses und flaches Podium an. t'ber dieses aber führt ein Arm des Metz- gerpfades. Deswegen beschränkte sich die Grabung auf das erste. Es fand sich dabei eine sehr grosse Menge von Topf Scherben von verschiedenen Gefässco — auch hier so hoch gelegen, dass ein Teil von den verfilzten Wurzeln der Heidelbeeren umfasst war — und eine Kammdeckelöse aus Bronze. Eine total zerschmetterte Mühle (^Läufer und Bodensteiu) aus poiösem Basalt, 2 grosse und 2 kleine eiserne Nägel und eine eiserne Trense lagen ebenso hoeh« also auf der ursprünglichen Bodenoberfläche. Nur zwei Pfostenlöcher mit einer Tiefe von 60 cm konnten ermittelt werden. Die Widerstandsfähigkeit der Topfseherben ist erwähnenswert. Denn obgleich in der obersten Schicht nirgends Kohlen- restchen erhalten waren, konnten da von zwei grossen Gefässen fast alle Bruch- stücke gesammelt werden. Sie lagen so auf der Oberfläche, wie es der Zu- sammoübrucli dor '2 cm starken Ootässwäiuli' mit Kanihvulsr mit sich gobrarh: hatte: dor Innlon flach, die llalsstüoko darül'i'r. Dit Durchmesser dos grö»t«n muss 70 Olli iM'tiagon hal»on. Ks ilürttrn in drr duichge^rabeiien Flärlu' mehr als dio l»eidrn PtVistonKnlur bosrardoii hal »'D. Darauf lassen i?e\\i?M' l'msiände boi dtr Grai'uni: >oir.iiSNon. abi'i e^ ist niehr anzunehmen, dass sich da ein NW-hnrauin 1 ot'u:ul«. n hahi*. IKi? Fundergebnis weist auf di« wirtsoliatrliilu' Aiisnür/un:: dos oir.-r auf Jor PlatrtVrni erriehtoteo Ciebaudo? hin. Für Wvhn/NNooko mag das ar.sti >sondo Pcklium gedient haben. Podium 111. Kinon solir roiolun Sohorbont'und ergab eine Plattfurn: an dor auf dem lirundriss ancoi:obi'non Sroüo. P-Vstonlr-oher liesson sieh niohi !"o>T>tollon. Dio Spuren oinor Fonor?tol!o l'0>tar.drn in einigen rotgebranntor LohmknüTihon, dio oinom 40 om tict'on K« o!.::rabi n. im vorderen Kand radiu oiv.i:osohniT:o:i, o:::!!- mir.en ^\ordon k»iir.:<.n. Loidor vorhinderten dio Stamu:i iir.d Wui.-.'.lr. lir.;*- k'.aüigo!: /\\ •.'.'.::iu>l\i-.;::u -, ::::::oiJ im Gral»oii >ieh au<- Ir. itoi^L ii:o Pli!\!>i;v hiir.:. Div S^ :>:'•:::;;:. : \n:v> ^iir irrosse starkwandi-T« ii'vi.i-so au:". Kii:e :;;r.''.".ol:v . _- v::i >:.;:k-. : :*:.»;::'. ^'cbrannte LebiuschiiliT, -viM-: >iel: \ ::'. u"^.:^ ^. laK :; li: und al !;<- . -, r.d. :: :: l.TO m Durebinesser, tan^; - 1: ir. /or.:-.\\ r l.a^t . Sio :...». 1.:.' .-m F.r.v'.ri: k los Vorwiiterungsprudukto: V :: :.i :.\n AI '.^»^o'.irjj uokrivu^iu::: .i?^-'. ^ '.:.:: :^:v. llüttt-niehm. Gleiehmäs?]:: 246 Cb. L. Thomas Podium VI. Die Spuren seiner ehemaligen Benutzung reichten nicbt tiefer als 25 cm, ausgenommen an der Feuerstelle und der PfosteDgmppe. Ee fanden sieh folgende Gegenstände in der Verteilung, \vie sie die Darstellung des Podiums zu erkennen gibt: 2 Mahlsteinbruehstücke aus Basaltlava, eio kleines geschweiftes Latene-Messer, 2 handliche Qeröllsteine mit Spuren des Gebrauchs« für deren Herkunft sich kein Anhalt im Ringvall und dessen Um- gebung finden lasst, das Wandstück eines kugelförmigen, mittels dicbtsitzender Abdrucke von nagelbewchrten Fingerspitzen ornamentierten Topfes, BruchteDe einer mit höchster Yollkommenheit gebrannten Amphora, 2 grosse Nagel, Tier- kantig und mit einem Querkopf geschmiedet, 1 eiserner Haken mit gerollter Spitze und eine Eisenschlacke. Tier Pfostenlöcher, die geschilderte Ver- keilung mit senkrecht eingefugten Steinen aufweisend, fanden sieb in 2 Reihen von 7\'2 m Lange geordnet im Boden vor der hinteren Böschung. Sie bilden die Ecken eines verschobenen Rechtecks, dessen Breite 3 m betragt dessen Winkel im Grundriss so bedeutend von einem rechten abweichen, dass hierfür nicht Ungenauigkeit als Ursache angenommen werden darf. Die in der hinteren Böschung angetroffenen Felsen sind so gelagert, als hatten sie einen dort herab und in den zwischen den Pfosten anzunehmenden überdachten Raum fuhrenden Zugang flankiert. Das oberhalb sich anschliessendePodium und das rechts nebenan befindliche sind nicht untersucht. Auf der rechten Seite« nahe dem Rande des Podiums befinden sich 3 grosse Quarzitsteine, wovon einer auf der schmalen Kante steht. Sie sind augenscheinlich kunstlich da zusammen gebracht und sitzen unverrückbar im Boden, die sie umgebende Erde ergab keinerlei Anhalte bezuglich ihrer Bedeutung. Am vorderen Rande der sich allmählich dahin um 50 cm senkenden Flache ergab sich eine nur 30 cm tief reichende, 1' i m lange Fouerstolle. Sie zeichnete sieh durch ^niue Färbung gegen den gelben Grund, in den sie eingeselinitten ist. seharf ab und enthielt an ihrer Sohle einiire der rut^rebrannten Lehmknütoheii. Pedium VII. I»ei seiner In^sehreibung kann nur vi.n der gv!egenrli< h dei neuen Weiranlage am Ilauptti r des InnenN\ alles unzerstert verbli.'benen Haltte die Rede sein. IHe l'nrersuchuni: dieses lustes erirab trctzdom ein- ansehnliebe Zahl \un 'I\'pt'sclierben. dann aV-er den wertvollen Fund \"n 3 unbenutzten, ineinandei sreokeuden, als«« als Handelsware gej-a^^kten, ab*: ihrer l>edoutur.i: nach ih J; nidu au:j«klärteii Crossen Eisentullon. Die*.« am I\re \vm Verkeliie les« r.der> bevi. rzujte < »nüelikcit führt in Verbinducj iiiit der im Vitrtelduizii.d aniretrt tienen Kisenwaro zur Annahme* dass si«.!: da tin>: die Verkaut'sbud«- eir.es Händlers «.rh- \*-u !\ir:e. l\dium VlIL in ^rerinje: Er.rt'err.uD,: \\r. dorn eleu besehiiebenon. al- : ausserhalb »!•:■: Mauer an -:♦;:! abta^ior^icD ILir^e reohts vom Tere s..: irele^rei'. das> lireits >'.::i \. :dr:cv Tr'l djVv^:: Kr s: :: ir: 'li-.^ Tie^- gelang: war, er^ab ausv r :> T:"' >:•::! ■■::o::: vv.r t^'v:.:- ■:: . an^ .irii^t^ : :> Scherben urd ;^ kleino lis- :::•;' Nig '.. .^ :>■ ha:::: k«. :::• M-:k:::.»!o :.\r- lV-::i::::iung der Gotdssfirn] a:::■J::^^^^:^^: . P:-: r:.-:^n\\:Ar - ::: r " n;;r n .:: :.. T.. wenn aueh zum gr.-s:'-:: \\V. v ::;»:/:::: .;; s^ir. n^l''. üo v r. :::!:en gebildete Gruppe ven vi- r 1>::;/: k..?:-- vb:^ T«. ;::::::> -• '•\::i.r..*: ^^a:, vlass eine irreguläre, keinen 1 ■ii L ANNALEN DES VEREINS FÜR NASSAUISCHE ALTERTUMSKUNDE ^1. t UND GESCHICHTSFORSCHUNG. VIERUNDDREISSIGSTER BAND. 1904. WIESBADEN. EOUMISSIOirS?EBLAQ VON BDD. BECIITOI.D & COMP. 1905. 1 I